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Financial Lines Markt: Aktuelle Trends und Entwicklungen

Julia Bestmann ist im Fachbereich Haftpflicht und Financial Lines bei der AVW tätig. Besonders bei den Financial Lines ist der Markt in Bewegung. Im Interview bewertet Julia Bestmann für uns aktuelle Trends aus Experten-Sicht.

Frau Bestmann, was sind derzeit die größten Entwicklungen im Bereich Financial Lines?

Julia Bestmann: An zunehmender Bedeutung gewinnen persönliche Policen anstelle oder als Ergänzung von Unternehmenspolicen. „Besondere Beauftragte" für Datenschutz, Compliance, Geldwäsche, Gleichstellung etc. können sich mit ihnen genauso absichern wie einzelne Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer. Zusätzlich werden immer häufiger sogenannte Kombi-Policen angeboten. Sie versprechen einen „Multi-Line-Rundumschutz". Auch Rechtsschutz-Konzepte, die konkret auf den Datenschutz ausgerichtet sind, werden mittlerweile angeboten.

Warum sollten sich Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer und „Besondere Beauftragte" persönlich versichern? Sind sie nicht über die Unternehmenspolicen mitversichert?

Julia Bestmann: Die Police des Unternehmens bietet in der Theorie einen guten Schutz für Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer. Doch nicht jede versicherte Person hat Zugriff auf die Police. Dem Einzelnen sind Inhalt und Reichweite des Versicherungsschutzes womöglich gar nicht bekannt. Wesentlich für den Abschluss einer Individualversicherung dürfte zudem sein, dass man über eine Unternehmenspolice nie allein versichert ist. Im Gegenteil: Die Entwicklung auf dem Markt hat dazu geführt, dass immer mehr Funktionen und Ämter in den Kreis der versicherten Personen eingeschlossen wurden. So kann es im Schadenfall passieren, dass andere Versicherte die Deckungssumme bereits aufgebraucht haben. Der persönliche Versicherungsschutz ist deshalb, unabhängig vom Versicherungsschutz des Unternehmens, eine sinnvolle Ergänzung zur persönlichen Absicherung.

Für „Besondere Beauftragte" ist die persönliche Police ein preiswertes Versicherungskonzept, das der erhöhten Risikosituation und Umsetzungsverantwortung dieser Personengruppen gerecht wird. Und das, ohne die bestehenden Unternehmensversicherungen (wie die D&O, Vermögensschadenhaftpflicht oder den Rechtsschutz) zu belasten.

Wie genau sieht das Versicherungskonzept aus?

Julia Bestmann: Das Konzept für die „Besonderen Beauftragten" besteht in einer Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden, dies gegebenenfalls ergänzt um einen Strafrechtsschutz.

Entscheidet sich ein Vorstandsmitglied oder ein Geschäftsführer für eine persönliche Police, ist er oder sie die einzige versicherte Person und zugleich Versicherungsnehmer(in). Das bedeutet: Er oder sie verfügt über eine eigene Versicherungssumme. Die Gefahr, dass andere Personen diese aufbrauchen, besteht nicht. Und: Die Person bleibt jederzeit „Herr" der Deckung, das heißt: Es gibt auch nach Ausscheiden aus dem Unternehmen keine bösen Überraschungen.

Sie erwähnten, dass auch immer häufiger Kombi-Policen angeboten werden, zum Beispiel ein sog. „Multi-Line-Rundumschutz". Was halten Sie davon?

Julia Bestmann: Bei diesen Kombi-Policen werden verschiedene Versicherungssparten miteinander verquickt, und zwar oft über eine Art Baukasten-System. Inhaltlich geht es um die Versicherungsprodukte D&O, Strafrechtsschutz, Antidiskriminierungshaftpflicht, Vertrauensschadenversicherung und weitere Kosten- und Assistance-Versicherungen. Die Versicherer vermarkten diese Kombi-Policen gerne als „Produktinnovation", durch die Versicherungslücken vermieden und gleichzeitig der Administrations-Aufwand verringert werde, da alles unter einem Dach zusammengefasst sei. Fraglich bei solchen Kombi-Produkten ist jedoch die Qualität. In den wenigsten Fällen reicht der Deckungsumfang der einzelnen Bausteine an den Versicherungsschutz einer separaten Police heran. Zudem besteht die Gefahr, dass bei Verbrauch oder Schmälerung der Versicherungssumme in der laufenden Versicherungsperiode für keinen Sparten-Baustein mehr ausreichender Versicherungsschutz besteht.

Datenschutz ist ein präsentes Thema in den Unternehmen. Es gibt nun Rechtsschutz-Konzepte, die speziell auf den Datenschutz zugeschnitten sind. Das klingt nach einer guten Idee, oder? Für wen ist dieses Produkt sinnvoll?

Julia Bestmann: Das Rechtsschutz-Konzept speziell für den Datenschutz bündelt die wichtigsten Leistungen für rechtliche Konflikte rund um das Thema Straf- und Ordnungswidrigkeiten-, Verwaltungs-, Schadenersatz- und Deckungsklage-Rechtsschutz. Es eignet sich als Einsteigerprodukt für kleinere Unternehmen oder als Ergänzung einer Unternehmens-Strafrechtsschutzversicherung.

Grundsätzlich verhält es sich hier aber wie bei den Kombi-Policen zum „Multi-Line-Rundumschutz": Man sollte kritisch prüfen, inwieweit die einzelnen Bausteine ausreichen, um den gewünschten Versicherungsschutz zu erzielen. Hält Ihr Unternehmen eine Strafrechtsschutz- sowie eine Cyber-Versicherung vor, dann bedarf es eines solchen Rechtsschutz-Konzeptes nicht. Mehr noch: Dann sind Sie noch besser aufgestellt und weitgehender abgesichert.

Vielen Dank für das Interview, Frau Bestmann!

Ein ausführlicher Blick auf die individuelle Situation Ihres Wohnungsunternehmens ist sinnvoller als die blinde Auswahl eines vorgefertigten Kombi-Produktes. Die AVW hilft Ihnen, die optimale Lösung zu finden. Sprechen Sie Ihren Kundenmanager an – er berät Sie gern.