Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben" – so lautet das Gesetz zum "dritten Geschlecht" korrekt. Der Bundestag hat es am Donnerstag am späten Abend beschlossen – aber nicht, weil es ihm ein Anliegen gewesen wäre, intersexuellen Personen eine Wahlmöglichkeit zu geben; vielmehr hatte das deutsche Verfassungsgericht den Gesetzgeber zur Reform gezwungen.

Das Gericht hatte im November 2017 ein drittes Geschlecht für das Geburtenregister gefordert. Geklagt hatte eine intersexuelle Person namens Vanja, die bei ihrer Geburt im Jahr 1989 als "weiblich" registriert worden war, laut Chromosomenanalyse aber weder Mann noch Frau ist. Ihr Versuch, später beim Standesamt den Eintrag "inter/divers" durchzusetzen, scheiterte zunächst, also zog Vanja nach Karlsruhe.

Das Höchstgericht entschied, dass auch das Persönlichkeitsrecht intersexueller Menschen zu schützen sei und es ab 2019 mehr als die Bezeichnungen "männlich" und "weiblich" geben müsse. Denn der Zuordnung zu einem Geschlecht komme "herausragende Bedeutung" zu. In Deutschland leben rund 100.000 intersexuelle Personen. Es ist unklar, wie viele von ihnen nun den Eintrag "divers" wählen wollen.

Auf Körperliches "eingeengt"

Auf Drängen der Union müssen sie dafür in der Regel ein ärztliches Attest vorlegen. Das wird von den Grünen, aber auch vom Lesben- und Schwulenverband Deutschlands (LSVD) kritisiert. "Damit wird Intersexualität auf körperliche Abweichungen eingeengt. Das missachtet die feststehende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass sich das Geschlecht nicht allein nach körperlichen Merkmalen bestimmen lässt, sondern von sozialen und psychischen Faktoren mitbestimmt wird", heißt es beim LSVD. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter meint: "Jedem Menschen steht diese Entscheidung selbst zu. Dass Union und SPD ein ärztliches Attest fordern, ist bevormundende Schikane." Die AfD hingegen hält ein drittes Geschlecht für überhaupt nicht nötig. "Die Geschlechtszugehörigkeit ist seit Bestehen der Menschheit ein objektives Faktum – so wie Alter und Körpergröße auch", sagt Vize-Fraktionschefin Beatrix von Storch.

In Österreich hat das Verfassungsgericht im Juni darauf hingewiesen, dass Intersexuelle ein Recht auf eine adäquate Bezeichnung im Personenstandsregister haben, und sich dabei auf die Bezeichnungen "divers", "inter" oder "offen" bezogen, die auch von der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt vorgeschlagen wurden. Eine Gesetzesänderung war nicht nötig.

Entschärft hat die große Koalition in Deutschland auch den Streit über den Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches ("Werbeverbot" für Schwangerschaftsabbrüche). Er soll bestehen bleiben, aber man will klarer darlegen, in welchem Rahmen Ärzte und Kliniken künftig über Abtreibungen informieren dürfen. Details werden Union und SPD allerdings erst im neuen Jahr vereinbaren. (Birgit Baumann aus Berlin, 14.12.2018)