KATHOLISCHE KIRCHE : Schwulen- und Lesbenverbände schockiert über Vatikan-Leitfaden zur Gendertheorie

12. Juni 2019 // Monica Dick

Die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche e.V. (HuK) und der Deutsche Schwulen- und Lesbenverband (LSVD) haben den am Montag veröffentlichten Vatikan-Leitfaden für katholische Lehrkräfte zum Thema Gendertheorie scharf kritisiert. Insbesondere die darin enthaltene Ablehnung von Intergeschlechtlichkeit sorgte für ein lautes Echo.

Der Vatikan in Rom, Zentrum der Katholischen Kirche.
Der Vatikan in Rom, Zentrum der Katholischen Kirche.

zwd Berlin. Der von der Bildungskongregation des Vatikans vorgestellte Leitfaden bezeichnet Gendertheorie als Ideologie, die „den Unterschied und die natürliche Wechselseitigkeit zwischen Mann und Frau“ leugnet. In dem offiziellen Dokument mit dem Titel „Als Mann und Frau schuf er sie" betont die Katholische Kirche die Komplementarität von Mann und Frau und warnt vor einer „Auslöschung“ der Geschlechter.

„Vatikan ruft zu Menschenrechtsverletzungen an intersexuellen Kindern auf“

In ihrer Stellungnahme zeigte sich die HuK empört darüber, dass der Leitfaden die Vorstellung ablehne, dass Menschen ihr Geschlecht wählen oder ändern können: „Die Vielfalt der Schöpfung Gottes will die Bildungskongregation zu einer Zwangsordnung der Zweigeschlechtlichkeit umgestalten − nach ihrem eigenen Bilde“. In dem Leitfaden hatte die sich Katholische Kirche für geschlechtsangleichende Operationen an Säuglingen durch Mediziner*innen ausgesprochen. Diese Kritik an der Geschlechtsidentität als „Wahl“ oder beliebige Willensentscheidung gehe allerdings nach Auffassung des Vereins an der psychischen Situation von Trans-Personen völlig vorbei. Auch der Schwulen- und Lesben-Bundesverband (LSVD) verurteilte via Twitter den offiziellen Leitfaden des Vatikans. Damit legitimiere die Katholische Kirche als religiöse Autorität Stigmatisierungen, Diskriminierungen und schwere Menschenrechtsverletzungen, „wie sie weltweit an der Tagesordnung sind“.

Forderung nach Rücktritt des Präfekts der Bildungskongregation

Nach Ansicht des katholischen Theologen Michael Brinkschöder ziehe der Vatikan das Selbstbestimmungsrecht von intersexuellen Menschen nicht einmal in Betracht. „Diese Ignoranz ist eine Schande für die ganze Katholische Kirche“, mahnte Brinkschöder und forderte den Rücktritt des für das Dokument zuständigen Präfekts, Kardinal Giuseppe Versaldi.

Deutscher Lehrerverband verteidigt Kirche

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, nahm die Katholische Kirche in einem Interview mit dem SWR hingegen in Schutz. So könne er in dem 58-Punkte umfassenden Dokument keinen Anhaltspunkt dafür finden, dass die Kirche gegen eine Thematisierung von Homosexualität oder Geschlechtsumwandlung im Unterricht sei. Vielmehr zeuge die Auseinandersetzung mit der Thematik für die Dialogbereitschaft der Katholischen Kirche.

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