Kosaken hetzen gegen Homosexuelle „Schwuchteln sind nicht willkommen“

Rostow am Don · Mit aller Macht soll anscheinend verhindert werden, dass homosexuelle Paare während der WM ihre Zuneigung zueinander zeigen. Anders sind die jüngsten Maßnahmen nicht zu erklären.

 Kosaken arbeiten während der WM als Sicherheitskräfte.

Kosaken arbeiten während der WM als Sicherheitskräfte.

Foto: dpa/Pavel Golovkin

Auf die gefürchteten Peitschenhiebe wollen sie während der WM verzichten. Immerhin. Vollkommen tatenlos zuschauen können die Kosaken in Rostow am Don wiederum auch nicht, wenn zwei Männer in aller Öffentlichkeit Zärtlichkeiten austauschen. "Natürlich geben wir der Polizei dann Bescheid", sagt Oleg Barannikow, und er ergänzt vielsagend: "Den Rest regelt dann sie."

Barannikow ist der Sprecher jener paramilitärischen Einheit, die unweit der ukrainischen Grenze seinem Verständnis nach für Zucht und Ordnung sorgen wird. Natürlich nur dann, wenn man die Wertevorstellungen der Kosaken mit Füßen tritt. "Traditionelle Familienwerte und der orthodoxe Glaube stehen an erster Stelle", sagte Barannikow dem Radio Free Europe.

Dass die Russisch-Orthodoxe Kirche Homosexualität keinesfalls gutheißt, sollte nicht weiter überraschen. Grotesk wird es allerdings, wenn die große WM-Bühne genutzt werden soll, um Fans aus aller Herren Länder diese Ansicht aufzudrücken. Anders können die Äußerungen jedenfalls nicht interpretiert werden, die Patriarch Kyrill tätigte.

"Die WM bietet eine ideale Chance, um den Menschen unsere Spiritualität zu erklären", ließ Kyrill über seinen Sprecher in der englischen Zeitung The Independent ausrichten: "Wir wollen die Sportgemeinschaft christlicher machen." Mit Nächstenliebe hatte das allerdings wenig zu tun, was sich im Umfeld der WM bislang ereignete. Und ausgerechnet die Kosaken helfen bei WM-Spielen in Rostow als Sicherheitskräfte aus.

Das für gewöhnlich gut informierte Onlineportal PinkNews berichtete wie andere Medien auch, dass es in St. Petersburg einen gewaltsamen Übergriff auf einen französischen WM-Fan und seinen Begleiter gegeben haben soll. Eine SID-Anfrage an die Pressestelle der Stadt blieb zunächst unbeantwortet, das Opfer soll bei dem Angriff schwere Kopfverletzungen erlitten haben.

Zudem wurde am Donnerstag in Moskau der britische Menschenrechtsaktivist Peter Tatchell vorübergehend in Gewahrsam genommen, weil er vor dem Kreml gegen die Behandlung Homosexueller protestierte. "In einem abnormalen Regime wie dem von Wladimir Putin kann es keine normale Sportveranstaltung geben", sagte Tatchell, ehe er von drei Polizisten in einen Streifenwagen gebracht wurde. Er wurde später wieder auf freien Fuß gesetzt und muss sich am 26. Juni vor Gericht verantworten.

Homosexualität ist in Russland offiziell zwar nicht verboten, seit 2013 wird qua Gesetz die sogenannte "homosexuelle Propaganda gegenüber Kindern und Jugendlichen" aber mit drastischen Strafen belegt. Schon im Vorfeld hatte der deutsche Lesben- und Schwulenverband (LSVD) die Organisatoren daher in die Pflicht genommen. So müsse die FIFA unmissverständlich klarstellen, "dass die von ihr verabschiedeten Richtlinien für Menschenrechte nicht nur Augenwischerei und heiße Luft sind", forderte LSVD-Bundesvorstand Christian Rudolph.

Gruppierungen wie die Kosaken kann der Fußball-Weltverband allerdings nicht einfach so auflösen - auch wenn er es wollte. Schilder, wie sie an einer Bäckerei in Rostow hängen und der eigentliche Skandal sind, wird es auch weiter geben. "Faggots not allowed", stand dort geschrieben: "Schwuchteln sind nicht willkommen."

(SID)
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