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Umfrage

Jeder vierte queere Arbeitnehmer hat Erfahrungen mit Benachteiligung

Ein Drittel der LGBTI-Beschäftigten sind im Job ungeoutet. Obwohl sich viele Arbeitgeber um ein inklusives Umfeld bemühen, spricht jeder Fünfte von Diskriminierungserfahrungen.


Nicht immer ist der Arbeitsplatz ein angst- und diskriminierungsfreier Ort (Bild: LinkedIn)

  • 10. Juli 2019, 10:47h 31 3 Min.

65 Prozent der Beschäftigten in Deutschland, die sich schwul, lesbisch, bisexuell, pansexuall/omnisexuell, transgender, intersexuell oder nicht-binär/genderqueer/genderfluid identifizieren, gehen im Job offen mit ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität um. Von ihnen erklärten 91 Prozent, die Entscheidung zum Coming-out nicht zu bereuen. Das ist eines der Ergebnisse einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des Berufsnetzwerks LinkedIn.

32 Prozent gaben an, eher nicht oder überhaupt nicht offen mit ihrem Status als LGBTI umzugehen. Nach den Gründen für die Geheimhaltung gefragt, gaben mehr als die Hälfte (53 Prozent) an, dass sie Arbeit und Privatleben strikt trennen und ihre Orientierung deshalb niemanden etwas angehe. 42 Prozent sagten, dass es schlicht bislang noch keinen Anlass gegeben habe, darüber zu sprechen. 38 Prozent fürchten, auf ihre Sexualität oder Identität reduziert zu werden. 27 Prozent haben außerdem Angst, von ihrem Team nach einem Coming-out anders behandelt zu werden. 24 Prozent haben sich auch im privaten Kontext noch nicht geoutet und zehn Prozent erklärten, sich ihrer Sexualität oder Identität selbst nicht sicher zu sein. Bei lediglich sechs Prozent ist die Entscheidung, sich nicht zu outen, eine Folge von negativen Erfahrungen an einem vorherigen Arbeitsplatz.

Unter allen Befragten gab knapp jeder Vierte (23 Prozent) an, am Arbeitsplatz bereits Erfahrungen mit Benachteiligung aufgrund von Orientierung oder Identität gemacht zu haben. Zwölf Prozent berichteten sogar von derartigen Erfahrungen an ihrem derzeitigen Arbeitsplatz. Dazu gehört etwa, dass sie Zielscheibe von Witzen oder sexualisierten Kommentaren wurden (46 Prozent der von Diskriminierung Betroffenen), eine Veränderung des Teamzusammenhalts bis hin zu Ausgrenzung (28 Prozent), aber auch psychische Gewalt oder Mobbing (28 Prozent) und verbale Gewalt bzw. Beleidigungen (24 Prozent). Zwölf Prozent aller Befragten gaben an, aufgrund von Diskriminierung oder Benachteiligungen schon einmal den Arbeitsplatz gewechselt zu haben, weitere vier Prozent sogar mehrfach.

Nur ein Viertel arbeitet in Unternehmen mit Antidiskriminierungsrichtlinien

Immerhin: 85 Prozent sind überzeugt, dass es ihrem Arbeitgeber "wichtig", "sehr wichtig" oder "äußerst wichtig" ist, ein inklusives und diverses Arbeitsumfeld zu bieten. Aber lediglich 27 Prozent gaben an, dass ihr Unternehmen Antidiskriminierungsrichtlinien im Verhaltenskodex festgeschrieben hat. Nur 25 Prozent berichten von der Integration eines dritten Geschlechtseintrags in Stellenanzeigen.

"Ob das Familienfoto auf dem Schreibtisch, der Small Talk über die Urlaubspläne mit der Partnerin oder die Einladung für den Partner zur Betriebsfeier – Heterosexuelle sprechen am Arbeitsplatz so selbstverständlich wie unbewusst über ihre sexuelle Identität", so kommentierte LSVD-Vorstandsmitglied Axel Hochrein die Ergebnisse. "Obgleich immer mehr Lesben, Schwule und Bisexuelle diese Offenheit für sich ebenfalls in Anspruch nehmen, müssen sie leider weiterhin mit negativen Reaktionen rechnen. Transgeschlechtliche Menschen können oftmals noch weniger zu ihrer Geschlechtsidentität stehen und erleben nach einem Coming-out noch häufiger zum Beispiel Kündigungen, Versetzungen oder verweigerte Einstellungen". Hochrein forderte daher, dass Betriebe und Unternehmen sich mit entsprechenden Diversity-Strategien und Antidiskriminierungsrichtlinien für einen offenen, angst- und diskriminierungsfreien Arbeitsplatz einsetzen sollten. "Das kommt allen Mitarbeitenden zu Gute", ist er überzeugt.

Die Ergebnisse sind mit Vorsicht zu genießen, da es sehr schwierig ist, einen repräsentativen Querschnitt der LGBTI-Bevölkerung zu finden. So steht das Resultat, dass zwei Drittel im Job geoutet sind, im Widerspruch zu einer im Januar veröffentlichten Umfrage der Boston Consulting Group (BCG). Damals hatten nur 37 Prozent der Befragten angegeben, im Job geoutet zu sein – allerdings waren in dieser Umfrage nur Berufstätige unter 35 sowie Studierende gefragt worden (queer.de berichtete).

YouGov hatte für die Umfrage insgesamt 1.032 LGBTI-Arbeitnehmerinnen und -Arbeitnehmer online befragt. Die Befragung lief vom 6. bis zum 14. Juni. (pm/dk)

#1 PetterAnonym
  • 10.07.2019, 12:52h
  • Diskriminierung und fehlende Gleichstellung/Akzeptanz schadet einer ganzen Volkswirtschaft. Es sorgt für geringere Leistungsfähigkeit, mehr Fehlzeiten, etc. Außerdem profitiert jedes Unternehmen davon, wenn möglichst vielfältige Menschen mit den unterschiedlichsten Sichtweisen und Ideen beschäftigt sind.

    Die erfolgreichsten Unternehmen der Welt haben den Wert von Diversity längst erkannt und fördern das explizit, weil sie wissen, dass das ein Wettbewerbsvorteil ist.

    Das alles ist in zig wissenschaftlichen Studien belegt worden. Unternehmen und Staaten, die das einfach ignorieren, schaden sich selbst und der gesamten Volkswirtschaft.
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#2 Taemin
  • 10.07.2019, 15:24h
  • Antwort auf #1 von Petter
  • Das ist richtig, wird aber gerne negiert oder nur teilweise anerkannt. Mein seinerzeitiger Dienstherr, eine Gemeinde in Rheinland-Pfalz, gab zu Beginn des Jahrtausends eine Erklärung rund, den sog. Mainzer Appell aus der Feder von Kurt Beck, in der jede Diskriminierung abgelehnt wurde. Dieser Appell sparte freilich die Diskriminierungsmerkmale sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität aus. Wir sollten diese Erklärung alle unterschreiben; der Bürgermeister war mit gutem Beispiel vorangegangen. Ich lehnte die Unterzeichnung selbstverständlich ab. Dass sexuelle Orientierung fehlte, hatte seinen guten Grund: Nach meiner Verpartnerung verweigerte man mir gleiche Besoldung und strich mir den Familienzuschlag. Erst nach mehreren Jahren musste er wegen auf Druck der Grünen erfolgter rückwirkender Anerkennung der Lebenspartnerschaft im Landesrecht voll nachgezahlt werden. Und Angela Merkel hat für den Staat ja schon vor längerer Zeit die Parole ausgegeben, alle Menschen seien gleich zu behandeln, unabhängig von ihrer Religion - alle anderen Kriterien dürfen nach ihrer Ansicht also durchaus zur Diskriminierung herangezogen werden. So lange aber der Staat keine wirksamen Maßnahmen ergreift (siehe das sog. Antidiskriminierungsgesetz oder den lückenhaften Art. 3 GG), werden auch Arbeitgeber gerne jedes Schlupfloch nutzen, vor allem die im sozialen Bereich in vielen Regionen geradezu Monopolstellung genießende kath.Kirche.
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#3 PetterAnonym
  • 10.07.2019, 17:24h
  • Antwort auf #2 von Taemin
  • """"""""""""""""""""""""""""""
    [...] aus der Feder von Kurt Beck, in der jede Diskriminierung abgelehnt wurde. Dieser Appell sparte freilich die Diskriminierungsmerkmale sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität aus.
    """""""""""""""""""""""""""""""""

    Und mal zur Erinnerung:
    Kurt Beck war Ministerpräsident. Und von der SPD. Da kann die SPD nicht behaupten, sie sei von der Union dazu gezwungen worden. Das macht die SPD ja gerne (wobei man selbst da, wo das passieren mag, ja auch einer dazu gehört, der sich das bieten lässt und darauf eingeht).

    Also auch ganz ohne Druck der Union diskriminiert die SPD gerne mal LGBTI. Und das zeigt sich ja bis heute zu, dass die SPD auch dort, wo sie gar nicht mit der Union koaliert, oft verzögert oder blockiert.

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    Erst nach mehreren Jahren musste er wegen auf Druck der Grünen erfolgter rückwirkender Anerkennung der Lebenspartnerschaft im Landesrecht voll nachgezahlt werden.
    """"""""""""""""""""""""""""""""""""""

    Da sieht man wieder mal, wer sich immer für uns einsetzt und wer immer und immer wieder auf allen Ebenen und bei allen Themen für stetigen Fortschritt sorgt.

    Natürlich können die Grünen auch nicht von heute auf morgen alles ändern, was jahrzehntelang versaut wurde. Aber sie gehen es zumindest an. Und wer will, dass es schneller geht, sollte sich halt überlegen, welche Parteien er wählt und welche nicht.
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