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Diskriminierung und Furcht vor Karriereknicks

Mehrheit der LGBTI am Arbeitsplatz noch immer ungeoutet

Laut einer neuen Studie fällt es einem Großteil der LGBTI-Beschäftigten in Deutschland schwer, sich im Job zu outen. Daran sollten die Unternehmen arbeiten, sind die Autor*innen überzeugt – im eigenen Interesse.


Bei den meisten queeren Kollegen ist es nicht so offensichtlich: Szene aus dem Sketch "Office Homophobe" von Key & Peele (Bild: Comedy Central)
  • 26. Januar 2019, 06:41h 89 3 Min.

Die meisten lesbischen, schwulen, bi-, trans- oder intergeschlechtlichen Arbeitnehmer*innen in Deutschland haben sich einer neuen Studie zufolge im Job bislang gar nicht oder nur wenigen Kolleg*innen gegenüber geoutet. "Auch wenn in Deutschland rund 85 Prozent der LGBT+-Talente angeben, ihre sexuelle Orientierung auf der Arbeit mitteilen zu wollen, haben das nur 37 Prozent von ihnen bislang auch getan", teilte die Boston Consulting Group (BCG) in einer Umfrage am Samstag in München mit.

Für die Studie befragten die Autor*innen weltweit rund 4.000 Menschen – davon mehr als 500 in der Bundesrepublik. Im internationalen Vergleich mit 19 weiteren berücksichtigten Ländern bildet Deutschland mit dieser Quote das Schlusslicht. Im Durchschnitt hatten sich in den Ländern rund 52 Prozent der LGBTI-Arbeitnehmer*innen im Job geoutet. In England gaben gar 63 Prozent der Befragten an, damit am Arbeitsplatz allen Mitarbeiter*innen gegenüber offen umzugehen.

Angst gerade bei Berufsanfänger*innen

Die Ergebnisse der Studie deckten sich mit den Wahrnehmungen, die auch der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) bei dem Thema habe, sagte dessen Sprecher René Mertens. "Für viele Lesben, Schwule, Bisexuelle und vor allem auch transgeschlechtliche Menschen ist es immer noch schwierig, sich im Job zu outen, weil sie Diskriminierung und den Karriereknick befürchten müssen." Gerade in der Gruppe der Berufsanfänger*innen sei diese Angst ausgeprägt.

"Bei der Auswahl eines Arbeitsplatzes in Deutschland steht der Wunsch nach einem LGBT+-freundlichen Arbeitsumfeld, zu dem auch eine klare Antidiskriminierungsrichtline zählt, bei LGBT+-Menschen auf Platz 1 der Auswahlkriterien", sagte BCG-Beraterin und Studien-Autorin Annika Zawadzki der Deutschen Presse-Agentur. "Daraus lässt sich durchaus schließen, dass Diskriminierung am Arbeitsplatz für LGBT+-Menschen ein Thema ist."

Den Unternehmen entgehen Potenziale

Den Firmen empfiehlt Zawadzki dringend, das Thema anzugehen. Ihnen entgingen ansonsten wichtige Potenziale. Dort, wo hochqualifizierte LGBTI-Menschen keinen offenen Umgang mit ihrer Identität vorfinden, würden sie sich gar nicht erst bewerben. Mit dieser Sicht ist Zawadzki nicht allein.

Das Thema komme immer öfter auch bei Bewerbungsgesprächen auf den Tisch, sagte etwa Deutsche-Bank-Vizechef Karl von Rohr kürzlich auf der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos (queer.de berichtete). Die Inklusion von LGBTI werde zunehmend zu einem Faktor bei der Personalsuche von Unternehmen.

In einer eigenen, von der Bank in Auftrag gegebenen Umfrage unter Tausenden Teilnehmer*innen hätten 72 Prozent der Befragten angegeben, eher einen Job bei einem Unternehmen anzutreten, das sich aktiv für die Belange der LGBTI-Community einsetze.

Öffentlicher Sektor besonders beliebt

In der Studie der BCG bleibt indes offen, in welchen Branchen es den entsprechenden Beschäftigten besonders schwer fällt, sich zu outen. Gefragt wurde allerdings nach der Attraktivität verschiedener Branchen bei der Jobsuche. Demnach gehört vor allem der öffentliche Sektor zu den Arbeitsplätzen, die bei LGBTI-Menschen besonders beliebt sind. 40 Prozent der Befragten gaben an, dass sie diesen Einsatzbereich bevorzugen. Bei heterosexuellen Menschen mit binärem Geschlecht lag diese Quote lediglich bei 34 Prozent.

Bei multinationalen Konzernen, sogenannten Blue-Chip-Companies, könnten sich rund 58 Prozent der LGBTI-Beschäftigten vorstellen zu arbeiten – elf Prozentpunkte weniger als bei allen anderen Befragten. Auch Start-ups liegen bei ihnen niedriger im Kurs als bei heterosexuellen Männern und Frauen.

Es lassen sich Fortschritte erkennen

Untersuchungen zum Coming-out am Arbeitsplatz hatten in den letzten Jahren zu insgesamt recht unterschiedlichen Ergebnissen geführt, was an unterschiedlichen Methoden und Befragtengruppen liegt. Letztlich lassen sich aber auch Fortschritte erkennen.

Bei der Studie "Out im Office?!", die im Sommer 2017 von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vorgestellt wurde, hatten etwa 29 Prozent der Befragten angegeben, mit allen Kollegen offen über ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität zu sprechen (queer.de berichtete). (cw/dpa)

#1 LedErich
  • 26.01.2019, 11:40h
  • Ungeoutet am Arbeitsplatz, das gab es für mich nur bei meiner ersten Arbeitsstelle 1993 bis 1997. Am Ende habe ich erfahren dass alle von Anfang an eigentlich wussten dass ich schwul bin. Seitdem habe ich mich bei jedem Arbeitgeber sofort geoutet. Immer nebenbei und beiläufig ohne Trara - aber so schnell wie möglich.
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#2 Taemin
  • 26.01.2019, 12:06h
  • Etwa zu der selben Zeit wurde ich am damaligen Arbeitsplatz immer stärker Ziel von zweideutigen Anspielungen und peinlich sein sollenden Fragen. Das schaukelte sich hoch, bis ich eines Tages einen internen Anruf erhielt. Wie ich später erfuhr, hatte die Anruferin eine größere Kollegenschar um sich versammelt und den Lautsprecher angestellt. Sie fragte mich, ob ich "vom anderen Bahnhof" sei. (Für die Jüngsten: "vom anderen Bahnhof, von der anderen Feldpostnummer, vom anderen Ufer, von der anderen Fakultät" waren bis kurz vor der Jahrtausendwende beliebte Umschreibungen, damit man weder "homoexuell" noch und schon gar nicht "schwul" sagen musste.) Ich tat das einzig Richtige und giftete sie an: "Stört Sie das?!", worauf sie verdattert verneinte - zweifellos hatte sie geglaubt, ich werde ausweichen oder mich in irgendeine nichtssagende Floskel flüchten. Da sie für genug Zeugen gesorgt hatte, ging die Information an einem einzigen Tag durchs ganze Haus. Seither war Ruhe. Am jetzigen Arbeitsplatz war es dann schon einfacher: Gleich zu Anfang fragten mehrere Kollegen/Kolleginnen, ob ich eine Frau oder Freundin habe, und ich antwortete: "Ich habe keine Frau, sondern einen Mann." Fertig, das war's. - Ich muss allerdings anmerken, dass ich in einer Verwaltungsbehörde arbeite. Es gibt sicher Arbeitsplätze, die für Schwule problematischer sind.
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#3 Dont_talk_about
  • 26.01.2019, 12:18hFrankfurt
  • Wir bevorzugen also den Staatsdienst statt die Wirtschafts mit Start-ups voranzubringen. Und das obwohl die Mehrheit keine Familie zu ernähren haben dürfte und daher ja ein größeres Risiko eingehen könnte. Kein gutes Zeugnis für unsere Community.
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