Recht & Urteil

Wirtschaftlichkeitsgebot und Nebenkosten: Wer trägt die Beweislast?

Im Rahmen der mietvertraglichen Umlage der vereinbarten Nebenkosten kommt es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Vermieter und Mieter, welche sich insbesondere an der Frage der Wirtschaftlichkeit der geltend gemachten Kosten entzünden, wie auch im Fall einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem Jahr 2011 (BGH; Urteil vom 06.07.2011, Az.: VIII ZR 340/10).

Die Beklagten dieses Rechtsstreits waren Wohnungsmieter der Klägerin. Die Klägerin rechnete im November 2008 die Betriebskosten für die Wohnung der Beklagten für das Jahr 2007 ab, in welcher der auf diese Wohnung entfallende Anteil der Müllentsorgungskosten mit 525,71 EUR beziffert wurde. Dagegen wandten sich die Beklagten unter Verweis auf den „Betriebskostenspiegel für Deutschland“, welcher für eine Wohnung vergleichbarer Größe eine Müllkostenumlage in Höhe von 185,76 EUR als angemessen bezifferte. In der Folge behielten die Mieter den Differenzbetrag von 395,95 EUR von der Januarmiete 2009 ein und kürzten die Februarmiete um die Rechtsanwaltskosten für ihr Beanstandungsschreiben in Höhe von 99,60 EUR.

Den einbehaltenen Betrag von insgesamt 495,55 EUR nebst Zinsen machte der Vermieter vor dem Amtsgericht geltend, welches der Klage vollumfänglich stattgab. Hiergegen wandten sich die Mieter vor dem Berufungsgericht, welches gleichfalls zu Gunsten des Vermieters entschied, gleichwohl aber die Revision zum BGH zuließ.

Doch auch die Richter des BGH sahen im Ergebnis keinen Anlass, das angefochtene Urteil zu Gunsten der Mieter abzuändern, wenngleich sie die rechtliche Begründung der Vorinstanz nicht teilten. Der Senat vertrat die Auffassung, die Beklagten hätten einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht dargelegt, so dass ihnen im Ergebnis ein Schadenersatzanspruch gegen ihren Vermieter, der sich auf Freihaltung von unnötig aufgewandten Kosten richten würde, nicht zustünde.

Der BGH befasste sich in diesem Kontext ausführlich mit der sogenannten Darlegungs- und Beweislast. Ein erheblicher Teil von Rechtsprechung und Literatur geht davon aus, dass bei behaupteten Verstößen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot den Vermieter die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass er das Wirtschaftlichkeitsgebot beachtet hat (BGH a.a.O.; so z.B. LG Hamburg, NZM 2001, 806; MünchKommBGB/Schmid, 5. Aufl., § 556 Rdnr. 116).

Demgegenüber stellt die auch vom Berufungsgericht vertreten Gegenmeinung darauf ab, dass um einen Schadenersatzanspruch des Mieters gestritten wird, so dass diesen nach den allgemeinen prozessualen Grundsätzen, dass jede Partei die ihr günstigen Tatsachen vorzutragen und zu beweise hat, die Darlegungs- und Beweislast für die Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes trifft (in diesem Sinne auch Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 10. Aufl., § 560 BGB Rdnr. 126; wohl auch Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl.,  Rdnr. V 359a).

Demgegenüber stellt der BGH bei der Beurteilung dieser Rechtsfrage darauf ab, dass es sich bei der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes um eine vertragliche Nebenpflicht des Vermieters handelt, so dass nach den allgemeinen Grundsätzen der Mieter, welcher wegen eines pflichtwidrigen Verhaltens seines Vermieters Ansprüche geltend macht, folglich auch die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlverhalten seines Vermieters trägt (BGH a.a.O., Rdnr. 16), so dass im Ergebnis zutreffend die Vorinstanzen davon ausgingen, dass eine Pflichtverletzung der Klägerin von den Beklagten jedenfalls nicht dargelegt wurde.

Aus Vermietersicht aufschlussreich ist insbesondere die Beurteilung des „Betriebskostenspiegel für Deutschland“ seitens des BGH. Nach dessen Einschätzung tragen derartige überregional auf empirischer Basis ermittelten Zusammenstellungen von Betriebskostenansätzen den vielfältigen, je nach Region und Kommune unterschiedlichen Gegebenheiten des Wohnungsmarktes und insbesondere des jeweiligen Anwesens nicht hinreichend Rechnung. Aufgrund dessen kann den dort ausgewiesenen Durchschnittswerten im zu beurteilenden Einzelfall kein Anhaltspunkt für ein unwirtschaftliches Verhalten des jeweiligen Vermieters entnommen werden.

Der Senat sah auch keinen Anlass, über die Grundsätze der sogenannten sekundären Darlegungslast den Beklagten eine Beweiserleichterung zuzubilligen, da diese regelmäßig nur in solchen Fällen zur Anwendung kommen, wenn der an sich mit der Darlegungspflicht Belastete außerhalb des für seinen Anspruch relevanten Geschehensablauf steht, während der Gegner alle erheblichen Tatsachen kennt und ihm die Darlegung auch zumutbar ist (BGH a.a.O., Rdnr. 21). Da es im vorliegenden Fall nicht um interne Kalkulationen sondern um objektive Gegebenheiten wie etwa den Gebührenbescheid der Kommune für die Müllentsorgungskosten ging, sah der BGH keinen Anlass, den Mieter prozessual zu entlasten.

Interessant ist diese Entscheidung natürlich auch im Hinblick auf die Umlage von weiteren Betriebskostenarten, da erfahrungsgemäß auch hier oft und gern gestritten wird. Ebenso wie in der hier besprochenen BGH-Entscheidung könnten zum Beispiel auch die Versicherungsprämien im Einzelfall im Hinblick auf den DMB-Betriebskostenspiegel in Frage gestellt werden – eine Argumentationsansatz, der im Hinblick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung jedenfalls nicht tragfähig ist.

Dessen ungeachtet ist derjenige gut beraten, der sich eines spezialisierten Versicherungsmaklers bedient, welcher auf Basis maßgeschneiderter Bedingungswerke vor vornherein einen breit angelegten, transparenten Marktüberblick aller geeigneten Risikoträger vorhält. So kann auch ohne bestehende Darlegungslast die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des bestehenden  Versicherungsschutzes jederzeit objektiv und sachkundig belegt werden.