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KOM (2008) 426
Deutschland blockiert weiter europaweite Richtlinie gegen Diskriminierung
Die Bundesregierung habe weiter "Bedenken" gegen die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes, so Familienministerin Franziska Giffey am Donnerstag in Luxemburg.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) am Donnerstag in Luxemburg
- 24. Oktober 2019, 16:44h 3 Min.
Die schwarz-rote Bundesregierung blockiert weiter eine Stärkung des europaweiten Antidiskriminierungsschutzes. Das beklagen die Grünen am Donnerstag mit Blick auf eine Äußerung von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) beim EU-Rat "Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz" (EPSCO) am Donnerstag in Luxemburg.
In der Aussprache zur Bekämpfung von Diskriminierung bei dem vierteljährlichen Treffen betonte Giffey laut einem Videomitschnitt (ab 1h41m): "Mit Blick auf die Antidiskriminierungsrichtlinie beruhen unsere Bedenken darauf, dass der Kompetenzrahmen von Artikel 19 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union nicht überdehnt wird." Der Artikel regelt allgemein, dass der Rat in Abstimmung mit weiteren Institutionen Antidiskriminierungsrichtlinien treffen darf. Der deutschen Regierung geht die Richtlinie also zu weit.
Zuvor hatte die Ministerin gelobt, dass Deutschland "zwei wichtige Meilensteine im Bereich Antidiskriminierung erreicht" habe: die Ehe für alle und "seit 1. Januar 2019 (…) die Möglichkeit, den Personenstand divers in offizielle Dokumente eintragen zu lassen". Dieser Schritt war allerdings vom Bundesverfassungsgericht erzwungen worden und hatte in der Umsetzung für Kritik gesorgt, während eine Reform des Transsexuellengesetzes weiter auf sich warten lässt.
/ GermanyintheEUGreat opportunity to exchange & thoughts on #genderequality and anti-discrimination at todays #EPSCO Council between Ministers Franziska Giffey and @AsaLindhagen . pic.twitter.com/IQEFSMEOAl
Germany in the EU (@GermanyintheEU) October 24, 2019
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Giffey lobte ferner die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und betonte, ihr Ministerium plane zur deutschen Ratspräsidentschaft im nächsten Jahr, "das Thema Gleichstellung stark zu machen. Die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen." Man sei dazu in enger Absprache mit den Partnerländern Portugal und Slowenien und wolle die Themen auch im Rahmen des Veranstaltungsprogramms "stark machen".
Erst am Dienstag hatten mehrere Redner des Europarlaments in einer Debatte zur Antidiskriminierung im Vorfeld des EPSCO-Treffens betont, wie wichtig und überfällig die Verabschiedung der Richtlinie sei.
Deutschland blockiert seit 2008
"Die Bundesregierung muss endlich ihren Widerstand gegen die 5. Antidiskriminierungs-Richtlinie aufgeben", kritisierten die grünen Bundestagsabgeordneten Ulle Schauws und Canan Bayram in einer Pressemitteilung. "Seit 2008 blockiert sie alle Bemühungen anderer europäischen Staaten und der Europäischen Kommission, den Kampf gegen Diskriminierung auf europäischen Ebene zu verstärken."
Die Grünen lobten die Diskussion über die verstärkte Bekämpfung von Diskriminierungen in der EU bei dem Treffen in Luxemburg, beklagten aber: "Die deutsche Bundesregierung hatte dazu nichts mehr zu sagen, als ihre bisherige Blockadehaltung aufrechtzuerhalten. Verständlich ist die bornierte Bremserrolle der Bunderegierung dabei ohnehin nicht, da diese im deutschen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bereits im Wesentlichen umgesetzt ist. In verschiedenen osteuropäischen Staaten wäre sie aber gerade zur Bekämpfung antisemitischer oder homosexuellenfeindlicher Diskriminierungen ein substanzieller Fortschritt."
Die fünfte Antidiskriminierungsrichtlinie KOM (2008) 426, die bestehenden europaweiten Schutz im Arbeitsrecht um Mindesstandards im Zivilrecht ergänzen will, wird bereits seit 2008 von mehreren Regierungen, darunter Deutschland, blockiert, obwohl sie vom EU-Parlament unterstützt wird. Von der Richtlinie profitieren vor allem Behinderte durch ein einheitliches Mindestschutzniveau und LGBTI, weil bestimmte Regelungen im Zivilrecht bislang nur für die Merkmale Rasse und Geschlecht gelten.
Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage vor rund einem Jahr gebe es bei dem Thema von allen Landesdelegationen Prüfvorbehalte (queer.de berichtete). Drei Mitgliedsstaaten machten Parlamentsvorbehalte geltend: Tschechien, Dänemark und Großbritannien. Seitens Polens gebe es einen allgemeinen Vorbehalt. Weil bei der Frage das Einstimmigskeitsprinzip gelte, sei ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen nicht in Sicht.
Die SPD hatte vor der Bundestagswahl 2017 im Rahmen der Wahlprüfsteine des LSVD angegeben, dass man sich für "den gleichen Schutz von LSBTI* vor Diskriminierung auch über die nationalen Grenzen hinaus" und "mit aller Kraft" für "eine geänderte Verhandlungsposition Deutschlands auf europäischer Ebene" einsetzen werde. Die CDU hatte auf bestehende Regelungen sowie die Zuständigkeit einzelner Staaten verwiesen.
Wahlprüfsteinen des LSVD zur Bundestagswahl 2017 Ausschnitt aus den Parteienantworten zu den
Pfui CSU.
Pfui SPD.