Berlin - Nicht nur Frauen werden beim Lohn benachteiligt, auch homo- und bisexuelle Männer werden offenbar schlechter bezahlt als heterosexuelle Männer. Wie aus einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervorgeht, liegt der mittlere Brutto-Stundenlohn von Schwulen mit 16,40 Euro deutlich unter dem von heterosexuellen Männern (etwa 18 Euro).

„Die Differenz beim Stundenlohn lässt sich weder durch Qualifikation noch durch Berufserfahrung erklären“, sagte Studienautor Martin Kroh. Ein solcher „Sexuality Pay Gap“, der in ähnlichem Umfang schon in anderen Ländern ermittelt worden sei, lege eine Benachteiligung Homo- und Bisexueller nahe. Die Differenz steigt laut DIW sogar auf über zwei Euro, wenn die höhere Schulbildung homo- und bisexueller Befragter berücksichtigt wird.

Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, forderte die Arbeitgeber auf, Benachteiligungen und Diskriminierungen von Lesben und Schwulen zu unterbinden. Diese leisteten einen ganz wichtigen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands. „Das sollte sich auch in gleichen Löhnen widerspiegeln“, erklärte Lüders.

Der Studie zufolge unterscheiden sich Homo- und Bisexuelle von Heterosexuellen hinsichtlich ihres Bildungsgrads und Berufs. Demnach haben sie seltener mittlere Reife mit Berufsausbildung und dafür häufiger Abitur als Heterosexuelle. Auch seien sie seltener als Arbeiter und häufiger als Angestellte beschäftigt.

Ein weiteres Merkmal sei, dass „mehr als die Hälfte der Lesben, Schwulen und Bisexuellen in Deutschland in Großstädten über 100 000 Einwohnern“ lebe. So seien in Berlin, Köln und Frankfurt am Main von allen Lebenspartnerschaften und Eheschließungen fünf Prozent oder mehr von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern geschlossen worden.

Laut Untersuchung leben Lesben, Schwule und Bisexuelle seltener in einer Partnerschaft als heterosexuelle Menschen. Dafür leben gleichgeschlechtliche Paare zu einem höheren Anteil in Doppelverdiener-Haushalten. Während bei verschieden-geschlechtlichen Paaren zu 28 Prozent nur eine Person für den Haushalt wirtschaftet, liegt der Anteil bei gleichgeschlechtlichen Paaren bei nur 18 Prozent.

Auch bei der politischen Einstellung unterscheiden sich Lesben, Schwule und Bisexuelle vom Durchschnitt der Heterosexuellen. Laut Befragung unterstützen sie deutlich häufiger die Grünen (27 Prozent) und die Linke (13) und seltener die CDU/CSU (21) als gleichaltrige Heterosexuelle. Auch geben sie häufiger als Heterosexuelle an, unter hoher psychischer Belastung stehen, und sind häufiger von einer depressiven Erkrankung betroffen. Das DIW nennt als möglichen Grund ihre andauernde Stigmatisierung und Diskriminierung. Der Lesben- und Schwulenverband kritisierte am Donnerstag fehlende Studien über den Gesundheitszustand und die gesundheitliche Versorgung dieser Bevölkerungsgruppe. Hier sei die Bundesregierung in der Pflicht.

Studienautor Kroh wünscht sich, dass die sexuelle Orientierung und auch die Geschlechtsidentität von Menschen systematisch in die Sozialberichtserstattung integriert wird, wie das zum Beispiel in den USA der Fall sei. „Dadurch könnten Differenzen in Lebenslagen besser dokumentiert und Handlungsbedarf, zum Beispiel bei der Bekämpfung von Diskriminierung, besser identifiziert werden.“

Das Institut für Wirtschaftsforschung geht auf Basis des sozio-ökonomischen Panels davon aus, dass sich etwa zwei Prozent der erwachsenen Personen in Deutschland als homo- oder bisexuell identifizieren. Der Bericht beruht auf den Angaben von 459 homo- und bisexuellen sowie 39.100 heterosexuellen Befragten.