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Negativpreis

Annegret Kramp-Karrenbauer könnte die nächste "Miss Homophobie" werden

Geht es um den Parteivorsitz der CDU gilt "AKK" als "gemäßigte Kandidatin". Das gilt jedoch nicht für ihre Ansichten über Homosexualität.

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Annegret Kramp-Karrenbauer ist gegen die "Ehe für alle". | © picture alliance/Ulrich Baumgarten

Annegret Kramp-Karrenbauer ist gegen die "Ehe für alle". | © picture alliance/Ulrich Baumgarten

21.11.2018 | 23.11.2018, 10:06

Berlin. Im Dezember stellt sich Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer zur Wahl für den Parteivorsitz der CDU. Kurz darauf könnte die 56-Jährige noch ein anderes Amt bekommen - allerdings eher unfreiwillig. "AKK" ist für den Preis "Miss/Mister Homophobia" nominiert.

Der Negativ-Preis wird von der ehrenamtlichen Initiative "Enough is enough" verliehen. Die Gruppe setzt sich gegen die Diskriminierung von Schwulen, Lesben und Transgender ein und verleiht den Titel seit 2015 jährlich an einen Prominenten. Auf einer Website kann über die Nominierten abgestimmt werden.

Warum ist "AKK" nominiert?

Annegret Kramp-Karrenbauer hat in diesem Jahr gute Aussichten auf den Titel. Bereits im Jahr 2015 hatte die CDU-Frau in einem Zeitungsinterview vor der Ehe für alle gewarnt und sie indirekt mit Inzucht und Polygamie verglichen. "Wir haben in der Bundesrepublik bisher eine klare Definition der Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau", sagte Kramp-Karrenbauer.

„Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen. Wollen wir das wirklich?"

Die Ausssage ist nun zwar drei Jahre her - in der ZDF-Talkshow von Maybritt Illner wiederholte Kramp-Karrenbauer ihre ablehnende Haltung im November jedoch - und stieß damit auch auf Kritik von Juso-Chefs Kevin Kühnert. Der 29-Jährige sagte, er sei darüber "als schwuler Mann fassungslos".

Mit ihrer Meinung ist Kramp-Karrenbauer in ihrer Partei übrigens nicht allein: Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte erst am Dienstag eine Langzeitstudie gefordert, um zu klären, welche Auswirkungen eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft auf Kinder hat. Sie hatte im vergangenen Jahr gegen die Ehe für alle gestimmt.

Wer steht noch auf der Liste?

Andreas Gabalier bei einem Konzer in Halle. - © Alexander Heim
Andreas Gabalier bei einem Konzer in Halle. | © Alexander Heim

Kramp-Karrenbauer ist nicht die einzige Nominierte mit Chancen auf den Titel "Miss/Mister Homophobia". Als Favorit gilt auch der Schlagersänger Andreas Gabalier. Er hatte mal in einem Interview gefordert, man solle das Thema Homosexualität "aus Respekt unseren kleinen Kindern gegenüber nicht ganz so breit in der Öffentlichkeit austreten".

Auch das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, Papst Franziskus, steht auf der Nominiertenliste. Er hatte in einem missverständlichen Statement Konversiontherapien für homosexuelle Kinder empfohlen. Der deutsche Lesben- und Schwulenverband (LSVD) kritisierte die Aufforderung als "zutiefst besorgniserregend und falsch". "Äußerungen wie diese schüren Homosexuellenfeindlichkeit und geben menschenverachtenden Konversionstherapien Rückenwind. Homosexualität ist keine Krankheit und bedarf folglich auch keiner Therapie", ließ der Verband mitteilen.

Mit Nicole Höchst steht auch eine AfD-Frau auf der Nominiertenliste. Die ausgewiesene Gegnerin der Gleichstellung Homo- und Transsexueller, hatte in diesem Jahr die Schirmherrschaft der Gruppe "Alternative Homosexuelle" (AHO) der AfD übernommen. Im Januar wurde sie von der AfD als Vertreterin der Fraktion im Kuratorium der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld benannt. Es ist erklärtes Ziel der Stiftung, gegen die Diskrimierung von LGBT zu kämpfen.

Auch Alice Weidel ist wieder dabei

Der Negativpreis "Miss/Mister Homophobia" wird vom Verein seit 2015 vergeben. In den Jahren 2015 und 2016 schaffte es Hedwig Freifrau von Beverfoerde an die Spitze. Sie erhielt den Negativ-Preis für die Organisation der homofeindlichen "Demo für alle".

AfD-Frontfrau Alice Weidel und der Publizist David Berger schafften es 2017 an die Spitze. Beide sind selbst homosexuell - jedoch gleichzeitig für die Diskriminierung anderer Minderheiten bekannt. Alice Weidel hat auch in diesem Jahr noch mal Chancen auf den Titel: Sie ist, neben den vier Neueinsteigern, bereits im zweiten Jahr in Folge für den Preis nominiert.

KOMMENTAR DER REDAKTION


Wenn Annegret Kramp-Karrenbauer im Dezember für den CDU-Parteivorsitz kandidiert, geht sie als "gemäßigte Kandidatin" ins Rennen. 

Während Friedrich Merz eher für einen konservativen Kurs steht und Jens Spahn kaum eine Möglichkeit auslässt, gegen Migranten zu hetzen, gilt "AKK" als bürgerlich und skandalfrei. Ihre Aussagen zum Thema "Ehe für alle" zeichnen ein anderes Bild. 

Wer Homosexualität mit Inzest gleichsetzt, disqualifiziert sich auf so vielen Ebenen - und hat trotzdem noch die Chance, Chefin der stärksten  Partei im Bundestag zu werden.

Wer öffentlich fordert, Homosexuelle sollten sich bitte "zurückhalten", füllt weiterhin ganze Stadien mit seiner Volksmusik - und niemanden interessiert's. 

Aktionen wie "Miss/Mister Homophobia" legen schonungslos offen, wie sehr Homophobie noch in der Gesellschaft verankert ist - und oftmals ohne Konsequenzen bleibt. 

Für Schwule, Lesben und Transgender-Menschen bedeutet das leider auch im Jahr 2018 noch: Der Weg in die Normalität bleibt steinig und weit.


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