Kai und Michael Korok sind das erste schwule Paar in Berlin, das sein Pflegekind adoptieren konnte.

Es war keine große Feier: Ein paar Freunde waren gekommen, es gab Lammbraten, Kartoffelsalat, später Kaffee und Kuchen. Das ganze Haus war voller Kinder, die tobten und spielten. Die Eltern saßen zusammen und freuten sich, manche hatten Tränen in den Augen, denn am Montagnachmittag vor gut einer Woche, vor der kleinen Feier, war etwas Großes geschehen.

Am Mittag ließen Kai und Michael Korok ihre eingetragene Lebenspartnerschaft im Standesamt Marzahn-Hellersdorf in eine Ehe umwandeln. Und schrieben damit Geschichte: als erstes schwules Paar in Berlin, das sein Pflegekind adoptieren konnte.

Erst die Ehe für alle ermöglicht allen Paaren die Adoption

Der Sohn heißt Maximilian (2) lebt seit seiner Geburt als Pflegekind bei den Koroks, die noch ein Mädchen im Alter von neun Jahren und einen Jungen im Alter von sechs Jahren als Pflegeeltern bei sich aufgenommen haben. „Ihn zu adoptie­ren, ist für uns ein unglaublich wichtiger Schritt. Wir freuen uns, dass wir jetzt die vollständige Verantwortung für unseren Sohn haben“, sagte Vater Michael am Dienstag im Gespräch mit der Berliner Morgenpost. „Vor allen Dingen fühlen wir uns endlich gleichberechtigt und anerkannt. Mit diesem Gesetz werden Familien mit gleichgeschlechtlichen Eltern nicht mehr wie Menschen zweiter Klasse behandelt.“

Erst seit 2004 dürfen gleichgeschlechtliche Paare in Berlin überhaupt offiziell Pflegekinder bei sich aufnehmen. Pflegeeltern werden händeringend gesucht und so habe es das Jugendamt nicht gestört, dass die Koroks ein schwules Paar sind, sagt Michael Korok. Im Jahr 2008 begingen sie ihre eingetragene Lebenspartnerschaft mit einem rauschenden Fest, einen Monat später zog eine Pflegetochter ein. Kai Korok arbeitete weiter als niedergelassener Arzt, der gelernte Historiker Michael Korok beschloss, sich ganztägig der Betreuung des Pflegekindes zu widmen – eine klassische Rollenverteilung, wie sie auch viele heterosexuelle Paare praktizieren. Heute lebt das Mädchen schon seit neun Jahren bei ihren zwei Vätern, drei Jahre später kam ein zweiter Junge hinzu, der Jüngste, Maximilian, ist seit 2015 bei den Koroks in Pflege.

Der Bundestag stimmte mit der Mehrheit von 393 Stimmen für die Ehe für alle

Für die drei Kinder sei es ohnehin nicht außergewöhnlich gewesen, zwei Papas zu haben. Auch das Umfeld habe die Koroks immer als ganz normale Familie wahrgenommen. „Umso verletzender und unbegreiflicher war es für uns, dass der Gesetzgeber gleichgeschlechtliche Eltern immer noch diskriminierte“, erinnert sich Michael. Deswegen habe das Paar sogar eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erwogen, um die Adoption zu erreichen. Doch das, wofür sie bereit waren, einen nervenaufreibenden Kampf auf sich zu nehmen, wurde quasi über Nacht Wirklichkeit.

Der Bundestag stimmte am 30. Juni mit der Mehrheit von 393 Stimmen für die Ehe für alle. Am 7. Juli billigte der Bundesrat das Gesetz. Am 1. Oktober schließlich trat es in Kraft. Einen Tag später saßen die Koroks beim Standesamt, wieder zwei Tage später reichten sie schon ihre Ehe-Urkunde beim zuständigen Familiengericht ein.

Das Schreiben, auf das sie jahrelang gewartet haben

An diesem Montag fischte Michael Korok schließlich das Schreiben aus dem Briefkasten, auf das er und sein Mann so lange gewartet hatten. In dem schwarz auf weiß stand, dass Maximilian der gemeinsame Sohn von ihm und Ehemann Kai ist. „Da habe ich innerlich auch ein bisschen gezittert. Ich saß ja schon bei der Sitzung im Bundesrat auf der Tribüne und habe gestandene Männer in Tränen ausbrechen gesehen und selber mitgeweint“, sagt er. Doch es sei auch merkwürdig, dass alles so schnell ging.

„Irgendwie hatten wir so wenig Zeit zum Freuen. Ich habe das alles noch nicht richtig realisiert“, sagt er. Und, kämpferisch: „Wir wären auch gerne nach Karlsruhe gegangen und hätten uns da erklärt“, sagt er. Für die Kinder ändert sich im Alltag wenig, doch Michael und Kai Korok können dank der Adoption des Jüngsten aufatmen. „Sollte uns etwas geschehen, ist er abgesichert. Der Schutz der Familie ist im Grundgesetz verankert, und endlich erkennt uns auch der Gesetzgeber als eine ganz normale Familie an“, sagt Michael Korok.

Von dem regen Medieninteresse und den raschen, wenn auch guten Änderungen in ihrem Leben sind er und sein Partner etwas erschlagen. „Ich freue mich auf die Herbstferien, da können wir das ein bisschen sacken lassen“, sagt Vater Michael. Und was meint eigentlich Adoptivsohn Maximilian dazu? „Er ist zu klein. Ihn interessiert das natürlich nicht die Bohne, dann eher schon, was es zum Abendbrot gibt.“

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