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Nach Urteil zum Arbeitsrecht

LSVD und Grüne fordern Ende des kirchlichen Diskriminierungs-Rechts

Ausnahmeregelungen im Antidiskriminierungsgesetz müssten eingeschränkt werden, um konfessionslose oder schwule und lesbische Arbeitnehmer zu schützen.


Regenbogen und Friedenstaube in einer Methodistenkirche in den USA (Bild: Lee Cannon / flickr)

  • 26. Oktober 2018, 13:11h 13 3 Min.

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt zum kirchlichen Arbeitsrecht haben Verbände und Opposition ihre Forderung erneurt, Ausnahmeregelungen für Kirchen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz einzuschränken. In dem am Donnerstag verkündeten Urteil entschied das Gericht, dass für eine Arbeitsaufnahme in einem kirchlichen Umfeld nicht unbedingt eine Kirchenmitgliedschaft gefordert werden darf.

Im vorliegenden Fall ging es um eine befristete Anstellung beim Diakonischen Werk der evangelischen Kirche, in deren Rahmen ein Referentenbericht über Rassismus in Deutschland erstellt werden sollte. In der Stellenanzeige wurde die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche gefordert. Die Klägerin, eine konfessionslose Sozialpädagogin, war nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden und erhielt nun Schadensersatz von rund 10.000 Euro zugesprochen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und könnte zu einer Grundsatzentscheidung in Karlsruhe führen – es basiert bereits auf einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, der in diesem Jahr mehrfach auf Vorlagen des deutschen Gerichts entschieden hatte, dass das kirchliche Arbeitsrecht nicht grenzenlos gelten dürfe (queer.de berichtete).

Reformen "längst überfällig"

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßte am Freitag das Urteil des Bundesarbeitsgerichts: "Arbeitnehmerrechte müssen auch für Beschäftigte der Kirchen gelten", so LSVD-Vorstand Helmut Metzner. "Nun ist der Gesetzgeber gefragt. Diese Entscheidung muss Eingang in eine längst überfällige Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes finden, um den rechtlichen Diskriminierungsschutz auszubauen und wirksamer zu gestalten. Der LSVD fordert, die ungerechtfertigten Ausnahmen vom Diskriminierungsschutz für Beschäftigte im kirchlichen Bereich bzw. von Einrichtungen religiöser Träger zu beenden."

Der Verband verwies unter anderem auf die Ablehnung eines schwulen Lehrers durch ein katholisches Gymnasium vor wenigen Wochen, nachdem er von seinem Heiratswunsch sprach (queer.de berichtete). In der Vergangenheit hatte die katholische Kirche gar eine lesbische Putzfrau in einem Kindergarten gekündigt, als diese eine Lebenspartnerschaft einging (queer.de berichtete). Fälle wie diese seien "einer freien Gesellschaft unwürdig", so der LSVD. "Für Beschäftigte der Religionsgemeinschaften und der von ihnen betriebenen Einrichtungen muss außerhalb des engsten Bereichs der Verkündigung das allgemeine Arbeitsrecht einschließlich des Betriebsverfassungsgesetzes Geltung erlangen."

Die Politik hatte bei der Einrichtung des Antidiskriminierungsgesetzes 2006 Kirchen größtenteils ausgenommen, obwohl diese zu den größten Arbeitgebern in Deutschland gehören, und sich auch später noch auf Zusicherungen der Kirchen verlassen. So entschied die katholische Bischofskonferenz 2015, dass sie in verkündungsfernen Bereichen Homosexuelle künftig nicht unbedingt entlassen wolle (queer.de berichtete). Am Recht auf selbstbestimmter arbeitsrechtlicher Diskriminierung von "Sündern" hielt die Kirche aber fest.

Eine "umgehende Reform" des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes forderten am Freitag auch Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Beauftragter für Religion und Weltanschauung der Grünen, und Sven Lehmann, Sprecher für Queerpolitik der Partei. Kirchen hätten zwar ein verfassungsrechtlich verbrieftes Selbstbestimmungsrecht. Wie das neueste Urteil zurecht zeige, habe dies aber Grenzen: Es müsse "stets zwischen dem Recht auf Autonomie der Kirchen und dem Recht der Arbeitnehmer*innen abgewogen werden".

Reformen seien für Konfessionslose, Andersgläubige, Homosexuelle und Wiederverheiratete "von großer Bedeutung", so die Grünen. "Sie können sich nach deutschem Kirchenarbeitsrecht bisher nur bedingt auf das AGG berufen und werden daher häufig benachteiligt." Eine Initiative zur Reform des AGG werde man in Kürze in den Bundestag einbringen.

#1 VolumePro
  • 26.10.2018, 13:21hMönchengladbach
  • Frage:
    In dem Artikel steht, dass das Urteil des Bundesarbeitsgerichts noch nicht rechtskräftig sei. Wie kann das sein? Entscheidungen der Obersten Bundesgerichte sind immer unanfechtbar und somit sofort rechtskräftig.
  • Direktlink »
#2 NochMehrAnonym
  • 26.10.2018, 13:38h
  • Ja, das ist gut, ich begrüße es, aber:
    Nicht nur im kirchlichen Bereich findet Diskriminierung statt, auch außerhalb(!)
    Auch in städtischen Einrichtungen kann das passieren und passiert es leider immer noch.

    Deshalb plädiere ich für eine grundsätzliche Erweiterung des AGG und der Schutz im GG aller Merkmale, die im AGG stehen.
  • Direktlink »
#3 Gerlinde24Ehemaliges Profil
  • 26.10.2018, 16:03h
  • Ich kenn eine Person, welche den Vorgesetzten als Pfarrer sagte, dass er transsexuell sei. Er wurde daraufhin entlassen, und bekam vor Gericht kein Recht. Kurz darauf hat er sich versucht, das Leben zu nehmen.
    Heute lebt sie als glückliche Frau in Berlin, ist mit einer Frau (nicht transsexuell) zusammen, und sagt, dass der Selbstmordversuch ihr die Augen über ihre Kirche gegeben hat. Sie ist gläubig, aber nicht an eine Konfession gebunden.
  • Direktlink »

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