Südostasien

Brunei will Todesstrafe für Homosexuelle nicht umsetzen

2. Mai 2019
Bild: © Daniel Weiss, CC BY-SA 3.0
Moschee in Bandar Seri Begawan, der Hauptstadt von Brunei © Daniel Weiss, CC BY-SA 3.0

Update 06.05.19 – Nach massivem internationalen Druck hat der Sultan von Brunei, Hassanal Bolkiah, in einer Rede zum Beginn des Fastenmonats Ramadan angekündigt, keine Todesurteile umzusetzen. Nach den seit Anfang April geltenden härteren Strafgesetzen drohte Homosexuellen in Brunei der Tod durch Steinigung. Weltweit hatte es daraufhin eine Welle des Protests gegeben. Ende April forderte das Sultanat Bruneis noch in einem Brief an das Europäische Parlament „Toleranz, Respekt und Verständnis“ dafür, dass man mit der Verschärfung der Gesetze die traditionellen Werte des Landes bewahren wolle. Das Europäische Parlament hatte u. a. dazu aufgerufen die Einfrierung von Vermögenswerten zu prüfen. Stars wie George Clooney und Elton John forderten, Hotels zu boykottieren, die dem Sultan gehören.

03.04.19 – Im Sultanat Brunei auf der Insel Borneo gelten seit heute härtere Strafgesetze. Unter anderem kann die Todesstrafe auf gleichgeschlechtlichen Sex verhängt werden. Bislang standen auf homosexuelle Handlungen bereits bis zu zehn Jahren Haft. Laut der Neufassung des Strafgesetzbuches, die heute in Kraft getreten ist, sind auch öffentliche Züchtigungen mit dem Stock und Steinigungen möglich.

2014 setzte der autoritär regierende Sultan Hassanal Bolkiah ein auf dem islamischen Scharia-Recht basierendes gesetzliches Regelwerk ein. Blieb es zunächst auf Gefängnis- und Geldstrafen beschränkt, wurde nun die rechtliche Grundlage für Körperstrafen geschaffen – darunter Amputationen als Strafe für Diebstahl oder Steinigungen für Analsex, gleichgeschlechtlichen oder außerehelichen Sex. Die Drohung der Todesstrafe richtet sich vor allem gegen Männer, die gleichgeschlechtlichen Sex haben. Frauen, denen homosexuelle Handlungen vorgeworfen werden, drohen Stockhiebe oder bis zu zehn Jahre Gefängnis.

International riefen die Verschärfungen Empörung hervor. So forderten die Vereinten Nationen ihr Mitgliedsland Brunei am Montag auf, auf „drakonische Strafen” zu verzichten. Menschenrechtsorganisationen wiesen darauf hin, dass das Sultanat gegen internationale Menschenrechtsnormen verstoße. So stellen körperliche Strafen jeglicher Form einen Verstoß gegen das Verbot von Folter dar.

„Die internationale Gemeinschaft muss den Schritt Bruneis, diese grausamen Strafen in die Tat umzusetzen, deutlich verurteilen”, sagte Rachel Chhoa-Howard, Brunei-Expertin bei Amnesty International. Abgesehen von der Härte der Strafen sollten einige der zukünftigen „Straftaten”, wie einvernehmliche sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen, gar nicht erst als Verbrechen betrachtet werden. Amnesty habe bereits 2014, als die Umsetzung des neuen Strafgesetzbuches begann, große Bedenken geäußert. Neben Homosexuellen könne das Gesetz auch trans* Personen treffen, erklärte Human Rights Watch in einem Statement: so steht ein öffentliches Auftreten unter Strafe, wenn es seitens der staatlichen Behörden als „Cross-Dressing“ interpretiert wird.

In Berlin rief die Bundesregierung die Botschafterin Bruneis ein. In dem Gespräch habe man an das Sultanat appelliert, internationale Menschenrechtsvereinbarungen einzuhalten, hieß es aus dem Auswärtigen Amt am Dienstag. Die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, Bärbel Kofler (SPD), betonte, sie sei „erschüttert” angesichts der Vorhaben Bruneis. Die „Strafverfolgung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechteridentität und daraus resultierende, brutale Strafen” verurteile sie aufs Schärfste.

„Deutschland, die EU und die UN sind gefordert, das barbarische Regime zu stoppen,“ sagte Axel Hochrein, Vorstandsmitglied des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD). Auch Prominente wie George Clooney oder Elton John bezogen öffentlich Stellung: sie riefen dazu auf, neun Luxushotels in Großbritannien, Frankreich, Italien und den USA, die im Besitz des Sultanats sind, zu boykottieren.

Als Reaktion auf die Proteste verteidigte Sultan Bolkiah sein Vorgehen bereits Ende März in einem Statement. Brunei sei ein „souveräner islamischer Staat und unabhängiges Land“ und könne seine eigenen Gesetze verabschieden.

Ob Steinigungen in Brunei in Zukunft tatsächlich vollzogen werden, bleibt unklar. Die Beweispflicht ist streng und staatliche Hinrichtungen im Sultanat gab es seit Jahrzehnten nicht mehr. Wie etwa Matthew Woolfe, Gründer der australischen Menschenrechtsgruppe „The Brunei Project“, die auch mit Betroffenen vor Ort in Kontakt steht, gegenüber der Deutschen Welle betonte, rufen die Verschärfungen jedoch große Ängste unter LGBTI hervor.

Der südostasiatische Kleinstaat hat mehr als 420.000 Einwohner*innen, zwei Drittel davon sind muslimischen Glaubens. Der seit 1976 amtierende Sultan zählt zu einem der reichsten Monarchen der Welt. 1991 machte er Brunei, das bis 1984 noch unter britischem Protektorat stand, zu einer Islamischen Monarchie.

fs

Menschenrechtsgruppe „The Brunei Project“

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