Gerichtliche Entscheidungen in Bezug auf die Corona-Pandemie

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271. Kein generelles Verbot von Abitur-Feiern (VG Münster, Beschluss vom 21.08.2020, Az.: 5 L 708/20)

Eine Abitur-Feier stellt nach Auffassung des VG Münster einen „herausragenden Anlass“ im Sinne der Corona-Schutzverordnung dar. Da es sich um ein einmaliges Ereignis handele und ein hinreichender enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit dem Schulabschluss bestehe, sei die Feier nach der aktuellen Verordnung bei Einhaltung geeigneter Schutzmaßnahmen zulässig. Diese erlaube bestimmte private Feiern, wenn ein besonderes Schutzkonzept eingehalten werde.

Das VG wies die Beteiligten zusätzlich darauf hin, dass die zuständigen Behörden im Einzelfall befugt seien, einzelne über die Corona-Schutzverordnung hinausgehende Maßnahmen anzuordnen. Dafür sei jedoch eine Begründung erforderlich, die die von der jeweiligen Veranstaltung ausgehenden besonderen Gefahren darlege.

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/21_08_2020_/index.php

270. Lehrer müssen Präsenzunterricht erteilen (VG Schleswig, Beschluss vom 20.08.2020, Az.: 12 B 45/20 u.a.)

Das VG Schleswig hat entschieden, dass beamtete Lehrer nur dann einen Anspruch auf Befreiung von der Pflicht zum Abhalten von Präsenzunterricht haben, wenn ihnen das Unterrichten auch mit Blick auf die getroffenen Schutzmaßnahmen nicht zumutbar ist.

Im Einzelfall müsse jeweils die Fürsorgepflicht des Dienstherrn mit der beamtenrechtlichen Einsatzpflicht der Lehrkraft abgewogen werden. Allein die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe genüge für eine Befreiung von der Pflicht zur Erteilung von Präsenzunterricht nicht. Vielmehr müsse im Einzelfall festgestellt werden, ob ein Betroffener besonders schutzbedürftig sei.

Die allgemeinen Hygienemaßnahmen, die die jeweiligen Schulen getroffen haben, wobei sie sich an einer Information des Landes orientierten, seien ausreichend, zudem seien diese zum Teil individuell für die Antragsteller ergänzt worden. Damit habe das Land im Rahmen seiner Fürsorge- und Arbeitsschutzpflicht ausreichende Maßnahmen getroffen, um ein Ansteckungsrisiko zu reduzieren. Ein vollständiger Ausschluss jeden Risikos könne nicht verlangt werden.

https://www.schleswig-holstein.de/DE/Justiz/OVG/Presse/PI_VG/20082020_Eil_Bef_Maskenpflicht.html;jsessionid=B0D21374259C71FB01822567755B7196.delivery1-master

269. Maskenpflicht im Schulunterricht ist rechtmäßig (OVG Münster, Beschluss vom 20.08.2020, Az.: 13 B 1197/20.NE)

Laut einer Entscheidung des OVG Münster ist die in der Coronabetreuungsverordnung angeordnete Pflicht, dass während des Schulunterrichts eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen ist, voraussichtlich rechtmäßig.

Das OVG Münster vertritt die Auffassung, dass die Verpflichtung verhältnismäßig ist. Zwar sei das Infektionsrisiko von Kindern und Jugendlichen sowie deren Funktion bei der Weiterverbreitung des Virus noch nicht abschließend erforscht. Es sei aber nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber annehme, dass die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts eine epidemiologisch erhebliche Gefahr bedeute. Immerhin habe es in den letzten Monaten auch in NRW immer wieder Ausbrüche an Schulen gegeben. Hinzukomme, dass eine Vielzahl von Schülern und Lehrern kürzlich aus dem Urlaub zurückgekehrt sei.

Das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen sei nach wissenschaftlichen Erkenntnissen geeignet, die Verbreitung von Viren zu verhindern. Es sei hingegen nicht festzustellen, dass das Tragen einer sog. Maske die Schüler gefährde. Wegen der schon seit längerem bestehenden Pflicht zum Tragen einer Maske, beispielsweise beim Einkaufen, dürfe von den Schülern ein ordnungsgemäßer Umgang mit den Masken erwartet werden. Zudem könne die Schulleitung in bestimmten Fällen Ausnahmen aus medizinischen Gründen oder aufgrund pädagogischer Erfordernisse zulassen.

Da in Schulen das Abstandsgebot oft nicht eingehalten werden könne, sei die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Unterricht erforderlich. Ein rollierendes System oder ein Unterrichten in Schichten bedeute stärkere Einschränkungen und einen intensiveren Eingriff, als das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Eine flächendeckende Anmietung von weiteren Räumlichkeiten sei nicht umsetzbar.

Schließlich sei die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auch zumutbar. Es werde ein erheblicher Beitrag dazu geleistet, eine erneute Schließung von Schulen wegen des Corona-Virus zu verhindern.

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/20_08_2020_/index.php

268. Kein weiteres ärztliches Zeugnis neben einem Corona-Test erforderlich (VG Leipzig, Beschluss vom 20.08.2020, Az.: 3 L 494/20)

In seinem stattgebenden Beschluss führte das VG Leipzig aus, dass neben einer ärztlichen Bestätigung über das negative Ergebnis eines molekularbiologischen Tests kein weiteres ärztliches Zeugnis erforderlich ist, um die Symptomfreiheit zu bescheinigen und so von einer Quarantänepflicht befreit zu werden.

Die Stadt Leipzig musste die entsprechende Verpflichtung eines Reiserückkehrers aus Mallorca vorläufig aufheben.

Die Forderung nach einem zusätzlichen Zeugnis des Hausarztes finde, so das VG Leipzig, keine Stütze in der aktuellen Sächsischen Corona-Quarantäne-Verordnung. § 3 II der Verordnung verlange nur, dass ein ärztlicher Befund vorliegen müsse, aus dem sich ergebe, dass ein molekularbiologischer Test keinen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Infektion mit dem Corona-Virus ergeben habe.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200802920&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

267. Auskunft über Corona-Infektionen muss nach Gemeinden aufgeschlüsselt sein (VGH München, Beschluss vom 19.08.2020, Az.: 7 CE 20.1822)

Der VGH München hat eine Entscheidung des VG Ansbach bestätigt, wonach das Landratsamt Neustadt an der Aisch - Bad Windsheim verpflichtet ist, dem Antrag eines Redakteurs nachzukommen und eine Auskunft über die Gesamtzahl der dokumentierten Infektionszahlen nach den einzelnen Gemeinden des Landkreises aufzuschlüsseln.

Der VGH führte aus, dass die Presse nach dem Bayerischen Pressegesetz gegenüber den Behörden ein Recht auf Auskunft habe. Dieses trete nur zurück, wenn durch eine Auskunft Grundrechte Dritter verletzt würden. Dies sei im dem VGH vorliegenden Fall nicht zu befürchten, da der Antragsteller lediglich eine gemeindegenaue Gesamtzahl der festgestellten Infektionen erfragt habe. Eine detailliertere Aufschlüsselung sei nicht verlangt worden. Dass der Antragsteller aus diesen pauschalen und auf einen längeren Zeitraum bezogenen gemeindegenauen Gesamtzahlen Rückschlüsse auf einzelne Personen ziehen könne, sei nicht zu befürchten. Es handele sich daher nicht um personenbezogene Daten.

https://www.vgh.bayern.de/media/bayvgh/presse/pressemitteilung_presserechtlicher_auskunftsanspruch.pdf

266. Keine Party zum 26. Geburtstag (VG Münster, Beschluss vom 14.08.2020, Az.: 5 L 684/20)

Das VG Münster ist der Auffassung, dass ein 26. Geburtstag kein „herausragender Anlass“ sei. Nach der aktuellen Corona-Schutzverordnung des Landes NRW seien nur Feiern aus einem herausragenden Anlass mit höchstens 150 Gästen zulässig. Beispielhaft genannt werden in der Verordnung „z.B. Jubiläum, Hochzeit-, Tauf-, Geburtstags-, Abschlussfeier“.

Das VG führte aus, dass zwar in der Verordnung der „Geburtstag“ ausdrücklich genannt sei, dies ziele jedoch nur darauf ab, dass auch ein Geburtstag ein herausragendes Ereignis sein könne. Indes sei damit nicht jeder Geburtstag ein herausragendes Ereignis, sondern mit Blick auf den Zweck der Verordnung sei die Regelung so zu verstehen, dass Geburtstage in bestimmten Fällen herausragende Ereignisse sein könnten, z. B. runde Geburtstage. Der 26. Geburtstag sei kein runder Geburtstag, daher habe die Feier aufgrund der besonderen Gefährdungslage bei privaten Partys und dem zu erwartenden nahen Kontakt einer Vielzahl verschiedener Personen verboten werden dürfen.

https://www.vg-muenster.nrw.de/behoerde/presse/10_pressemitteilungen/21_200814/index.php

265. Demonstration „Mord verjährt nicht, gebt die Akte frei! Recht statt Rache!“ darf unter Auflagen stattfinden (OVG Koblenz, Beschluss vom 13.08.2020, Az.: 7 B 10947/20.OVG)

Das OVG Koblenz hat eine Entscheidung des VG Mainz bestätigt, wonach eine Versammlung mit dem Thema „Mord verjährt nicht, gebt die Akte frei! Recht statt Rache!“ unter bestimmten Auflagen stattfinden darf.

Die Stadt Ingelheim hatte die Versammlung zuvor mit dem Argument verboten, dass bei der Durchführung die Verwirklichung des Tatbestandes der Volksverhetzung zu befürchten sei, da der Inhalt mehrerer Lieder, die während der Versammlung gespielt werden sollen, auf eine beabsichtigte Glorifizierung von Rudolf Heß und somit eine Billigung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft schließen lasse. Der Antragsteller hatte erklärt, bei der Versammlung solle es ausschließlich um die Freigabe der Akte über Rudolf Heß und die Aufklärung seines Todes gehen, nicht jedoch um eine Glorifizierung.

Das OVG Koblenz bestätigte die Auffassung des VG Mainz, wonach ein vollständiges Verbot der Versammlung unverhältnismäßig sei. Der Gefahr der Verwirklichung des Tatbestandes der Volksverhetzung könne mit versammlungseinschränkenden Auflagen entgegengewirkt werden. Bei Einhalten der vom VG genannten Auflagen seien eine Glorifizierung von Rudolf Heß und eine Billigung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft nicht mehr zu erwarten.

Diese Auflagen stellen nach Auffassung des OVG keine unzulässige Veränderung des Charakters der Versammlung dar. Denn der Antragsteller habe selbst das Thema vorgegeben. Damit handele es sich bei den Auflagen lediglich um eine Beschränkung auf das von dem Antragsteller selbst vorgegebene Versammlungsthema und den von ihm definierten Inhalt.

https://ovg.justiz.rlp.de/de/startseite/detail/news/News/detail/demonstration-in-ingelheim-unter-auflagen-zulaessig/

264. Kein Anspruch auf uneingeschränkte Nutzung von Uni-Bibliothek und Sportanlagen (VG Gießen, Beschluss vom 11.08.2020, Az.: 3 L 2412/20.GI)

Ein Student der Rechtswissenschaften im zweiten Semester wandte sich gegen Regelungen der Justus-Liebig-Universität Gießen, wonach die Arbeitsplätze in der Bibliothek des juristischen Fachbereichs nur von Examenskandidaten benutzt werden dürfen und die übrigen Studenten auf das Ausleihen von Büchern beschränkt sind. Die Sportanlagen der Universität sind nach den angegriffenen Regelungen seit August 2020 für einzelne Angebote des allgemeinen Hochschulsports geöffnet, für die private Nutzung aber geschlossen.

Das VG Gießen hat einen hiergegen gerichteten Eilantrag abgelehnt. Es liege keine Rechtsverletzung vor. Ein Anspruch auf Nutzung der Bibliothek bestehe nur in den Grenzen der tatsächlichen Möglichkeiten. Es stünden unter Wahrung von Abstands- und Hygieneschutzregeln nur eine begrenzte Anzahl von Arbeitsplätzen zur Verfügung. Die Examenskandidaten seien im Vergleich zu einem Studenten im zweiten Semester in besonders hohem Maße auf Zugang und Nutzung der Literatur angewiesen. Dass die Universität diesen daher die Arbeitsplätze vorrangig überlasse, verletze den Antragsteller nicht in seinem Recht auf Gleichbehandlung.

Die schrittweise Öffnung der Sportanlagen sei ebenfalls verhältnismäßig. Vor dem Ziel der Bekämpfung der Pandemie sei eine vollständige Öffnung der Sportanlagen nur mit einem derart hohen Aufwand umzusetzen, zu dem die Universität nicht verpflichtet sei.

https://www.juris.de/jportal/portal/t/1tkj/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200802881&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

263. Stornierung wegen Corona – der Veranstalter muss den Reisepreis zurückzahlen (AG Frankfurt, Urteil vom 11.08.2020, Az.: 32 C 2136/20 (18))

Storniert der Kunde eine gebuchte Reise vor Antritt der Reise, so muss der Reiseveranstalter nach einer Entscheidung des AG Frankfurt den Reisepreis vollständig, bzw. jedenfalls soweit dieser bereits geleistet wurde, an den Kunden zurückerstatten, wenn zum Zeitpunkt der Stornierung bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung von COVID-19 im Reisegebiet bestand.

Es komme, so das Amtsgericht, darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Rücktritt erfolge und ob zu diesem Zeitpunkt die Gegebenheiten am Urlaubsort als außergewöhnliche Umstände zu qualifizieren seien. An die Darlegungen des Reisenden seien dabei keine zu hohen Anforderungen zu stellen, eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes sei nicht erforderlich. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Virus sei ausreichend.

Diese habe in Bezug auf das Urlaubsziel – Italien – zum Zeitpunkt der Stornierung Anfang März vorgelegen, folglich sei der Reiseveranstalter nicht berechtigt, Stornierungskosten zu erheben.

https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/volle-Rueckzahlung-des-Reisepreises

262. Betriebsstilllegung einer Konservenfabrik ist nicht mehr verhältnismäßig (VG Regensburg, Beschluss vom 11.08.2020, Az.: RN 14 S 20.1389)

Das Landratsamt hatte einen Bescheid erlassen, wonach die Produktion einer Konservenfabrik bis zum Abschluss der Ermittlung des Infektionsherdes und der Erfüllung notwendiger Infektionsschutzmaßnahmen stillgelegt wurde. Zuvor waren 152 von 600 Mitarbeitern positiv auf Covid-19 getestet worden.

Das VG Regensburg hat dem dagegen gerichteten Eilantrag stattgegeben.

Die Betriebsstilllegung sei jedenfalls zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht (mehr) verhältnismäßig und die weitere Aufrechterhaltung sei nach dem aktuellen Stand nicht zu rechtfertigen, nachdem das Betriebsgelände geräumt und die betroffenen Mitarbeiter, sowie die Personen, die mit ihnen in Kontakt waren, separiert und in Quarantäne geschickt worden seien.

https://www.vgh.bayern.de/media/vgregensburg/presse/pm_2020-08-12_konservenfabrik.pdf

261. Dampfsauna darf nicht angeheizt werden (VG Dresden, Beschluss vom 07.08.2020, Az.: 6 L 512/20)

Der Betreiber einer Saunaanlage in Dresden scheiterte mit seinem Eilantrag vor dem VG Dresden. Er wandte sich mit dem Eilantrag gegen das in einer Allgemeinverfügung enthaltene Verbot des Betriebs von Dampfbädern und Dampfsaunen.

Für den Antrag fehlte nach Auffassung des VG Dresden das Rechtsschutzinteresse, weil der Antragsteller sein Ziel auch bei einem erfolgreichen Antrag nicht erreichen könne. Denn das Verbot, Dampfsaunen zu betreiben, ergebe sich auch aus der Sächsischen Corona-Schutzverordnung und werde in der angegriffenen Allgemeinverfügung nur wiederholt. Selbst wenn die angegriffene Allgemeinverfügung aufgehoben werde, gelte noch immer das Verbot, das in der Sächsischen Corona-Schutzverordnung geregelt werde.

https://www.justiz.sachsen.de/vgdd/content/1781.htm#article1795

260. Fleischverarbeitungsbetrieb ist etwas anderes als Schlachthof oder Zerlegebetrieb (VG Münster, Beschluss vom 06.08.2020, 5 L 596/20)

Der Eilantrag eines Fleischverarbeitungsbetriebs gegen die Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen zur Vermeidung weiteren Infektionsgeschehens in Großbetrieben der Fleischwirtschaft hatte Erfolg.

Nach Nummer 1 der Allgemeinverfügung wurden für Schlachthöfe, Zerlegebetriebe und fleischverarbeitende Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigten in der Produktion alle zwei Wochen stattfindende Tests der Mitarbeiter auf das Coronavirus auf Kosten des Betriebsinhabers angeordnet.

Dies ist nach Auffassung des VG Münster aller Voraussicht nach rechtswidrig.

Zwar sei die Gefahrenlage konkret in der Fleischindustrie weiterhin als hoch einzustufen. Der Fleischverarbeitungsbetrieb der Antragstellerin sei jedoch nicht ohne nähere Begründung mit Zerlegebetrieben und Schlachthöfen gleichzusetzen. Denn die Produktionsbedingungen bei der Antragstellerin wichen von denen, die der Allgemeinverfügung zugrunde gelegt worden seien, ab. Es sei nicht ersichtlich, dass auch ein Fleischverarbeitungsbetrieb einen sog. Hotspot für das Infektionsgeschehen darstelle.

Außerdem sei die Anordnung rechtswidrig, weil eine ausnahmslose Verpflichtung ohne Befreiungsmöglichkeiten bei Vorliegen bestimmter Produktionsbedingungen nicht notwendig sei.

Letztlich falle auch die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus. Nach Ansicht des VG Münster bestehen keine belastbaren Anhaltspunkte für eine besondere Gefährdung, die von dem Betrieb der Antragstellerin ausgehe.

Im Hinblick auf den Betrieb der Antragstellerin seien die angeordneten Maßnahmen daher nicht erforderlich.

https://www.vg-muenster.nrw.de/behoerde/presse/10_pressemitteilungen/19_200807/index.php

259. Auch negativ getestete Erntehelfer müssen in Quarantäne (VG Regensburg, Beschluss vom 04.08.2020, Az.: RN 14 E 20.1311)

Ein niederbayerischer Gemüsebauer beschäftigt ca. 470 Personen als Erntehelfer, 174 davon wurden positiv auf Corona getestet, fast 300 negativ. Bei einer weiteren Testung kam es zu weiteren 52 positiven Befunden. Aufgrund einer Anordnung des Landratsamtes mussten sich sämtliche Erntehelfer in häusliche Quarantäne begeben und durften nicht zur Ernte und Feldarbeit eingesetzt werden.

Das VG Regensburg lehnte einen hiergegen gerichteten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ab.

Es ist der Ansicht, dass bei der Anordnung der vollständigen häuslichen Quarantäne fehlerfrei Ermessen ausgeübt worden sei und die Entscheidung verhältnismäßig sei. Die vollständige Isolation sei zur Verhinderung einer unkontrollierten Weiterverbreitung des Virus erforderlich. Wegen der großen Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung, die von SARS-CoV-2 ausgehe, sei die Regelung trotz der gravierenden wirtschaftlichen Auswirkungen für den Antragsteller angemessen.

https://www.vgh.bayern.de/media/vgregensburg/presse/pm_2020-08-05_erntehelfer.pdf

258. Weiterhin keine Öffnung von Saunen in Fitnessstudios (OVG Bremen, Beschluss vom 31.07.2020, Az.: 1 B 200/20)

Das OVG Bremen hat entschieden, dass Saunen in Fitnessstudios in Bremen für den Publikumsverkehr weiterhin nicht geöffnet werden dürfen und einen gegen das entsprechende Verbot gerichteten Eilantrag abgelehnt.

Die Schließung von Saunen verfolge einen legitimen Zweck und sei auch geeignet, insbesondere vor dem Hintergrund erneut steigender Infektionszahlen, das Risiko von Kontakten, die potentiell zu einer Infektion führen könnten, zu minimieren. Zwar wirken einige Faktoren im Zusammenhang mit der Saunanutzung – beispielsweise die hohe Temperatur – infektionsmindernd, andere wirken nach den Ausführungen des OVG jedoch infektionsfördernd.

Das OVG lehnte aufgrund einer Folgenabwägung den Eilantrag ab. Denn die Antragstellerin habe die schwerwiegenden (wirtschaftlichen) Folgen der Saunaschließung nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Sollte sich jedoch herausstellen, dass das Infektionsrisiko – wie von der Antragsgegnerin angenommen – signifikant erhöht sei, bestünden im Fall einer Wiedereröffnung der Saunen nicht vertretbare Gefahren für die Nutzer und deren Kontaktpersonen.

https://www.oberverwaltungsgericht.bremen.de/aktuelles/pressemitteilungen-10889

257. Keine uneingeschränkte Testpflicht auf Schlachthöfen (VGH Mannheim, Beschluss vom 30.07.2020, Az.: 1 S 2087/20)

Nach einer Entscheidung des VGH Mannheim ist die uneingeschränkte Verpflichtung in einer Corona-Verordnung, alle Mitarbeiter in Schlachtbetrieben zweimal pro Woche zu testen, unverhältnismäßig und die Schlachtbetriebe müssen eine Ausnahme von diesem Testrhythmus beantragen können.

Zwar seien Reihentestungen ein geeignetes Mittel, Infektionen frühzeitig zu erkennen und betroffene Personen zu isolieren. Allerdings sei die starre und anlasslose Verpflichtung zu weitgehend. Zumindest müssten den Betrieben die Möglichkeit eröffnet werden, eine Ausnahme von dieser Vorgabe zu beantragen, zum Beispiel wenn sie Vorliegen und Umsetzung eines geeigneten Hygienekonzepts nachweisen.

Dass die Testungen von den Betrieben organisiert und finanziert werden müssen, ist nach Ansicht des VGH nicht zu beanstanden.

https://verwaltungsgerichtshof-baden-wuerttemberg.justiz-bw.de/pb/,Lde/6530284/?LISTPAGE=1213200

256. Schwimmen im „Allner See“ darf untersagt werden (VG Köln, Beschluss vom 30.07.2020, Az.: 7 L 1103/20)

Das VG Köln hat entschieden, dass die Stadt Hennef aus infektionsschutzrechtlichen Gründen ein befristetes Aufenthalts- und Schwimmverbot für den „Allner See“ erlassen durfte.

Dieses Verbot sei verhältnismäßig. Zwar würden in einigen Bereichen die Schutzmaßnahmen gelockert. Es sei jedoch weiterhin ein zentrales Gebot der nordrhein-westfälischen Corona-Schutzverordnung, einen Mindestabstand zu anderen Personen einzuhalten. Dies lasse sich am „Allner See“ nicht anders, als durch ein Schwimm- und Aufenthaltsverbot verwirklichen. Die Antragsgegnerin habe nachvollziehbar dargelegt, dass normalerweise an durchschnittlichen Sommertagen 800 – 1000 Besucher zu erwarten seien, sich zur Wahrung des Abstandsgebots jedoch nicht mehr als 300 Personen auf der Wiese aufhalten dürften.

Nach Auffassung des VG sei eine Möglichkeit der Stadt zur Beschränkung der Besucherzahl nicht gegeben, insbesondere könne nicht erwartet werden, dass die Besucher selbst eine festgelegte Besucherzahl beachten würden. Eine Zugangskontrolle sei bei dem frei zugänglichen Gelände nicht durchzuführen.

Wegen der erheblichen Gesundheitsgefahren durch die Verbreitung des Virus sei es den Bürgern daher zumutbar, auf die Erholung am „Allner See“ vorrübergehend zu verzichten.

https://www.vg-koeln.nrw.de/behoerde/presse/Pressemitteilungen/36_200804/index.php

255. Keine Beendigung eines Sabbatjahrs wegen Corona-Pandemie (OVG Münster, Beschluss vom 24.07.2020, Az.: 6 B 925/20 und 6 B 957/20)

Das OVG Münster hat entschieden, dass aufgrund der Corona-Pandemie kein Anspruch auf vorzeitige Beendigung eines Sabbatjahrs besteht und damit Entscheidungen des VG Düsseldorf und VG Gelsenkirchen bestätigt.

Es liege kein besonderer Härtefall vor, in dem für den Beamten die fortgesetzte Teilzeitbeschäftigung nicht mehr zumutbar sei. Insbesondere reiche hierzu nicht aus, dass eine Weltreise nicht wie geplant fortgeführt werden könne. Lehrkräften in Freistellungsphasen sei es, wie jedem anderen auch, zumutbar, die privaten Lebensverhältnisse an die auf Grund der Pandemie bestehenden Einschränkungen, die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits erheblich gelockert seien, anzupassen.

https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/59_200724/index.php

254. Beide sorgeberechtigten Elternteile müssen Flugreise eines Kindes zustimmen (OLG Braunschweig, Entscheidung vom 20.07.2020, 2 UF 88/20)

In Zeiten der Corona-Pandemie ist die Flugreise eines getrenntlebenden Elternteils mit gemeinsamen Kindern keine Angelegenheit des täglichen Lebens im Sinne des § 1687 BGB mehr.

Wenn eine Reise nicht mit Nachteilen oder Gefahren für das Kind verbunden ist, kann über Auslandsreisen grundsätzlich der betreuende Elternteil allein entscheiden.

Nach Auffassung des OLG Braunschweig führt die anhaltende Corona-Pandemie weiterhin zu Einschränkungen im Luft- und Reiseverkehr und die Ansteckungsgefahr im Zusammenhang mit Flugreisen sei noch nicht abschließend geklärt. Zudem erfolgten Lockerungen nur probeweise und es könne keine Sicherheit bezüglich der Durchführung eines gebuchten Rückfluges bestehen. Eine Quarantäne oder ein Festsitzen im Ausland könne zu einer Belastung des seelischen Wohls des Kindes führen.

Aus diesen Gründen müssten beide sorgeberechtigten Elternteile gemeinsam über eine Flugreise ins Ausland entscheiden.

https://oberlandesgericht-braunschweig.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/rechtsprechung-in-zeiten-der-corona-pandemie-reise-nach-mallorca-keine-alltagliche-entscheidung-mehr-191326.html

253. Vorläufige Außervollzugsetzung des Abstandsgebots auf Kutschen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.07.2020, 13 MN 261/20)

Die Das OVG Lüneburg setzte per Beschluss den § 12 Abs. 3 Satz 2 der Niedersächsischen Coronaverordnung vorläufig außer Kraft, welche bestimmte Abstandsgebote auf Kutschen anordnete. Die Antragstellerin führt touristische Kutschfahrten durch und richtete einen Normenkontrollantrag an das OVG, in welchem sie eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung touristischer Kutschfahrten gegenüber touristischen Busfahrten geltend machte.

Dem ist das Gericht gefolgt. Die Ungleichbehandlung beruhe nicht auf Sachgründen. Anders als in geschlossenen Reisebussen, in denen regelmäßig auch zeitlich längere Fahrten als in Kutschen absolviert würden, dürfte in Kutschen wegen ihrer regelmäßig offenen Bauweise ein Aufenthalt an frischer Luft während der Fahrt gewährleistet und damit ein vergleichsweise geringeres Infektionsrisiko gegeben sein.

https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/vorlaufige-ausservollzugsetzung-des-coronabedingten-abstandsgebots-auf-kutschen-190903.html

252. Coronabedingte Sperrung des Barmener Badesees rechtswidrig (VG Aachen, Beschluss vom 17.07.2020, 7 L 460/20)

Ein Bürger wandte sich mittels Eilantrags gegen die fortdauernde Sperrung des Barmener Sees für die Allgemeinheit durch Anordnung der Stadt Jülich. Diesem Antrag folgte das Gericht. Nach Auffassung des Gerichts ergebe sich das Verbot der Nutzung des Barmener Sees nicht bereits unmittelbar aus der Coronaschutzverordnung. Beim Barmener See handele es sich offenkundig weder um ein Schwimmbad noch um eine ähnliche (Wellness-) Einrichtung.

Unabhängig davon seien Schutzmaßnahmen der Stadt zwar zulässig, jedoch nur nach einer Ermessensausübung, welche vorliegend nicht nachweislich erfolgte. Soweit sich die Stadt später darauf berufen habe, der Barmener See liege in einem Landschaftsschutzgebiet, für das die Umwandlung in ein Naturschutzgebiet erwogen werde, rechtfertige dies keine seuchenrechtliche Allgemeinverfügung. Gleiches gelte, soweit die Stadt die Sperrung zusätzlich mit fortwährenden Regelverstößen durch Verschmutzung, Vermüllung und Lärmbelästigung begründet habe.

https://www.vg-aachen.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/24_200717/index.php

251a. Versicherung zahlt nicht für Corona-bedingte Betriebsschließung (OLG Hamm, Beschluss vom 15.07.2020, Az.: 20 W 21/20)

Nach einer Entscheidung des OLG Hamm muss eine Betriebsschließungsversicherung nur dann für Schäden einstehen, die aus einer Corona-bedingten Betriebsschließung resultieren, wenn Covid-19 und SARS-CoV-2 als „versicherte“ Krankheiten und Krankheitserreger in den Versicherungsbedingungen genannt sind.

Das OLG Hamm führte aus, dass die Aufzählung der „versicherten“ Krankheiten und Krankheitserreger in den vereinbarten Versicherungsbedingungen wegen des Wortlauts („nur die im Folgenden aufgeführten (vgl. §§ 6 und 7 IfSG)“) abschließend sei. Aufgrund der  ausführlichen Auflistung einer Vielzahl von Krankheiten und Erregern sei für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar, dass die Versicherung nur für die genannten und für sie einschätzbaren Risiken einstehen wolle. Der Hinweis auf das IfSG lasse nicht erkennen, dass die Versicherung im Falle einer nachträglichen Änderung des Gesetzes den Versicherungsschutz erweitern wolle. 

https://www.olg-hamm.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilung_archiv/02_aktuelle_mitteilungen/025_20_PE_Betriebsschliessungsversicherung.pdf

251. Bordelle in Thüringen bleiben geschlossen (Thüringer OVG, Beschluss vom 10.07.2020, 3 EN 394/20)

Die Betreiberin eines Bordells wandte sich mittels Eilantrags gegen das in der Thüringer Corona-Verordnung erlassene Öffnungsverbot unter anderem für Bordelle.

Dem Antrag ist das Gericht nicht gefolgt. Die Schließung der Prostitutionsbetriebe erweise sich derzeit zur Eindämmung der Infektionsgefahr als verhältnismäßige Maßnahme. Es dränge sich auf, dass die besondere körperliche Nähe bei sexuellen Dienstleistungen eine erhebliche Ansteckungsgefahr befürchten ließen. Dieser Gefahr könne bei sexuellen Dienstleistungen, die Geschlechtsverkehr einschlössen, nicht durch andere allgemeine Schutzkonzepte wirksam entgegengewirkt werden.

http://www.thovg.thueringen.de/webthfj/webthfj.nsf/9F3068BC17972E21C12585A10042AEB4//16_PM-20-07-10-3EN-00394-Pand-Bordelle.pdf?OpenElement

250. Reduzierter Betreuungsumfang in Kindertageseinrichtungen voraussichtlich rechtmäßig (OVG NRW, Beschluss vom 10.07.2020, 13 B 855/20.NE)

Das OVG hat entschieden, dass der eingeschränkte Regelbetrieb in Kindertageseinrichtungen voraussichtlich rechtmäßig ist. Die Coronabetreuungsverordnung erlaubt Kindertageseinrichtungen, in denen zuvor nur eine Notbetreuung von Kindern zulässig war, unter Berücksichtigung bestimmter Hygiene- und Infektionsschutzstandards die Aufnahme eines eingeschränkten Regelbetriebs, um wieder allen Kindern Bildung, Betreuung und Erziehung in einem Angebot der Kindertagesbetreuung zuteilwerden zu lassen, während der vertraglich geschuldete Betreuungsumfang für jedes Kind um 10 Wochenstunden reduziert wurde. Dagegen wandte sich ein Ehepaar, das aufgrund der gleichzeitigen Abschaffung der Notbetreuung ihren beruflichen Tätigkeiten nicht mehr in vollem Umfang nachgehen könne.

Das OVG lehnte den Antrag ab. Die Erwägungen des Verordnungsgebers seien nachvollziehbar und hielten sich im Rahmen des Ermessensspielraums. Es erscheine auch nicht unangemessen, wenn die Coronabetreuungsverordnung neben dem eingeschränkten Regelbetrieb keine zusätzliche Notbetreuung vorschreibe, weil dadurch die mit der Reduzierung des Betreuungsumfangs geschaffenen und bei generalisierender Betrachtung erforderlichen Zeit- und Personalkapazitäten zu Lasten der effektiven Umsetzung von Hygiene- und Infektionsschutzstandards verringert würden. Dabei habe der Verordnungsgeber auch den berechtigten Interessen der Eltern Rechnung tragen dürfen, die keinen Anspruch auf Notbetreuung gehabt hätten. Die Wiederaufnahme der Betreuung für alle Kinder dürfte insoweit unter Wahrung des infektionsschutzrechtlich Notwendigen zu einem sachgerechten Interessenausgleich führen.

https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/56_200710/index.php

249a. Keine Entschädigungsanspruch gegen das Land für Umsatzverluste (LG Hannover, Urteil vom 09.07.2020, Az.: 8 O 2/20)

Ein niedersächsischer Gastronom hat Klage erhoben, um von dem beklagten Land Niedersachsen eine Entschädigung auf Grund von Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG), nämlich für die während des „Lockdowns“ wegen der Schließung der Gaststätte erlittenen Umsatz- und Gewinneinbußen, zu erlangen.

Das LG Hannover hat die Klage abgewiesen.

Nach der Auffassung des LG bestehe keine Rechtsgrundlage für den erhobenen Anspruch. Eine diesbezügliche Regelung sei dem IfSG nicht zu entnehmen. Ein Anspruch folge weder aus § 56 Abs. 1 oder 1a IfSG, noch aus § 65 Abs. 1 IfSG. Denn dem Kläger sei es weder wegen einer eigenen Erkrankung oder eines entsprechenden Verdachts verboten gewesen, seine Erwerbstätigkeit auszuüben, noch habe er als Sorgeberechtigter betreuungsbedürftiger Kinder wegen der Schließung von Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen nicht arbeiten können, § 56 IfSG. Außerdem sei durch eine Maßnahme nach §§ 16, 17 IfSG kein Gegenstand vernichtet oder beschädigt worden oder ein Vermögensnachteil verursacht worden, sodass § 65 IfSG nicht anwendbar sei.

Ein Zahlungsanspruch lasse sich auch nicht aus einer analogen Anwendung von § 56 IfSG oder § 65 IfSG herleiten. Denn sowohl die historische Betrachtung des gesetzgeberischen Willens, wie auch die aktuelle gesetzgeberische Tätigkeit stünden der Annahme einer planwidrigen Regelungslücke entgegen. Insbesondere habe der Gesetzgeber bei der Gesetzesänderung Ende März 2020 während der bereits andauernden Corona-Pandemie bewusst auf die Regelung einer Entschädigung für flächendeckende Schließungen verzichtet. Zu diesem Zeitpunkt sei dem Gesetzgeber bekannt gewesen, dass keine Entschädigungen für die Schließung z. B. von Bars aufgrund von Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie vorgesehen seien und gleichzeitig waren längere und umfangreiche Schließungen in vielen Wirtschaftszweigen absehbar.

Der Rückgriff auf die landesrechtliche Regelung zur Entschädigung eines Nichtstörers sei durch das IfSG gesperrt. Voraussetzung für eine Anwendung der landesrechtlichen Regelung sei, dass das IfSG insoweit keine abschließende Regelung enthalte. Die Normen des IfSG treffen nach den Ausführungen des LG jedoch eine abschließende Regelung für die einschlägige Fallkonstellation der Inanspruchnahme von Nichtstörern. Dies sei ausreichend. Es lägen keine greifbaren Anhaltspunkte für einen Willen des Gesetzgebers vor, wonach die Entschädigung von Nichtstörern nach dem IfSG durch Entschädigungsvorschriften nach dem allgemeinen Polizeigesetz eines Landes ergänzt werden sollen.

Es ergebe sich, so führte das LG weiter aus, auch kein Anspruch aus dem Rechtsinstitut eines enteignenden Eingriffs, da die Maßnahmen einen sehr weiten Personenkreis und eine Vielzahl von Wirtschaftszweigen betroffen hätten und dem Kläger somit kein individuelles und unzumutbares Sonderopfer auferlegt worden sei. Daneben bestünden auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Verordnungen und die Verhältnismäßigkeit der bewirkten Eingriffe in die Rechtspositionen des Klägers.

https://www.landgericht-hannover.niedersachsen.de/startseite/aktuelles_und_medieninformationen/presseinformationen/urteil-zur-klage-auf-entschadigung-wegen-coronabedingten-lockdowns-190677.html

249. Clubs und Diskotheken in NRW bleiben weiterhin geschlossen (OVG NRW, Beschluss vom 08.07.2020, 13 B 870/20.NE)

Die Betreiberin einer Diskothek in Köln wandte sich durch Eilantrag gegen das Öffnungsverbot von Diskotheken gemäß der Coronaverordnung NRW. Den Antrag lehnte das Gericht ab. Es sei voraussichtlich nicht zu beanstanden, wenn das Land annehme, dass mit dem Betrieb von Clubs und Diskotheken bei generalisierender Betrachtung ein erhöhtes Infektionsrisiko einhergehe. Erwägungsgründe seien die schlecht belüfteten Räumlichkeiten, viele wechselnde Gäste und die dichte Drängung von Besuchern.

Eine konsequente Umsetzung des Mindestabstandes sowie der Maskenpflicht sei nicht realistisch. Eine gewisse Kompensation der entstehenden Nachteile für die Betreiber erfolge durch die aufgelegten Soforthilfeprogramme beispielslosen Ausmaßes des Bundes, auch wenn die dortigen Leistungen perspektivisch nicht ausreichen dürften, die wirtschaftliche Existenz der von längerfristigen Betriebsschließungen betroffenen Unternehmen zu sichern.

https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/55_200708/index.php

248. Maskenpflicht in Rheinland-Pfalz rechtmäßig (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.07.2020, 6 B 10669/20.OVG)

Der Antragsteller wandte sich gegen die in der Coronaverordnung angeordnete Verpflichtung, in den in der Verordnung genannten öffentlichen und gewerblichen Einrichtungen, d.h. insbesondere beim Einkaufen, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.

Das OVG wies die Beschwerde gegen eine Ablehnung dieses Eilantrags (VG Mainz) ab.

Auch wenn sich das Infektionsgeschehen aufgrund der ergriffenen Maßnahmen in letzter Zeit verlangsamt habe, bestehe die Gefahr der Verbreitung der Infektion und daran anknüpfend einer Überlastung des Gesundheitswesens mit gravierenden Folgen für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung fort.

Dem Verordnungsgeber komme bezüglich der schrittweisen Lockerungen der bisherigen strengeren Ge- und Verbote unter Beachtung der weiteren Entwicklung des Infektionsgeschehens ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsbereich zu. Eine Mund-Nasen-Bedeckung sei geeignet, das angestrebte Schutzziel zu erreichen. Sie unterstütze zielführend das staatliche Bestreben, mittels eines Fremdschutzes die Verbreitung des Coronavirus durch die Verhinderung von Neuinfektionen zu verlangsamen.

https://ovg.justiz.rlp.de/de/startseite/detail/news/News/detail/maskenpflicht-zur-corona-bekaempfung-rechtmaessig/

247. Eilantrag gegen fortbestehenden „Lockdown“ in Gütersloh erfolgreich (OVG NRW, Beschluss vom 06.07.2020, 13 B 940/20.NE)

Ein Auf einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hin hat das OVG die im Kreis Gütersloh geltende Coronaregionalverordnung vorläufig außer Kraft gesetzt. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Verordnung voraussichtlich rechtswidrig sei, insbesondere nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht mehr verhältnismäßig. Zum Entscheidungszeitpunkt sei es möglich und erforderlich gewesen, eine differenziertere Regelung als die ursprüngliche zu erlassen.

Ausweislich der Ergebnisse der seit Entdeckung des Ausbruchs durchgeführten Massentestungen unter den Einwohnern des Kreises Gütersloh variiere die Verteilung der bestätigten Neuinfektionen innerhalb der kreisangehörigen Städte und Gemeinden erheblich. Insbesondere in den im Norden und Osten des Kreises gelegenen Städten seien nur wenige Neuinfizierungen festgestellt worden. Vor diesem Hintergrund sei nicht (mehr) ersichtlich, dass sich die dortige Gefährdungslage signifikant von derjenigen in anderen außerhalb des Kreisgebietes gelegenen Städten und Gemeinden vergleichbarer Größenordnung unterscheide.

https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/54_200706/index.php

246. Kein Anspruch eines Journalisten auf Herausgabe der „Corona-Erlasse“ des Niedersächsischen Justizministeriums (OVG Lüneburg, Beschluss vom 06.07.2020, 2 ME 246/20)

Ein Journalist hatte durch Antrag beim Verwaltungsgericht Hannover die Verpflichtung des Niedersächsischen Justizministeriums erwirkt, ihm sämtliche Erlasse, die das Ministerium in Bezug auf den Umgang der Justiz mit der Corona-Pandemie verfasst hat, zugänglich zu machen (Az.: 4 B 2369/20). Dabei war das VG Hannover davon ausgegangen, dass es sich bei den Erlassen um Umweltinformationen nach dem Umweltinformationsgesetzes handle.

Dem ist das OVG Lüneburg nicht gefolgt und lehnte den Antrag des Journalisten auf Beschwerde des Ministeriums hin ab. Die Erlasse seien keine solchen Umweltinformationen, da die Erlasse nur die Innenraumluft in den Justizgebäuden beträfen, welche nicht zur Umwelt im Sinne des Umweltinformationsgesetzes zähle. Selbst bei anderer Betrachtung fehle die erforderliche gewisse Intensität des Umweltbezuges.

https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/journalist-hat-keinen-anspruch-auf-herausgabe-der-corona-erlasse-des-niedersachsischen-justizministeriums-190380.html

245. Weiterhin Mindestabstand und Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung auch im öffentlichen Personenverkehr und in Geschäften (Thüringer OVG, Beschluss vom 03.07.2020, 3 EN 391/20)

Der Antragsteller begehrte die Aussetzung der Regelungen der Thüringer Corona-Verordnung, die den Mindestabstand und die Maskenpflicht anordneten. Das Gericht ist dem Antrag nicht gefolgt. Trotz des Rückgangs der Fallzahlen sei die Regelung voraussichtlich rechtmäßig. Sie sei zunächst einmal eindeutig und hinreichend bestimmt. Nach dem Infektionsschutzgesetz habe das Robert-Koch-Institut die zentrale Rolle bei der Einschätzung des Infektionsgeschehens. Durch das Aufkommen immer wieder neuer Infektionsherde, wie zuletzt in fleischverarbeitenden und Logistikbetrieben, sei die These des Antragstellers, die Infektionskurve werde von alleine abflachen, widerlegt. Die Regelungen erwiesen sich vielmehr als verhältnismäßige und notwendige Maßnahme.

http://www.thovg.thueringen.de/webthfj/webthfj.nsf/C3CB1879A90D21A2C125859D002FB962//14_PM-20-07-03-Pandemie-Abstandsgebot-Maske.pdf?OpenElement

244. Untersagung des Angebots von Tantra-Massagen ist rechtmäßig (VG Düsseldorf, Beschluss vom 30.06.2020, 7 L 1186/20)

Das VG Düsseldorf lehnte durch Beschluss einen Eilantrag ab, mit dem die Antragstellerin einer vorläufige Berechtigung erwirken wollte, in ihrem Betrieb in Düsseldorf Tantra-Massagen anzubieten. Nach Auffassung des Gerichts seien die angebotenen Tantra-Massagen sexuelle Dienstleistungen, die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 CoronaSchVO untersagt seien.

Es sei lebensfremd anzunehmen, dass die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung während der Erbringung einer sexuellen Dienstleistung umgesetzt werde. Unrealistisch sei ebenfalls die Umsetzung der Pflicht zur Erhebung der Kundenkontaktdaten. Auch die ausreichende Belüftung der Räume sei zweifelhaft. Denn die Fenster der Massageräume seien blickdicht verklebt und zur Vermeidung von Geräuschen während der Massage geschlossen zu halten.

Das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Art. 14 Abs. 1 GG müssten gegenüber dem mit der Coronaschutzverordnung bezweckten Schutz von Leben und Gesundheit zurücktreten.

https://www.vg-duesseldorf.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/2020/202026/index.php

243. Erfolgloser Antrag auf Außervollzugsetzung der Schließung von Diskotheken (OVG Lüneburg, Beschluss vom 29.06.2020, 13 MN 244/20)

Die Antragstellerin, die Betreiberin einer Diskothek mit einer Nutzfläche von ca. 5.000 m² für etwa 3.000 Besucher, wandte sich mittels Eilantrags gegen die durch die Niedersächsische Coronaverordnung angeordnete Schließung von Clubs, Diskotheken und ähnlichen Einrichtungen.

Das OVG Lüneburg lehnte den Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung ab. Der Antrag sei unzulässig, da die isolierte Außervollzugsetzung der Diskotheken-Schließung keinen rechtlichen Vorteil bringe. Denn Veranstaltungen mit 1.000 oder mehr Teilnehmenden blieben ohnehin weiter untersagt. Jedoch sei der Antrag auch nicht begründet. Die Schließung sei auch in der aktuellen Situation noch eine notwendige Schutzmaßnahme, da mildere gleich wirksame Mittel unter anderem aufgrund der impraktikablen Umsetzung eines Abstandsgebotes in der Diskothek nicht ersichtlich seien.

https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/keine-ausservollzugsetzung-der-coronabedingten-schliessung-von-diskotheken-190059.html

242. „Lockdown“ im Kreis Gütersloh bestätigt (OVG NRW, Beschluss vom 29.06.2020, 13 B 911/20.NE)

Der Antragsteller, ein Bürger aus dem Kreis Gütersloh, begehrte mittels Eilantrags die vorläufige Außervollzugsetzung der Coronaregionalverordnung für bestimmte Kommunen im Kreis Gütersloh, welche Ausgangsbeschränkungen im öffentlichen Raum sowie zahlreiche Schließungen und Einschränkungen von Kultur- und Freizeitaktivitäten vorsahen.

Das OVG lehnte den Antrag ab. Die angegriffenen Regelungen seien voraussichtlich rechtmäßig. Aufgrund der Vielzahl der in dem Schlachtbetrieb tätigen positiv getesteten Personen und des Umstands, dass diese sich bis zur Anordnung der häuslichen Quarantäne für alle Mitarbeiter im Kreisgebiet Gütersloh frei bewegt hätten, bestehe die hinreichend konkrete Gefahr, dass sich das Virus weitgehend unbemerkt unter der übrigen Bevölkerung des Kreises Gütersloh verbreitet haben könnte. Das Land habe den Ermessensspielraum nicht überschritten und die Verordnung sei auch vor dem Hintergrund der mit (zunächst) einer Woche sehr begrenzten Dauer verhältnismäßig. Es sei auch nicht zu erkennen, dass die Coronaregionalverordnung Ursache einer Stigmatisierung der im Kreis Gütersloh lebenden Bevölkerung sei. Eine Ungleichbehandlung des Kreises Gütersloh gegenüber anderen Regionen Nordrhein-Westfalens sei schließlich angesichts des massiven Corona-Ausbruchs in Rheda-Wiedenbrück und der daraus folgenden Unsicherheiten sachlich gerechtfertigt.

https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/52_200629/index.php

241. Erfolgloser Eilantrag gegen Maskenpflicht als Versammlungsauflage (BVerfG, Beschluss vom 27.06.2020, 1 BvQ 74/20)

Die Antragstellerin begehrte durch Eilantrag vorläufigen Rechtsschutz beim BVerfG gegen die Auflage für alle Teilnehmer einer Versammlung, den Mund-Nasen-Schutz zu tragen (Ausnahmen waren für Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres und bestimmte Menschen mit Behinderungen oder Vorerkrankungen vorgesehen). Das BVerfG sah in dieser Auflage keinen hinreichend schweren Nachteil für die Antragstellerin, um ein Einschreiten des BVerfG zu gebieten. Die Versammlung könne unter dem vorgesehenen Versammlungsmotto und ohne Beschränkung der Teilnehmerzahl am gewünschten Ort in der beabsichtigten Form stattfinden. Auch in Ansehung des Umstandes, dass sich die Versammlung gerade auch gegen bestehende Verpflichtungen zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im öffentlichen Raum richten solle, sei kein schwerer Nachteil im Sinne des § 32 Abs. 1 BVerfGG ersichtlich.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/06/qk20200627_1bvq007420.html

240. Eilantrag gegen aktuelle Quarantäne-Verordnung des Landes Schleswig-Holstein erfolglos (OVG Schleswig, Beschluss vom 25.06.2020, 3 MR 32/20)

Der Antragsteller wollte  aus dem US-amerikanischen Bundesstaat Texas nach Schleswig-Holstein einreisen, ohne sich in eine 14-tägige Quarantäne zu begeben. Von der Quarantäne-Verordnung sind jedoch nur Ein- und Rückreisende aus den Mitgliedstaaten der EU, dem Schengenraum und dem Vereinigten Königreich ausgenommen.

Nach Auffassung des OVG Schleswig sei eine solche Regelung vom Infektionsschutzgesetz gedeckt. Vor dem Hintergrund der erheblichen Gefahr bei Infektion mit dem Coronavirus dürften Einreisende aus anderen Staaten als „Ansteckungsverdächtige“ angesehen werden. Ein dem ECDC vergleichbares verlässliches Instrumentarium sei in Bezug auf außereuropäische Länder nicht verfügbar. Eine Verletzung von Grundrechten liege nicht vor, insbesondere da die Ungleichbehandlung Betroffener durch die Unterscheidung nach Herkunftsländern ausrechend gerechtfertigt und auch die Freiheitsbeschränkungen voraussichtlich erforderlich und angemessen seien.

Eine ausnahmsweise Befreiung des Antragstellers von der Quarantänepflicht sei durch die zuständige Gesundheitsbehörde zu klären.

https://www.schleswig-holstein.de/DE/Justiz/OVG/Presse/PI_OVG/2020_05_26_Quarantaene_VO.html

239. Eilantrag gegen Verbot des Außer-Haus-Verkaufs und der Abgabe alkoholischer Getränke zu bestimmten Uhrzeiten erfolgreich (VG Bremen, Beschluss vom 25.06.2020, 5 V 1172/20)

Die Allgemeinverfügung der Freien Hansestadt Bremen, nach der der Verkauf und die Abgabe von alkoholischen Getränken in drei Bereichen des Stadtgebietes zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr in den Nächten von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag befristet bis zum Ablauf des 03.07.2020 verboten ist, ist nach Auffassung des VG Bremen jedenfalls in Bezug auf das Bahnhofsviertel rechtswidrig.

Das Gericht führte aus, das Verbot stelle im Hinblick auf das Bahnhofsviertel einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der Antragstellerin dar. Es sei nicht ersichtlich, dass die hier ansonsten geltenden Ge- und Verbote nicht ausreichen, um Menschenansammlungen zu vermeiden und so den Zweck, das Infektionsgeschehen einzudämmen, zu fördern. Hinsichtlich des Bahnhofsviertels bestünden noch keine Erkenntnisse der Ordnungsbehörden dazu, dass es alkoholbedingt zu einer regelmäßigen Missachtung des Mindestabstands kommen werde. Diesbezügliche Erkenntnisse zu anderen Stadtteilen rechtfertigten kein Verbot für das Bahnhofsviertel.

Hinsichtlich des Steintorviertels, auf das sich entsprechende Erkenntnisse der Ordnungsbehörden beziehen, wurde der Eilantrag abgelehnt. Hier habe sich gezeigt, dass mildere Mittel als ein temporäres Alkoholverkaufsverbot zwar denkbar, jedoch nicht gleich wirksam seien. Das temporäre und befristete Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke belaste die Antragstellerin in einer Gesamtschau aller zu berücksichtigen Umstände nicht übermäßig.

https://www.verwaltungsgericht.bremen.de/entscheidungen/detail.php?gsid=bremen73.c.21181.de&asl=bremen73.c.13039.de

238. Prostitutionsstätten in NRW bleiben geschlossen (OVG Münster, Beschluss vom 25.06.2020, 13 B 800/20.NE)

Nach Auffassung des OVG Münster ist es voraussichtlich rechtmäßig, dass Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen in NRW weiterhin geschlossen bleiben müssen. Der Verordnungsgeber habe in nicht zu beanstandender Weise eine erhöhte Infektionsgefahr bei Erbringung von sexuellen Dienstleistungen angenommen. Dies beruhe auf dem notwendigen engen Körperkontakt mit häufig wechselnden Partnern. Das durchgängige Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung erscheine lebensfremd, ebenso sei die Einhaltung von Hygiene- und Infektionsschutzregeln kaum kontrollierbar und es sei unrealistisch, dass die Pflicht zur Erhebung von Kundenkontaktdaten und Aufenthaltszeiten angesichts der üblichen Diskretion in diesem Gewerbe zuverlässig umgesetzt würde.

Eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Betrieben, die körpernahe Dienstleistungen erbringen, sei nicht gegeben.

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/25_06_2020_/index.php

237. Eilantrag der AfD-Fraktion gegen Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Grundverordnung abgewiesen (VerfGH Weimar, 24.06.2020, VerfGH 17/20)

Der Verfassungsgerichtshof Weimar lehnte die vorläufige Außervollzugsetzung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Grundverordnung auf Antrag der AfD-Fraktion nach Anstellen einer Folgenabwägung ab. Mit Blick auf das von der Grundverordnung verfolgte Ziel des effektiven Infektionsschutzes seien die gerügten Grundrechtsverletzungen eher von geringem Gewicht, sodass das Interesse der Antragstellerin an der vorläufigen Außervollzugsetzung zurücktreten müsse. Der Staat sei zum Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Bevölkerung berechtigt und verpflichtet und müsse daher der Gefahr von weiteren Infektionsketten und Erkrankungen mit schwerwiegenden Folgen durch entsprechende Gegenmaßnahmen begegnen.

http://www.thverfgh.thueringen.de/webthfj/webthfj.nsf/0B017487668BF4D6C1258592002DC273//20-00017_Medieninformation_8-2020_Eilantrag.pdf?OpenElement

236. Berliner Prostitutionsstätten dürfen nicht öffnen (VG Berlin, Beschluss vom 23.06.2020, 14 L 158/20)

Das VG Berlin bestätigte in seiner Entscheidung das geltende Betriebsverbot für Prostitutionsstätten. Dies stelle zwar einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin dar, das Verbot diene aber dem Zweck, Neuinfektionen vorzubeugen und die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.

Das Betriebsverbot sei zur Erreichung dieses Zwecks geeignet. Auch wenn sich die Antragstellerin auf das Angebot von Massagen beschränke, sei von einem erhöhten Aerosolausstoß in typischerweise kleinen, schlecht belüfteten Räumen auszugehen, sodass dies der Notwendigkeit eines Verbots nicht entgegenstehe.

Das VG wies außerdem darauf hin, dass sich die Beschränkung des Angebots auf Massagen bei lebensnaher Betrachtung wahrscheinlich nicht durchhalten ließe, wenn ein Kunde, ggf. mit einem entsprechenden finanziellen Anreiz, auf dem gewohnten Leistungsspektrum bestehe und eine effektive Kontrolle der Einhaltung des beschränkten Leistungsangebots nicht möglich sei.

https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.950462.php

235. Fortdauernde Schließung von Shisha-Bars außer Vollzug gesetzt (OVG Saarlouis, Beschluss vom 23.06.2020, 2 B 222/20)

Nach Auffassung des OVG Saarlouis verstößt eine Regelung der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie des Saarlandes, soweit der Betrieb von Shisha-Bars verboten wird, voraussichtlich gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

Es lasse sich kein tragfähiger Grund für eine Ungleichbehandlung von Shisha-Bars und Gaststätten feststellen. Denn es fehle eine Erkenntnisgrundlage für die Annahme, dass die in geschlossenen Räumen bestehende Infektionsgefahr durch das Rauchen von Wasserpfeifen erheblich gesteigert werde. Zudem sei es nicht nachvollziehbar, dass Shisha-Bars geschlossen bleiben müssen, während Saunaanlagen öffnen dürften. Der Infektionsgefahr von Shisha-Bars könne mit einem entsprechenden Hygienekonzept entgegengewirkt werden.

https://www.saarland.de/dokumente/dienststelle_oberverwaltungsgericht/1274-PM-10-20.pdf

234. Kundenkontaktdaten dürfen erhoben werden (OVG Münster, Beschluss vom 23.06.2020, 13 B 695/20.NE)

Die in der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung vorgesehene Datenerhebung, mit der die Nachverfolgung von Kontaktpersonen im Bereich Gastronomie, Friseurhandwerk und Fitnessstudios bezweckt wird, ist nach Auffassung des OVG Münster voraussichtlich rechtmäßig.

Das OVG lehnte einen gegen die Regelung gerichteten Eilantrag ab und begründete dies damit, dass mit der vorsorglichen Erhebung der Kontaktdaten die leichtere Identifizierung von Kontaktpersonen im Fall einer nachgewiesenen Neuinfektion durch das Gesundheitsamt sichergestellt werden solle. Diese Maßnahme sei geeignet, um Infektionsketten zu ermitteln und zu unterbrechen. Angesichts der weitgehenden Lockerung von Beschränkungen im sozialen und wirtschaftlichen Leben sei dies ein nicht zu beanstandendes milderes Mittel.

Das betroffene Recht auf informationelle Selbstbestimmung trete hinter dem Schutz von Leben und Gesundheit zurück. Dabei stellte das Gericht auch heraus, dass die Bereiche, in denen Kontaktdaten erhoben würden, nicht zur Deckung elementarer Grundbedürfnisse notwendig seien.

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/23_06_2020_/index.php

233. Verbot der Regelbetreuung in Kitas ist unverhältnismäßig (VG Regensburg, Beschluss vom 17.06.2020, RO 14 S 20.1002)

Aufgrund einer Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege entfällt die reguläre Betreuung in Kitas grundsätzlich. Es gibt jedoch eine Vielzahl von Ausnahmen, sodass inzwischen etwa vier Fünftel aller Kinder wieder betreut werden können.

Das VG Regensburg hat einem Antrag gegen diese Allgemeinverfügung stattgegeben. Antragsteller sind Eltern eines Kindes, das von diesen Ausnahmen nicht erfasst ist.

Das VG Regensburg führte in seiner Entscheidung aus, dass das Entfallen des regulären Betreuungsangebots und das Verbot, Kindertageseinrichtungen zu betreten, im IfSG keine hinreichende Grundlage mehr finde. Angesichts der Dauer der bisherigen Schließung und des aktuellen Infektionsgeschehens sei die Regelung unverhältnismäßig und berücksichtige die Rechte von Eltern und Kind nicht ausreichend. Es seien zudem mildere Mittel zur Eindämmung des Infektionsrisikos vorhanden.

https://www.vgh.bayern.de/media/vgregensburg/presse/pm_2020-06-22_kindergarten.pdf

232. Shisha-Café-Cocktailbar in Hamburg muss geschlossen bleiben (VG Hamburg, Beschluss vom 17.06.2020, 15 E 2321/20)

Das Betriebsverbot von Gaststätten als Shisha-Bar nach der aktuellen Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung ist nach Auffassung des VG Hamburg voraussichtlich rechtmäßig und steht dem Betrieb der Shisha-Café-Cocktailbar des Antragstellers auch nach Maßgabe seines Hygienekonzepts entgegen.

Dem Verordnungsgeber stehe ein Ermessensspielraum zu, der vorliegend ordnungsgemäß ausgeübt worden sei. Trotz rückläufiger Infektionszahlen sei das Betriebsverbot noch verhältnismäßig und nicht gleichheitssatzwidrig.

Bei einer Ansammlung von Gästen in der Bar könne es zu einer Vielzahl von Übertragungen kommen, da insbesondere wegen der Nutzung von Shisha-Pfeifen eine Virusübertragung durch erhöhte Zirkulation von Aerosolen zu befürchten sei. Diese Annahme der Antragsgegnerin begegne keinen durchgreifenden Bedenken. Ein milderes Mittel als das Betriebsverbot, das gleich wirksam sei, sei nicht ersichtlich. Auch die vorhandene Abluftanlage könne nicht die Bildung von Aerosolen verhindern.

Das Verbot sei auch angemessen, die wirtschaftlichen Interessen des Antragstellers müssten hinter dem Schutz des Lebens und der Gesundheit zurücktreten, insbesondere liege kein nicht gerechtfertigter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor. Gerade eine Vergleichbarkeit mit Rauchergaststätten liege nicht vor, da durch die Nutzung von Shisha-Pfeifen die Bildung von Aerosolen erheblich erhöht sei.

http://justiz.hamburg.de/contentblob/13976580/d4051ed573cf723a1eaab1707da54565/data/15-e-2321-20-beschluss-vom-17-06-2020.pdf

231. Eilantrag gegen Quarantäne nach Einreise aus Südafrika erfolgreich (VG Hamburg, Beschluss vom 16.06.2020, 7 E 2453/20)

Das VG Hamburg entschied, dass ein Einreisender aus Südafrika nicht zur Einhaltung einer 14-tägigen häuslichen Quarantäne verpflichtet ist, da die maßgeblichen Bestimmungen der §§ 57, 59 der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung nicht die erforderlichen Anforderungen an ein förmliches Gesetz gem. Art. 80 I GG und Art. 104 I GG erfüllen.

Nach Auffassung des VG Hamburg lassen sich weder § 28 IfSG noch §§ 30, 32 IfSG als taugliche Ermächtigungsgrundlage für die Regelung heranziehen.

Im Hinblick auf die im Zusammenhang mit § 30 IfSG geforderte Nachvollziehbarkeit und Belastbarkeit der Tatsachengrundlage, auf die ein Ansteckungsverdacht gestützt werde, sei die grundsätzliche Annahme einer Ansteckung angesichts der sehr unterschiedlichen Infektionsverläufe in den verschiedenen Ländern nicht möglich. Dass Länder durch eine Feststellung des RKI von der pauschalen Quarantänepflicht ausgenommen werden können, genügt den Anforderungen an eine Rechtsverordnung auf Grundlage des § 30 IfSG nicht. Dadurch würde die Entscheidung auf eine andere, nach § 30 IfSG nicht ausdrücklich berufene Stelle verlagert. Dies entspreche den Anforderungen des § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG, der als Grundlage freiheitsbeschränkender Maßnahmen insbesondere an den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG zu messen sei, nicht. Zudem werde nach § 30 IfSG der Behörde die Darlegungs- und Rechtfertigungslast für die Auferlegung einer Quarantäne auferlegt, wohingegen nach der Regelung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung der jeweilige Einreisende im Rahmen des Befreiungsverfahrens einen Generalverdacht widerlegen müsse.

Auch im Rahmen einer Folgenabwägung konnte das Gericht keinen Anlass sehen, den Eilantrag abzulehnen. Der Behörde verbleibe die Möglichkeit, auf Grundlage des § 30 I 2 IfSG nach einer Überprüfung des Ansteckungsverdachtes im Einzelfall eine Quarantäne anzuordnen.

http://justiz.hamburg.de/contentblob/13967722/10d75b907dc503c1937bf744d9365447/data/7-e-2453-20-beschluss-vom-16-06-2020.pdf

230. Keine Befreiung vom Präsenzunterricht an der Berufsschule (VG Gießen, Beschluss vom 16.06.2020, 7 L 2117/20.GI)

Der Eilantrag zweier Berufsschülerinnen auf Befreiung von der Teilnahme am Präsenzunterricht wurde abgelehnt. Die Antragstellerinnen vertraten die Auffassung, die Teilnahme am Präsenzunterricht sei ihnen nicht zumutbar.

Nach Auffassung des VG Gießen komme der Verordnungsgeber seiner Pflicht zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Schülerinnen ausreichend nach. Die Schulpflicht folge aus dem hessischen Schulgesetz und sei derzeit nur für bestimmte Personenkreise, denen die Antragstellerinnen nicht angehörten, ausgesetzt.

Die vorgesehenen Schutzmaßnahmen seien zur Begrenzung des Ansteckungsrisikos auf ein vertretbares Maß geeignet und ausreichend. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Präsenzunterricht unter Einhaltung dieser Schutzmaßnahmen ein unzumutbares Gesundheitsrisiko berge. Es sei zudem davon auszugehen, dass sich die Antragstellerinnen, beides Auszubildende zu medizinischen Fachangestellten, angesichts ihrer Praxiserfahrung besonders verantwortungsvoll im Umgang mit Hygieneregelungen verhielten.

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/berufssch%C3%BClerinnen-werden-nicht-vom-pr%C3%A4senzunterricht-befreit

229. Abweichung vom Mindestabstand in Grundschulen ist zulässig (OVG Magdeburg, Beschluss vom 15.06.2020, 3 R 111/20)

Das OVG lehnte den Antrag eines Grundschullehrers, eine Regelung der 6. Corona-Eindämmungsverordnung für Sachsen-Anhalt vorläufig außer Vollzug zu setzen, ab. Nach dieser Regelung kann von der Einhaltung des allgemein geltenden Mindestabstands von 1,5 m abgewichen werden, sofern es für den Schulbetrieb erforderlich ist.

Diese Regelung ist nach Auffassung des OVG verhältnismäßig und verletzte nicht die staatliche Pflicht zum Schutz der Gesundheit von Lehrern und Schülern.

Im Vergleich zu anderen Bundesländern sei die Infektionszahl in Sachsen-Anhalt dauerhaft niedrig. Die Landesregierung sei unter Berücksichtigung der Lage berechtigt, die Schutzmaßnahmen fortwährend anzupassen und nicht mehr für erforderlich gehaltene Maßnahmen zu lockern oder zurückzunehmen.

Außerdem sei die Schutzpflicht gegenüber den Lehrern durch das Recht der Schüler auf Bildung und den Schutz von Familien beschränkt. Ein Lehrer habe keinen Anspruch auf einen Gesundheitsschutz, durch den die Infektionsgefahr vollständig ausgeschlossen werde.

http://www.presse.sachsen-anhalt.de/index.php?cmd=get&id=911175&identifier=1a7a98a56dcf97ead72b14c59d5feb14

228. Keine Außervollzugsetzung der Maskenpflicht in Thüringen (OVG Weimar, Beschluss vom 13.06.2020, 3 EN 374/20)

§ 6 der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Grundverordnung schreibt in ÖPNV und Geschäften mit Publikumsverkehr das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung vor. Ausnahmen werden für Kinder oder Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Behinderungen vorgesehen.

Das OVG Weimar lehnte den Eilantrag, gerichtet auf die vorläufige Außervollzugsetzung dieser Regelung, ab. Es führte aus, dass die zuständigen Behörden ermächtigt seien, die Einhaltung von Schutzmaßnahmen auch von Nichtstörern zu verlangen. Trotz rückläufiger Fallzahlen sei die Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung noch immer als hoch einzustufen, da es auch weiterhin zu spontanen Infektionsausbrüchen komme. Die Regelung sei nicht unbestimmt, zudem sei die Eignung der Maßnahme durch erste Studien bestätigt worden.

http://www.thovg.thueringen.de/webthfj/webthfj.nsf/C4EE11399E7D57D1C1258588004A37D1//13_PM-20-06-15-Pandemie-Maske.pdf?OpenElement

227. Eilantrag gegen Quarantänepflicht nach Rückkehr aus Südafrika abgelehnt (VG Schleswig, Beschluss vom 12.06.2020, 1 B 94/20)

Zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung stützte sich das VG Schleswig im Wesentlichen auf den Beschluss des OVG Schleswig vom 25.05.2020 (3 MR 32/20, vgl. Nr. 182). Das OVG Schleswig hatte in seiner Entscheidung ausgeführt, dass Einreisende aus anderen Ländern als den Mitgliedstaaten der EU und EWR allein aufgrund der Einreise aus einem anderen Land bereits als „ansteckungsverdächtig“ gelten dürften. Es sei ausgeschlossen, die Kontakte einer einreisenden Person vor der Einreise so zuverlässig zu rekonstruieren, dass der Ansteckungsverdacht entfallen könnte. Auch bei der Einreise aus einem Land mit geringer Verbreitung des Virus, bestehe eine Infektionsgefahr auf der Reise durch Mitreisende aus anderen Ländern.

Es sei weiterhin nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber einen typisierenden Maßstab gewählt habe und bestimmte Herkunftsländer grundsätzlich ausnimmt, während bei der Einreise aus anderen Ländern eine grundsätzliche Quarantänepflicht bestehe. Durch den Informationsaustausch zwischen der Bundesrepublik und anderen europäischen Ländern bestehe diesbezüglich die Möglichkeit einer flexiblen Handhabung, die sonst nicht bestehe. Von dem Verordnungsgeber könne jedoch nicht verlangt werden, dass er die Entwicklung in allen Ländern ständig beobachte und aus eigener Sachkunde bewerte.

Es komme daher nicht auf die konkreten Umstände des Aufenthalts an.

http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/2o3m/page/bsshoprod.psml;jsessionid=C7DDBE0C3F649416A2D2BE582B113E12.jp14?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=MWRE200002229%3Ajuris-r02&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1

226. Familienbesuche auch ohne häusliche Gemeinschaft der Besucher möglich (OVG Greifswald, 12.06.2020, 2 KM 500/200 OVG)

Nach § 5 I der Verordnung der Landesregierung zum dauerhaften Schutz gegen das neuartige Corona-Virus in Mecklenburg-Vorpommern (Corona-LVO MV) sind alle Reisen in das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern verboten, soweit nicht eine Ausnahmeregelung einschlägig ist. Eine Ausnahmeregelung besteht nach § 5 IV 1 Corona-LVO MV u.a. dann, wenn die Anwesenheit der reisenden Person aus rechtlichen Gründen oder zur Erfüllung einer moralischen Verpflichtung zwingend notwendig sei.

Diese Ausnahmeregelung ist nach Auffassung des OVG Greifswald weit auszulegen.

Dafür spreche auch ein Verweis auf § 8 VIII der Verordnung. Nach dieser Regelung sind familiäre Zusammenkünfte von dem Verbot ausgenommen, ohne dass die Teilnahme auf Familienangehörige oder mit diesen in einem gemeinsamen Haushalt lebende Personen beschränkt ist.

Aus diesen Gründen sei es der Antragstellerin nach § 5 IV 1 Corona-LVO MV erlaubt, mit ihrem nichtehelichen Lebensgefährten zusammen seine Mutter zu besuchen, auch wenn sie entgegen § 5 V 3 der Verordnung nicht mit diesem in einer häuslichen Gemeinschaft lebt. Daher sei ihr auf Außervollzugsetzung des Einreiseverbots gerichteter Eilantrag mangels möglicher Rechtsbeeinträchtigung als unzulässig abzulehnen gewesen.

https://www.mv-justiz.de/gerichte-und-staatsanwaltschaften/fachgerichte/verwaltungsgerichte/oberverwaltungsgericht/Aktuelles/?id=160992&processor=processor.sa.pressemitteilung

225. Zwei Kinos in Osnabrück dürfen vorläufig öffnen (VG Osnabrück, Beschluss vom 12.06.2020, 3 B 43/20)

Entgegen der Auffassung des VG Braunschweig (vgl. Nr. 224.) hat das VG Osnabrück entschieden, dass die aktuelle Niedersächsische Corona-Verordnung dem Betrieb zweier Kinos in Osnabrück unter Einhaltung von Hygiene- und Abstandskonzepten und bei einer Höchstbelegung von 33 % der Sitzplätze nicht entgegensteht.

Das Verwaltungsgericht Osnabrück sieht in dem unbeschränkten Betriebsverbot für Kinos einen nicht gerechtfertigten Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 I GG.

Dies begründete das VG mit der Notwendigkeit einer ständigen Überprüfung der Regelung hinsichtlich ihrer fortbestehenden Erforderlichkeit. Da bei dem Betrieb von Geschäften, Gaststätten, ÖPNV und Fitnessstudios, die inzwischen wieder weitestgehend „normal“ betrieben werden dürften, kein signifikant geringeres Infektionsrisiko im Vergleich zu dem Betrieb von Kinos ersichtlich oder nachgewiesen sei, liege kein sachlicher Grund dafür vor, den Betrieb von Kinos ausnahmslos zu verbieten.

https://www.verwaltungsgericht-osnabrueck.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/zwei-kinos-in-osnabruck-durfen-vorlaufig-offnen-nds-corona-verordnung-steht-nicht-entgegen-189242.html

224. Betriebsverbot für Niedersachsens Kinos ist rechtmäßig (VG Braunschweig, 12.06.2020, 4 B 209/20)

Nach Auffassung des VG Braunschweig ist das fortdauernde Betriebsverbot für Kinos aufgrund der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus noch rechtmäßig, insbesondere sei es mit den Regelungen des IfSG und mit dem Grundgesetz vereinbar.

Bei der Öffnung von Kinos bestehe auch unter Beachtung des von der Antragstellerin vorgelegten Hygieneplans weiterhin die Gefahr einer Ausbreitung des Corona-Virus. Aufgrund des engen Durchgangs in den Sitzreihen sei eine regelmäßige Unterschreitung des Mindestabstands zu erwarten, wenn Besucher sich aneinander vorbei bewegen müssten. Es sei nicht zu erkennen, dass die Antragstellerin dieses Problem gesehen und eine praktisch umsetzbare Lösung dafür gefunden habe.

Die Ungleichbehandlung zu anderen Freizeitangeboten sei dadurch sachlich gerechtfertigt, dass sich dort die Mindestabstände zwischen den Besuchern leichter einhalten lassen, z.B. durch Vorhalten einer festgelegten Verkehrsfläche pro Besucher oder die Platzierung von Restaurantbesuchern an nicht zu verschiebenden Tischen.

Der dem Verordnungsgeber zustehende Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Frage, welche Betätigungen er stufenweise wieder zulasse und welche nicht, sei nicht überschritten worden. In der aktuellen Lage fehle es an hinreichenden Tatsachenkenntnissen, gleichwohl seien zügige Entscheidungen des Verordnungsgebers erforderlich. Daher dürfe der Verordnungsgeber zunächst nur bestimmte Einrichtungen versuchsweise öffnen und erst nach einer Bewertung der Folgen dieser Öffnung, weitere Einrichtungen öffnen, bzw. bereits geöffnete Einrichtungen wieder schließen.

https://verwaltungsgericht-braunschweig.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/pressemitteilungen/kinos-bleiben-noch-geschlossen-189249.html

223. Wellnessbereich eines Hotels darf genutzt werden (VG Regensburg, 12.06.2020, RN 14 E 20.963)

Der Betrieb eines Innenschwimmbeckens sowie von Saunen im Innen- und Außenbereich eines Hotels ist nach Auffassung des VG Regensburg unter infektionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten möglich.

Das Gericht stellte vorläufig fest, dass die aktuelle Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung dem Betrieb von Innenschwimmbad und Saunen nicht entgegenstehe, sofern die geltenden infektionsschutzrechtlichen Anforderungen eingehalten würden.

Eine vollständige Betriebsuntersagung sei nicht erforderlich, da auch weniger einschneidende Schutz- und Hygienemaßnahmen geeignet seien, um das Infektionsrisiko zu verringern. Da im Vergleich zu anderen bereits geöffneten Einrichtungen kein höheres Infektionsrisiko bestehe, das bei Einhaltung umfassender Hygiene- und Schutzmaßnahmen eine vollständige Betriebsuntersagung rechtfertige, verstoße das geltende Betriebsverbot für Saunen und Innenschwimmbecken gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Hinsichtlich des Betriebs von Dampfbad und Infrarotkabine lehnte das VG die begehrte Feststellung mit der Begründung ab, die Antragstellerin habe nicht dargelegt, wie diese Einrichtungen betrieben werden sollen und wie sich dieser Betrieb auf das Infektionsrisiko auswirke.

https://www.vgh.bayern.de/media/vgregensburg/presse/pm_2020-06-12_hotel_wellnessbereich.pdf

222. Sporthallen in Berlin Tempelhof-Schöneberg bleiben geschlossen (VG Berlin, Beschluss vom 12.06.2020, 14 L 177.20)

Nach der Corona-Eindämmungsverordnung des Landes Berlin ist die Nutzung von Sportanlagen für den Vereinssport unter einer Vielzahl von Hygienevoraussetzungen eigentlich wieder zugelassen.

Mit Allgemeinverfügung vom 05.06.2020 verfügte das Schul- und Sportamt des Bezirks Tempelhof-Schöneberg jedoch, dass die in diesem Bezirk gelegenen Sporthallen bis zum Beginn der Sommerferien nicht für den Vereinssport freigegeben werden. Dies wurde mit fehlenden Reinigungskräften begründet, außerdem könne die Aufstellung der Hygienekonzepte bis zu den Sommerferien nicht hinreichend überprüft werden.

Das VG Berlin hielt diese Allgemeinverfügung für rechtmäßig. Sie könne auf die Generalklausel des § 28 I IfSG gestützt werden und sei neben der Verordnung anwendbar. Sie ermächtige die zuständigen Stellen, die erforderlichen Entscheidungen zur Umsetzung zu treffen. Hiervon seien auch Betretensverbote erfasst.

https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.945408.php

221. Keine sofortige Wiederaufnahme des Regelunterrichts in NRW (OVG Münster, Beschluss vom 12.06.2020, 13 B 779/20.NE)

In seinem ablehnenden Beschluss führte das OVG Münster aus, die bis zum 14.06.2020 geltenden Vorgaben der Coronabetreuungsverordnung seien voraussichtlich noch verhältnismäßig. Die Regelungen sehen vor, dass ein Mindestabstand zwischen Schülern, Lehrkräften und anderen Personen eingehalten wird. Dies hatte einen eingeschränkten Unterrichtsbetrieb in einem rollierenden System zur Folge.

Nach Auffassung des OVG Münster ist die Annahme des Verordnungsgebers, dass dem Normalbetrieb des Unterrichts eine erhöhte Infektionsgefahr innewohne, nicht zu beanstanden. Der Verordnungsgeber habe seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten, da sich das Infektionsrisiko von Kindern und Jugendlichen und ihre Relevanz bei der Übertragung des Virus noch nicht abschließend beurteilen lassen. Das Gericht betonte, dass sich der Beurteilungsspielraum nicht nur auf die Art und den Umfang der Beschränkungen beziehe, sondern auch auf den Zeitpunkt einer möglichen Lockerung.

Zu berücksichtigen sei außerdem, dass die ab dem 15.06.2020 geltenden Neuregelungen durch den Verzicht auf den Mindestabstand einen deutlich umfangreicheren Präsenzunterricht als bisher ermöglichen werden. 

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/12_06_2020_1/index.php

220. Abweichung vom Mindestabstand in sächsischen Grundschulen ist rechtmäßig (OVG Bautzen, Beschluss vom 11.06.2020, 3 B 194/20)

Nach einer Regelung der Sächsischen Coronaschutzverordnung gilt der Mindestabstand von 1,5m nicht in Schulen. Es können alternative Schutzmaßnahmen durch Allgemeinverfügung des Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt bestimmt werden.

Das OVG Bautzen hat einen Eilantrag einer Grundschullehrerin auf vorläufige Außervollzugsetzung dieser Regelung abgelehnt. Eine unzumutbare Gesundheitsgefährdung habe nicht festgestellt werden können.

Das Gericht führte aus, dass eine Gefährdung von Erwachsenen durch infizierte Kinder bei einem geringeren Abstand bisher wissenschaftlich nicht eindeutig erwiesen sei und in Sachsen zudem die Neuinfektionen stark zurückgegangen seien.

Es sei auch bei entsprechenden Lehrkonzepten ohnehin nicht zu gewährleisten, dass Kinder im Grundschulalter den Mindestabstand verlässlich einhielten.

Daneben könne eine fortdauernde Beschulung zu Hause zu schwerwiegenden Eingriffen in die kindliche Entwicklung und die Berufsfreiheit der betroffenen Eltern führen und daneben weitere Gefahren für die Kinder (z.B. durch fehlende Verpflegung oder häusliche Gewalt) begründen und so deren Rechte auf Bildung und körperliche Unversehrtheit verletzen. 

https://www.justiz.sachsen.de//ovgentschweb/documents/20B194.B01.pdf

219. Maskenpflicht in ÖPNV und Einzelhandel rechtmäßig (OVG Magdeburg, Beschluss vom 11.06.2020, 3 R 102/20)

Das OVG Magdeburg führte in seinem ablehnenden Beschluss aus, dass die Pflicht jedes Nutzers von ÖPNV und öffentlicher Fernverkehrsmittel sowie von Kunden und Besuchern in Ladengeschäften jeder Art, eine textile Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, rechtmäßig sei.

Die Maßnahme sei geeignet, durch das Abfangen von Tröpfchenpartikeln in der Atemluft Neuinfektionen zu verhindern und so die Verbreitung des Virus zu verlangsamen und damit den Schutzauftrag des Staates aus Art. 2 II 1 GG zu erfüllen. Die Erwägungen des Verordnungsgebers seien plausibel und im Rahmen seines Einschätzungsspielraumes nicht zu beanstanden.

Zwar sei die Eignung von sog. Alltagsmasken bisher nicht wissenschaftlich zweifelsfrei nachgewiesen. Allerdings empfehle das RKI diese Maßnahme im öffentlichen Raum in Situationen, in denen mehrere Menschen zusammentreffen und ein Mindestabstand nicht immer eingehalten werden kann. Die Schutzfunktion sei jedenfalls plausibel und könne daher einen Baustein neben anderen Maßnahmen in einem Gesamtkonzept zur Eindämmung der Verbreitung des Virus darstellen.

http://www.presse.sachsen-anhalt.de/index.php?cmd=get&id=911118&identifier=f7d284658345023aeb5ca5a640fe2d54

218. Eilantrag auf Erlaubnis einer Versammlung wegen Unzulässigkeit abgelehnt (BVerfG, Beschluss vom 11.06.2020, 1 BvQ 66/20)

Das Bundesverfassungsgericht lehnte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich einer Erlaubnis einer Versammlung zum Thema „Zusammenstehen für Freiheit, Grundrechte und Selbstbestimmung“ mit einer Teilnehmerzahl von bis zu 10.000 Teilnehmern ab. Auch im verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz gelte der Grundsatz der Subsidiarität. Der Antragsteller habe die ihm eröffneten Möglichkeiten, fachgerichtlichen Eilrechtsschutz zu erlangen, nicht ausgeschöpft.

Die ausnahmsweise Unzumutbarkeit fachgerichtlichen Eilrechtsschutzes konnte der Antragsteller nicht erfolgreich geltend machen. Auch wenn in vergleichbaren Fällen der nachgesuchte Eilrechtsschutz versagt worden sei, bleibe es zumutbar, in einem neuen Fall erneut fachgerichtlichen Eilrechtsschutz zu beantragen. Denn es handele sich gerade bei der Corona-Pandemie um ein volatiles und dynamisches Geschehen, dessen Entwicklung nicht nur ein Verordnungsgeber, sondern auch die Fachgerichte berücksichtigen würden. Ein vorheriger erfolgloser Eilantrag lasse daher nicht auf die Erfolgsaussichten eines erneuten Eilantrags in einem anderen Fall schließen.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/06/qk20200611_1bvq006620.html

217. VG Berlin lehnt generelle Quarantäne nach Einreise aus einem Drittstaat ab (VG Berlin, Beschluss vom 10.06.2020, VG 14 L 150.20)

Die derzeit geltende Corona-Eindämmungsmaßnahmenverordnung des Landes Berlin sieht für Einreisende aus Ländern außerhalb von EU und EFTA eine grundsätzliche Pflicht zur häuslichen Quarantäne für die Dauer von 14 Tagen vor.

Dies hielt das Gericht für rechtswidrig.

Nach Auffassung des VG Berlin sind die Voraussetzungen der einschlägigen Rechtsgrundlage des IfSG nicht erfüllt. Denn danach dürften Quarantänemaßnahmen nur gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ausscheidern oder Ansteckungsverdächtigen angeordnet werden. Es sei daher rechtlich nicht vertretbar, alle Personen, die aus sog. Drittstaaten einreisen, pauschal für ansteckungsverdächtig zu halten. Vielmehr müsse die Annahme, dass eine Person Krankheitserreger aufgenommen habe, überwiegend wahrscheinlich sein und auf konkrete und belastbare Anhaltspunkte gestützt werden können.

https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.943743.php

216. Beschränkte Teilnehmerzahl für Abitur-Bälle bestätigt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.06.2020, 1 S 58.20)

Das OVG Berlin-Brandenburg bestätigte die Entscheidung des VG Berlin (vgl. Nr. 209) über die Rechtmäßigkeit der Regelung, wonach u.a. Abitur-Bälle vorerst nur mit bis zu 150 Teilnehmern stattfinden dürfen.

Der Verordnungsgeber habe seinen gerichtlich nur eingeschränkt zu überprüfenden Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum in nicht zu beanstandender Weise genutzt. Er durfte annehmen, dass größere Menschenansammlungen ein deutlich erhöhtes Infektionsrisiko bedeuten und die Einhaltung strenger Hygiene- und Abstandsregelungen im Fall eines Abitur-Balles nicht gleichsam wirkungsvoll wie eine Teilnehmerbegrenzung seien.

Es liege auch keine Ungleichbehandlung gegenüber Gaststätten vor, da ein Abitur-Ball nicht mit einem typischen Gaststättenbetrieb zu vergleichen sei.

https://www.berlin.de/gerichte/oberverwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.943257.php

215. Einschränkungen des Sport-, Trainings- und Wettkampfbetriebs im Breiten- und Freizeitsport voraussichtlich rechtmäßig (OVG Münster, Beschluss vom 10.06.2020, 13 B 617/20.NE)

Dies entschied das OVG Münster in einem Eilverfahren gegen die Regelungen der aktuellen Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen. In der unterschiedlichen Behandlung von Berufssportlern und Breiten- und Freizeitsportlern konnte das Gericht keinen ungerechtfertigten Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz erkennen.

Das Gericht hielt die geltenden Regelungen für voraussichtlich noch erforderlich und angemessen und damit verhältnismäßig. Beim nicht-kontaktfreien Sport- und Trainingsbetrieb komme es zwangsläufig zu physischer Nähe zwischen den Sportlern und dadurch zu einer erhöhten Infektionsgefahr. Denn bedingt durch den Sport und die damit verbundene aktivere Atmung könnten von den Sportlern vermehrt potentiell virushaltige Tröpfchen und Aerosole in die Luft abgegeben werden. Dies gelte es zu verhindern. Der Verordnungsgeber handele im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative, wenn er davon ausgehe, dass der nicht-kontaktfreie Sport- und Trainingsbetrieb deshalb lediglich im Freien und nur in Gruppen von maximal zehn Personen erlaubt werden könne.

Ebenfalls sei nicht zu beanstanden, dass Wettkämpfe wegen der längeren Verweildauer einer größeren Anzahl von verschiedenen Personen auch bei kontaktfreien Sportarten nur im Freien ausgetragen werden dürften.

Mildere Mittel, die den Infektionsschutz gleich wirksam förderten, hätten sich dem Gericht nicht aufgedrängt. Da inzwischen sportliche Betätigungen auch im Breiten- und Freizeitsport überhaupt wieder möglich seien, müssten dafür verbleibende Einschränkungen angesichts des angestrebten Schutzes von Leben und Gesundheit hingenommen werden.

Die Erlaubnis von Wettbewerben in Profiligen und im Berufsreitsport und die geschaffenen Sonderregelungen, die einen weitgehend uneingeschränkten Trainingsbetrieb im Profisport ermöglichen, stellen nach Auffassung des Gerichts keine Ungleichbehandlung dar. Diese Regelungen beträfen nur eine vergleichsweise geringe Zahl von Menschen, sodass das damit einhergehende Infektionsrisiko entsprechend geringer sei. Hinzu komme, dass sich diese Personengruppe, anders als die Gruppe der Breiten- und Freizeitsportler, zusätzlich auf ihre Berufsfreiheit berufen könne. Letztlich ließen sich im Hinblick auf die im Profisport vorhandene Infrastruktur und insbesondere die mit dem Sportbetrieb verbundene medizinische Betreuung die Infektionsrisiken durch geeignete Hygiene- und Schutzkonzepte besser minimieren.

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/10_06_2020_/index.php

214. Einstweilige Anordnung gegen Beschränkungen des Schul- und Kita-Betriebs mangels Erschöpfung des Rechtswegs erfolglos (BVerfG, Beschluss vom 09.06.2020, 1 BvR 1230/20)

Das Bundesverfassungsgericht nahm eine Verfassungsbeschwerde, soweit sie sich gegen Beschränkungen des Schul- und Kita-Betriebs in Bayern richtet, mangels Erschöpfung des Rechtsweges nicht zur Entscheidung an.

Nach dem Grundsatz der Subsidiarität müsse ein Beschwerdeführer vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde alle ihm zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten wahrnehmen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in einem Verfahren vor einem Fachgericht zu verhindern oder zu beseitigen. Dies war vorliegend nicht geschehen, da die Antragsteller eine rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache nicht abgewartet haben.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde mit dieser Entscheidung hinfällig.

Soweit sich die Antragsteller gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes wandten, sei der Rechtsweg zwar erschöpft. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hatte dennoch keinen Erfolg, da eine anzustellende Folgenabwägung zulasten der Antragsteller ausging.

Zwar bestünden durch die Einschränkungen von Präsenzunterricht und vorschulischen Betreuungsangeboten erhebliche Belastungen des Familien- und Berufslebens der Antragsteller und nicht hinlänglich zu kompensierende Nachteile für die persönlichen und sozialen Entwicklungsmöglichkeiten und Bildungschancen der Kinder.

Es sei jedoch anzunehmen, dass ohne diese Einschränkungen die Gefahr der Erkrankung vieler Personen mit teilweise schwerwiegenden und tödlichen Krankheitsverläufen und einer Überbelastung des öffentlichen Gesundheitssystems vergrößert werde.

Gegenüber dieser Gefahr müssten die Interessen der Antragsteller momentan zurücktreten. Die Belastungen der Antragsteller würden zudem durch Notbetreuungsangebote und Angebote für ein Lernen zu Hause sowie die zeitliche Befristung der Einschränkungen erheblich gemindert.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/06/rk20200609_1bvr123020.html

213. Coronabedingte Schließung von Prostitutionsstätten auch in Niedersachsen nicht außer Vollzug gesetzt (OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 09.06.2020, 13 MN 211/20, vom 08.06.2020, 13 MN 204/20, und vom 29.05.2020, 13 MN 185/20)

Die Schließung von Prostitutionsstätten stellt nach Auffassung des OVG Lüneburg noch immer eine notwendige Maßnahme zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus dar. Dies gelte auch im Hinblick auf das aktuelle Infektionsgeschehen und die inzwischen erfolgten Lockerungen hinsichtlich einiger Betriebe, die körpernahe Dienstleistungen erbringen. Von Prostitutionsstätten gehe wegen des für die angebotenen Dienstleistungen herzustellenden engen Körperkontakts in geschlossenen Räumlichkeiten mit häufig wechselnden Partnern – auch bei einer Beschränkung auf die Erbringung von Massagen – eine erhöhte Infektionsgefahr aus.

Im Bereich der Prostitutionsstätten seien Hygienebeschränkungen nicht gleich effektiv wie bei der Erbringung anderer körpernaher Dienstleistungen, z.B. Friseurdienstleistungen. Soweit die üblichen Hygienebeschränkungen hier überhaupt praktisch angewandt werden könnten, sei jedenfalls ihre zuverlässige Einhaltung nicht zu überwachen.

https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/keine-ausservollzugsetzung-der-coronabedingten-schliessung-von-prostitutionsstatten-bordellen-und-ahnlichen-einrichtungen-189119.html

212c. Eilantrag gegen die Quarantäne-Anordnung für Einreisende aus Drittstaaten erfolgreich (VG Hamburg, Beschluss vom 08.06.2020, 2 E 2353/20)

Das VG Hamburg hat einem Eilantrag gegen die Anordnung häuslicher Quarantäne eines Einreisenden aus den USA stattgegeben und die Antragsgegnerin verpflichtet, die Nichtbeachtung der Verpflichtung aus § 57 I der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung vom 26.05.2020 vorläufig sanktionslos zu dulden.

Das Gericht hält die Verpflichtung, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit oder eine andere geeignete Unterkunft zu begeben und sich für einen Zeitraum von 14 Tagen ständig dort abzusondern und keinen Besuch zu empfangen, voraussichtlich für rechtswidrig und damit unwirksam.

Denn es fehle an einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage. Die Verpflichtung könne nicht auf § 32 S. 1 IfSG i.V.m. § 30 I 2 IfSG gestützt werden, da dessen Voraussetzungen nicht für den gesamten von § 57 I HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO betroffenen Adressatenkreis vorlägen. Auf dieser Grundlage dürften nur Kranke, Krankheitsverdächtige, Ausscheider und Ansteckungsverdächtige zur Absonderung verpflichtet werden. Nach Auffassung des VG Hamburg sei hierbei der Maßstab des Bundesverwaltungsgerichts anzulegen, wonach die Annahme eines Ansteckungsverdachts „nicht schon gerechtfertigt [sei], wenn die Aufnahme von Krankheitserregern nicht auszuschließen ist“ und widerspricht damit der Auffassung des OVG Schleswig (vgl. Nr. 182.).

Die Generalklausel § 28 I 1 IfSG komme ebenfalls nicht in Betracht, zur Begründung verwies das VG Hamburg auf eine frühere Entscheidung einer anderen Kammer des Verwaltungsgerichts (vgl. Nr. 143.) und schloss sich diesen Erwägungen aus eigener Überzeugung an.

https://justiz.hamburg.de/contentblob/13959218/edcfafbaa514d1069cfaa7535f97508b/data/2-e-2353-20.pdf

212b. Eilantrag auf Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts an jedem Schultag erfolglos (VG Hamburg, Beschluss vom 08.06.2020, 5 E 2173/20)

Das VG Hamburg führte in seiner Entscheidung aus, dass es offen sei, ob ein Anordnungsanspruch der Antragsteller auf die sofortige Wiedereinrichtung des Präsenzunterrichts an jedem Schultag bestehe. Die deshalb anzustellende Folgenabwägung gehe jedoch zu Lasten der Antragsteller aus.

Ob die Regelung, wonach einzelne Lerngruppen unter Einhaltung bestimmter Schutzmaßnahmen an verschiedenen Tagen unterrichtet werden können, verhältnismäßig ist, könne derzeit nicht abschließend geprüft werden. Dies liege daran, dass die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Rolle von Kindern als Krankheitsüberträger und darauf basierende Handlungsempfehlungen bislang uneinheitlich seien.

Im Rahmen der Folgenabwägung gehe das Gericht davon aus, dass den Antragstellern aufgrund der Fortsetzung des kombinierten Fern- und Präsenzunterrichts keine so schweren und endgültigen Nachteile drohen, dass diese das entgegenstehende Interesse der Allgemeinheit an der Eindämmung des Corona-Virus und den Gesundheitsschutz der restlichen Bevölkerung überwiegen. Es sei hinreichend dargelegt worden, dass eine psycho-soziale Beeinträchtigung als Folge der Schulschließung vorliege, die über die eigene Unzufriedenheit mit dem Lernfortschritt und der Betreuung im Fernunterricht sowie dem fehlenden Austausch mit Gleichaltrigen hinausgehe. Langfristige negative Auswirkungen auf die weitere schulische oder berufliche Laufbahn der Antragsteller seien daher für das Gericht nicht erkennbar. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der angegriffenen Regelung um befristete Maßnahmen handele, deren Notwendigkeit fortlaufend überprüft würde.

https://justiz.hamburg.de/contentblob/13952796/57749d249dbbb848f2d33a89b3842fde/data/5-e-2173-20.pdf

212a. Auch 62-jähriger Lehrer darf im Präsenzunterricht eingesetzt werden (ArbG Mainz, Beschluss vom 08.06.2020, 4 Ga 10/20)

Das Arbeitsgericht Mainz lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eines 62-jährigen Lehrers ab. Er erteilt an einer Berufsschule Förderunterricht für benachteiligte Schüler und begehrte zum Schutz seiner Gesundheit, nicht zum Präsenzunterricht herangezogen zu werden.

Das Arbeitsgericht entschied, dass es im Ermessensspielraum der Schulen stehe, wie sie den Gefahren der Corona-Pandemie begegnen wollten, die Gerichte könnten nicht vorab entscheiden, welcher Lehrer eingesetzt wird und welcher nicht.

Der Antragsteller gebe Einzelunterricht in einem 25 m² großen Raum, sodass die Einhaltung eines hinreichenden Abstandes möglich sei. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller meine, es bestehe kein Interesse an seinem Präsenzunterricht. Er erteile Förderunterricht für benachteiligte Schüler. Diese kämen typischerweise nicht aus Haushalten, in denen sie problemlos Internetzugang und Unterstützung ihrer Eltern erhalten könnten.

https://justiz.rlp.de/de/service-informationen/aktuelles/detail/news/News/detail/presseerklaerung-zu-dem-verfahren-4-ga-1020/

212. Antrag auf Außervollzugsetzung der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung weitestgehend erfolglos (VerfGH München, Beschluss vom 08.06.2020, Vf. 34-VII-20)

Der Antrag war nur im Hinblick auf eine Ordnungswidrigkeitenvorschrift erfolgreich. Der Verfassungsgerichtshof München führte aus, die betreffende Vorschrift in § 21 Nr. 7 der 5. BayIfSMV beziehe sich über mehrere Verweisungen in § 9 auf das allgemeine Abstandsgebot des § 1 I der 5. BayIfSMV und sei insoweit wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 104 I der Bayerischen Verfassung offensichtlich verfassungswidrig.

Neben berechtigten Zweifeln daran, ob das allgemeine Abstandsgebot überhaupt eine zwingende und durchsetzbare Regelungswirkung entfalten solle, seien jedenfalls die Formulierungen „angehalten“, „absolut nötiges Minimum“ und „wo immer möglich“ für einen Bußgeldtatbestand zu unbestimmt.

Bezüglich aller anderen Vorschriften der Verordnung liegen nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes keine hinreichenden Gründe für eine einstweilige Anordnung der Außervollzugsetzung vor.

Ein Erfolg der erhobenen Klage sei nicht offensichtlich. Bei der daher gebotenen Folgenabwägung sei der fortbestehenden Gefahr für Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen und der Verhinderung einer Überforderung der personellen und sachlichen Kapazitäten des Gesundheitssystems weiterhin Vorrang vor den Interessen des Antragstellers einzuräumen.

https://www.bayern.verfassungsgerichtshof.de/media/images/bayverfgh/34-vii-20-pressemitt-entscheidung.e.a.-5.vo.pdf

211. Keine Außervollzugsetzung der Schließung von Prostitutionsstätten in Hessen (VGH Kassel, Beschluss vom 08.06.2020, 8 B 1446/20.N)

Nach Auffassung des VGH Kassel ist die fortdauernde Schließung von Prostitutionsstätten in Hessen nicht vorläufig außer Vollzug zu setzen. Die angegriffene Regelung der Hessischen Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung vom 07.05.2020 sei nach einer summarischen Prüfung weder offensichtlich rechtswidrig, noch sei aufgrund der anzustellenden Folgenabwägung eine Außervollzugsetzung der Regelung geboten.

Die Schließung der Prostitutionsstätten sei bei einer Gesamtbetrachtung durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig. Weder Ordnungsbehörden, noch die Antragstellerin könnten die Einhaltung des vorgelegten Hygienekonzepts bei realistischer Betrachtung tatsächlich kontrollieren. Hinzu komme, dass Zweifel an der wahrheitsgemäßen Angabe der Kontaktdaten durch die Kunden zur Ermöglichung der Nachverfolgung von Ansteckungen bestünden.

Aus diesen Gründen sei die unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu anderen Betrieben, in denen körpernahe Dienstleistungen erbracht würden, sachlich gerechtfertigt.

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/bordelle-hessen-bleiben-weiterhin-geschlossen

210. Whisky-Tastings weiterhin untersagt (VG Aachen, Beschluss vom 08.06.2020, 7 L 366/20)

Das Verwaltungsgericht Aachen lehnte den Eilantrag einer Whiskyhändlerin ab, die in ihrem Ladenlokal Verköstigungen anbieten möchte.

Nach Auffassung des Gerichts zählt eine Whisky-Verkostung zu den Veranstaltungen, die nach der aktuellen Coronaschutzverordnung verboten seien, insbesondere da die Verkostung über das reine Angebot gastronomischer Leistungen hinausgehe. Diese seien inzwischen nicht mehr verboten. Hier stehe aber nicht die Verköstigung des Gastes im Vordergrund, sondern die Whisky-Verkostung diene zudem der Weiterbildung der Teilnehmer durch umfangreiche Erläuterungen und auch der Bewerbung der zum Verkauf angebotenen Whiskys.

Aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit mit erlaubten Gastronomiebetrieben könne daher ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot nicht bejaht werden.

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/08_06_2020_2/index.php

209. Beschränkte Teilnehmerzahl für Abitur-Bälle ist rechtmäßig (VG Berlin, Beschluss vom 05.06.2020, 14 L 166.20)

Nach den Regelungen der aktuellen Corona-Eindämmungsmaßnahmenverordnung des Landes Berlin sind nicht rein private oder familiäre Veranstaltungen und Zusammenkünfte in Innenräumen bis zum 29.06.2020 nur bei einer begrenzten Teilnehmerzahl von bis zu 150 Personen erlaubt, ab dem 30.06.2020 ist die Personenanzahl auf bis zu 300 Teilnehmer beschränkt.

Diese Einschränkungen begegnen nach Auffassung des VG Berlin keinen rechtlichen Bedenken. Die Begrenzung der Personenanzahl sei Teil des Gesamtkonzepts des Verordnungsgebers zur stufenweisen Lockerung der bestehenden Beschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Bei der Auswahl der Mittel zur Erreichung dieses Ziels stehe dem Verordnungsgeber ein hier nicht überschrittener Einschätzungsspielraum zu.

Es sei plausibel, dass es im Rahmen von Abitur-Bällen aufgrund der engen persönlichen Beziehungen zwischen den Teilnehmern zu haushaltsübergreifenden sozialen und auch physischen Kontakten komme, die die Antragstellerin als Veranstalterin nicht vollständig verhindern könne. Daher sei es nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber davon ausgehe, die Einhaltung von strengen Hygiene- und Abstandsregelungen sei kein gleich geeignetes Mittel wie die Untersagung von Veranstaltungen mit mehr als 150 Teilnehmern.

Die Öffnung von Gaststätten ohne Begrenzung der Gästezahlen stelle keine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem dar. Denn dort ergebe sich bereits aus den Vorgaben in der Verordnung zu den Abständen von Tischen und Stühlen zwangsläufig eine Beschränkung der möglichen Anzahl von Gästen. Zudem beschränke sich dort üblicherweise der Kontakt auf die Personen, die zusammen an einem Tisch sitzen.

https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.941995.php

208. Keine Shisha-Pfeifen in Shisha Bars (VG Aachen, Beschlüsse vom 05.06.2020, 7 L 367/20 u.a.)

Nach den Ausführungen des Gerichts ist das Anbieten von Shisha Pfeifen nach der Coronaschutzverordnung in der Fassung vom 30.05.2020 verboten, da die Anlage der Verordnung ein explizites Verbot hinsichtlich des Gebrauchs von Shisha-Pfeifen enthalte.

Gegen die Rechtsmäßigkeit bestünden keine durchgreifenden Bedenken, insbesondere sei kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot zu erkennen. Es gehe bei Shisha-Bars vornehmlich um den Konsum von Genussmitteln und ein längeres Verweilen, wohingegen es bei anderen Gastronomiebetrieben um die Verköstigung der Gäste gehe. Ziel des Verordnungsgebers sei es, einen längeren Verbleib der Gäste in einem Betrieb zu unterbinden, weswegen beispielsweise auch der Betrieb von Spielgeräten untersagt sei.

Das Gericht führte weiter aus, dass aufgrund des dynamischen Pandemiegeschehens die Anforderungen an die Gleichbehandlung selbst bei Bestehen einer Vergleichbarkeit von Shisha-Bars mit anderen Gastronomiebetrieben weniger streng sei. Es könnten wegen ihrer Vielzahl nicht alle Angehörigen vergleichbarer Gruppen in die Lockerungen einbezogen werden. 

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/08_06_2020_/index.php

207. Vorläufige Außervollzugsetzung der Corona-Einreiseverordnung in NRW (OVG Münster, Beschluss vom 05.06.2020, 13 B 776/20.NE)

Nach der nordrhein-westfälischen Corona-Einreiseverordnung müssen sich Personen, die sich länger als 72 Stunden im Ausland aufgehalten haben, bei der Einreise nach Nordrhein-Westfalen unmittelbar in die eigene Häuslichkeit begeben und dürfen diese 14 Tage lang nicht verlassen. Die Personen müssen sich unverzüglich beim zuständigen Gesundheitsamt melden und dürfen keinen Besuch empfangen.

Ausgenommen davon sind Personen, die sich im EU-Ausland, in Island, Liechtenstein, Norwegen, der Schweiz, Großbritannien oder Nordirland aufgehalten haben.

Das OVG Münster hat einem hiergegen gerichteten Eilantrag stattgegeben und wesentliche Teile der Corona-Einreiseverordnung vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Die angegriffenen Regelungen seien voraussichtlich rechtswidrig, insbesondere sei bereits zweifelhaft, ob die infektionsschutzrechtliche Generalklausel den Verordnungsgeber zu einer Regelung ermächtige, nach der auch Einreisende, von denen keine Gefahr ausgehe, unter Quarantäne zu stellen seien. Dies begründete das Gericht damit, dass das IfSG besondere Absonderungsregelungen enthalte, nach denen mindestens ein Ansteckungsverdacht bei dem jeweiligen Betroffenen vorliegen müsse. Es sei nicht davon auszugehen, dass dieser Verdacht bei sämtlichen Einreisenden aus allen Drittländern gegeben sei.

Selbst wenn ein Rückgriff auf die Generalklausel möglich sei, sei die Maßnahme dennoch voraussichtlich rechtswidrig. Die Quarantänepflicht für alle aus Drittländern Einreisenden sei keine notwendige Schutzmaßnahme mehr, da es inzwischen auch außerhalb Europas einige Staaten gebe, in denen das Infektionsrisiko nur noch gering und jedenfalls nicht höher als in Deutschland sei. Der Verordnungsgeber müsse die aktuelle Entwicklung berücksichtigen und dementsprechend differenzierte Regelungen erlassen.

https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/47_200605/index.php

206. Beschränkung auf eine Person pro 20 m² Verkaufsfläche ist zu unbestimmt (VGH Mannheim, Beschluss vom 05.06.2020, 1 S 1623/20)

§ 3 III der Corona-Verordnung Einzelhandel des Wirtschaftsministeriums und des Sozialministeriums des Landes Baden-Württemberg vom 3. Mai 2020 lautet:

„Die Anzahl der Kunden im Geschäft ist in Abhängigkeit von der Verkaufsfläche so zu begrenzen, dass die Abstandsregeln eingehalten werden können. Richtgröße für eine angemessene Anzahl von Kunden sind hierbei 20 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Person (einschließlich der Beschäftigten).“

Der VGH Mannheim hat diese Regelung vorläufig außer Vollzug gesetzt, da sie nach seiner Auffassung zu unbestimmt ist. Das Bestimmtheitsgebot, das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitet wird, verlange, dass Normen so gefasst sind, dass der von der Vorschrift Betroffene erkennen kann, bei welcher Rechtslage welches Verhalten von ihm gefordert wird.

Dies sei bei der angegriffenen Regelung nicht der Fall. Es sei bereits nicht erkennbar, ob der Verordnungsgeber durch die Verwendung des Begriffes „Richtgröße“ das Verhältnis von Personenzahl und Verkaufsfläche als verbindliche Vorgabe oder nur als anzustrebendes Ziel, von dem abgewichen werden könne, oder sogar als reinen Orientierungswert ansehe.

https://verwaltungsgerichtshof-baden-wuerttemberg.justiz-bw.de/pb/,Lde/6342476/?LISTPAGE=1213200

205. Schließung von Prostitutionsstätten in Baden-Württemberg voraussichtlich rechtmäßig (VGH Mannheim, Beschlüsse vom 04.06.2020, 1 S 1617/20, 1 S 1629/20)

Nach Auffassung des VGH Mannheim ist der durch die fortdauernde Schließung bestehende Eingriff in die Berufsfreiheit von Betreibern von Prostitutionsstätten gerechtfertigt, um das dort bestehende Risiko einer Übertragung des Corona-Virus zu minimieren. Es bestehe ein deutlich erhöhtes Infektionsrisiko im Vergleich zu anderen Betrieben, die unter Hygiene- und Schutzauflagen wieder betrieben werden dürften.

Das von den Antragstellerinnen vorgelegte Hygienekonzept ziele gerade nicht auf die Einhaltung der Kontaktbeschränkungen ab, sondern gehe ausdrücklich von einem Abstand von weniger als 1,5m aus. Zudem führe das Herstellen des engen Körperkontakts – auch bei einer Beschränkung auf sexuelle Massagen – zu einer deutlich gesteigerten Atemaktivität und somit einem erhöhten Infektionsrisiko durch ausgestoßene Aerosole. Dadurch, dass in derselben (geschlossenen) Räumlichkeit wechselnde Kunden bedient würden, werde eine weitere Verbreitung der Krankheit begünstigt.

Es erscheine zudem nicht realistisch, dass alle Kunden zutreffende Kontaktdaten angeben würden und daher eine Rückverfolgung von Infektionsketten zuverlässig zu gewährleisten sei. Die Rückverfolgung habe aber für die Eindämmung der Verbreitung des Virus hohe Bedeutung.

https://verwaltungsgerichtshof-baden-wuerttemberg.justiz-bw.de/pb/,Lde/6354022/?LISTPAGE=1213200

204a. Besonders weiter und wohlwollend auszuübender Wertungs- und Beurteilungsspielraum bei der Festsetzung von Vornoten (OVG Bautzen, Beschluss vom 04.06.2020, 2 B 215/20)

Grundsätzlich ist ein Schüler nach § 26 Schulordnung Fachoberschule (FOSO) des Bundeslandes Sachsen nicht zur Abschlussprüfung zuzulassen, wenn eine mit „mangelhaft“ bewertete Vornote nicht durch ein Fach, das Gegenstand der Abschlussprüfung ist, in dem der Schüler mit mindestens der Note „gut“ bewertet wurde, ausgeglichen wird. Wegen der durch die Schulschließungen und den Onlineunterricht bedingten Ausnahmesituation sollte laut der Sächsischen Staatsregierung im laufenden Schuljahr bei der Zulassung zur Abschlussprüfung und auch insgesamt mit Bedacht vorgegangen werden und keine überzogenen Anforderungen an die Schüler gestellt werden. Eine Benotung sollte die individuellen Lerngegebenheiten der Schüler berücksichtigen, Beurteilungsspielräume sollten wohlwollend ausgelegt werden.

Diese Maßstäbe habe der Prüfungsausschuss bei der Entscheidung über die Festsetzung der Vornote der Antragstellerin nicht ansatzweise beachtet. Es sei unter Berücksichtigung der protokollierten schematischen Prüfung anhand des § 26 FOSO nicht ersichtlich, dass sich der Prüfungsausschuss des eröffneten besonders weiten und wohlwollend auszuübenden pädagogischen Wertungs- und Beurteilungsspielraums überhaupt bewusst war.

Im Übrigen sei der Prüfungsausschuss seiner pädagogischen Verantwortung nicht gerecht geworden, da er weder das Zustandekommen der Mathematiknote „mangelhaft“ hinterfragt habe, noch die unterschiedliche Handhabung des Unterrichts während der Schließung der Fachoberschule in seine Überlegung einbezogen habe. Im konkreten Fall war der Antragstellerin der Ausgleich der Note „mangelhaft“ im Fach Mathematik gar nicht möglich, da lediglich in diesem Fach digitaler Unterricht stattfand, in allen anderen Fächern jedoch die Vornote aus den bis zur Schulschließung erzielten Noten gebildet wurde, sodass dort keine weitere Veränderung der Note möglich war.

Der Antragsgegner wurde daher verpflichtet, die Antragstellerin vorläufig zur Abschlussprüfung im laufenden Schuljahr zuzulassen.

https://www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/documents/20B215.B01.pdf

204. Niedersächsische Neuregelung zur Quarantäne ist voraussichtlich rechtmäßig (OVG Lüneburg, Beschluss vom 04.06.2020, 13 MN 195/20)

Nach Auffassung des OVG Lüneburg ist die Neuregelung der niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus hinsichtlich der Quarantäne für Reiserückkehrer aus bestimmten europäischen Ländern voraussichtlich rechtmäßig und daher nicht vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Die vorherige Regelung sah eine pauschale Quarantänepflicht für Rückreisende vor, unabhängig davon, von woher die Personen zurückreisten. Diese Regelung wurde von dem OVG Lüneburg außer Vollzug gesetzt (Beschluss vom 11.05.2020, 13 MN 143/20, vgl. Nr. 132).

Die Neuregelung sieht nunmehr für Einreisende, die aus EU-Staaten, sowie Island, Liechtenstein, Norwegen, der Schweiz oder dem Vereinigten Königreich nach Niedersachsen oder zunächst in ein anderes Bundesland und dann nach Niedersachsen einreisen, eine Quarantänepflicht, eine Pflicht zur Meldung bei der zuständigen Behörde und eine Beobachtung durch die zuständige Behörde nur für den Fall vor, dass laut dem RKI in dem Ausreisestaat eine Neuinfiziertenzahl von mehr als 50 Fällen pro 100.000 Einwohnern kumulativ in den letzten sieben Tagen besteht.

Für Personen, die aus anderen Staaten einreisen, wird grundsätzlich eine 14-tägige Quarantäne angeordnet, wenn nicht das RKI für den jeweiligen Ausreisestaat festgestellt hat, dass das dortige Infektionsgeschehen nur auf eine geringe Ansteckungsgefahr für die einzelne Person schließen lässt.

Für alle Personen besteht zudem in begründeten Einzelfällen auf Antrag eine Befreiungsmöglichkeit.

Das OVG Lüneburg hält diese Neuregelung aufgrund einer summarischen Prüfung für rechtmäßig. Die genannte Neuinfiziertenzahl stelle die Grenze dar, bis zu der die öffentliche Gesundheitsverwaltung in der Bundesrepublik in der Lage sei, eine weitere Ausbreitung der Krankheit durch Nachverfolgung der Infektionsketten und Absonderung von Erkrankten und engen Kontaktpersonen zu verhindern. Die Übertragung dieses Grenzwerts auf andere europäische Länder, um einen Hinweis auf die Dynamik des dortigen Infektionsgeschehens zu erhalten, sei aufgrund der notwendigerweise typisierenden Natur einer Rechtsverordnung zulässig.

Die festgestellte Neuinfiziertenzahl beruhe auf konkret nachvollziehbaren und belastbaren tatsächlichen Grundlagen und rechtfertige es, ein Land als Risikogebiet anzusehen und eine aus diesem Land einreisende Person daher als ansteckungsverdächtig i.S.d. § 30 IfSG einzustufen.

https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/keine-ausservollzugsetzung-der-neuregelung-zur-quarantane-fur-reiseruckkehrer-aus-bestimmten-europaischen-lander-189026.html

203b. Reisebeschränkungen begründen keinen Anspruch auf Urlaubsrückgabe (VGH Kassel, Beschluss vom 03.06.2020, 1 B 1379/20)

Ein Beamter, der aufgrund der Reisebeschränkungen wegen der Corona-Pandemie seinen antragsgemäß genehmigten Urlaub nicht nutzen konnte, hat nach einer Entscheidung des VGH Kassel keinen gebundenen Anspruch auf Hinausschieben des Urlaubs oder Rücknahme der Urlaubsgenehmigung. Der VGH verwies zur Begründung auf den vorgehenden Beschluss des VG Frankfurt vom 05.05.2020 (9 L 1143/20.F, bisher nicht veröffentlicht).

Dem nachvollziehbaren Interesse einer Vielzahl von Beamten und Arbeitsnehmern an einer Verschiebung ihres Urlaubs wegen der Reisebeschränkungen stehe das Interesse des Dienstherrn gegenüber, an der bisher genehmigten Urlaubsplanung festzuhalten, um einen geregelten Dienstbetrieb sicherzustellen. Dies gelte insbesondere auch dann, wenn die Reisebeschränkungen entfallen und mit einer erhöhten Zahl von Urlaubswünschen der Mitarbeiter zu rechnen ist.

https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE200000913

203a. Auch vor Verfassungsbeschwerden gegen außer Kraft getretene Verordnungen ist der Rechtsweg zu erschöpfen (BVerfG, Beschluss vom 03.06.2020, 1 BvR 990/20)

In dem Verfahren über eine Verfassungsbeschwerde gegen Regelungen der Zweiten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, nahm das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde damit gegenstandslos.

Das Bundesverfassungsgericht sah den Grundsatz der Subsidiarität nicht gewahrt. Danach müssen vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergriffen werden, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen.

Diesem Grundsatz steht es nicht entgegen, wenn die angegriffenen Regelungen nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde außer Kraft getreten sind. Der Verweis auf die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle sei nicht unzumutbar, da ein Normenkontrollantrag auch gegen eine bereits aufgehobene Rechtsnorm zulässig sein kann, wenn eine auf kurzfristige Geltung angelegte Norm etwa wegen Zeitablaufs außer Kraft getreten ist.

Es sei zudem nicht ausreichend, dass ein entsprechender Normenkontrollantrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 47 VI VwGO abgelehnt worden sei. Denn möglicherweise komme das Gericht im Hauptsacheverfahren zu einem anderen Ergebnis, zumal hinsichtlich der verschiedenen Regelungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie noch keine gefestigte obergerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung bestehe. Im Anschluss könne zudem eine Überprüfung in einem Revisionsverfahren erfolgen.

Da im Fall von untergesetzlichen Normen auch den Fachgerichten eine Verwerfungskompetenz zukomme, liege auch kein Fall vor, in dem die Verfassungsbeschwerde ausnahmsweise bereits vor Erschöpfung des Rechtsweges zulässig ist, weil die Durchführung des fachgerichtlichen Verfahrens keine verbesserten Grundlagen für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes erwarten lässt. Denn im Fall einer Rechtsverordnung könne selbst dann, wenn nur verfassungsrechtliche Fragen aufgeworfen würden, wegen der Verwerfungskompetenz der Fachgerichte auch ohne Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes Rechtsschutz erlangt werden.

Volltext:

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/06/rk20200603_1bvr099020.html

Pressemitteilung:

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-046.html

203. Trotz Pandemie nur landeseinheitliche Abschlussprüfungen an privaten Ergänzungsschulen (OVG NRW, Beschluss vom 03.06.2020, 19 B 725/20.NE)

Zum Ende dieses Schuljahres dürfen die landeseinheitlichen Abschlussprüfungen an öffentlichen Schulen und Ersatzschulen in NRW durch Prüfungen, die von der jeweiligen Schule gestellt werden, ersetzt werden. Dies gilt jedoch nicht für Schüler von privaten Ergänzungsschulen. Sie müssen weiterhin die sog. Externenprüfung mit landeseinheitlichen Aufgaben vor einem Prüfungsausschuss der Bezirksregierung ablegen. Dies verstößt nach Auffassung des OVG NRW nicht gegen den prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit.

Das OVG sieht die Ungleichbehandlung hinsichtlich der Abschlussverfahren durch Sachgründe gerechtfertigt. Der Sachgrund für die Differenzierung ergebe sich aus der Rechtsstellung der Ergänzungsschulen, die Schulabschlüsse nicht selbst vergeben dürften. Daher dürften auch die dort unterrichtenden Lehrkräfte nicht selbst Prüfungen konzipieren und abnehmen oder Abschlüsse erteilen. Das Prüfungsverfahren werde vollständig von außerschulischen Prüfungsorganen durchgeführt.

An öffentlichen Schulen und Ersatzschulen würden demgegenüber auch bisher schon die Prüfungsarbeiten von den dortigen Fachlehrkräften korrigiert und bewertet, sodass durch die Neuregelung nur ein weiterer Teilaspekt des Prüfungsverfahrens in die Verantwortung der Schule übergeben werde.

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/03_06_2020_/index.php

202. Saarländische Bordelle weiterhin geschlossen (Beschluss des OVG Saarlouis, 03.06.2020, 2 B 201/20)

Das OVG Saarlouis hält das Verbot der Erbringung sexueller Dienstleistungen und die Ausübung des Prostitutionsgewerbes bis zum 14.06.2020 gemäß § 4 III der Saarländischen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie für voraussichtlich rechtmäßig.

Das Verbot sei nach Auffassung des OVG weiterhin erforderlich und verhältnismäßig, auch unter Berücksichtigung des von der Antragstellerin vorgelegten Hygienekonzepts. Denn das Konzept sei ungeeignet, die bestehenden gesteigerten Infektionsrisiken wesentlich zu reduzieren. Denn anders als bei anderen „körpernahen Dienstleistungen“, wie z.B. in Nagelstudios und Massagesalons, sei in diesem konkreten Fall eine effektive Kontrolle der Einhaltung von Hygiene- und Schutzvorgaben nicht  zu gewährleisten, auch eine zuverlässige Nachverfolgung der erfolgten Kontakte in Fall einer Infektion sei nicht sicher zu erwarten.

Bei einer Gesamtbetrachtung sei daher der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der „noch gesunden“ Personen vorrangig.

https://www.saarland.de/dokumente/dienststelle_oberverwaltungsgericht/1274-PM-09-20-neu.pdf

201. Keine Außervollzugsetzung der Kinderbetreuung in hessischen Kitas im „eingeschränkten Regelbetrieb“ (VGH Kassel, Beschluss vom 02.06.2020, 8 B 1399/20.N)

Der Antragsteller verfolgte im Normenkontrolleilverfahren die Wiederaufnahme des uneingeschränkten Betriebs seines Waldkindergartens, da die angegriffene Regelung, die den Betrieb von Kindergärten auf die Betreuung für bestimmte Berufs- und Bedarfsgruppen beschränkt, unverhältnismäßig sei.

Der VGH Kassel hat den Antrag abgelehnt.

Er ist der Auffassung, dass die Beschränkung des Kindergartenbetriebs durch vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig sei. Insbesondere bei kleinen Kindern sei eine durchgehende Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln nicht zuverlässig zu gewährleisten, zudem kämen dort regelmäßig auch Eltern und Erzieher zusammen. Zu beachten sei auch, dass es dem Antragsteller im Rahmen seiner Kapazitäten erlaubt sei, seit dem 02.06.2020 weitere Kinder aufzunehmen, sodass stufenweise das Betreuungsangebot wieder hochgefahren werden könne.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200601950&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

200. Einstweilige Anordnung gegen Begrenzung einer Versammlung auf 5.000 Teilnehmer abgelehnt (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 31.05.2020, 1 BvQ 63/20)

Das Bundesverfassungsgericht führte aus, dass entgegen der Ansicht des Antragstellers die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht bereits derart offensichtlich seien, dass allein deshalb eine einstweilige Anordnung zur Abwehr von schweren Nachteilen für das gemeine Wohl zu erlassen sei.

Die daher gebotene Folgenabwägung gehe zu seinem Nachteil aus.

Hier sei ein Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit des Antragstellers aus Art. 8 I GG zu befürchten, für den Fall, dass sich die Auflage einer Teilnehmerbeschränkung auf 5.000 Teilnehmer, die zuletzt der VGH Mannheim bestätigte (vgl. Nr. 199), im Nachhinein als verfassungswidrig herausstelle.

Dem sei auf der anderen Seite die Gefährdung von grundrechtlich geschützten Interessen von hohem Gewicht einer großen Anzahl von Menschen gegenüberzustellen. Diese würden verletzt, wenn sich im Nachhinein herausstellte, dass die Auflage zu Recht ergangen sei, um das Risiko einer Übertragung des Corona-Virus unter den Teilnehmern und von diesen auf Dritte zu vermindern.

Vor dem Hintergrund dieser entgegenstehenden Interessen müsse das Interesse des Antragstellers an einer Durchführung der Versammlung mit mehr als 5.000 Teilnehmern zurücktreten. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der die Versammlung im Übrigen in der von ihm gewünschten Weise durchführen könne.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/qk20200531_1bvq006320.html

199. VGH Mannheim bestätigt Beschränkung auf 5.000 Teilnehmer bei Demonstration „9. Mahnwache für das Grundgesetz“ (VGH Mannheim, Beschluss vom 30.05.2020, 1 S 1651/20)

Nachdem bereits das VG Stuttgart die von der Stadt Stuttgart verfügte Beschränkung der Teilnehmerzahl einer Demonstration auf 5.000 Teilnehmer für rechtmäßig hielt (vgl. Nr. 194), wurde diese nun auch vom VGH Mannheim bestätigt.

Zwar gehöre zum Kern der Versammlungsfreiheit das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters einer Versammlung und namentlich als wesentliches Element das Recht, selbst eine Teilnehmerzahl für die Versammlung festzulegen.

Eine Begrenzung der Teilnehmerzahl durch die zuständige Behörde sei jedoch nicht ausgeschlossen und in besonderen Ausnahmefällen rechtmäßig, wenn dadurch nämlich erhebliche Gefahren für Leib und Leben nach Art. 2 II GG verhindert werden.

Zu Recht habe die Antragsgegnerin angenommen, dass die Einhaltung des Mindestabstandes zwischen den Teilnehmern bei einer unbegrenzten Anzahl von Teilnehmern nicht gewährleistet werden könne und so eine konkrete Gefahr begründet werde, dass sich eine unüberschaubare Zahl von Menschen mit dem Corona-Virus infiziere, was zu einem unkontrollierten Infektionsgeschehen und einem Anstieg der Fallzahlen führen würde.

Die Beschränkung der Teilnehmerzahl sei auch im Hinblick auf das hohe Rechtsgut der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig.

https://verwaltungsgerichtshof-baden-wuerttemberg.justiz-bw.de/pb/,Lde/6327120/?LISTPAGE=1213200

198. Hundeschule ist keine vergleichbare Freizeiteinrichtung (VGH München, Beschlüsse vom 29.05.2020, 20 NE 20.953 und 20 NE 20.957)

Gem. § 11 der 4. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (4. BayIfSMV) sind bestimmte Einrichtungen sowie „vergleichbare Freizeiteinrichtungen“ geschlossen. Hiergegen wendete sich die Betreiberin einer Hundeschule mit einem Normenkontrolleilantrag.

Der VGH hält eine einstweilige Außervollzugsetzung der angegriffenen Regelung deshalb nicht für geboten, da die Regelung bei einer sachgerechten Auslegung dem Betrieb einer Hundeschule auch im Gruppenunterricht grundsätzlich nicht entgegenstehe. Da die Antragstellerin ihre Hundeschule nach Maßgabe des vorgelegten Hygienekonzeptes betreiben könne, bestehe keine Notwendigkeit einer vorläufigen Außervollzugsetzung.

Eine Hundeschule sei als Dienstleistungsbetrieb gem. § 12 4. BayIfSMV anzusehen und könne daher bei Beachtung des Mindestabstandes, der Maskenpflicht und bei Vorliegen eines Hygienekonzepts zulässig betrieben werden. Die Einstufung als Dienstleistungsbetrieb ändere sich nicht, je nachdem, ob Einzel- oder Gruppenunterricht durchgeführt werde.

20 NE 20.953:

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-10403?hl=true

20 NE 20.957:

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-10404?hl=true

197. Betriebsuntersagung eines Bootsverleihs ist rechtmäßig (VGH München, Beschluss vom 29.05.2020, 20 NE 20.1073)

Der Antragsteller hielt die vollständige Untersagung seines Bootsverleihs für unverhältnismäßig, da sie zu massiven Einnahmeverlusten führe und sich der Personenkreis, an den er gemäß seines Schutz- und Hygienekonzepts vermieten würde, in Restaurants ohne Einhaltung eines Mindestabstandes aufhalten dürfe.

Der VGH ist der Auffassung, dass eine Folgenabwägung nicht dazu führe, dass die Außervollzugsetzung der Norm dringend geboten sei. Denn der Bootsverleih könne – was der Antragsteller auch beabsichtige – bei Anwendung eines tragfähigen Schutz- und Hygienekonzepts als „Dienstleistungsbetrieb mit Kundenverkehr“ betrieben werden. Dies wäre nach § 12 II der 4. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (4. BayIfSMV) zulässig. Wenn der Antragsteller den Personenkreis und die Nutzungsart soweit einschränke, dass kein Partyboot-Verleih mehr vorliege, müsse sein Betrieb nicht mehr als „Freizeiteinrichtung“ kategorisch geschlossen bleiben.

Bei dem Personenkreis gem. § 2 I 4. BayIfSMV habe es der Verordnungsgeber im Bereich der Gastronomie als verantwortbar angesehen, dass diese Speisen und Getränke an einem gemeinsamen Tisch ohne Mindestabstand einnähmen. Ausgehend davon sei für den VGH nicht nachvollziehbar, warum die Anmietung eines Bootes im Freien durch denselben Personenkreis zu untersagen sei.

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-10402?hl=true

196. Maskenpflicht in Arztpraxen bestätigt (VGH München, Beschluss vom 29.05.2020, 20 NE 20.1017)

Die angegriffene Bestimmung des § 12 Abs. 3 Satz 1 4. BayIfSMV erklärt die für das Personal und die Kunden der Betriebe des Groß- und Einzelhandels geltende Maskenpflicht i.S.v. § 1 Abs. 2 4. BayIfSMV auch in Arzt- und Zahnarztpraxen für entsprechend anwendbar, mit der Maßgabe, „dass die Maskenpflicht entfällt, soweit die Art der Leistung sie nicht zulässt“.

Der antragstellende Arzt hält die Maskenpflicht in einer Vielzahl von Situationen aus diagnostischen oder therapeutischen Gründen für nicht sinnvoll und sieht den Behandlungserfolg dadurch gefährdet.

Der VGH tritt der Begründung des Antragstellers entgegen und führt aus, dass dessen sehr enge Auslegung des Wortlauts weder zwingend noch sachgerecht sei und auch nicht dem Regelungsziel des Verordnungsgebers entspreche. Wenn das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung durch den Arzt oder Patient in einem konkreten Einzelfall zu einem Gesundheitsrisiko für den Patienten führe oder den Verlauf der Behandlung beeinträchtigen würde, läge damit eine Situation vor, in der die Art der geschuldeten Leistung das Tragen der Maske nicht zulässt. Die Entscheidung, ob im Einzelfall eine Behandlung ohne das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung notwendig und vertretbar sei, verbleibe bei dem behandelnden Arzt.

Bei sachgerechter Auslegung der Regelung könne es daher nicht zu schwerwiegenden Eingriffen in die Grundrechte der betroffenen Personen kommen.

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-10397?hl=true

195. Normenkontrollanträge gegen das allgemeine Abstandsgebot, Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum und das Besuchsverbot in Krankenhäusern und Altenheimen abgelehnt (VGH München, Beschlüsse vom 29.05.2020, 20 NE 20.1065, 20 NE 20.1067, 20 NE 20.1069)

Der VGH München hat den Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung einiger Regelungen der Vierten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung abgelehnt.

Im Hinblick auf den Angriff gegen rein ordnungswidrigkeitliche Bestimmungen sei der Antrag bereits unzulässig, da sich die Prüfungskompetenz der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht auf Bußgeldbestimmungen erstrecke.

Im Übrigen bestehen nach Auffassung des VGH keine durchgreifenden Bedenken gegen die angegriffenen Bestimmungen. Diese fänden als Teil des Gesamtkonzepts zum Schutz vor einer ungehinderten Ausbreitung des Infektionsgeschehens eine hinreichende gesetzliche Grundlage in §§ 28 I 1, 32 S. 1 IfSG.

Nach der Rechtsprechung des VGH sei das allgemeine Abstandsgebot nur ein „programmatischer Appell“ und kein zwingendes und durchsetzbares Gebot.

Die Kontaktbeschränkungen seien ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere seien diese ein geringerer Eingriff als die vorher geltenden allgemeinen Ausgangsbeschränkungen. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber sich auf die Einschätzung des RKI verlasse.

Der Staat sei nicht darauf beschränkt, den Schutz besonders gefährdeter Menschen ausschließlich durch Beschränkungen, die nur diese Risikogruppen betreffen, sicherzustellen.

Auch eine Außervollzugsetzung der Besuchsverbote in Krankenhäusern und vergleichbaren Einrichtungen, sowie Altenheimen und Seniorenresidenzen kommen nicht in Betracht. § 28 I 1 HS 1 Alt. 2 IfSG erlaube auch, eine Maßnahme gegen Dritte (sog. „Nichtstörer“) zu richten. Durch die Möglichkeit eines täglichen Besuches seien die nachteiligen Folgen der bisherigen Isolierung inzwischen gemildert. Die Befolgung von Hygieneregeln während eines Besuches sei nicht unzumutbar. Es sei aber notwendig, die Regelungen weiterhin aufrecht zu erhalten, da durch einen nicht reglementierten Besuchsverkehr das Risiko, das Virus in die geschützten Einrichtungen einzubringen, stark erhöht werde.

20 NE 20.1065:

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-10399?hl=true

20 NE 20.1067:

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-10400?hl=true

20 NE 20.1069:

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-10401?hl=true

194. Teilnehmerzahl einer Versammlung darf auf 5.000 Teilnehmer beschränkt werden (VG Stuttgart, 29.05.2020, 5 K 2634/20)

Das VG Stuttgart bestätigte die Auffassung der Stadt Stuttgart, dass die Begrenzung der Teilnehmerzahl einer Versammlung erforderlich sei, um die Wahrung des Mindestabstands zwischen den Teilnehmern zu ermöglichen und so die Gefahr weiterer Infektionen und einer Ausbreitung des Corona-Virus zu verringern.

Die Auflage sei unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit einerseits und dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit andererseits nicht zu beanstanden.

Das Anliegen der Teilnehmer könne auch bei der begrenzten Teilnehmerzahl hinreichende Beachtung finden, zu berücksichtigen sei auch, dass die Versammlung auf einer Hauptverkehrsstraße in der Stuttgarter Innenstadt stattfinden dürfe, die dafür einen halben Tag lang gesperrt sei.

https://verwaltungsgericht-stuttgart.justiz-bw.de/pb/,Lde/6326940/?LISTPAGE=5597587

193. Quarantänepflicht für Heimkehrer aus den USA in Köln bestätigt (VG Köln, Beschluss vom 29.05.2020, 7 K 957/20)

Das VG Köln hat die in NRW bestehende Quarantänepflicht für Einreisende aus den USA bestätigt und den Eilantrag eines Ehepaars, das aus Miami (Florida) einreisen möchte, abgelehnt. 

Eine Befreiung von der Quarantäneverpflichtung sei nicht zu erteilen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Die grundsätzliche Quarantänepflicht für Einreisende aus den USA sei durch das Infektionsschutzgesetz gedeckt. Dort sei das Infektionsgeschehen erheblich ausgeprägter als hier, und die Faktoren, anhand derer das dortige Ansteckungsrisiko zu beurteilen seien, ließen sich im Eilverfahren nicht zuverlässig ermitteln.

Ein einmaliger Test auf die Erkrankung schließe eine Infektion nicht zuverlässig aus und sage zudem nichts über eine etwaige Ansteckung, die während der anschließenden Reise erfolgen könnte.

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/02_06_2020_/index.php

192. Vorläufige Schließung von Hotel-Wellnessbereichen ist zulässig (OVG Weimar, Beschluss vom 28.05.2020, 3 EN 359/20)

Die Antragstellerin betreibt ein Hotel mit Wellnessbereich, in den unter anderem ein Außen- und Innenschwimmbecken sowie Saunen für die Hotelgäste integriert sind. Sie beantragte die Außervollzugsetzung der Thüringer SARS-CoV-2-Maßnahmenfortentwicklungsverordnung, soweit davon die Schließung ihrer Schwimmbäder und Saunen betroffen ist.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist der Erfolg eines Normenkontrollantrags in der Hauptsache noch offen. Die von der Antragstellerin begehrte Außervollzugsetzung sei jedoch auf Grund einer Folgenabwägung nicht geboten. Es sprächen Anhaltspunkte für eine Rechtmäßigkeit der angegriffenen Regelung der Schließung von Außenschwimmbädern bis zum 31.05.2020 und von Saunen und Innenschwimmbädern bis zum 05.06.2020.

Die Untersagung von Freizeitaktivitäten in Stätten mit Publikumsverkehr, die unter den aktuellen Umständen am ehesten verzichtbar erscheinen, sei Teil des Gesamtkonzepts des Antragsgegners zur Reduzierung von physisch-sozialen Kontakten. Dadurch könne die Verbreitung des Virus verzögert werden.

Das Gericht habe keine Zweifel an der Geeignetheit der Untersagung der Nutzung von Saunen und Schwimmbädern zur Erreichung dieses Ziels. Gerade in Hotels seien die Einrichtungen oft beengt, sodass sich die Einhaltung von bestimmten Abständen nicht durchgehend sicherstellen lasse. Trotz der hohen Temperaturen in einer Sauna oder des Chlorgehalts des Wassers sei eine Infektion nicht auszuschließen. Vergleichbar effektive Handlungsalternativen drängten sich der Kammer nicht auf.

Eine Ungleichbehandlung gegenüber dem Betrieb von Fitnessstudios sei nicht zu erkennen.

http://www.vgwe.thueringen.de/webthfj/webthfj.nsf/3C2913730DC8A1FDC125857700361248//20-3EN-00359-B-A.pdf?OpenElement

191. Kein Werbeverbot für eine Kundgebung (VG Lüneburg, Beschluss vom 28.05.2020, 5 B 26/20)

Neben der Rechtswidrigkeit verschiedener Beschränkungen und Auflagen aus versammlungsrechtlichen Gründen, hat das VG Lüneburg die infektionsschutzrechtliche Anordnung, dass für eine Kundgebung nicht öffentlich geworben werden darf und der Veranstalter die Kontaktdaten der Teilnehmer erfassen müsse, für rechtswidrig erklärt.

Diese Anordnungen sind nach Auffassung des VG Lüneburg unverhältnismäßig. Das Werbeverbot sei nicht erforderlich, da es mildere Mittel zur Vermeidung einer unbegrenzten und unkontrollierten Teilnehmerzahl gebe, wie z. B. die Festlegung einer maximal zugelassenen Anzahl von Teilnehmern.

Die Auflage zur Erfassung der Kontaktdaten sei zudem rechtswidrig und verletze das Recht der Teilnehmer auf eine anonyme Teilnahme an der Versammlung. Sei eine anonyme Teilnahme nicht möglich, könne dies potentielle Teilnehmer von einer Teilnahme an der Versammlung abschrecken. Auch im Hinblick auf die Corona-Pandemie seien solche einschränkenden Vorfeldmaßnahmen nur mit einer besonderen Rechtfertigung möglich, die das Gericht nicht erkennen könne.

https://www.juris.de/jportal/portal/t/1tkj/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200501913&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

190. Erfolgloser Eilantrag gegen Schließung einer Gaststätte (VG Lüneburg, Beschluss vom 28.05.2020, 6 B 64/20)

Ein Gastwirt wandte sich mit einem Eilantrag gegen die Schließung seiner Gaststätte, die der Landkreis wegen festgestellter Verstöße gegen die Bestimmungen der Corona-Verordnung verfügt hatte.

In seinem ablehnenden Beschluss führte das Gericht aus, dass der Betrieb der Gaststätte des Antragstellers als Cocktailkneipe verboten sei. Erlaubt sei nur der Betrieb von Gaststätten, bei denen der Speisewirtschaftsbetrieb deutlich überwiege, also wo die Einnahme von zubereiteten Speisen im Vordergrund stehe.

Zweifel an der Rechtmäßigkeit schloss das VG Lüneburg unter Verweis auf die Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts aus. Gerade auch im Hinblick auf das Infektionsgeschehen der letzten Tage in dem Landkreis Leer und in Frankfurt am Main sei ein Verbot von Gaststätten, in denen Menschen sich typischerweise dicht gedrängt aufhalten, nach wie vor gerechtfertigt.

https://verwaltungsgericht-lueneburg.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/pressemitteilungen/erreichbarkeit-des-verwaltungsgerichts-luneburg-mit-blick-auf-die-ausbreitung-des-corona-virus-188799.html

189. Auch Bars und Kneipen dürfen ab dem 30.05.2020 in Baden-Württemberg den Außengastronomiebereich öffnen (VGH Mannheim, Beschluss vom 27.05.2020, 1 S 1528/20)

Nach Auffassung des VGH Mannheim besteht kein sachlicher Grund dafür, dass die Außengastronomiefläche von Bars und Kneipen nach der aktuellen Corona-Verordnung geschlossen bleiben muss, obwohl Speisewirtschaften eine Außenbewirtschaftung erlaubt sei.

Die geltende Verordnung sei von der Annahme geprägt, dass Infektionsgefahren draußen wesentlich geringer seien als in geschlossenen Räumen, insbesondere dann, wenn die Hygiene- und Abstandsvorgaben eingehalten werden. Es sei daher nicht gerechtfertigt, Speisewirtschaften einerseits und Bars und Kneipen andererseits ungleich zu behandeln.

Eine Öffnung des Innenbereichs konnte der Antragsteller jedoch nicht erreichen. Hier bestünden zwischen Speise- und reinen Schankwirtschaften erhebliche Unterschiede im Verhalten der Gäste. Eine Öffnung sei daher aus infektionsschutzrechtlicher Sicht nicht möglich.

Das Gericht wies darauf hin, dass die vorliegende Entscheidung nicht für Shisha-Bars, Clubs und Diskotheken gelte.

 https://verwaltungsgerichtshof-baden-wuerttemberg.justiz-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Medien/Corona-Verordnung+-+Bars+und+Kneipen_+Untersagung+der+Aussen-bewirtschaftung+gleichheitswidrig_/?LISTPAGE=1213200

188. Beschränkung der Auslastung von Beherbergungsbetrieben auf 60% ist rechtmäßig (OVG Greifswald, Beschluss vom 27.05.2020, 2 KM 439/20 OVG)

Hotels, Pensionen, Gasthöfe, Ferienunterkünfte, Jugendherbergen und Gruppenunterkünfte in Mecklenburg-Vorpommern dürfen nur bis zu einer Auslastung von 60% ihrer Kapazitäten betrieben werden, Gäste, die vor der Anreise nicht mindestens eine Übernachtung gebucht haben oder an deren Wohnsitz die Zahl der Neuinfektionen einen bestimmten Wert überschreitet, dürfen nicht aufgenommen werden.

Das OVG Greifswald lehnte einen hiergegen gerichteten Eilantrag ab, da beide Regelungen voraussichtlich rechtmäßig seien.

Die Begrenzung auf 60% sei geeignet, erforderlich und angemessen, um einerseits die Kontaktmöglichkeiten innerhalb der Unterkunft und andererseits die Kontakte im gesamten Bundesland zu verringern. Die vorgelegten Hygienekonzepte der Antragstellerinnen könnten die Gefahr durch touristische Reisen und Aufenthalte im Bundesland nicht gleich effektiv verringern. Es sei nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber die Anzahl der Touristen im Bundesland nur schrittweise erhöhen wolle.

Genauso sei das Beherbergungsverbot von Gästen ohne Buchung bzw. aus bestimmten Kreisen und kreisfreien Städten geeignet und erforderlich, der Verbreitung des Corona-Virus entgegenzuwirken.

https://www.mv-justiz.de/gerichte-und-staatsanwaltschaften/fachgerichte/verwaltungsgerichte/oberverwaltungsgericht/Aktuelles/?id=160505&processor=processor.sa.pressemitteilung

187. „Königsbad“ in Forchheim ist eine Badeanstalt und bleibt geschlossen (VG Bayreuth, Beschluss vom 26.05.2020, B 7 S 20.463)

Entgegen der Auffassung der Stadt Forchheim ist das von ihr betriebene „Königsbad“ nicht als reine Sportstätte zu qualifizieren. Nach Auffassung des VG Bayreuth ist das Freizeitbaden mit dem Schwimmsportbetrieb im „Königsbad“ auch unter Einhaltung bestimmter Hygieneregeln zumindest gleichrangig. Durch die Öffnung von Liegewiesen und Gastronomie würden zudem Anreize geschaffen, sich länger als nur zur sportlichen Betätigung aufzuhalten. Daher liege eine Badeanstalt vor, deren Betrieb vorerst bis zum 29.05.2020 einschließlich nicht erlaubt sei. Das Verbot sei im Hinblick auf die Corona-Pandemie gerechtfertigt.

https://www.vgh.bayern.de/media/vgbayreuth/presse/2020-05-26_pm_koenigsbad_fo.pdf

186. Eilantrag gegen die Schließung von Tanzlustbarkeiten und Konzertzentren in St. Pauli erfolglos (VG Hamburg, Beschluss vom 26.05.2020, 13 E 2094/20)

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 4 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO dürfen Tanzlustbarkeiten, insbesondere in Clubs, Diskotheken und Musikclubs, sowie Konzerthäuser und –veranstaltungsorte für den Publikumsverkehr nicht geöffnet werden.

Dies hält das VG Hamburg nach einer summarischen Überprüfung für rechtmäßig, insbesondere sei die Schließungsanordnung für Gewerbebetriebe der Tanzlustbarkeit sowie Konzerthäuser- und veranstaltungsorte unter Berücksichtigung des Ermessensspielraums des Verordnungsgebers verhältnismäßig.

Sie diene dem legitimen Zweck des Lebens- und Gesundheitsschutzes und der Sicherung ausreichender Behandlungsmöglichkeiten für alle Erkrankten durch eine möglichst geringe Ansteckungsrate. Zur Förderung dieses Zwecks sei die Schließungsanordnung geeignet, da bei dem üblichen Betrieb regelmäßig ein hohes Ansteckungsrisiko bestehe. Ein milderes, aber gleichsam wirksames Mittel habe sich der Antragsgegnerin nicht aufdrängen müssen, sodass die Anordnung erforderlich sei und sich darüber hinaus auch verhältnismäßig im engeren Sinne erweise. Denn dem verfassungsrechtlichen Schutzgut der Gesundheit aus Art. 2 II 1 GG und dem öffentlichen Interesse am Schutz des Gesundheitssystems vor einer Überlastung komme überragende Bedeutung zu und beides überwiege die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin. Es habe sich gezeigt, dass gerade Tanz- und Musikveranstaltungen ein hohes Infektionsrisiko bergen würden.

Der weitergehende Antrag, die Verordnung so abzuändern, dass der Betrieb von allen in Hamburg betriebenen Tanzlustbarkeiten und Konzertzentren wieder erlaubt wird, war als unzulässig abzuweisen.

https://justiz.hamburg.de/contentblob/13934430/20e796a30fc1194745507f319a547f44/data/13-e-2094-20-beschluss-vom-26-05-2020.pdf

185. Keine Außervollzugsetzung der Maskenpflicht für einen Hörgeschädigten (OVG Bautzen, Beschluss vom 25.05.2020, 3 B 187/20)

Der Antragsteller ist Angestellter in einem Geschäft und beidseitig hochgradig hörgeschädigt. Für seine Kommunikation ist er darauf angewiesen, neben dem akustischen Signal den Mund seines Gegenübers zu sehen, um diesen zu verstehen. Nach der maßgeblichen Corona-Schutz-Verordnung müssen jedoch Kunden und Angestellte in Einzelhandelsgeschäften eine Mund-Nase-Bedeckung tragen. Der Antragsteller beantragte im Rahmen des Eilantrags, diese Pflicht vorläufig außer Vollzug zu setzen, soweit hiervon das Ladengeschäft und seine Tätigkeit dort betroffen sind.

Das OVG Bautzen verneinte ein Rechtsschutzbedürfnis, da die Corona-Schutz-Verordnung Kunden und Angestellte gar nicht daran hindere, im Kontakt mit dem Antragsteller auf das Tragen der Mund-Nase-Bedeckung zu verzichten.

Im Hinblick auf die Kunden ergebe sich das aus der vom Verordnungsgeber gebilligten Auslegung der Regelung. Nach einem Hinweis des Sächsischen Sozialministeriums könne im Kontakt mit gehörlosen oder gehörbehinderten Menschen, die auf das Lesen von Lippenbewegungen angewiesen sind, unter Einhaltung eines Mindestabstandes und anderer Schutzmaßnahmen auf das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung verzichtet werden.

Angestellte könnten auf das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung verzichten, soweit andere Schutzmaßnahmen ergriffen würden, beispielsweise das Aufstellen einer Plexiglasscheibe.

Eine Aufhebung oder Ergänzung der Corona-Schutz-Verordnung sei daher nicht erforderlich.

https://www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/documents/20B187.B01.pdf

184. Verbot von Alkohol-Verkauf in der Düsseldorfer Altstadt ist rechtswidrig (VG Düsseldorf, Beschluss vom 25.05.2020, 7 L 903/20)

Das VG Düsseldorf führte in seinem stattgebenden Beschluss aus, dass das angegriffene Verbot nicht auf die Ermächtigungsgrundlage des § 28 I 1 IfSG gestützt werden könne. Das Verbot sei keine notwendige Schutzmaßnahme zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten im Sinne der Norm.

Ausweislich der Begründung der Allgemeinverfügung soll das Verbot weitere Infektionen verhindern, indem unkontrollierte Ansammlungen in der Altstadt vermieden oder jedenfalls reduziert werden. Nach den Ausführungen des VG führe aber weder der Verkauf noch der Verzehr von Alkohol außer Haus unmittelbar zu einer weiteren Ausbreitung der Krankheit. Zudem sei das Verbot nicht geeignet, Menschenansammlungen in der Altstadt zu reduzieren und die Einhaltung des Abstandsgebots sicherzustellen. Ebenfalls könne durch das Verbot nicht allgemein verhindert werden, dass die Hemmschwelle der Anwesenden zur Missachtung der Regeln sinke, denn es bestehe die Möglichkeit, sich in Gastronomiebetrieben oder durch mitgebrachte Getränke in der Altstadt zu alkoholisieren.

Es sei Aufgabe der Stadt Düsseldorf, die Einhaltung des Mindestabstandes und das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung durchzusetzen. Eine befürchtete Überfüllung der Altstadt könne durch andere Maßnahmen verhindert werden.

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/28_05_2020_/index.php

183. Maskenpflicht in Rheinland-Pfalz ist nicht zu beanstanden (VG Mainz, Beschluss vom 25.05.2020, 1 L 349/20.MZ)

Das VG Mainz bestätigte in einem Eilverfahren die Rechtmäßigkeit der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in bestimmten Einrichtungen und Situationen im öffentlichen Raum.

Das Gericht konnte das Bestehen eines Gesundheitsrisikos durch das Tragen einer Maske jedenfalls für den Antragsteller nicht feststellen. Die Gefahr der Entstehung eines kollektiven Traumas durch das Tragen von Masken habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.

Schließlich lehnte das Gericht auch Eingriffe in die Menschenwürde ab, da der Antragsteller entgegen seiner Auffassung nicht zum „Experimentierobjekt staatlicher Behörden“ werde. Ebenso sei kein Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 II 1 GG gegeben. Hinsichtlich eines möglichen Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht habe der Antragsteller weder vorgetragen, noch glaubhaft gemacht, dass ihn die Verpflichtung tatsächlich überhaupt berühre. Selbst wenn dies der Fall sei, sei jedoch von einem Eingriff von geringem Gewicht auszugehen, der eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren nicht zu rechtfertigen vermöge.

https://vgmz.justiz.rlp.de/fileadmin/justiz/Gerichte/Fachgerichte/Verwaltungsgerichte/Mainz/Dokumente/Entscheidungen/1_L_0349-20_MZ_Beschluss_vom_25-05-2020_Rn.pdf

182. Einreisende aus den USA sind „ansteckungsverdächtig“ (OVG Schleswig, Beschluss vom 25.05.2020, 3 MR 32/20)

Nach der Auffassung des OLG Schleswig ist die Regelung in der aktuellen "Landesverordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des Coronavirus des Landes Schleswig-Holstein", die nur Ein- und Rückreisende aus EU-Staaten, dem Schengenraum und dem Vereinigten Königreich von einer Quarantänepflicht ausnimmt, durch das Infektionsschutzgesetz gedeckt.

Einreisende aus anderen Staaten dürfen nach Auffassung des OVG Schleswig als „ansteckungsverdächtig“ angesehen werden. Dafür genüge, dass mit anderen Staaten kein stetiger Informationsaustausch über das Infektionsgeschehen bestehe, sodass keine Informationen vorlägen, durch die dieser Verdacht hinreichend sicher ausgeräumt werden könnte.

Eine Grundrechtsverletzung durch diese Regelung sei nicht ersichtlich, insbesondere sei die Unterscheidung nach Herkunftsländern gerechtfertigt.

https://schleswig-holstein.de/DE/Justiz/OVG/Presse/PI_OVG/2020_05_26_Quarantaene_VO.html;jsessionid=C908A4C3CD383AD2AEDFF10E6515D228.delivery2-replication

181. AfD-Versammlung darf unter Auflagen stattfinden (VGH Mannheim, Beschluss vom 23.05.2020, 1 S 1586/20)

Der VGH Mannheim hat ein Versammlungsverbot aufgehoben und einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des VG Stuttgart (vgl. Nr. 180) zum Teil stattgegeben, sodass eine AfD-Versammlung unter Einhaltung von strengen Auflagen am 24.05.2020 in Stuttgart stattfinden darf.

Die strengen Auflagen legen eine Teilnehmerzahl von höchstens 100 Personen fest, die in zwei geschlossenen Bussen zum Versammlungsort anreisen, bzw. von dort abreisen. In den Bussen muss weiterhin eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden, alle Teilnehmer haben einen Mindestabstand einzuhalten, während der Versammlung einen genau markierten Standort einzunehmen und es ist eine bestimmte Anzahl von Ordnern einzusetzen.

Ohne Einhaltung dieser Auflagen sei nicht mit einer hinsichtlich des Infektionsschutzes vertretbaren Durchführung der Versammlung zu rechnen. Ein vollständiges Verbot der Versammlung sei jedoch voraussichtlich unverhältnismäßig.

Aufgrund der Lage des Versammlungsortes sei der Zulauf von Gegendemonstranten durch die Behörden gut zu kontrollieren und zu verhindern. Die An- und Abreise in geschlossenen Bussen verhindere im Übrigen die Gefahr des Aufeinandertreffens von Demonstranten und Gegendemonstranten vor und nach der Versammlung.

Die verbleibenden Risiken seien wegen der hohen Bedeutung der Versammlungsfreiheit hinzunehmen. Es sei sonst möglich, dass Personen allein durch die Ankündigung von Gegendemonstrationen und rechtswidrigem Verhalten eine an sich rechtmäßige Versammlung verhindern könnten. Dies sei für den Rechtsstaat nicht tragbar.

https://verwaltungsgerichtshof-baden-wuerttemberg.justiz-bw.de/pb/,Lde/6311423/?LISTPAGE=1213200  

180. Keine AfD-Versammlung in Stuttgart-Mitte (VG Stuttgart, Beschluss vom 22.05.2020, 5 K 2478/20)

Das VG Stuttgart bestätigte ein Versammlungsverbot, das eine geplante Versammlung des Landesverbandes Baden-Württemberg der AfD in Stuttgart betraf.

In seinem den Eilantrag ablehnenden Beschluss führte das Gericht aus, dass aufgrund der Gesamtsituation ein Vorgehen gegen die Versammlung als Nichtstörerin, auch wenn diese selbst friedlich ablaufe, voraussichtlich gerechtfertigt sei.

Die Durchführung der Versammlung werde wahrscheinlich zu erheblichen Infektionsgefahren führen, außerdem sei damit zu rechnen, dass eine große Anzahl von Gegendemonstranten versuchen würde, die Versammlung zu stören, sodass es zumindest zu Zusammenstößen von Polizisten und Gegendemonstranten kommen werde.

Das VG Stuttgart ist der Auffassung, dass hier die Voraussetzungen des sog. unechten polizeilichen Notstandes vorlägen, sodass ein Vorgehen gegen die Versammlung gerechtfertigt sei. Die Gefahren könnten mit Auflagen nicht beseitigt werden. Es sei mit vielen Gegendemonstranten und erheblichem Gewaltpotenzial zu rechnen. Die zu erwartenden Auseinandersetzungen würden ein erhebliches Infektionsrisiko bergen.

Nach einer Abwägung aller Interessen sei es daher verhältnismäßig, dass das Versammlungsrecht im vorliegenden Fall hinter den Rechtsgütern des Lebens und der Gesundheit zurücktreten müsse.

https://verwaltungsgericht-stuttgart.justiz-bw.de/pb/,Lde/6311159/?LISTPAGE=5597587  

179. „Saar-Rodel“ in Saarburg darf öffnen (VG Mainz, Beschluss vom 22.05.2020, 1 L 351/20.MZ)

Nach den Ausführungen des VG Mainz ist die Untersagung des Betriebs der Sommerrodelbahn in Saarburg durch die aktuelle Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz voraussichtlich rechtswidrig.

Dies begründete das VG mit einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 I GG, da der Betrieb der Sommerrodelbahn als Freizeitaktivität einzustufen und untersagt sei, während andere touristisch geprägte Freizeitaktivitäten, wie die Nutzung von Tagesausflugsschiffen einschließlich der dortigen Gastronomie bereits wieder erlaubt sei. Dabei sei nicht ersichtlich, warum nicht sogar auf einem Ausflugsschiff eine höhere Infektionsgefahr bestehe, als auf einer Sommerrodelbahn.

Für diese Unterscheidung lägen keine sachlichen Gründe vor, sodass der Verordnungsgeber seinen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum überschritten habe. Dabei wies das VG darauf hin, dass die Anforderungen an die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung höher werden, je mehr Lockerungen in anderen gewerblichen Bereichen zugelassen werden.

Die Öffnung der Sommerrodelbahn für den Publikumsverkehr hängt jedoch von einem noch zu überprüfenden konkreten Konzept zu Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen ab.

https://vgmz.justiz.rlp.de/fileadmin/justiz/Gerichte/Fachgerichte/Verwaltungsgerichte/Mainz/Dokumente/Entscheidungen/1_L_0351-20_MZBeschlussvom22-05-2020_Rn.pdf

178. Tägliche Erklärung zum Gesundheitszustand eines Grundschülers ist unverhältnismäßig (VG Leipzig, Beschluss vom 22.05.2020, 3 L 248/20)

Nach einer Regelung in einer Allgemeinverfügung hinsichtlich des Betriebes von Einrichtungen der Kindertagesbetreuung und von Schulen im Zusammenhang mit der Bekämpfung der SARS-CoV-2-Pandemie müssen Erziehungsberechtigte bzw. Betreuer vor dem Betreten des Geländes eine schriftliche Erklärung abgeben, dass weder der Schüler, noch ein anderes Haushaltsmitglied eines der bekannten Symptome des Corona-Virus aufweist. Ohne die schriftliche Erklärung dürfen die Schüler nicht am Unterricht teilnehmen.

Das VG Leipzig teilt die Auffassung des Antragstellers, dass diese Regelung weder erforderlich noch angemessen zur Eindämmung der Verbreitung des Virus ist. Um die Erziehungsberechtigten zu sensibilisieren, erscheine eine engmaschige und eindringliche Belehrung über die Symptome und die Verpflichtung, das Kind bei Vorliegen von Symptomen vom Unterricht abzumelden, ausreichend. Die bestehende Regelung beeinträchtige den Antragsteller täglich in unverhältnismäßigem Ausmaß in seinem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit i.V.m. dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG.

https://www.justiz.sachsen.de/vgl/content/284.htm

177. Thüringer Fitnessstudios dürfen vorzeitig öffnen (OVG Weimar, Beschluss vom 22.05.2020, 3 EO 341/20)

Nach einer Entscheidung des OVG Weimar dürfen Fitnessstudios in Thüringen entgegen der Thüringer SARS-CoV-2-Maßnahmenfortentwicklungsverordnung bereits vor dem 01.06.2020 öffnen, vorausgesetzt, sie erstellen ein Infektionsschutzkonzept. Die bestehende Regelung wurde durch die stattgebende Entscheidung außer Vollzug gesetzt.

Das Gericht führte aus, die Schließung der Fitnessstudios bis zum 31.05.2020 sei voraussichtlich nicht mehr verhältnismäßig.

Zwar verlaufe die durch das Corona-Virus ausgelöste Krankheit weiterhin bei manchen Patienten sehr schwer und die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung werde trotz rückläufiger Zahlen unverändert als hoch eingeschätzt, bzw. sehr hoch für Risikogruppen. Es müsse daher vermieden werden, dass eine vorschnelle Lockerung der Schutzmaßnahmen die errungenen niedrigen Fallzahlen zunichte mache und die Lage sich wieder verschärfe.

Dennoch sei die fortdauernde Schließung der Fitnessstudios nicht haltbar, denn es bestünden einige Anhaltspunkte dafür, dass anstelle der vollständigen Schließung gleichsam wirksame, aber mildere Maßnahmen möglich seien. Durch die Verordnung würden ohnehin umfangreiche Ausnahmeregelungen getroffen, die das auch für andere Einrichtungen grundsätzlich geltende Öffnungsverbot unterlaufen. Das demgegenüber ausnahmslose Verbot der Öffnung von Fitnessstudios sei eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung.

Es sei nicht erkennbar, dass Sportvereine oder Freizeiteinrichtungen besser als kommerzielle Anbieter in der Lage wären, Sicherheits- und Hygienestandards aufzustellen. Gerade die kommerziellen Anbieter seien im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Existenz besonders daran interessiert, diese Standards einzuhalten, um Bußgelder und gewerberechtliche Konsequenzen zu verhindern.

Die Infektionsgefahr könne durch vorher aufzustellende und nachzuweisende Infektionsschutzpläne minimiert werden.

Die einstweilige Außervollzugsetzung ist allgemeinverbindlich und gilt landesweit.

http://www.thovg.thueringen.de/webthfj/webthfj.nsf/77F060DFA9187032C1258570005507FA//11_PM-20-05-22-Pandemie-Fitnessstudio.pdf?OpenElement

176. „Mahnwache für das GG“-Versammlung unter Auflagen erlaubt (VG Hamburg, Beschluss vom 22.05.2020, 19 E 2141/20)

Nach einer Entscheidung des VG Hamburg darf die für den 23.05.2020 geplante Versammlung „Mahnwache für das GG“ unter Auflagen stattfinden.

Die Auflagen beziehen sich unter anderem auf eine Beschränkung auf 750 Teilnehmer, eine Maskenpflicht und eine erhöhte Anzahl von Ordnern. Zudem ist die Versammlung sofort aufzulösen, wenn die Einhaltung der maximalen Teilnehmerzahl und die markierungsgerechte Aufstellung der Teilnehmer durch verbale Einwirkung nicht erreicht werden. Dies sei zur Verhinderung von erheblichen Gesundheitsgefahren durch das Risiko einer Infektion mit dem Corona-Virus und zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung des Virus in der Bevölkerung gerechtfertigt.

Durch die Auflagen werde nach Auffassung des VG Hamburg der Infektionsschutz hinreichend sicher gewährleistet.

https://justiz.hamburg.de/contentblob/13929578/c67252357c12d2c1f6bde5ea6ff2e33d/data/19-e-2141-20-beschluss-vom-22-05-2020.pdf  

175. „Leave No One Behind“-Versammlung nur mit weiteren Auflagen (OVG Hamburg, Beschluss vom 22.05.2020, 5 Bs 82/20)

Das OVG Hamburg hat die vorgehende Entscheidung des VG Hamburg (vgl. Nr. 174) geändert, sodass die Versammlung „Leave No One Behind“ nur mit weiteren Auflagen stattfinden darf. So wurde unter anderem die Teilnehmerzahl von 900 angemeldeten Teilnehmern auf 300 Teilnehmer begrenzt und ein größerer fester Abstand zwischen den Teilnehmern festgelegt. Dies erfordere das öffentliche Interesse am Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit derer, die sonst einer Infektionsgefahr ausgesetzt seien sowie das Interesse an einem funktionsfähigen Gesundheitssystem.

Das Versammlungskonzept sei daher um weitere Auflagen zur Gewährleistung des Infektionsschutzes zu erweitern, ein vollständiges Verbot der Versammlung sei jedoch nicht gerechtfertigt.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200501804&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp   

174. Versammlung auf Hamburger Rathausmarkt darf unter Auflagen stattfinden (VG Hamburg, Beschluss vom 22.05.2020, 17 E 2120/20)

Die Versammlung „Leave No One Behind“ darf nach Beschluss des VG Hamburg auf dem Rathausmarkt unter Auflagen stattfinden.

Gemäß der Hamburger Corona-VO sind Versammlungen unter freiem Himmel aus Infektionsschutzgründen grundsätzlich verboten, es können jedoch in besonderen Einzelfällen Ausnahmegenehmigungen erteilt werden.

Nach Auffassung des Gerichts bestehen zwar gegen die Vorschrift keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Jedoch habe die Stadt Hamburg die Ausnahmegenehmigung ohne hinreichenden Grund verneint und damit einen Ermessensfehler begangen. Die durch das VG verfügten zusätzlichen Auflagen (Teilnehmerhöchstzahl, erhöhte Anzahl von Ordnern, Teilnahmeverbot für Personen mit unzureichender Mund-Nasen-Bedeckung, sofortige Auflösung bei Überschreitung der Teilnehmerhöchstzahl) stellten den gebotenen Infektionsschutz hinreichend sicher.

https://justiz.hamburg.de/aktuellepresseerklaerungen/13927234/pressemitteilung/

173. Schließung von Fitness- und Sportstudios in Brandenburg bestätigt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 22.05.2020, OVG 11 S 41.20 und OVG 11 S 51.20)

Das OVG bestätigte mit zwei Beschlüssen die in der Brandenburger Corona-VO enthaltene Untersagung des Sportbetriebs in allen Fitnessstudios. Das Verbot und damit der Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin seien im Hinblick auf die überragende Bedeutung des Schutzes von Leben und Gesundheit sowie auf den Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers noch verhältnismäßig. Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz sei nicht gegeben, da in Fitnessstudios ein höheres Infektionsrisiko bestehe als etwa in Verkaufsstellen oder Gastronomiebetrieben. Auch die Annahme, dass die Öffnung von Fitnessstudios im Vergleich zu anderen Lokalitäten weniger dringlich sei, sei grundsätzlich nicht zu beanstanden.

https://www.berlin.de/gerichte/oberverwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.936883.php

172. Schließung von Fitness- und Sportstudios in Hamburg bestätigt (OVG Hamburg, Beschluss vom 22.05.2020, 5 Bs 77/20)

Gegen den Beschluss des VG Hamburg (20 E 2029/20, siehe Nr. 146), welcher der Betreiberin eines Fitnessstudios gegen die Schließungsanordnung teilweise Recht gab, legte die Freie und Hansestadt Hamburg Beschwerde ein, aufgrund welcher das OVG den Eilantrag der Betreiberin nun insgesamt abwies. Die Schließung sei aufgrund summarischer Prüfung voraussichtlich rechtmäßig. Der Verordnungsgeber bewege sich im Rahmen seines Einschätzungsspielraumes. Aufgrund der in den Studios vergleichsweise hohen Infektionsgefahr sei die Schließung zum Zwecke des Gesundheitsschutzes angemessen. Schutzvorgaben als Auflagen zur Öffnung seien nicht gleich geeignet. Das Konzept der schrittweisen Lockerungen sei nicht zu beanstanden. Trotz der zuletzt sinkenden Infektionszahlen in Hamburg dürfe der Verordnungsgeber weiterhin vorsichtig bleiben. Auch liege kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor, da es sich im Vergleich zu Gaststätten und Friseuren um einen anderen Sachverhalt handele, der unterschiedlich zu würdigen sei.

https://justiz.hamburg.de/aktuellepresseerklaerungen/13927260/pressemitteilung/

171. Ungleichbehandlung eines eingeschränkten Betriebs einer Spielhalle im Vergleich zu Gaststätten nicht gerechtfertigt (VG Hamburg, Beschluss vom 22.05.2020, 3 E 2054/20)

Das VG Hamburg hat dem Eilantrag einer Spielhallenbetreiberin stattgegeben und vorläufig festgestellt, dass die Hamburger Corona-VO dem Betrieb der Spielhalle mit bis zu acht Kunden und nach Maßgabe des Hygienekonzeptes der Antragstellerin nicht entgegensteht. Die ausnahmslose Schließung der Spielhallen verstoße nach Auffassung des Gerichts voraussichtlich gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, indem gleichzeitig die Öffnung von Gastronomiebetrieben erlaubt sei. Beide Sachverhalte seien vergleichbar, wenn bei Spielhallen die Beschränkung auf acht Kunden vorgenommen werde. Sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung seien nicht erkennbar. Ein höheres Infektionsrisiko bei Spielhallen habe die Stadt nicht dargetan.

https://justiz.hamburg.de/aktuellepresseerklaerungen/13921706/pressemitteilung/

170. Hochzeitsfeiern sind Corona-bedingt weiterhin nur im kleinen Kreis erlaubt (VG Berlin, Beschluss vom 22.05.2020, VG 14 L 144.20)

Die Antragstellerin wollte ihre Hochzeit am 30.05.2020 mit 80 Gästen feiern. Nach der CoronaVO des Landes Berlin dürfen solche nichtöffentlichen Zusammenkünfte grundsätzlich weiterhin nicht stattfinden, nur ausnahmsweise ist eine Gestattung möglich, wenn sie im familiären Bereich aus zwingenden Gründen erforderlich sind und die Teilnehmerzahl auf maximal 20 Personen begrenzt ist.

Der Eilantrag vor dem VG hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts sei der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit für den verfolgten Zweck, Neuinfektionen mit dem Coronavirus soweit wie möglich vorzubeugen und damit zugleich die Ausbreitungsgeschwindigkeit der übertragbaren Krankheit COVID-19 innerhalb der Bevölkerung zu verringern, ein geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel. Insbesondere sei die Erstellung einer Teilnehmerliste zur Nachverfolgung möglicher Infektionen kein gleich geeignetes, milderes Mittel. Die Maßnahmen des Verordnungsgebers seien nachvollziehbar und plausibel.

Der Antragstellerin sei es vor dem Hintergrund voraussichtlich im Laufe des Jahres anstehender Lockerungen auch zuzumuten, die geplante Feier zu verschieben oder sich zunächst mit einer kleineren Feier zu begnügen.

https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.937385.php

169. Internetfähiges Tablet für Schüler zählt zu pandemiebedingtem Mehrbedarf (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.05.2020, L 7 AS 719/20 B ER, L 7 AS 720/20 B)

Die Antragstellerin bezieht Leistungen nach dem SGB II und besucht die 8. Klasse eines Gymnasiums. Sie beantragte beim Jobcenter einen internetfähigen Computer. Die Schulleiterin gab eine Bestätigung ab, dass die Schülerin diesen für Hausaufgaben benötige. Sowohl das Jobcenter als auch das SG Gelsenkirchen im einstweiligen Rechtsschutz lehnten den Anspruch ab.

Die Beschwerde vor dem LSG war nur bezüglich einer Prozesskostenhilfe erfolgreich. Eines Eilrechtschutzes bedürfe es nicht mehr, da der Schülerin inzwischen durch die Schule die Nutzung eines Laptops aufgrund einer privaten Spende ermöglicht worden sei.

Ein Anspruch im Hauptsacheverfahren sei jedoch nicht ausgeschlossen, da die geltend gemachten Kosten einen nach § 21 Abs. 6 SGB II anzuerkennenden unabweisbaren, laufenden Mehrbedarf darstellten. Der Bedarf für die Anschaffung eines internetfähigen Computers zur Teilnahme an dem pandemiebedingten Schulunterricht im heimischen Umfeld sei im Regelbedarf nicht berücksichtigt. Dabei handle es sich um einen grundsicherungsrechtlich relevanten Bedarf für Bildung und Teilhabe. Die Anschaffung eines internetfähigen Endgeräts sei mit der pandemiebedingten Schließung des Präsenzschulbetriebs erforderlich geworden. Dabei seien etwa 150 EUR zu veranschlagen.

https://www.justiz.nrw/JM/Presse/presse_weitere/PresseLSG/25_05_2020_/index.php

168a. Keine Aussetzung des Kindesumgangs trotz Corona-Pandemie (OLG Braunschweig, 20.05.2020, 1 UF 51/20)

Trotz der Corona-Pandemie darf dem nicht betreuenden Elternteil nicht der Umgang mit seinem Kind verweigert werden. Das OLG Braunschweig führte aus, der Umgang diene dem Kindeswohl und bestehende Umgangsregelungen dürften auch während der Pandemie nicht abgeändert oder ausgesetzt werden. Denn der Umgang zwischen einem nicht betreuenden Elternteil und dem in einem anderen Haushalt lebenden Kind gehöre zu dem absoluten Minimum zwischenmenschlicher Kontakte.

Der Umgang dürfe nur dann unterbleiben, wenn er aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen sei, etwa wegen Quarantäne oder einer nachgewiesenen Infektion des umgangsberechtigten Elternteils. Die Erkrankung des Kindes stehe dem Umgang hingegen nicht entgegen, weil auch der umgangsberechtigte Elternteil sein krankes Kind versorgen und pflegen dürfe.

https://oberlandesgericht-braunschweig.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/kindesumgang-in-corona-zeiten-188936.html  

168. Erfolglose Beschwerde gegen Zwangsabstieg nach vorzeitigem Abbruch der Spielzeit 2019/20 der Tischtennisliga (OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.05.2020, 19 W 22/20)

Wegen der Corona-Pandemie wurde die Spielzeit 2019/20 der Tischtennisliga abgebrochen und die beendete Spielzeit wurde anhand der zu diesem Zeitpunkt gültigen Tabelle gewertet. Daraus folgte für den antragstellenden Sportverein der Zwangsabstieg von der 3. Bundesliga in die 4. Liga, da er zu diesem Zeitpunkt auf Platz 10 der Tabelle geführt wurde.

Nachdem zunächst das Landgericht den Antrag, dem Antragsteller das Spielrecht in der 3. Bundesliga zu erteilen, zurückgewiesen hatte, hatte nun auch die sofortige Beschwerde vor dem Oberlandesgericht keinen Erfolg.

Das OLG bezweifelte bereits die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung, da durch die Erteilung eines Spielrechts bereits im Eilverfahren das Ergebnis der Hauptsache vorweggenommen würde und der Antragsteller vollständig befriedigt würde. Dies sei nur zur Abwendung einer Notlage zulässig, die hier aber nicht vorliege. Ein Abstieg gehöre zum sportlichen Alltag.

Zudem habe der Antragsteller die Dringlichkeit einer Entscheidung nicht hinreichend deutlich gemacht, da er seit Kenntnis der Abbruchentscheidung noch einen Monat gewartet habe, bevor er eine Entscheidung im Eilverfahren beantragt habe.

Im Übrigen bestehe kein Anspruch des Antragstellers auf eine Erteilung des Spielrechts in der 3. Bundesliga (Tischtennis), da die Entscheidung, die Tabelle zum Zeitpunkt des Abbruchs der Spielzeit als Abschlusstabelle zu definieren, rechtsfehlerfrei getroffen worden sei und der Antragsteller nicht auf einem Tabellenplatz gestanden habe, der ihn zum Verbleib in der 3. Liga berechtige.

https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/sites/ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/files/19W02220%20%28Corona%20Tischtennis%20Liga%29.docx_0.pdf

167. Eilantrag gegen Berliner Corona-VO teilweise erfolgreich (VerfGH Berlin, Beschluss vom 20.05.2020, VerfGH 81 A/20)

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat einem Antrag auf vorläufige Außerkraftsetzung verschiedener Regelungen der Berliner Corona-VO teilweise stattgegeben. So setzte er die aktuelle Bußgeldvorschrift (§ 24 SARS-CoV-2-EindmaßnV) außer Kraft, soweit diese ein Bußgeld für Verstöße gegen das Mindestabstandsgebot und das Gebot, physisch soziale Kontakte auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren (§ 1 S. 1 und 2 SARS-CoV-2-EindmaßnV), vorsieht.

Im Übrigen lehnte der VerfGH Berlin den Eilantrag ab.

https://www.berlin.de/gerichte/sonstige-gerichte/verfassungsgerichtshof/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.937789.php

166. Keine Öffnung von Spielhallen in Brandenburg (OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 20.05.2020, OVG 11 S 49.20 und OVG 11 S 52.20)

Das OVG Berlin-Brandenburg hat das Verbot, Spielhallen für den Publikumsverkehr zu öffnen, bestätigt.

Es führte aus, dass die Regelung auch angesichts zurückgehender Infektionszahlen noch verhältnismäßig sei. Aufgrund des hohen Stellenwertes der Schutzgüter Leben und Gesundheit der Bevölkerung und der regelmäßigen Überprüfung und Neubewertung der Lage durch den Verordnungsgeber, sei der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Betreiber noch angemessen.

Da bei Verkaufsstellen des Einzelhandels und Gaststätten von einer kürzeren Verweildauer der Kunden auszugehen sei, liege hier keine Ungleichbehandlung von wesentlich gleichen Sachverhalten vor.

https://www.berlin.de/gerichte/oberverwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.936616.php

165. Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Mecklenburg-Vorpommern ist rechtmäßig (OVG Greifswald, Beschluss vom 20.05.2020, 2 KM 384/20)

Das OVG Greifswald lehnte einen Antrag auf Außervollzugsetzung der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung in Verkaufsstellen des Einzelhandels ab. In seinem Beschluss führte das Gericht aus, dass sich die angegriffene Regelung aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen werde, da § 32 IfSG i.V.m. § 28 I IfSG hierzu eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage biete. Diese Ermächtigung erlaube auch die Verpflichtung von nicht infizierten Personen, bestimmte Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die hier in Rede stehenden Schutzmaßnahmen seien nach aktuellen Erkenntnissen geeignet, die Ausbreitung der Krankheit zu verlangsamen und auch erforderlich, da die Auswirkungen der bisher erfolgten Lockerungen noch nicht absehbar seien. Dabei sei insbesondere auch die geplante Öffnung des Bundeslandes für Touristen aus anderen Bundesländern ab dem 25.05.2020 zu berücksichtigen.

Einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit oder in die Menschenwürde ist nach Auffassung des Gerichts nicht zu erkennen. Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und in die allgemeine Handlungsfreiheit seien durch den Schutz Dritter vor Gefahren für Leib, Leben oder Gesundheit gerechtfertigt, insbesondere, da es sich um einen Eingriff von geringem Gewicht handele und die Regelung räumlich und zeitlich befristet sei.

https://www.mv-justiz.de/gerichte-und-staatsanwaltschaften/fachgerichte/verwaltungsgerichte/oberverwaltungsgericht/Aktuelles/?id=160361&processor=processor.sa.pressemitteilung

164. Vorerst keine Öffnung der Fitnessstudios in Sachsen-Anhalt (OVG Magdeburg, Beschluss vom 20.05.2020, 3 R 86/20)

In seinem ablehnenden Beschluss führte das OVG Magdeburg aus, dass die Erwägungen des Verordnungsgebers hinsichtlich der weiteren Schließung von Fitness-und Sportstudios, Rehabilitationssport, Yoga- und anderen Präventionskursen  aufgrund der zu erwartenden Nähe der Nutzer zueinander und der durchschnittlichen Verweildauer nachvollziehbar seien und sich im Rahmen seines Einschätzungsspielraums bewegen. Die sozialen Kontakte, die eine Übertragung des Virus begünstigen, würden auch beim individuellen Training, einer Geräteeinweisung oder korrigierenden Eingriffen durch das Fachpersonal entstehen. Insbesondere werde durch das Trainieren in geschlossenen Räumen bei nur unzureichend durchmischter Luft die Infektionsgefahr aller anwesenden Personen erhöht. Durch die Schließung von Fitness- und Sportstudios könne diese Infektionsquelle verhindert werden.

http://www.presse.sachsen-anhalt.de/index.php?cmd=get&id=910677&identifier=87e3a39c90a08e89f282a02355362033

163. Studio für Elektro-Muskel-Stimulation ist keine „ähnliche Einrichtung“ (VG Hannover, Beschluss vom 20.05.2020, 15 B 2505/20)

Die Antragstellerin wandte sich gegen eine Schließungsanordnung des Landkreises, die damit begründet war, dass es sich bei dem EMS-Studio der Antragstellerin um eine „ähnliche Einrichtung“ wie öffentliche und private Sportanlagen, Schwimm- und Spaßbäder, Fitnessstudios und Saunen handele.

Dieser Auffassung hat sich das VG Hannover nicht angeschlossen. Nach Auffassung des Gerichts fehle es gerade an den typischen Merkmalen eines Fitnessstudios, nämlich dem gleichzeitigen Aufenthalt einer großen Anzahl von Personen ohne Voranmeldung, die gemeinsam Gruppenkurse besuchen oder an Geräten trainieren. Nach den Angaben der Antragstellerin halten sich in dem 100m² großen Studio höchsten zwei oder drei Personen gleichzeitig auf, die ohne Körperkontakt trainieren und abgesehen von Elektroden keine Fitnessgeräte benutzen. Erst nach Beendigung des Trainings eines Kunden und Verlassen des Studios, würde der nächste Kunde das Studio betreten.

Da das EMS-Studio gerade nicht dieselben Merkmale aufweise wie ein Fitnessstudio, handele es sich nicht um eine „ähnliche Einrichtung“ im Sinne der maßgeblichen Corona-Verordnung. Nach Auffassung des VG Hannover handelt es sich um eine Einrichtung, die „körpernahe Dienstleistungen" erbringt, und deren Schließung inzwischen nicht mehr als notwendige Schutzmaßnahme angesehen werde. Hierzu verweist das VG auf den Beschluss des OVG Lüneburg vom 14.05.2020 (vgl. Nr. 149). Eine vollständige Schließung des EMS-Studios stelle daher eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber den Betreibern oder Inhabern anderer Einrichtungen, die körpernahe Dienstleistungen erbringen, dar.

https://www.verwaltungsgericht-hannover.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/eilantrag-einer-ems-studio-betreiberin-gegen-schliessungsverfugung-hat-erfolg-188546.html

162. Spielhalle in Hamburg darf betrieben werden (VG Hamburg, Beschluss vom 19.05.2020, 3 E 2054/20)

Das VG Hamburg hat vorläufig festgestellt, dass § 5 I Nr. 5 der Hamburgischen Corona-Eindämmungsverordnung dem Betrieb einer Spielhalle mit bis zu acht Kunden nach Maßgabe des Hygienekonzepts nicht entgegensteht. Die Antragsgegnerin darf jedoch weitergehende Anordnungen zum Infektionsschutz treffen.

Die Regelung der Eindämmungsverordnung sei nach einer vorläufigen Prüfung mit dem erforderlichen Maß an Wahrscheinlichkeit rechtswidrig und damit nichtig, da sie wegen der getroffenen Auswahl der von der Schließung betroffenen Gewerbebetriebe gegen die Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin aus Art. 12 I GG i.V.m. dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 I GG verstoße.

Zwar gehe mit einer tastenden Herangehensweise und der Rückkehr zu einer „Art von Normalität“ einher, dass nicht alle Gewerbebetriebe gleichzeitig wiedereröffnet werden. Dies sei aber so lange unbedenklich und von den Betroffenen hinzunehmen, wie der Verordnungsgeber die Ungleichbehandlung sachlich rechtfertigen könne.

Nach diesem Maßstab sei die ausnahmslose Schließung von Spielhallen bei einer gleichzeitigen Öffnungsmöglichkeit von Gaststätten voraussichtlich nicht mehr gerechtfertigt. Es handele sich hier um eine Ungleichbehandlung von wesentlich gleichen Sachverhalten. Spielhallen wie Gaststätten würden in geschlossenen Räumen betrieben, auch die Verweildauer der Gäste dürfe vergleichbar sein. Es handele sich daher um vergleichbare Sachverhalte. Sachliche Gründe für diese Ungleichbehandlung seien im Rahmen des Eilverfahrens nicht ersichtlich. Zudem habe die Antragstellerin ein umfassendes Hygienekonzept vorgelegt.

http://justiz.hamburg.de/contentblob/13921956/26db6bc04da4c8f0efc50dd380ebd539/data/3-e-2054-20-beschluss-vom-19-05-2020.pdf

161. Schließung von Tantra-Massage-Salons in Essen war rechtswidrig (VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 19.05.2020, 20 L 589/20)

Nach Auffassung des VG Gelsenkirchen handelt es sich bei Betrieben, in denen Tantra-Massagen angeboten werden, nicht um Prostitutionsstätten nach § 10 der Coronaschutzverordnung. Es handele sich bei einer Tantra-Massage vielmehr um eine Massage im Sinne des § 12 der Coronaschutzverordnung, die inzwischen unter Beachtung der Hygiene- und Infektionsschutzregeln wieder zugelassen sei. Die schrittweisen Lockerungen führten zwar zwangsläufig zu Ungleichbehandlungen. Dies sei aber nur zulässig, wenn für die Ungleichbehandlungen sachliche Gründe bestünden. Darüber hinaus müssten die maßgeblichen Regelungen hinreichend bestimmt sein, damit der Bürger wisse, welche Aktivitäten tagesaktuell erlaubt seien und welche nicht. Nach diesen Maßstäben lasse sich der Coronaschutzverordnung kein Verbot von Tantra-Massagen entnehmen. Der Betrieb der Antragstellerin sei nicht mit Bordellen vergleichbar, die Antragsgegnerin habe zudem nicht dargelegt, warum das Infektionsrisiko bei einer Tantra-Massage wesentlich höher sei, als bei einer anderen Massage, die inzwischen wieder erlaubt sei.

https://www.vg-gelsenkirchen.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/17_200519/index.php

160. Kontaktbeschränkungen und Maskenpflicht in NRW rechtmäßig (OVG Münster, Beschluss vom 19.05.2020, 13 B 557/20.NE)

In seinem ablehnenden Beschluss teilte das OVG Münster mit, dass gegen die derzeit geltenden Beschränkungen von Zusammenkünften und Ansammlungen in der Öffentlichkeit und das Gebot, zu anderen Personen einen Mindestabstand einzuhalten, nach einer Prüfung im Eilverfahren voraussichtlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Auf diese Weise sollen gerade vor dem Hintergrund der erfolgten Lockerungen weitere Ansteckungen und die Ausbreitung des Corona-Virus reduziert werden. Dass dies durch die Einhaltung eines Abstandes und einer Mund-Nasen-Bedeckung erreicht werden könne, werde von aktuellen Erkenntnissen gedeckt.

Dieses Ziel rechtfertige eventuelle Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die allgemeine Handlungsfreiheit. Dabei sei auch in Rechnung zu stellen, dass die Beschränkungen räumlich und zeitlich beschränkt seien und aufgrund der bestehenden Ausnahmen auch im öffentlichen Raum ausreichend Möglichkeiten zur Pflege sozialer Kontakte bestünden.

Dies gelte für die Kontaktbeschränkungen ebenso wie für die Maskenpflicht. Der Staat sei nicht darauf zu verweisen, besonders gesundheitsgefährdete Menschen allein durch deren eigene Beschränkung zu schützen.

https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/44_200519/index.php

159a. Vorläufige Außervollzugsetzung der Untersagung der Erbringung von Dienstleistungen in Piercing-Studios (OVG Lüneburg, Beschluss vom 18.05.2020, 13 MN 169/20)

Das OVG Lüneburg hält § 7 II 1 der Niedersächsischen Verordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus vom 08.05.2020 nach einer vorläufigen Überprüfung wegen eines nicht gerechtfertigten Eingriffs in die Berufsfreiheit und den allgemeinen Gleichheitssatz für rechtswidrig. Die Vorschrift untersagt „alle nicht dringend notwendigen Dienstleistungen, bei denen der Mindestabstand von 1,5 Metern von Mensch zu Mensch nicht eingehalten werden kann“. Das Gericht verweist auf dieselben Erwägungen, die es in Bezug auf die Dienstleistungen in Tattoo-Studios ausgeführt hat (vgl. Nr. 149).

Das Gericht sprach die einstweilige Außervollzugsetzung nicht nur zugunsten der Antragsteller aus, sondern sprach eine allgemeinverbindliche einstweilige Außervollzugsetzung aus. Diese ist unverzüglich durch den Antragsgegner zu veröffentlichen.

http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=MWRE200001877&st=null&showdoccase=1

159. Erfolgloser Eilantrag gegen Einschränkungen beim Schulbetrieb und Gottesdiensten (VGH Mannheim, Beschluss vom 18.05.2020, 1 S 1357/20)

Die Antragsteller, ein Schüler der fünften Klasse eines Gymnasiums und seine Mutter, wandten sich mittels Eilantrags gegen die Schließung der Schule sowie die Einschränkungen bei Gottesdiensten nach der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg und rügten dabei eine Gefährdung des Kindeswohls beziehungsweise eine Verletzung der Religionsfreiheit.

Der VGH Mannheim lehnte den Eilantrag ab. Die Schulschließung sei im Gesetz (§ 33 IfSG) ausdrücklich vorgesehen. Aufgrund des hohen Gewichts des Gesundheitsschutzes seien die Beeinträchtigungen in der Berufsausübungsfreiheit und allgemeinen Handlungsfreiheit der Mutter hinzunehmen. Auch fehle es an einem staatlichen Eingriff in das Zusammenleben von Eltern und Kindern in häuslicher Gemeinschaft, sodass eine Verletzung des Schutzes der Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG ausscheide. Auch sei eine schrittweise Wiederaufnahme des Schulbetriebs zur Abmilderung des Infektionsrisikos mit dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. So sei eine Priorisierung einzelner (insbesondere prüfungsnaher) Schülergruppen grundrechtlich und pädagogisch begründet und damit sachlich gerechtfertigt.

Bezüglich der Gottesdienste stellte das Gericht fest, dass der Schüler nach summarischer Prüfung auch nicht (rechtswidrig) in seinem Grundrecht auf Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verletzt sei. Die Corona-Verordnung begründe gerade kein absolutes Religionsausübungsverbot. Zwar liege durch die Vorgaben zu Abstands- und Hygieneregeln ein Eingriff in die Religionsfreiheit vor. Dieser sei jedoch aufgrund des hohen Gewichts des Gesundheitsschutzes derzeit zumutbar.

https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/corona-verordnung-eilantrag-gegen-einschraenkungen-beim-schulbetrieb-und-gottesdiensten-gescheitert

158. Demonstration mit bis zu 975 Teilnehmern in Brandenburg darf nicht stattfinden (BVerfG, Beschluss vom 16.05.2020, 1 BvQ 55/20)

Die brandenburgische Corona-Verordnung sieht in § 5 Abs. 3 vor, dass Versammlungen unter freien Himmel mit bis zu 50 Teilnehmenden ausnahmsweise genehmigt werden können. Nach der Verweigerung einer Ausnahmegenehmigung für eine Versammlung mit bis zu 975 Teilnehmern begehrte der Antragsteller nach erfolglosen fachgerichtlichen Verfahren Eilrechtsschutz beim BVerfG.

Das BVerfG hat den Antrag abgelehnt. Dieser sei bereits wegen Verstoßes gegen den Subsidiaritätsgrundsatz unzulässig. Zudem falle auch eine Folgenabwägung zum Nachteil des Antragstellers aus, da zwar eine Verletzung der Versammlungsfreiheit gewichtig wäre, das Interesse an der Durchführung der Versammlung jedoch hinter dem Gesundheitsschutz zurücktreten müsse. Die vom Verordnungsgeber vorgegebene Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 50 sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Bei einer Versammlung von fast 1.000 Teilnehmern sei insbesondere die Nichteinhaltung der Mindestabstände zu befürchten.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/qk20200516_1bvq005520.html

157. Begrenzung auf 5.000 Versammlungsteilnehmer rechtmäßig (VG Stuttgart, Beschluss vom 15.05.2020, 5 K 2334/20)

Der Antragsteller vertrat die Auffassung, dass durch die Vergrößerung der Versammlungsfläche auch die Anzahl der Teilnehmer erhöht werden könne. Solange die von der Antragsgegnerin geforderte Mindestfläche pro Teilnehmer eingehalten werde, bestehe kein erhöhtes Infektionsrisiko für die Teilnehmer. Solange der Mindestabstand eingehalten werde, dürfe zudem nicht von den Ordnern verlangt werden, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.

Das VG Stuttgart führte in seinem ablehnenden Beschluss hingegen aus, dass die Einhaltung der Mindestabstände umso unsicherer werde, je mehr Teilnehmer eine Demonstration habe. Es könne auch nicht sicher davon ausgegangen werden, dass alle Teilnehmer während der gesamten Veranstaltung ihre Plätze einhalten würden. Je mehr Teilnehmer es gebe, desto öfter würden Teilnehmer sich auch ohne Einhaltung der Mindestabstände begegnen. Zudem erfolge die An- und Abreise erfahrungsgemäß zu einem großen Teil mit ÖPNV. Auch dort könnten die Mindestabstände nicht eingehalten werden, umso mehr Versammlungsteilnehmer es gebe.

Gegen die Verpflichtung der Ordner zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung bestehen nach Auffassung des VG Stuttgart keine rechtlichen Bedenken. Es sei ihre Aufgabe, für die Einhaltung der Mindestabstände zwischen den Teilnehmern zu sorgen. Zwangsläufig könnten sie selbst dabei häufig nicht die Mindestabstände einhalten.

https://verwaltungsgericht-stuttgart.justiz-bw.de/pb/,Lde/6301660/?LISTPAGE=5597587

156. Versammlung darf verlegt werden (VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 15.05.2020, 14 L 596/20)

Da auf dem Alten Markt in Dortmund wegen der zeitgleich stattfindenden Fußballübertragungen ein erheblicher Publikumsandrang zu erwarten sei, was das Sicherheitskonzept der Anmelderin der Versammlung nicht hinreichend berücksichtige, und so die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 m zwischen den Versammlungsteilnehmern nicht gewährleistet sei, durfte nach Auffassung des VG Gelsenkirchen das Polizeipräsidium Dortmund eine Versammlung auf den Friedensplatz verlegt werden.

Dieser Platz sei ebenfalls geeignet, das Anliegen der Versammlungsteilnehmer öffentlich zum Ausdruck zu bringen.

https://www.vg-gelsenkirchen.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/16_200515/index.php

155. Pauschale Quarantänepflicht für Rückreisende aus Schweden voraussichtlich rechtswidrig (VG Schleswig, Beschluss vom 15.05.2020, 1 B 85/20)

Das VG Schleswig hat im Wege des Eilrechtsschutzes festgestellt, dass ein Rückkehrer aus Schweden sich entgegen behördlicher Anordnung nicht in häusliche Quarantäne begeben muss. Dabei verwies das Gericht auf die Ausführung des OVG Niedersachsen zur Außervollzugsetzung der Verordnung des Landes Niedersachsen. Möglich bliebe zwar weiter eine Anordnung von häuslicher Quarantäne im Einzelfall bei risikoerhöhenden Umständen wegen Einreise aus einem bestimmten Gebiet. Auf die Regelung der schleswig-holsteinischen Corona-Verordnung könne sich hingegen pauschal nicht gestützt werden. Die Ermessensausübung bei der ursprünglichen Behördenentscheidung sei demnach fehlerhaft gewesen.

http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/18za/page/bsshoprod.psml?doc.hl=1&doc.id=MWRE200001803&documentnumber=1&numberofresults=1327&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=L&paramfromHL=true#focuspoint

154. Schließung von Tanzschulen bestätigt (VG Schleswig, Beschluss vom 15.05.2020, 1 B 81/20)

Die Antragstellerin wandte sich mittels Eilantrags gegen die Schließung ihrer Tanzschule. Diesen wies das Gericht ab. Nach dessen Auffassung stehe bei den dort gelehrten Tänzen die Freizeitgestaltung und körperliche Fitness der Teilnehmer im Vordergrund, weshalb eine Einordnung als private Sportstätte und nicht als Bildungseinrichtung sachgerecht sei. Die Entscheidung des Verordnungsgebers, private Sportstätten noch zu schließen, sei aufgrund von dessen weiten Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz sei nicht zu erkennen.

https://www.schleswig-holstein.de/DE/Justiz/OVG/Presse/PI_VG/15052020_Tanzschule_Corona.html

153. Wiederaufnahme der Präsenzbeschulung in Hessen kann planmäßig beginnen (VGH Kassel, Beschluss vom 15.05.2020, 8 B 1300/20.N)

Die Schülerin der vierten Jahrgangsstufe, die ein Normenkontroll-Eilverfahren gegen die derzeit gültige Corona-Verordnung des Landes Hessen angestrengt hatte, zog diesen Eilantrag nun zurück. Daraufhin stellte der VGH Kassel das Verfahren ein. Somit wird die beabsichtigte Wiederaufnahme der Präsenzbeschulung nicht vorläufig außer Vollzug gesetzt, sondern kann ab dem 18.05.2020 planmäßig beginnen.

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/pr%C3%A4senz-beschulung-von-sch%C3%BClerinnen-und-sch%C3%BClern-der-4-jahrgangsstufe-der-0

152. Kein Hotelbetrieb in Berlin bis zum 24.05.2020 (VG Berlin, Beschluss vom 14.05.2020, 14 L 97.20)

Das VG Berlin hat eine vorzeitige vollständige Öffnung eines Hotels in Berlin abgelehnt.

Das Verbot, bis zum 24.05.2020 in Berlin Übernachtungen zu touristischen Zwecken anzubieten, greife zwar schwerwiegend in die Grundrechte der Antragstellerin ein. Diese Eingriffe seien aber im Hinblick auf den Zweck, Neuinfektionen vorzubeugen und die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen, gerechtfertigt. Das Verbot führe zu einem verminderten Reiseaufkommen und sei dadurch geeignet, soziale Kontakte zu reduzieren. Die Ausbreitung des Virus sei noch nicht derart eingedämmt, dass die Aufrechterhaltung solcher Schutzmaßnahmen überflüssig geworden sei. Es sei auch kein milderes Mittel ersichtlich, insbesondere da die Maßnahme zeitlich befristet sei und demnächst gelockert würde.

https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.935730.php

151. Bedenken gegen Wiederaufnahme der Präsenzbeschulung zurückgewiesen (VGH Kassel, Beschluss vom 14.05.2020, 1 B 1308/20)

Die Antragstellerin, eine verbeamtete Grundschullehrerin in Frankfurt, begehrte mittels Beschwerde eine Untersagung für das Land Hessen, sie zum Präsenzunterricht heranzuziehen, bis bestimmte von ihr geforderte Arbeitsschutzmaßnahmen getroffen worden seien. Der VGH Kassel wies die Beschwerde zurück.

An der Schule seien sowohl die unter beamtenrechtlichen Fürsorgeaspekten als auch unter arbeitsschutzrechtlichen Gesichtspunkten hinreichende Vorkehrungen getroffen worden, um eine Gefährdung für Schülerinnen und Schüler sowie für Lehrkräfte zu minimieren. Selbst bei einer unterstellten Nichteinhaltung von Arbeitsschutzbestimmungen bestehe ein Recht des Beamten zur Verweigerung seiner Arbeitsleistung nur, wenn diese Leistung dadurch - etwa aufgrund einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben - unzumutbar sei. Aufgrund der getroffenen infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen auch an der Schule der Antragstellerin (Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts seien einzuhalten), z. B. Abstandsgebote, begrenzte Gruppengrößen und Hygienepläne, sei eine solche nicht zu erkennen.

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/grundschullehrerin-darf-w%C3%A4hrend-der-corona-pandemie-zum-pr%C3%A4senzunterricht

150. Stadt Kiel zur Unterstützung einer friedlichen Versammlung verpflichtet (VG Schleswig, Beschluss vom 14.05.2020, 3 B 47/20)

Der Antragsteller begehrte im Rahmen einer Demonstration für größere Geltung des Radverkehrs, den rechten Fahrstreifen der Eckernförder Straße auf einer Länge von 500 m zu nutzen. Die von der Stadt Kiel vorgenommene Beschränkung der Strecke auf 40 m sei nach Auffassung des Gerichts offensichtlich rechtswidrig und eine Verletzung des Versammlungsgrundrechts aus Art. 8 Abs. 1 GG. Eine Behinderung des Verkehrsflusses auch während einer Dauer von 10 Stunden sei nicht geeignet, die Beschränkung der Versammlungsfläche zu rechtfertigen. Eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit sei nicht dargelegt.

https://www.schleswig-holstein.de/DE/Justiz/OVG/Presse/PI_VG/14052020_Demo_Fahrrad.html

149. Schließungsanordnung von Tattoo-Studios wird außer Vollzug gesetzt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 14.05.2020, 13 MN 165/20)

Die Antragstellerin, die Betreiberin eines Tattoo-Studios, begehrte durch Eilantrag die einstweilige Außervollzugsetzung der Schließungsregelung für Tattoo-Studios in § 7 Abs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 08.05.2020.

Nach Auffassung des Gerichts könne die vollständige Untersagung der Erbringung von Dienstleistungen in Tattoo-Studios tatsächlich nicht mehr als notwendige Maßnahme auf § 28 Abs. 1 IfSG gestützt werden. Die Zahl der Neuinfektionen sei deutlich zurückgegangen. Den gelockerten Regelungen sei die Einschätzung des Verordnungsgebers zu entnehmen, dass auch bei eigentlich „nicht dringend notwendigen Dienstleistungen, bei denen der Mindestabstand von 1,5 Metern von Mensch zu Mensch nicht eingehalten werden könne“, die zunächst vollständige Untersagung der Dienstleistung nicht mehr als notwendig anzusehen sei, sondern die erhöhten Infektionsrisiken hinreichend effektiv durch Hygienemaßnahmen vermindert werden könnten. Diese nicht zu beanstandende Einschätzung müsste in gleicher Weise für Dienstleistungen in einem Fitnessstudio gelten. Ein sachlicher Grund für eine abweichende Bewertung sei nicht dargetan.

Das Gericht sprach folglich eine allgemeinverbindliche einstweilige Außervollzugsetzung der Schließungsregelung für Tattoo-Studios aus.

https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/ausservollzugsetzung-der-schliessungsanordnung-von-tattoo-studios-188403.html

148. Schließungsanordnung von Fitnessstudios wird nicht außer Vollzug gesetzt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 14.05.2020, 13 MN 156/20)

Die Antragstellerin, eine Fitnessstudio-Betreiberin, begehrte durch Eilantrag die einstweilige Außervollzugsetzung der Schließungsregelung für Fitnessstudios in § 1 Abs. 3 Nr. 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung. Sie argumentierte mit ihrem Abstands- und Hygienekonzept sowie dem Gleichbehandlungsgrundsatz in Bezug auf andere Betriebe wie Friseursalons und Gaststätten sowie Spitzen- und Profisportler.

Das OVG Lüneburg entsprach dem Antrag nicht. Auch zum jetzigen Zeitpunkt liege die Schließungsanordnung innerhalb des dem Verordnungsgeber zustehenden Ermessens. Die für Fitnessstudios typischen Ansammlungen körperlich trainierender Menschen in geschlossenen Räumen begründeten nach Auffassung des Gerichts ein hohes Infektionsrisiko. Die Einhaltung von Sicherheitskonzepten wie dem durch die Antragstellerin vorgelegten Plan sei in der Realität nur schwer überprüfbar.

Zudem liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nicht vor. Der Betrieb eines Fitnessstudios sei im Vergleich zu anderen Betrieben aufgrund des hohen Risikos ein anders zu würdigender Sachverhalt. Der Verordnungsgeber habe seinen Ermessensspielraum dahingehend nicht überschritten. Auch ein Gleichheitsverstoß im Hinblick auf die Öffnung von Fitnessstudios in anderen Bundesländern liege nicht vor. Der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG binde Träger öffentlicher Gewalt nur innerhalb ihres  jeweiligen Zuständigkeitsbereichs. Solange die Setzung ihrer Prioritäten nicht willkürlich erscheine, dürften die Länder unterschiedliche Öffnungskonzepte verfolgen.

https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/keine-ausservollzugsetzung-der-schliessungsanordnung-von-fitnessstudios-188378.html

147. Corona-Soforthilfe ist nicht pfändbar (FG Münster, Beschluss vom 13.05.2020, 1286/20 AO)

Der Antragsteller erhielt auf seinen Antrag hin vom Land Nordrhein-Westfalen eine Corona-Soforthilfe in Höhe von 9.000 EUR für Kleinstunternehmer und Soloselbständige. Aufgrund der Belastung seines Girokontos mit Umsatzsteuerschulden aus den Jahren 2017 bis 2019 verweigerte die Bank die Auszahlung. Der Antragsteller begehrte durch Antrag auf einstweilige Anordnung die einstweilige Einstellung der Pfändung des Kontos.

Das Finanzgericht Münster gab dem Antrag statt und verpflichtete das Finanzamt, die Pfändung einstweilen einzustellen. Die Vollstreckung und Aufrechterhaltung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung führten nach Auffassung des Gerichts zu einem unangemessenen Nachteil für den Antragsteller. Durch die Pfändung werde die Zweckbindung des Billigkeitszuschusses (Milderung der finanziellen Notlagen des Unternehmens im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie) beeinträchtigt. Die Soforthilfe diene nicht der Befriedigung von Gläubigeransprüchen, die vor dem 01.03.2020 entstanden sind.

https://www.fg-muenster.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/PM_11_19_05_2020/index.php

146. Vorübergehende Schließung von Fitness- und Sportstudios in Hamburg ist rechtsfehlerhaft (VG Hamburg, Beschluss vom 13.05.2020, 20 E 2029/20)

Nach der aktuellen Corona-Eindämmungsverordnung dürfen in Hamburg viele Gewerbebetriebe, u.a. Beherbergungsbetriebe, Dienstleistungsbetriebe der Körperpflege, und Gaststätten geöffnet werden, während Fitness- und Sportstudios ausnahmslos geschlossen bleiben. Dies verstößt nach Auffassung des VG Hamburg gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und beschränkt die Antragstellerin in ihrer Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 I GG.

Es fehle an sachlichen Gründen für die Differenzierung und es sei nicht hinreichend dargelegt worden, warum ein Betrieb von Fitness- und Sportstudios bei Anordnung strenger Auflagen nicht ohne erhöhtes Infektionsrisiko möglich sei, als beispielsweise der Betrieb von Dienstleistungsbetrieben der Körperpflege oder Gaststätten. Zu bedenken sei, dass viele Fitnessstudios ohnehin bereits mit besonderen Lüftungsanlagen ausgerüstet seien.

Den weitergehenden Antrag dahingehend, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Eindämmungsverordnung so abzuändern, dass der Betrieb von Fitnessstudios erlaubt wird, lehnte das VG ab. Wie der festgestellte Gleichheitsverstoß beseitigt wird, stehe im Ermessen des Verordnungsgebers. Dass der Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers auf eine Zulassung der Öffnung von Fitnessstudios beschränkt sei, habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht wies darauf hin, dass die ausnahmslose Schließung der Fitness- und Sportstudios, abgesehen von der fehlenden sachlichen Rechtfertigung der Ungleichbehandlung, voraussichtlich nicht gegen die Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin verstoße.

Pressemitteilung: https://justiz.hamburg.de/aktuellepresseerklaerungen/13915800/pressemitteilung/

Volltext:

http://justiz.hamburg.de/contentblob/13915584/2b2b55cee430f65b8c32af17dab28251/data/20-e-2029-20-beschluss-vom-13-05-2020.pdf

145. Abiturprüfungen am deutsch-französischen Gymnasium in Freiburg finden statt (VG Freiburg im Breisgau, Beschluss vom 13.05.2020, 2 K 1601/20)

Die Antragsteller, Schüler des deutsch-französischen Gymnasiums in Freiburg, begehrten eine endgültige Absage ihrer Abiturprüfungen und die Erteilung eines Abiturzeugnisses auf Grundlage der erreichten Vornoten.

Diesem Begehren stehen nach Auffassung des VG Freiburg bereits die Bestimmungen des sog. Schweriner Abkommens vom 30.07.2002 über deutsch-französische Gymnasien und das deutsch-französische Abitur entgegen. Das Abkommen zwischen Deutschland und Frankreich beinhaltet die maßgeblichen Vorgaben zur Durchführung des deutsch-französischen Abiturs und bestimmt, dass alle Kandidaten zwingend die schriftlichen und mündlichen Prüfungen ablegen müssen. Eine ersatzlose Aufhebung der Prüfungen sei nicht vorgesehen und könne nicht verlangt werden.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Dass die Abiturprüfungen an einem anderen deutsch-französischen Gymnasium abgesagt worden seien, sei nicht von dem Schweriner Abkommen gedeckt. Die Schüler aus Freiburg dürften sich nicht auf eine Gleichbehandlung im Unrecht berufen, wodurch die rechtswidrige Praxis des einen Gymnasiums auf ein weiteres ausgedehnt würde. Die begehrte Erteilung des Abiturs auf Grundlage der erreichten Vornoten sei nur durch eine Änderung des Schweriner Abkommens möglich. Hierzu sei das VG nicht zuständig.

https://www.juris.de/jportal/portal/t/1tkj/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200501624&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

144. Keine Außervollzugsetzung der Kontaktbeschränkungen und der Mund-Nasen-Bedeckung im Saarland (OVG Saarlouis, Beschluss vom 13.05.2020, 2 B 175/20)

In seinem ablehnenden Beschluss führte das OVG Saarlouis aus, dass die Pflicht an bestimmten Örtlichkeiten, bzw. bei der Nutzung von ÖPNV eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, ein geeignetes und erforderliches Mittel zur Eindämmung der weiteren Verbreitung des Corona-Virus darstelle. Darin liege keine unangemessene Belastung des Antragstellers, der eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und seiner allgemeinen Handlungsfreiheit geltend gemacht hatte.

Hier sei zu berücksichtigen, dass die Verpflichtung nur für einen kurzfristigen Zeitraum bestehe und nur in bestimmten Bereichen des öffentlichen Raums gelte. Der damit verbundene Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit sei daher gerechtfertigt.

https://www.juris.de/jportal/portal/t/1tkj/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200501650&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

143. Keine pauschale Quarantänepflicht für Rückkehrer aus dem Ausland (VG Hamburg, Beschluss vom 13.05.2020, 15 E 1967/20)

Das VG Hamburg hat einem Eilantrag gegen die Quarantänepflicht für aus dem Ausland Einreisende stattgegeben, es hält die pauschale 14-tägige Quarantänepflicht für Rückkehrer von einem Auslandsaufenthalt nach einer vorläufigen Prüfung für rechtswidrig.

Nach Auffassung des Gerichts dürfe die Quarantäneverpflichtung nicht pauschal für alle Rückkehrer (mit Ausnahme bestimmter Berufsgruppen) gelten, sondern es müsse eine Einzelfallprüfung vorgenommen werden. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei allen Einreisenden unterschiedslos um Ansteckungsverdächtige i.S.d. § 2 Nr. 7 IfSG handele. Insoweit schloss sich das VG Hamburg den rechtlichen Ausführungen des Niedersächsischen OVG im Beschluss vom 11.05.2020 (vgl. Nr. 132) an.

Eine Quarantänepflicht auch für Nichtstörer auf Grundlage einer Rechtsverordnung komme ebenfalls nicht in Betracht, denn die Generalklausel § 28 I 1 IfSG biete dafür keine Ermächtigungsgrundlage.

Die Freiheit einer Person dürfe nur durch ein formelles Gesetz eingeschränkt werden und unterliege daneben weiteren Einschränkungen, wie dem Richtervorbehalt. Eine Übertragung der Eingriffsbefugnisse auf den Verordnungsgeber sei nur unter strengen Voraussetzungen möglich, so müsse das formelle Gesetz selbst bestimmen, dass diese Rechtsfolge in Betracht komme, die Voraussetzungen der Freiheitsentziehung hinreichend bestimmt angeben und eine verfassungsgemäße Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung enthalten. Diese Voraussetzungen könnten hinsichtlich §§ 30 I, 32 IfSG nach einer vorläufigen Prüfung erfüllt sein, hiernach ist allerdings nur eine Quarantänepflicht für Krankheitsverdächtige gedeckt.

Eine darüber hinausreichende Quarantänepflicht für Nichtstörer könne nicht auf die Generalklausel gestützt werden, da diese die genannten Voraussetzungen nicht erfülle.

Da die Verbreitung der Krankheit in anderen Ländern und deren Regionen inzwischen gut bekannt sei, könne die Ansteckungsgefahr von Einreisenden fallgruppenbezogen eingeschätzt werden. Einzelfallprüfungen seien möglich.

Die Entscheidung war eilbedürftig, da die Quarantänepflicht des Antragstellers nur noch bis zum Ablauf des 21.05.2020 besteht.

http://justiz.hamburg.de/contentblob/13915578/868383630675e4665924d1eadf0ff3a4/data/15-e-1967-20-beschluss-vom-13-05-2020.pdf

142. Weiterhin keine touristische Beherbergung in Sachsen-Anhalt (OVG Magdeburg, Beschluss vom 13.05.2020, 3 R 78/20)

Nach Auffassung des OVG Magdeburg ist die Untersagung der touristischen Beherbergung durch die aktuelle sächsische SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung rechtmäßig.

In dem Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz ging es um die Öffnung eines Ferienhausparks. In seinem ablehnenden Beschluss führte das OVG aus, dass die Einschätzung des Verordnungsgebers, dass die Schließung der Kontaktreduzierung und somit der Verlangsamung der Ausbreitung des Virus und der Unterbrechung von Infektionsketten diene, insgesamt nachvollziehbar sei und die Grenzen des Einschätzungsspielraums nicht überschritten seien.

Die Regelung sei erforderlich, um zu verhindern, dass – vor dem Hintergrund fehlender Medikamente und eines Impfstoffes – durch den Reiseverkehr insbesondere in den Tourismusgebieten die Gefahr einer erhöhten Ansteckung der Bevölkerung bestehe.

Die Unterscheidung zwischen Einkaufszentren und Beherbergungsbetrieben sei sachlich gerechtfertigt.

Pressemitteilung: http://www.presse.sachsen-anhalt.de/index.php?cmd=get&id=910533&identifier=3fcda891b58d8f0a755f920df90a0ed3 

141. Kein Anspruch auf Öffnung einer Kita für alle Vorschulkinder (VG Aachen, 13.05.2020, 7 L 321/20)

Nach Auffassung des VG Aachen gibt es derzeit keinen Anspruch auf Öffnung einer Kindertagesstätte ab dem 14.05.2020 für alle Vorschulkinder. Ein solcher ergebe sich nicht aus der Coronabetreuungsverordnung. Es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass danach Kindertagesstätten für Kinder mit Behinderungen oder Anspruch auf das Bildungs- und Teilhabepaket geöffnet würden, für andere Kinder aber nicht. Die stufenweise Öffnung beruhe auf sachlichen Gründen, nämlich der Personalknappheit aufgrund der Corona-Pandemie. Es könne derzeit nur ein Teil der Kinder unter Einhaltung von Hygienestandards betreut werden.

Pressemitteilung: https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/14_05_2020_1/index.php

140. Maskenpflicht und Kontaktbeschränkung in Baden-Württemberg sind rechtmäßig (VGH Mannheim, Beschluss vom 13.05.2020, 1 S 1314/20)

Dies hat der VGH Mannheim entschieden.

Er hält die in Baden-Württemberg im ÖPNV, an Bahn- und Bussteigen, in Flughafengebäuden, sowie in Verkaufsräumen und Einkaufszentren geltende Maskenpflicht derzeit für gerechtfertigt und verhältnismäßig. Dabei stützt er sich auf die Angaben des RKI zum möglichen Beitrag einer Maskenpflicht zur Reduzierung von Ansteckungen. Die Nachteile durch einen unsachgemäßen Gebrauch, die die Antragstellerin anführte, würden durch die Aufklärung über den richtigen Umgang mit Masken verringert. Es sei den Betroffenen möglich und zumutbar, sich über den richtigen Gebrauch der Masken zu informieren und sich dementsprechend zu verhalten.

Die Maskenpflicht verletzt nach Auffassung des VGH Mannheim nicht die Menschenwürde der Antragstellerin. Eine mögliche Beeinträchtigung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der allgemeinen Handlungsfreiheit treten hinter dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung zurück. Dies sei insbesondere deshalb hinzunehmen, da es sich um eine zeitlich begrenzte Regelung handele und diese nur für räumlich beschränkte Bereiche gelte.

Die Kontaktbeschränkungen sind nach Auffassung des VGH Mannheim ebenfalls gerechtfertigt. Für die Differenzierung zwischen Ansammlung von mehr oder weniger als fünf Personen bestünden sachliche Gründe, nämlich der Zweck, die Neuinfektionen gering zu halten und die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Die Entscheidung, bei welcher Anzahl von Menschen eine Grenze zu ziehen sei, falle in den Entscheidungsspielraum des Verordnungsgebers, der hier nicht überschritten sei.

Pressemitteilung: https://verwaltungsgerichtshof-baden-wuerttemberg.justiz-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Medien/Corona-Verordnung_+Eilantrag+gegen+Maskenpflicht+und+Kontaktbeschraenkungen+scheitert/?LISTPAGE=1213200

139. Verfassungsbeschwerde gegen Verlängerung der Eindämmungsmaßnahmen unzulässig (BVerfG, Beschluss vom 13.05.2020, 1 BvR 1021/20)

Das Bundesverfassungsgericht nahm eine Verfassungsbeschwerde wegen der Grundrechtsverletzung der Freiheitsbeschränkungen für Nicht-Risikogruppen der Bevölkerung nicht zur Entscheidung an. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde damit gegenstandslos.

Das Gericht führte unter anderem aus, dass die geltenden Beschränkungen nicht nur dem Schutz der durch sie unmittelbar Betroffenen dienten, sondern auch dem Schutz Dritter, die stärker durch das Corona-Virus gefährdet seien. Zu deren Schutz sei der Staat berechtigt und verpflichtet.

Daher dürfe der Staat auch solche Regelungen bestimmen, die auch weniger gefährdeten Menschen Freiheitsbeschränkungen auferlegen, wenn gerade hierdurch der gefährdete Teil der Menschen unter bestimmten Voraussetzungen auch weiterhin am gesellschaftlichen Leben teilhaben könne und sich nicht völlig isolieren müsse. Soweit der Beschwerdeführer meinte, die Grenzen des verfassungsrechtlichen Spielraums seien zu seinen Lasten überschritten, habe er dies nicht ausreichend begründet.

Der Antrag auf Richterablehnung war ebenfalls nicht erfolgreich.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/rk20200513_1bvr102120.html

138. Verfassungsbeschwerde gegen Lockerungen unzulässig (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2020, 1 BvR 1027/20)

Das Bundesverfassungsgericht nahm eine Verfassungsbeschwerde eines 64-jährigen Beschwerdeführers, die auf eine Verpflichtung von Bund und Ländern, bisherige Lockerungen zurückzunehmen, abzielte, nicht zur Entscheidung an. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde damit gegenstandslos.

Das Bundesverfassungsgericht führte aus, die Beschwerde sei nicht hinreichend substantiiert und berücksichtige insbesondere nicht den Gestaltungsspielraum des Staates beim Schutz von Grundrechtspositionen und den nur prognostischen Charakter von wissenschaftlichen Stellungnahmen. Bei der Pflicht, das Leben, die Gesundheit und die körperliche Unversehrtheit zu schützen, stehe dem Gesetzgeber ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu. Es sei nicht ersichtlich, dass dieser Spielraum überschritten worden sei oder nichts getan werde, um die staatlichen Schutzpflichten zu erfüllen. Die Schutzpflichten würden insbesondere nicht dadurch verletzt, dass soziale Kontakte unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen würden.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/rk20200512_1bvr102720.html

137. Versammlung zum Thema „Aufhebung der Lockdown-Maßnahmen“ am 12.05.2020 muss unter Auflagen erlaubt werden (VG Cottbus, Beschluss vom 12.05.2020, 3 L 215/20)

Das VG Cottbus hat einem Antrag teilweise stattgegeben und den Antragsgegner verpflichtet, eine Ausnahmegenehmigung für eine Versammlung zu erteilen, unter den Auflagen, dass die Anzahl der Versammlungsteilnehmer auf 50 Personen beschränkt würde, der Zugang zu der Versammlungsfläche durch ein Absperrband geregelt würde, alle Teilnehmer zueinander einen Abstand von 2 Metern einhalten, sowie weiteren Auflagen hinsichtlich einzusetzender Ordner und der Auflösung der Versammlung.

Die Erteilung der Ausnahmegenehmigung war nach Auffassung des Gerichts aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar.

Es liege ein „besonders begründeter Einzelfall“ gem. § 5 III der SARS-CoV-2-EindV in der maßgeblichen Fassung vor, da eine Versammlung zum Thema „Aufhebung der Lockdown-Maßnahmen“ sinnvollerweise nur durchgeführt werden kann, während die angegriffenen Beschränkungen bestehen. Inhalt und Zeitpunkt einer Versammlung werden durch den Versammlungsleiter bestimmt. Ein Verweis auf einen ungewissen späteren Zeitpunkt greife hingegen in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 I GG ein.

Die Versagung der Ausnahmegenehmigung sei in Anbetracht der konkreten Umstände des Einzelfalles nicht angemessen. Der Verweis auf Verstöße in der Vergangenheit lasse keine ausreichend belastbaren Rückschlüsse auf zu erwartende Verstöße im Rahmen der geplanten Versammlung zu. Zudem sei nicht allein der Antragsteller, sondern auch die zuständige Behörde zur Erstellung eines Konzepts zur weiteren Minimierung von Infektionsrisiken angehalten. Ein angemessener Interessenausgleich der betroffenen Grundrechte könne durch die vom Gericht genannten Auflagen hergestellt werden.

http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/279b/bs/10/page/sammlung.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=MWRE200001717&doc.part=L&doc.price=0.0#focuspoint

136. 800-Quadratmeter-Regelung: Großflächige Elektronikmärkte dürfen in Sachsen jetzt öffnen (OVG Bautzen, Beschlüsse vom 12.05.2020, 3 B 177/20, 3 B 178/20, 3 B179/20 und 3 B180/20)

Das OVG Bautzen hat vier Anträgen auf vorläufige Außervollzugsetzung von Regelungen der aktuellen sächsischen Verordnung hinsichtlich der Öffnung von Einzelhandelsgeschäften stattgegeben.

Nach den Ausführungen des OVG ist der Begriff der „für die Grundversorgung notwendigen Geschäfte“ nicht hinreichend bestimmt. Diese dürfen nach der angegriffenen Regelung ohne Beschränkung der Verkaufsfläche öffnen. In der Verordnung habe der Verordnungsgeber nicht deutlich gemacht, dass nicht nur danach unterschieden werden sollte, ob ein Geschäft den täglichen Bedarf oder die Grundversorgung decke, sondern auch darauf abgestellt werden sollte, ob ein Geschäft relevant für den Infektionsschutz sei. Daher könne auf dieses Ziel bei der Auslegung der Vorschrift nicht zurückgegriffen werden. Allein der Begriff „Grundversorgung“ lasse nicht erkennen, dass die Geschäfte der Betreiber nicht davon erfasst sind.

Auch im Warensortiment von Elektronikfachgeschäften seien Artikel vorhanden, die aus Sicht eines Normadressaten zur Grundversorgung gehören können. Da die Norm beispielhaft auch Sonnenstudios aufzähle, die eher dem Bereich „Wellness“ zugeordnet werden könnten, verliere der Begriff „Grundversorgung“ an Kontur. Warum Sonnenstudios oder Möbelhäuser der Grundversorgung zuzuordnen seien, habe der Verordnungsgeber nicht hinreichend begründet.

Pressemitteilung: https://www.justiz.sachsen.de/ovg/download/Medieninfo_7_2020.pdf  

135. Fitnessstudios in Bremen weiterhin geschlossen (OVG Bremen, Beschluss vom 12.05.2020, 1 B 144/20)

Das OVG Bremen hat einen Eilantrag auf vorläufige Außervollzugsetzung des Verbots, Fitnessstudios zu öffnen, abgelehnt.

Das Verbot kann nach Auffassung des OVG Bremen auf das Infektionsschutzgesetz gestützt werden und ist im Entscheidungszeitpunkt verhältnismäßig. Die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen, sei ein legitimer Zweck und die Schließung von Fitnessstudios sei zu dessen Erreichung geeignet und erforderlich.

Nach Auffassung des Gerichts liege der Schließung der Fitnessstudios ein Gesamtkonzept zur Verringerung persönlicher Kontakte zugrunde. Die Einhaltung von Abstands- oder Hygieneregeln sowie die Beschränkung der Besucherzahl sei nicht gleich wirksam.

Es liege keine Ungleichbehandlung vor, da Fitnessstudios mit Verkaufsstellen des Einzelhandels nicht zu vergleichen seien. Insbesondere die Möglichkeiten zur Kontaktvermeidung seien nicht zu vergleichen. Ebenfalls liege keine Ungleichbehandlung darin, dass die Öffnung von Freiluftsportanlagen ausnahmsweise zugelassen werden kann, da sich die für die Ansteckung verantwortlichen Aerosole draußen anders verteilten, als drinnen.

https://www.oberverwaltungsgericht.bremen.de/entscheidungen/detail.php?gsid=bremen72.c.18017.de&asl=bremen72.c.11265.de

134. Keine Außervollzugsetzung der Mund-Nasen-Bedeckung in Bremen (OVG Bremen, Beschluss vom 12.05.2020, 1 B 140/20)

Das OVG Bremen hat einen gegen die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung beim Betreten von Geschäften und bei der Nutzung von ÖPNV gerichteten Eilantrag abgelehnt.

Unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse schränke die Verpflichtung das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht unverhältnismäßig ein.

Der Zweck, die weitere Verbreitung des Corona-Virus trotz der erfolgten Lockerungen einzudämmen, sei legitim und die Verpflichtung, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, könne nach bisherigen Erkenntnissen dazu beitragen. Dabei habe sich die Verordnungsgeberin auf die Angaben des RKI stützen dürfen, wonach auch bereits einfache Bedeckungen aus Stoff die virusübertragenden Tröpfchen einfangen könnten. Die Verringerung des Risikos auf diese Weise sei trotz entgegenstehender Meinungen in der Wissenschaft nachvollziehbar, sodass die Verordnungsgeberin ihren Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum nicht überschritten habe.

Die Verpflichtung sei auch erforderlich und angemessen. Zu berücksichtigen sei, dass dadurch andere Lockerungen ermöglicht würden und die Verpflichtung aufgrund ihrer räumlichen und zeitlichen Beschränkung nicht schwerwiegend sei.

https://www.oberverwaltungsgericht.bremen.de/entscheidungen/detail.php?gsid=bremen72.c.18008.de&asl=bremen72.c.11265.de

133. Journalist hat Anspruch auf Auskunft über die Erlasse des Justizministeriums im Hinblick auf die Corona-Pandemie (VG Hannover, 12.05.2020, 4 B 2369/20)

Das VG Hannover hat einem Antrag eines Journalisten, der gestützt auf das Umweltinformationsgesetz (UIG) die Zugänglichmachung von Erlassen des Niedersächsischen Justizministeriums begehrte, stattgegeben. Hintergrund des Begehrens war die Auseinandersetzung mit der Frage, ob trotz der Einschränkungen des Gerichtsbetriebs in Niedersachsen die Unabhängigkeit der Justiz und das Grundrecht auf Zugang zu den Gerichten und effektiven Rechtsschutz sowie der Grundsatz der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen noch gewahrt seien.

Das VG Hannover stimmte dem Antragsteller darin zu, dass es sich bei den Erlassen um Umweltinformationen im Sinne des UIG handele. Der erforderliche Bezug zum Umweltbestandteil „Luft“ liege hier vor, da das Virus durch Aerosole übertragen werde und sich über die Luft verbreite und die Erlasse des Antragsgegners unter anderem bezwecken, die Luft in Bereichen, in denen sich vermehrt Menschen aufhalten, von Aerosolen frei zu halten, bzw. deren Anteil darin zu verringern.

Der Antragsteller habe auch die notwendige Dringlichkeit dargelegt. Aufgrund der dynamischen Entwicklung der Pandemie und des öffentlichen Meinungsbildes sei es wichtig, die vom Antragsteller aufgeworfenen Fragen im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit der Justiz und die Einflussnahme der Politik und Verwaltung auf die Rechtsprechung jetzt und zügig prüfen zu können, ohne den Abschluss der Hauptsache abwarten zu müssen.

Pressemitteilung: https://www.verwaltungsgericht-hannover.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/eilantrag-eines-journalisten-auf-auskunft-uber-die-corona-erlasse-des-niedersachsischen-justizministeriums-hat-erfolg-188285.html

132a. Keine Maskenpflicht in der Schule (VG Wiesbaden, Beschluss vom 11.05.2020, 6 L 485/20.WI)

In einem ablehnenden Beschluss führte das VG Wiesbaden aus, dass weder von Eltern noch von Schülern selbst ein Anspruch besteht, dass das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in der Schule verpflichtend angeordnet wird.

Nach der maßgeblichen Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus und im Hygieneplan des Hessischen Kultusministeriums seien bereits ausreichende Hygienemaßnahmen angeordnet, um eine Ansteckungsgefahr zur minimieren. Diese Vorgaben werden nach Auffassung des Verwaltungsgerichts eingehalten.

Im Übrigen werde das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ausdrücklich empfohlen. Warum dies verpflichtend sein solle, habe der Antragsteller nicht begründet.

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/keine-verpflichtung-zum-tragen-einer-mund-nasen-bedeckung-im-unterricht

132. Grundsätzliche Quarantänepflicht für aus dem Ausland Einreisende außer Vollzug gesetzt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.05.2020, 13 MN 143/20)

Das OVG Lüneburg setzte auf den Normenkontrollantrag eines Eigentümers einer Ferienhausimmobilie in Südschweden hin den § 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung einstweilig außer Vollzug, welcher aus dem Ausland Einreisende grundsätzlich einer Quarantänepflicht unterwirft. Nach Auffassung des Gerichts fehle es bereits an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage, da § 32 IfSG mangels Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 28 – 31 IfSG nicht ausreiche. Auch § 30 IfSG greife nicht, da ein aus dem Ausland Einreisender nicht pauschal als Krankheits- oder Ansteckungsverdächtiger angesehen werden könne. Dem Verordnungsgeber stehe es hingegen frei, aufgrund sachlicher Gründe bestimmte Risikogebiete auszuweisen, die die Verhängung von Quarantäne rechtfertigen.

https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/13-senat-setzt-grundsatzliche-quarantanepflicht-fur-aus-dem-ausland-einreisende-ausser-vollzug-188236.html

131. Erfolgloser Eilantrag eines Familienvaters gegen Kita-Notbetrieb (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.05.2020, 1 S 1216/20)

Der Antragsteller ging mittels Eilantrags gegen die Beschränkung des Kita-Betriebes auf eine Notbetreuung, die täglich zweieinhalb Stunden kürzer ausfällt als gewöhnlich, vor. Er rügt eine mittelbare Einschränkung seiner Berufsfreiheit als Selbständiger in der Immobilienbranche, mögliche entwicklungspsychologische Schäden bei den Kindern und ein hohes Belastungs- und Konfliktpotenzial in Familien.

Der VGH lehnte den Antrag ab. Die Schließung der Kitas stütze sich mit § 33 IfSG auf eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage. Beeinträchtigungen in seinen Grundrechten aus Art. 12 GG und Art. 2 Abs. 1 GG habe der Antragsteller wegen des hohen Gewichts des Gesundheitsschutzes hinzunehmen. Zudem sei die Notbetreuung bereits eine angemessene Kompromisslösung. Auch liege kein Eingriff in den Schutzbereich des grundrechtlichen Familienschutzes aus Art. 6 Abs. 1 GG vor, da kein Eingriff in das Zusammenleben der Familie als solches erfolge.

https://verwaltungsgerichtshof-baden-wuerttemberg.justiz-bw.de/pb/,Lde/6282406/?LISTPAGE=1213200

130. Erfolgloser Eilantrag gegen Schließung des Westfleisch-Betriebes (VG Münster, Beschluss vom 09.05.2020, 5 L 400/20)

Das VG Münster lehnte einen Eilantrag der Firma Westfleisch ab, die aufgrund positiver Corona-Tests von Beschäftigten durch das Gesundheitsamt angeordnete befristete Schließung ihres Betriebes am Standort Coesfeld auszusetzen.

Die Schließungsanordnung sei nach summarischer Prüfung voraussichtlich rechtmäßig. Neben den positiven Tests gebe es auch Probleme, den Mindestabstand von 1,50 m einzuhalten und der Mund-Nasen-Schutz werde nicht korrekt getragen. Die unzureichenden Organisationsmaßnahmen böten jedenfalls keinen hinreichend verlässlichen Schutz, Neuinfektionen zu verhindern, Infektionsketten zu unterbrechen und nachzuvollziehen. Das Gericht erkannte keine Ermessensfehler der Behörde. Ein staatliches Eingreifen sei geboten. Die der Antragstellerin drohenden Nachteile seien rein finanzieller Natur und hätten nach Auffassung des Gerichts hinter dem Lebens- und Gesundheitsschutz der Mitarbeiter und möglicher Kontaktpersonen zurückzutreten.

https://www.vg-muenster.nrw.de/behoerde/presse/10_pressemitteilungen/13_200510/index.php

129. Kein Anspruch auf NRW-Soforthilfe im Eilverfahren wegen privater Existenzgefährdung (VG Köln, Beschluss vom 08.05.2020, 16 L 787/20)

Die Antragstellerin, eine Solo-Selbständige, wandte sich gegen die Ablehnung ihres Online-Antrags auf Gewährung von „NRW-Soforthilfe 2020“ in Höhe von EUR 9.000,00 durch die Bezirksregierung Köln. Den Eilantrag lehnte das VG Köln ab.

Die Gewährung der Soforthilfe im Eilverfahren sei nur unter strengen Voraussetzungen möglich, so wenn ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens bedroht sei. Dem Sinn und Zweck der Vorschrift entspreche jedoch nicht die Gewährung bei privater Existenzgefährdung, auf welche sich die Antragstellerin berief. Für den persönlichen Lebensunterhalt könne wiederum Arbeitslosengeld II vereinfacht beantragt und verwendet werden. Die Antragstellerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass überhaupt Verbindlichkeiten des Unternehmens bestünden, sondern habe ausschließlich auf ihre private Existenzgefährdung abgestellt.

https://www.justiz.nrw/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/08_05_2020_1/index.php

128. Keine Außervollzugsetzung der Bayerischen Einschränkungen wegen Corona-Pandemie (VerfGH Bayern, Beschluss vom 08.05.2020, Vf. 34-VII-20)

Die Antragsteller erhoben Popularklage mit dem Ziel, unter anderem die Dritte BayIfSMV für verfassungswidrig und nichtig erklären zu lassen und stellten den Eilantrag, die Regelungen sofort außer Vollzug zu setzen. Sie wandten sich gegen die Verbote von Veranstaltungen und Versammlungen, öffentlicher Gottesdienste, die Schließung von Freizeiteinrichtungen und Gastronomiebetrieben sowie Beherbergungsbetrieben und den Vorbehalt, Veranstaltungen nur unter den infektionsschutzrechtlichen Voraussetzungen stattfinden lassen zu dürfen. Zudem richtete sich der Antrag gegen die Untersagung des Besuchs von Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Altenheimen, die Einschränkung des Hochschulbetriebes, die Kontaktbeschränkungen und die Maskenpflicht.

Der VerfGH erkannte ein Rechtsschutzbedürfnis nur für die aktuell geltende Fassung der Dritten BayIfSMV an. Während die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptverfahren offen seien, falle eine Folgenabwägung zu Lasten der Antragsteller aus. Die Annahme einer Gefahr für Leib und Leben vieler Menschen durch die Pandemie sei weiterhin nachvollziehbar. Die Maßnahmen, insbesondere auch die Maskenpflicht, seien verhältnismäßige Mittel zu diesem Schutz. Zwar stellen nach Auffassung des Gerichts die Maßnahmen tiefgreifende Grundrechtseingriffe dar, jedoch überwiege die Gefahr der steigenden Ansteckungsrate (Erkrankung vieler Personen, Überlastung des Gesundheitssystems) bei Außervollzugsetzung der Regelungen das Interesse der Antragsteller. In die Prüfung der Verhältnismäßigkeit sei ebenfalls einzubeziehen, dass bereits spürbare Lockerungen der Maßnahmen in der aktuellen Fassung der Verordnung vorgenommen wurden.

https://www.bayern.verfassungsgerichtshof.de/media/images/bayverfgh/34-vii-20-pressemitt-entscheidung.e.a.pdf

127c. Kein erhöhtes Ansteckungsrisiko in nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten (OLG Hamm, Beschluss vom 07.05.2020, III-3 Ws 157/20)

Die Haftbeschwerde eines Angeklagten in Untersuchungshaft hatte keinen Erfolg. Er machte geltend, aufgrund einer Vorerkrankung besonders gefährdet zu sein, sich mit dem SARS-CoV-2-Virus anzustecken und infolgedessen schwere gesundheitliche Schäden zu erleiden.

Nach den Ausführungen des OLG Hamm sei nicht zu befürchten, dass der Gefangene bei Fortdauer der Untersuchungshaft mit unumkehrbaren, schwerwiegenden Schäden an seiner Gesundheit oder dem Tode rechnen müsse. Ob er zu einer Risikogruppe gehöre, könne damit dahinstehen.

Es bestehe kein Grund zu der Annahme, dass in nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten ein erhöhtes Infektionsrisiko bestehe. Die Quote der mit dem Virus infizierten Personen liege außerhalb von Gefängnissen mindestens viermal höher als bei Gefangenen. Eine signifikant erhöhte Dunkelziffer im Justizvollzug sei nicht zu befürchten.

In der Justizvollzugsanstalt, in der der Angeklagte einsitze, sei bisher noch kein Krankheitsfall bekannt geworden. Dies und die geringe Zahl von vier positiv getesteten Gefangenen in NRW (Stand 04.05.2020, 14:00 Uhr) zeige, dass die ergriffenen Maßnahmen im Entscheidungszeitpunkt ausreichend seien, um den Angeklagten zu schützen.

https://www.olg-hamm.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilung_archiv/02_aktuelle_mitteilungen/019_20_PE_Corona-Risiko-Gefaengnisse.pdf

127b. Aufhebung der Wohnverpflichtung einer schwangeren Asylsuchenden wegen Corona-Ansteckungsgefahr (VG Münster, Beschluss vom 07.05.2020, 6a L 365/20)

Dem antragstellenden Ehepaar wurde im Rahmen des Asylverfahrens eine Wohnverpflichtung auferlegt. Das VG Münster gab dem Land NRW auf, die Wohnverpflichtung der schwangeren Asylsuchenden und ihres Ehemannes zum Schutz vor einer Infektion mit dem Corona-Virus vorläufig zu beenden.

Das Gericht führte aus, dies diene der Seuchenprävention und sei zum Schutz der Antragsteller vor einer Ansteckung geboten. Die aktuell geltenden Regelungen zur Kontaktbeschränkung zeigen, dass nach Ansicht des Verordnungsgebers eine Ausbreitung der Krankheit insbesondere durch das Zusammentreffen von Menschen erfolge. Dies gelte auch für Asylbewerberunterkünfte. Dabei sei die Antragstellerin wegen ihrer weit fortgeschrittenen Schwangerschaft als besonderes gefährdet anzusehen.

Der Antragsgegner habe den Beschreibungen der Antragsteller zu den unzureichenden Hygienezuständen in der betreffenden Unterkunft nicht widersprochen. Diesen abzuhelfen sei Aufgabe des Antragsgegners. Der Antragsgegner habe aber nicht hinreichend dargelegt, welche Maßnahmen ergriffen würden, um einen ausreichenden Schutz vor einer Ansteckung in der Einrichtung zu gewährleisten.

Pressemitteilung: https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/11_05_2020_/index.php

127a. Erfolglose Eilanträge gegen Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung (VG Berlin, Beschlüsse vom 07.05.2020, VG 14 L 76/20 u.a.)

Das VG Berlin hat mehrere Eilanträge gegen die nach der Berliner Corona-Verordnung bestehende Pflicht, etwa im öffentlichen Nahverkehr und beim Einkaufen einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, zurückgewiesen. Zwar stelle diese Maßnahme einen Eingriff in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit dar. Dieser sei jedoch mit dem Ziel, Neuinfektionen vorzubeugen, nach summarischer Prüfung verhältnismäßig und gerechtfertigt. Andere, mildere Mittel seien nicht ersichtlich. Da das Tragen der Bedeckung lediglich eine Unannehmlichkeit und nur in bestimmten, zeitlich begrenzten Situationen nötig sei, hätten die Interessen der Antragsteller einstweilig hinter dem gewichtigen Schutzgut der Gesundheit der Bevölkerung zurückzustehen.

https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.930958.php

127. Stadt Köln darf Teilnahme an Versammlung nicht an Zwang zur Namensangabe knüpfen (VG Köln, Beschluss vom 07.05.2020, 7 L 809/20)

Das VG Köln verpflichtete mittels Eilbeschlusses die Stadt, die Genehmigung einer Versammlung auf dem Kölner Neumarkt anlässlich des Kriegsendes ohne die Verpflichtung zur Erstellung einer Teilnehmerliste mit Name, Anschrift und Telefonnummer zu erteilen. Die Liste sollte bei Bedarf vom Gesundheitsamt angefordert werden können, um bei Corona-positiv getesteten Personen Infektionsketten nachvollziehen zu können.

Das Gericht sah die Eintragung als zwingende Voraussetzung der Teilnahme als unverhältnismäßig an. Das Grundgesetz schütze das Recht auf anonyme Teilnahme. Einerseits sei die Richtigkeit der Eintragungen nicht gewährleistet. Andererseits gingen von einer voraussichtlich diszipliniert durchgeführten Demonstration mit Abstandsgebot keine größeren Infektionsgefahren aus als von vielen jetzt wieder erlaubten Tätigkeiten.

https://www.justiz.nrw/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/07_05_2020_/index.php

126. Tattoo-Stechen außerhalb des Gesichtsbereichs erlaubt (OVG Schleswig, Beschluss vom 07.05.2020, 1 B 74/20)

Das Gericht stellte im Wege einer einstweiligen Anordnung fest, dass die Untersagung der Dienstleistung des Tätowierens außerhalb des Gesichtsbereichs die Antragstellerin in nicht gerechtfertigter Weise in ihrer Berufsausübungsfreiheit beschränkt. Es liege kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung jedenfalls von Anbietern von Kosmetikdienstleistungen, Nagelstudios und Nageldesignern einerseits und Tätowierern andererseits vor (Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG). Jedoch sei der Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers bei der Prognose, welche Bereiche des öffentlichen Lebens stufenweise wieder hochgefahren werden können, weit. Eine gleichzeitige Aufhebung der Betriebsverbote für die unterschiedlichen Branchen der Körperpflege sei nicht geboten.

https://www.schleswig-holstein.de/DE/Justiz/OVG/Presse/PI_VG/07052020_Corona_Tattoo.html

125. 800-Quadratmeter-Regelung: Eilantrag der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH abgelehnt (OVG Bremen, Beschluss vom 07.05.2020, 1 B 129/20)

Das OVG Bremen lehnte einen Antrag der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Außervollzugsetzung des Öffnungsverbotes für Einzelhandelsbetriebe über eine Verkaufsfläche von 800qm hinaus durch die Zweite CoronaVO des Landes Bremen ab.

Im Entscheidungszeitpunkt sei die Maßnahme immer noch verhältnismäßig, um weitere Ansteckungen zu verhindern. Die Begrenzung der Verkaufsfläche diene der leichteren Überwachung der infektionsrechtlichen Vorgaben und zur Verringerung der großen Anziehungskraft größerer Einzelhandelsgeschäfte. Auch stelle diese Beschränkung keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar. Die Privilegierung von großflächigen Kraftfahrzeug- und Fahrradläden (§ 9 Abs. 3 Zweite CoronaVO) sei gerechtfertigt, da diese aufgrund ihrer ausschließlich dezentralen Lage und der dort angebotenen überwiegend langlebigen Produkte ein besonders geringes Risiko eines großen Besucherandranges aufwiesen. Die Privilegierung des Buchhandels rechtfertige sich wiederum wegen seines besonderen Versorgungsauftrages.

https://www.oberverwaltungsgericht.bremen.de/sixcms/media.php/13/PressOVG200508_Galeria%20Karstadt%20Corona_.pdf

124. Schulschließungen und Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts in Berlin ist rechtmäßig (VG Berlin, Beschluss vom 07.05.2020, 3 L 166/20 und 3 L 167/20)

Nach Auffassung des VG Berlin durfte das Land Berlin die öffentlichen Schulen wegen der Corona-Pandemie vorübergehend schließen und den Präsenzunterricht nunmehr schrittweise, differenziert nach Klassenstufen, wieder aufnehmen.

Beide Maßnahmen fänden im Infektionsschutzgesetz eine gesetzliche Grundlage. Der Zugang zur Schulbildung sei durch die Schließung nicht verhindert, sondern nur vorübergehend verändert worden. Dies sei für eine kurzfristige Übergangszeit tolerabel, sofern die Maßnahmen ständig überprüft würden und ein angemessener Heimunterricht durch entsprechende Angebote möglich sei.

Es sei außerdem gerechtfertigt und entspreche dem Konzept der Kultusministerkonferenz, die Aufnahme des Präsenzunterrichts nach Jahrgangsstufen zu staffeln, da es bisher nicht sicher absehbar sei, wie sich der Präsenzunterricht auf das Infektionsgeschehen auswirke, und um die bisherigen Erfolge der Eindämmungsmaßnahmen nicht zu gefährden.

Mit den Abschlussklassen zu beginnen, sei zudem sachgerecht und entspreche im Übrigen auch dem abgestimmten Vorgehen der Bundesländer.

Pressemitteilung: https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.929561.php

123. Maskenpflicht in Bayern bleibt (VGH München, Beschluss vom 07.05.2020, 20 NE 20.926)

Ein gegen die Maskenpflicht in Bayern gerichteter Eilantrag gegen eine vom Bayrischen Staatsministerium erlassene Verordnung war erfolglos.

Nach Auffassung des VGH München enthält das Infektionsschutzgesetz eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung zum Tragen einer Maske in Geschäften und im öffentlichen Nahverkehr.

Da die Verordnung keine gesetzliche Befreiungsmöglichkeit von der Maskenpflicht vorsehe, sei der Erfolg in der Hauptsache zwar offen. Im Rahmen der im Eilverfahren zu treffenden Folgenabwägung sei jedoch eine vorläufige Außervollzugsetzung der angegriffenen Normen nicht dringend geboten.

Der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Bevölkerung habe größeres Gewicht als die nur die Lebensbereiche des Einkaufens und des Personennahverkehrs betreffende Einschränkung der Freiheitsgrundrechte durch die Maskenpflicht, die auch zeitlich befristet sei. Durch die Verpflichtung zum Tragen einer Bedeckung von Mund und Nase sei es bei Einhaltung der allgemeinen Hygiene- und Abstandsregeln möglich, andere Beschränkungen und Verbote aufzuheben oder zu lockern.

http://www.vgh.bayern.de/media/bayvgh/presse/pressemitteilung_maskenpflicht__3.baylfsmv_.pdf

122c. Eilrechtsschutz gegen Existenzgefährdung eines Fitnessstudios durch nachgeforderte Sozialversicherungsbeiträge während der Corona-Krise (LSG Bayern, Beschluss vom 06.05.2020, L 7 BA 58/20 B ER)

Das Landessozialgericht Bayern bewahrte ein Fitnessstudio vor der Insolvenz, indem es die Aussetzung der Vollziehung einer Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie die Rückzahlung bereits eingezogener Beiträge anordnete. Die Liquiditätsprobleme gingen nach Auffassung des Gerichts glaubhaft nur auf die befristeten Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus zurück. Eine aktuelle Durchsetzung der Forderung erscheine unbillig. Zudem stehe das Fortbestehen des Betriebs der Antragstellerin mit mehreren Arbeitnehmern und monatlichen Beiträgen zur Sozialversicherung auch im Interesse der Solidargemeinschaft.

https://www.lsg.bayern.de/presse/mitteilungen/neue/45244/index.php

122b. Kein Mehrbedarf für Sozialhilfeempfänger aufgrund Bevorratung in der Corona-Krise (LSG Hessen, Beschluss vom 06.05.2020, L 4 SO 92/10 B ER)

Ein schwerbehinderter Sozialhilfeempfänger wandte sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf eine sofortige Pandemie-Beihilfe in Höhe von EUR 1.000 sowie eine Erhöhung der Regelleistung um monatlich EUR 100 zur Bevorratung mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln, deren Verfügbarkeit nach Auffassung des Antragstellers auszufallen drohe. Das Gericht lehnte den Eilantrag ab. Ein akuter Mehrbedarf sei nicht zu erkennen. Empfohlen sei durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe nur eine Bevorratung für 10 bis 14 Tage, von der Bevorratung größerer Menge werde explizit abgeraten. Auch sei eine Gefährdung der Lebensmittelversorgung aufgrund der aktuellen Ereignisse nicht zu erwarten. Zudem seien die Kosten zur Bevorratung durch den Regelsatz gedeckt, zumal enthaltene Kosten z.B. für Freizeit, Unterhaltung, Kultur, Verkehr und Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen derzeit nicht oder nur eingeschränkt anfielen.

https://sozialgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/kein-mehrbedarf-f%C3%BCr-sozialhilfeempf%C3%A4nger-wegen-bevorratung-aufgrund-der-corona

122a. Untersagung der Nutzung der Wasserfläche eines Stausees rechtmäßig (VG Aachen, Beschluss vom 06.05.2020, 7 L 313/20)

Der Antragsteller wandte sich gegen die Untersagung der Nutzung der Wasserfläche eines Stausees als Badeort durch eine Allgemeinverfügung und stellte einen Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung mit der Begründung, ihm stehe nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 11 GG das Recht zu, bestimmte öffentliche Orte wie den See aufzusuchen. Außerdem sei der See kein Schwimmbad i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 CoronaSchVO NRW. Das Verbot sei unverhältnismäßig.

Das Gericht lehnte den Antrag ab. Die Interessenabwägung falle zu Lasten des Antragsteller aus, da die Allgemeinverfügung nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig sei. Taugliche Ermächtigungsgrundlage dafür sei § 28 Abs. 1 IFSG und der CoronaSchVO NRW, deren Voraussetzungen erfüllt seien. Es sei kein Ermessensfehler der Antragsgegnerin ersichtlich. Die Untersagung der Nutzung der Gewässerfläche sei ein geringerer Eingriff als die Sperrung des gesamten Seegeländes. Gerade im Hinblick auf den Mangel an anderen Freizeitmöglichkeiten sei eine verstärkte Nutzung noch vorhandener Bademöglichkeiten zu erwarten. Selbst wenn das Gericht von offenen Erfolgsaussichten der Klage ausginge, wäre eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Allgemeinverfügung nicht gegeben, da der beabsichtigte Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung die Interessen des Antragstellers überwiege.

https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_aachen/j2020/7_L_313_20_Beschluss_20200506.html

122. Keine Öffnung von Gastronomiebetrieben in NRW (OVG Münster, Beschluss vom 06.05.2020, 13 B 583/20.NE)

Die aktuelle Schließung der Gastronomiebetriebe ist nach Auffassung des OVG Münster nicht zu beanstanden, es lehnte den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.

Nach einer vorläufigen Bewertung sei die andauernde Schließung von Gastronomiebetrieben voraussichtlich verhältnismäßig. Bei der Fortschreibung der angegriffenen Regelung bis zum Ablauf des 10.05.2020 habe der Verordnungsgeber davon ausgehen dürfen, dass die Corona-Pandemie nach wie vor eine ernstzunehmende Gefahrensituation begründe, die staatliches Einschreiten nicht nur rechtfertige, sondern mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates für Leben und Gesundheit der Bevölkerung weiterhin gebiete.

Die Wirkung von möglichen Schutzmaßnahmen sei erkennbar nur begrenzt, sodass eine Öffnung der Betriebe unter Schutzmaßnahmen kein eindeutig ebenso geeignetes Mittel darstelle. Auch das Ziel, soziale Kontakte zu verringern, könne durch eine Öffnung unter Auflagen nicht erreicht werden. Unter Abwägung der betroffenen Grundrechtspositionen sei eine andauernde Schließung derzeit noch angemessen.

https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/40_200506/index.php

121. Schließung von Zeltplätzen für Dauercamper bestätigt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05.05.2020, OVG 11 S 38.20)

Nach Auffassung des OVG Berlin-Brandenburg ist es nicht unverhältnismäßig, dass das bis zum 08.05.2020 befristete Beherbergungsverbot eine Privilegierung für die Vermietung oder Verpachtung von Ferienwohnungen und –häusern mit einer Vertragslaufzeit von mindestens einem Jahr enthält, diese Ausnahme aber nicht für Campingplätze und dort beherbergte Dauercamper gilt.

Der Verordnungsgeber habe zutreffend davon ausgehen dürfen, dass  auf Campingplätzen Gemeinschaftsanlagen genutzt würden und deshalb dort eine erhöhte Infektionsgefahr bestehe. Aufgrund dieser typischerweise auf Campingplätzen erhöhten Infektionsgefahr verstoße es nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, für Dauercamper nicht die gleiche Ausnahmeregelung wie für langfristig vermietete Ferienwohnungen und –häuser zu treffen.

Pressemitteilung: https://www.berlin.de/gerichte/oberverwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.929165.php

120. Maskenpflicht in Hessen bleibt (VGH Kassel, Beschluss vom 05.05.2020, 8 B 1153/20.N)

Der VGH Kassel begründete seinen ablehnenden Beschluss damit, dass sich die angegriffene Regelung in der aktuellen hessischen Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus bei summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig erweise, noch eine Außervollzugsetzung der Regelung geboten sei.

Die Regelung diene dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und einer Entgegenwirkung einer Überlastung des Gesundheitssystems. Zur Erreichung dieses Zwecks sei die Regelung, in bestimmten Einrichtungen, insbesondere Post- und Bankfilialen sowie Lebensmittelgeschäften eine Maske zu tragen, geeignet und notwendig.

Pressemitteilung: https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/sog-maskenpflicht-wird-nicht-au%C3%9Fer-vollzug-gesetzt

119. 800-Quadratmeter-Regelung: Überwiegend erfolgreicher Eilantrag gegen die teilweise Schließung von Einzelhandelsgeschäften mit mehr als 800 m² Verkaufsfläche (VG Hamburg, Beschluss vom 05.05.2020, 7 E 1804/20)

In dem Beschluss führte das VG Hamburg aus, dass die Untersagung des Betriebs zweier Einzelhandelsgeschäfte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 m² die Betreiberin der Sportwarengeschäfte in ihrer Berufsfreiheit verletze.

Dem Verordnungsgeber sei im Hinblick auf die dynamische Lage zwar ein erheblicher Spielraum eingeräumt. Er habe aber auch die Pflicht, sein Vorgehen zu begründen und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben darzulegen. Weder den Materialien zu der Eindämmungsverordnung, noch den Angaben im Verfahren lasse sich jedoch entnehmen, welches Gesamtkonzept die Stadt verfolge. Ein legitimer Zweck der Maßnahmen sei daher nicht erkennbar.

Die Antragstellerin dürfe jedoch nur solche Bereiche ihrer Einzelhandelsgeschäfte für den Publikumsverkehr öffnen, bei denen sichergestellt sei, dass diese jederzeit im Blick des vor Ort tätigen Personals lägen. Der Personaleinsatz müsse zudem so geplant sein, dass neben der Beobachtung des Besucherverhaltens auch ein wirksames Eingreifen zur Durchsetzung der nach der Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus erforderlichen Betriebsregeln jederzeit möglich sei.

Die Stadt hat gegen die Entscheidung Beschwerde eingelegt und den Erlass einer Zwischenverfügung beantragt.

Pressemitteilung: https://justiz.hamburg.de/aktuellepresseerklaerungen/13899162/pressemitteilung/     

Volltext: https://justiz.hamburg.de/contentblob/13899258/2829759f4080094735367e1079432383/data/7e1804-20.pdf

118. Eilantrag gegen Maskenpflicht im Unterricht erfolgreich (VG Gera, Beschluss vom 05.05.2020, 3 E 617/20 Ge)

Der Antragsteller, ein privater Schulträger, wandte sich gegen eine Allgemeinverfügung der Stadt Jena, mit der die Schüler verpflichtet wurden, im Unterricht eine Schutzmaske zu tragen, wenn die Schule kein vom örtlichen Gesundheitsamt bestätigtes Hygienekonzept vorlegt.

Nach Auffassung des VG Gera darf eine kommunale Gesundheitsbehörde zwar weitere Schutzmaßnahmen anordnen, als dies das zuständige Landesministerium für erforderlich gehalten hat. Die Stadt habe hier jedoch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht ausreichend beachtet und die verschärften Hygieneanforderungen nicht mit ortsbezogenen Besonderheiten begründet.

Es sei jedoch auf die jeweilige epidemiologische Situation im Ort und die Besonderheiten der jeweiligen Bildungseinrichtung abzustellen. Insbesondere seien nicht die strenge Lüftungsregelung der Schule und die niedrigen Fallzahlen im Stadtgebiet berücksichtigt worden. Ziel aller Maßnahmen dürfe nur sein, eine Überlastung des Gesundheitssystems durch eine hohe Zahl von Neuinfektionen zu verhindern, nicht aber, das Ansteckungsrisiko auf Null zu reduzieren.

Es sei zudem nicht ersichtlich, warum die Antragsgegnerin in Bezug auf den Schulunterricht strengere Regelungen angeordnet habe, als für gewerbliche Arbeitsplätze in geschlossenen Räumen.

http://www.vgwe.thueringen.de/webthfj/webthfj.nsf/A34A920928E16E26C1258560003655BC//20-3E-00617-B-A.pdf?OpenElement

117. Grundschullehrer müssen Präsenzunterricht erteilen (VG Gießen, Beschluss vom 05.05.2020, 5 L 1592/20.GI und VG Frankfurt, Beschluss vom 05.05.2020, 9 L 1127/20.F)

Die Konrektorin einer Grundschule wollte eine Freistellung vom Präsenzunterricht erreichen, da sie den Hygieneplan der Schule unter den aktuellen Umständen nicht für ausreichend erachtete.

Das VG Gießen hat den Eilantrag abgelehnt, da derzeit nicht überprüft werden könne, ob tatsächlich die Gesundheit der Lehrerin durch den Präsenzunterricht gefährdet sei. Es stehe zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht fest, wann und unter welchen Bedingungen der Unterricht in Grundschulen in Hessen wieder aufgenommen werde und welche Vorsorgemaßnahmen von den Schulbehörden ergriffen würden. Erst dann sei eine Überprüfung durch das Gericht möglich. Im Übrigen müsse die Antragstellerin zunächst den Dienstherrn und dessen medizinischen Dienst einschalten und dort ihre Bedenken vortragen.

Ähnlich hat das VG Frankfurt in einem vergleichbaren Verfahren entschieden und die besondere Eilbedürftigkeit des Antrags abgelehnt, da die Rückkehr aller Grundschüler, oder wenigstens eines überwiegenden Teils der Schüler an die Grundschulen vor den Sommerferien nicht zu erwarten sei und eine Wiederaufnahme des Normalbetriebes somit nicht zu erwarten sei.

Ferner betonte das VG Frankfurt, dass durch den am 22. April 2020 veröffentlichten Hygieneplan Corona für die Schulen in Hessen konkrete Handlungsanweisungen für ein stufenweises „Anfahren“ des Unterrichts erlassen worden seien. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf eine „Nullrisiko-Situation“ in der Schule. Das Gericht erinnerte im Übrigen an die Treuepflicht der Lehrerin als Beamtin.

VG Gießen: https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200501493&wt_mc=pushservice&cmsuri=/juris/de/nachrichten/zeigenachricht.jsp

VG Frankfurt: https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/hinreichende-vorkehrungen-frankfurter-schule-f%C3%BCr-stufenweises-%E2%80%9Eanfahren%E2%80%9C-des

116. Aus Spanien eingereiste Frau muss zwei Wochen in Quarantäne (VG Dresden, Beschluss vom 05.05.2020, 6 L 294/20)

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts war die Anordnung des zuständigen Gesundheitsamtes, wonach eine über den Landweg aus Spanien eingereiste Frau in Quarantäne bleiben sollte, von der geltenden Sächsischen Corona-Quarantäne-Verordnung gedeckt.

Aus den Schilderungen der Antragstellerin habe sich nicht ergeben, dass eine Infektion ausgeschlossen werden könne oder Anspruch auf eine Einzelfallbefreiung bestehe. Dem stehe auch nicht entgegen, dass sie bereits in Spanien eine Ausgangssperre eingehalten habe. Dieser Umstand sei bei Erlass der Verordnung berücksichtigt worden und schließe eine Ansteckung bei Einkäufen oder auf der Reise nicht aus.

Die Regelungen der Quarantäne-Verordnung seien zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Virus geeignet, erforderlich und angemessen.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200501490&wt_mc=pushservice&cmsuri=/juris/de/nachrichten/zeigenachricht.jsp

115. Keine Außervollzugsetzung der Maskenpflicht in Niedersachsen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 05.05.2020, 13 MN 119/20)

Das OVG Lüneburg lehnte einen Normenkontrolleilantrag gegen die niedersächsische Maskenpflicht im ÖPNV und beim Einkaufen mit der Begründung ab, dass die für den weiteren Vollzug der bis zum 06.05.2020 angeordneten Maskenpflicht sprechenden Gründe im Rahmen einer Folgenabwägung die von der Antragstellerin geltend gemachten Gründe überwiegen.

Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache seien nach Auffassung des OVG als offen anzusehen. Würde die Antragstellerin vorübergehend zu Unrecht zur Befolgung der Schutzmaßnahme verpflichtet, sei dies ein verhältnismäßig geringer Eingriff, denn die Maßnahme sei nur mit einem geringen Aufwand verbunden und ihr bleibe eine hinreichende Selbstbestimmung über den hygienischen Zustand ihrer Mund-Nasen-Bedeckung erhalten. Zudem sei eine Ausnahme von der Verpflichtung möglich.

Würde im Gegensatz dazu die Verpflichtung vorläufig ausgesetzt, obwohl sie sich nachträglich als eine objektiv notwendige Schutzmaßnahme im Sinne der §§ 28 Abs. 1 Satz 1, 32 Satz 1 IfSG herausstelle, die auch geeignet, erforderlich und angemessen war, bliebe die Möglichkeit einer effektiven Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus ungenutzt und es bestehe eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung.

Angesichts dieser Folgenabwägung müsse der Eingriff von der Antragstellerin daher vorübergehend hingenommen werden.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200501491&wt_mc=pushservice&cmsuri=/juris/de/nachrichten/zeigenachricht.jsp

114. Eilantrag gegen die Schließung von Mietwaschplätzen erfolgreich (VG Osnabrück, Beschluss vom 05.05.2020, 3 B 22/20)

Die Schließung von Mietwaschplätzen für Autos aufgrund der Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus ist nach einer Entscheidung des VG Osnabrück voraussichtlich rechtswidrig.

In dem zu entscheidenden Fall handelt es sich um seitlich abgeschlossene Boxen, in denen Fahrzeuge mit Hochdruckreinigern gereinigt werden können. Die Hochdruckreiniger werden durch Münzeinwurf in Betrieb gesetzt.

Das VG führte aus, dass die Schließung solcher Mietwaschplätze bereits nicht von der Verordnung gedeckt sei. Daneben sei nicht erkennbar, wie der Betrieb eines solchen Mietwaschplatzes die Infektionsgefahr erhöhen könnte, da die Mietwaschplätze vollständig ohne Kontakt mit anderen Menschen benutzt würden.

Pressemitteilung: https://www.verwaltungsgericht-osnabrueck.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/eilantrag-gegen-die-schliessung-von-mietwaschboxen-aufgrund-der-niedersachsischen-verordnung-zum-schutz-vor-neuinfektionen-mit-dem-corona-virus-erfolgreich-188063.html

113. Keine Antragsbefugnis für Wiederaufnahme des Unterrichts der 6. Jahrgangsstufe (VG Greifswald, Beschluss vom 04.05.2020, 4 B 464/20 HGW)

Eine Schülerin der 6. Jahrgangsstufe, die erreichen wollte, dass in ihrer Schule ab dem 04.05.2020 wieder die 6. Jahrgangsstufe unterrichtet wird, hat keine Antragsbefugnis. Ihr Eilantrag wurde als unzulässig abgelehnt.

Das Gericht verwies darauf, dass die Schülerin nur eigene Rechte geltend machen könne. Indem sie die Wiederaufnahme des Unterrichts für die gesamte Jahrgangsstufe begehrte, mache sie aber fremde Rechte geltend. Hier handele es sich um ein Recht des Schulträgers im Rahmen seiner innerschulischen Organisation.

Der Schülerin fehlte zudem das Rechtsschutzbedürfnis, da sie sich vor Stellung des Eilantrags bei Gericht nicht mit einem entsprechenden Antrag an die Verwaltungsbehörde gewandt hatte.

https://www.juris.de/jportal/portal/t/1tkj/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200501473&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

112. 800-Quadratmeter-Regelung: Möbelhaus in Hessen darf vollständig öffnen (VG Gießen, Beschluss vom 04.05.2020, 4 L 1608/2018.GI)

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts verletzt die Regelung in § 1 Abs. 7 der 4. Corona-VO, wonach Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 m² schließen müssen, die Firmenbetreiber in ihrer Berufsausübungsfreiheit.

Diese Regelung ist nach Auffassung des VG Gießen nicht verhältnismäßig. Es hat festgestellt, dass die Möbelstadt Sommerlad in Hessen vorläufig auch ohne Reduzierung der Verkaufsfläche auf 800 m² öffnen darf.

Durch die Regelung sei das Gleichheitsgebot aus Art. 3 I GG verletzt, weil andere Betriebe von der Beschränkung auf 800 m² ausgenommen seien, ohne dass es für diese Ungleichbehandlung sachliche Gründe gebe. Vielmehr sei es so, dass aufgrund der dezentralen Lage des Möbelhauses und des vorgelegten Sicherheitskonzepts gerade nicht mit einer erhöhten Gefahr von Menschenansammlungen und einer erhöhten Nutzung des ÖPNV zu rechnen sei.

Pressemitteilung:

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/sites/verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/files/pm_Sommerlad_0.pdf

111. Betriebsuntersagung für ein Einzelhandelsgeschäft in einem Einkaufszentrum rechtmäßig (VGH München, Beschluss v. 04.05.2020 – 20 CE 20.951)

Das Verwaltungsgericht Regensburg hatte vorläufig festgestellt, dass der Antragsteller sein Einzelhandelsgeschäft für Herrenmode in einem Einkaufszentrum mit einer Fläche von 566 m² in R. ab dem 27. April 2020 wieder öffnen dürfe (vgl. Nr. 87a.).

Die hiergegen gerichteten Beschwerden der Antragsgegnerin und der Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses waren erfolgreich.

Der ursprünglich eingelegte Antrag ist nach Auffassung des VGH bereits unzulässig, weil zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis bestehe, da die im Streit stehenden Verpflichtungen aus der aktuell geltenden bayerischen Rechtsverordnung nach § 32 Satz 1 IfSG nicht zwischen den Beteiligten dieses Rechtsstreits bestünden.

Adressat der Betriebsbeschränkungen für Ladengeschäfte, Einkaufszentren und Kaufhäuser sei der jeweilige Betreiber der genannten Einrichtungen. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, der zunächst die Betreiber von Ladengeschäften, Einkaufszentren und Kaufhäusern in § 4 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 5 ausdrücklich verpflichte. Aber auch im Fall des § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BayIfSMV seien die Betreiber der Verkaufseinrichtungen, hier also des Einkaufszentrums, Adressat der Maßnahme. Dies ergebe sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Regelung, weil dort kein ausdrücklicher Adressat der Verkaufsflächenbeschränkung genannt sei. Es erschließe sich aber für Ladengeschäfte und Kaufhäuser aus der Natur der Sache heraus, dass hier nur der jeweilige Betreiber gemeint sein könne.

Bei Einkaufszentren sei deren Eigenart zu beachten. Entscheidend sei eine einheitliche Konzeption und Verwaltung der Konzentration von Einzelhandelsgeschäften, Handwerksbetrieben und Dienstleistern. Dann sei davon auszugehen, dass die Verordnung bei Ladengeschäften, die sich in einem Einkaufszentrum befinden, einheitlich auf den Betreiber des Einkaufszentrums abstellt und nicht auf die Betreiber der einzelnen Einzelhandelsgeschäfte des Einkaufszentrums.

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-7226?hl=true

110. Keine vorläufige Schließung eines Herrenmodegeschäfts im Einkaufszentrum (VGH München, Beschluss vom 03.05.2020, 20 CE 20.951)

Der VGH München hat den Erlass einer Zwischenverfügung abgelehnt, durch die dem Betreiber eines Einzelhandelsgeschäfts aufgegeben werden sollte, sein Geschäft bis zum Ablauf des 03.05.2020 nicht zu betreiben (vgl. Nr. 87a.).

Nach Auffassung fehlte es bereits an der Statthaftigkeit des Antrags der Landesanwaltschaft. Auf Art. 19 Abs. 4 GG könne sich der Vertreter des öffentlichen Interesses für den Freistaat Bayern und die Antragsgegnerin als Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts nicht berufen, da die Rechtsschutzgarantie der Durchsetzung von Rechten natürlicher und juristischer Personen des Privatrechts diene und auf Gebietskörperschaften und deren Organe grundsätzlich keine Anwendung finde.

Die beantragte Verfügung liege außerdem außerhalb des Streitgegenstands des Verfahrens nach § 123 VwGO.

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-7224?hl=true

109. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen Verbot einer Versammlung der Stadt Braunschweig abgelehnt (BVerfG, Beschluss vom 01.05.2020, 1 BvR 1005/20)

Das Bundesverfassungsgericht lehnte einen Antrag eines Bürgers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Verbot einer Versammlung durch die Stadt Braunschweig ab.

Der Beschwerdeführer habe nicht ausreichend dargelegt, dass er die Möglichkeiten, zuvor einen fachgerichtlichen Eilrechtsschutz (namentlich vor dem Verwaltungsgericht) zu erlangen, ausgeschöpft habe.

Es fehle an einer Darlegung, welche Bemühungen er überhaupt unternommen habe, um Rechtsschutz im Eilverfahren vor dem zuständigen Verwaltungsgericht zu erlangen.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/rk20200501_1bvr100520.html

108. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bzgl. einer Ausnahme vom Versammlungsverbot abgelehnt (BVerfG, Beschluss vom 01.05.2020, 1 BvR 1003/20)

In einem Verfahren über eine Verfassungsbeschwerde gegen Beschlüsse des OVG Hamburg und des VG Hamburg, sowie einen Bescheid der Stadt Hamburg hat das Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Das Bundesverfassungsgericht führte aus, dass eine Folgenabwägung zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehe.

Zwar könnte eine Grundrechtsverletzung von erheblichem Gewicht nicht nur im Hinblick auf den Beschwerdeführer, sondern angesichts der Bedeutung der Versammlungsfreiheit für eine freiheitliche Staatsordnung auch im Hinblick auf das demokratische Gemeinwesen insgesamt bestehen, wenn die Anordnung nicht erginge, sich nach Durchführung des Hauptsacheverfahrens jedoch herausstellte, dass die Verweigerung der Zulassung einer Ausnahme von dem grundsätzlichen Versammlungsverbot verfassungswidrig ist.

Würde die Versammlung jedoch durchgeführt, obwohl dies aus infektionsschutzrechtlicher Sicht nicht vertretbar war, wären grundrechtlich geschützte Interessen einer großen Anzahl Dritter von hohem Gewicht betroffen. Es sei zu erwarten, dass es nicht bei der als vertretbar angesehenen Zahl von 25 Versammlungsteilnehmern bleibe. In der Folge bestünde die Gefahr einer weiteren und nicht nachvollziehbaren Ausbreitung des Virus.

Bei Gegenüberstellung der danach jeweils zu erwartenden Folgen müsse das Interesse des Antragstellers an der Durchführung der geplanten Versammlung zurücktreten. Die Beeinträchtigung seiner Versammlungsfreiheit ist zwar schwerwiegend. Gleichwohl überwiege im vorliegenden Fall das Interesse an der Abwehr infektionsbedingter Risiken für Leib und Leben einer Vielzahl von Personen, weil unter den hier gegebenen Umständen voraussichtlich eine enge räumliche Nähe bis hin zu unmittelbaren Körperkontakten unvermeidlich wäre.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/rk20200501_1bvr100320.html

107. Eilantrag gegen Verbot einer Versammlung in Bremen abgelehnt (BVerfG, Beschluss vom 01.05.2020, 1 BvR 1004/20)

In einem Verfahren über eine Verfassungsbeschwerde gegen Beschlüsse des OVG Bremen und des VG Bremen sowie einen Bescheid der Stadt Bremen hat das Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, da eine Folgenabwägung zum Nachteil der Beschwerdeführerin ausgehe.

Es bestehe zwar eine Grundrechtsverletzung von erheblichem Gewicht, sollte sich im Nachhinein die Verfassungswidrigkeit des Verbots herausstellen.

Wegen der mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden großen Zahl an Demonstranten aus dem linken politischen Spektrum, die am 1. Mai 2020 entweder bereits im Innenstadtbereich anwesend oder über soziale Medien schnell zu mobilisieren seien, sei mit massiven Gegendemonstrationen zu der Versammlung der Beschwerdeführerin und teils auch gewalttätig verlaufenden Auseinandersetzungen mit einer unkontrollierbaren Weiterübertragung des Virus zu rechnen. Eine Nachverfolgung von Infektionsketten sei in dieser Situation praktisch ausgeschlossen.

Damit wären grundrechtlich geschützte Interessen einer großen Anzahl Dritter von hohem Gewicht betroffen.

Daher müsse das Interesse der Beschwerdeführerin an der Durchführung der geplanten Versammlung gegenüber dem Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit, zu dem der Staat auch kraft seiner grundrechtlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich verpflichtet ist, zurücktreten.

Ein ausreichend abgesicherter Ort für eine stationäre Kundgebung sei am 01.05.2020 in der Innenstadt von Bremen nicht vorhanden, gegen die diesbezügliche Einschätzung des OVG bestünden keine Bedenken.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/rk20200501_1bvr100420.html

106. Ablehnung einer einstweiligen Anordnung gegen Beschlüsse des VGH München zur Ausgangssperre (BVerfG, Beschluss vom 01.05.2020, 1 BvR 996/20)

Das Bundesverfassungsgericht hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen Beschlüsse des bayrischen VGH (vgl. Nr. 89c.) abgelehnt.

Die zugrundeliegende Verfassungsbeschwerde sei bereits unzulässig, da die Beschwerdeführer hinsichtlich der vorgetragenen Verletzung von Art. 103 I GG den Rechtsweg nicht erschöpft haben. Es wäre nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts zunächst eine Anhörungsrüge gegen die Entscheidung des VGH zu erheben gewesen.

Zwar sei die Frist dafür noch nicht verstrichen, die Beschwerdeführer hätten aber ausdrücklich erklärt, keine Anhörungsrüge erheben zu wollen, da dies aufgrund des Zeitablaufs und der Befristung der Norm nicht zumutbar sei.

Das Rechtsschutzziel der Beschwerdeführer sei nicht, eine stattgebende Entscheidung zu erlangen, sondern die Aufhebung des Verbots. Sollte also das Verbot in so kurzer Zeit aufgehoben werden, bevor über eine Anhörungsrüge entschieden sei, so entfiele die behauptete Grundrechtsverletzung und das Rechtsschutzziel sei erreicht.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/rk20200501_1bvr099620.html

105. Mund-Nase-Bedeckung begründet keinen Mehrbedarf (LSG NRW, Beschluss vom 30.04.2020, L 7 AS 635/20)

Mit ablehnendem Beschluss hat das LSG NRW entschieden, dass die derzeit vorgeschriebenen Gesichtsbedeckungen aus dem SGB-II-Regelbedarf zu finanzieren sind und keinen Mehrbedarf begründen.

Nach Auffassung des LSG können diese Bedeckungen als Bestandteil der Bekleidung angesehen werden. Nach der maßgeblichen Regelung sei lediglich das Tragen einer textilen Bedeckung von Nase und Mund erforderlich. Dies könne bereits durch einen Schal erfüllt werden. Die Finanzierung derartiger Gesichtsbedeckungen könne aus dem Regelbedarf gedeckt werden. Ein unabweisbarer Bedarf liege daher nicht vor.

https://www.juris.de/jportal/portal/t/1tkj/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200501505&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

104. Auflage zur Aushändigung einer Teilnehmerliste für Maikundgebung in Dortmund ist rechtswidrig (VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 30.04.2020, 20 L 536/20)

Die Stadt Dortmund hatte eine Kundgebung unter der Auflage genehmigt, dass aus Gründen des Infektionsschutzes eine Liste der Versammlungsteilnehmer anzufertigen und vor Beginn der Kundgebung am 01.05.2020 an die Polizei bzw. die Ordnungsbehörde auszuhändigen sei. So sollten mögliche Infektionsketten nachverfolgt werden können.

Diese Auflage ist nach Auffassung des VG Gelsenkirchen rechtswidrig, da sie mögliche Versammlungsteilnehmer davon abhalten könnte, an der Versammlung teilzunehmen. Dabei sei auch in den Blick zu nehmen, dass etwa eine vergleichbare Datenerfassung in Ladengeschäften oder im öffentlichen Personennahverkehr nicht erfolge. Auch mit dem Schutz der Bevölkerung vor Infektionen sei dieser Eingriff nicht zu rechtfertigen.

Das VG forderte die Versammlungsleiterin jedoch dazu auf, eine Teilnehmerliste anzufertigen und diese selbst drei Wochen lang aufzubewahren und an die Gesundheitsbehörde weiterzugeben, sollte nachträglich die Infektion eines Teilnehmers bekannt werden.

Pressemitteilung:https://www.justiz.nrw/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/30_04_2020_5/index.php

103. 800-Quadratmeter-Regelung: Eilantrag der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH in NRW erfolglos (OVG Münster, Beschluss vom 30.04.2020, 13 B 558/20.NE)

Nach der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung ist der Betrieb von Verkaufsstellen des Einzelhandels auf eine Fläche von 800 m² begrenzt, soweit sie nicht ausdrücklich privilegiert sind. Mit einem Eilantrag wandte sich die Antragstellerin gegen diese Begrenzung der Verkaufsfläche von Einzelhandelsgeschäften.

In seinem ablehnenden Beschluss stützte sich das OVG Münster im Wesentlichen auf die gleichen Gründe, wie in dem Verfahren 13 B 512/20.NE (siehe Nr. 92.).

Ergänzend führte das Gericht aus, es sei aktuell offen, ob es hinsichtlich des Gleichbehandlungsgrundsatzes sachlich gerechtfertigt sei, dass einige Einzelhandelsgeschäfte ihre Fläche auf 800 m² reduzieren müssten, während andere Einzelhandelsgeschäfte ohne Reduzierung öffnen dürften, auch wenn sie nicht der Grundversorgung dienten. Jedenfalls bezogen auf einige von diesen Geschäften (z.B. Buchhandlungen) träfe die Annahme der Landesregierung nicht zu, sie würden überwiegend außerhalb von Innenstädten liegen. Zudem sei auch offen, ob der Verordnungsgeber die Differenzierungskriterien gleichmäßig angewendet habe.

Dies lasse sich in einem Eilverfahren nicht feststellen. Nach der wegen der offenen Erfolgsaussichten erforderlichen Folgenabwägung sei ein deutliches Überwiegen der von der Antragstellerin geltend gemachten wirtschaftlichen Belange gegenüber den vom Land vorgetragenen gegenläufigen Interessen des Gesundheitsschutzes aber gegenwärtig nicht anzunehmen.

Pressemitteilung: https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/37_200430/index.php

102. "Bollerwagenverbot" der Stadt Leverkusen für das erste Mai-Wochenende teilweise rechtswidrig (VG Köln, Beschluss vom 30.04.2020, 7 L 779/20)

Das Verwaltungsgericht hat einen Eilantrag gegen Bestimmungen der Allgemeinverfügung der Stadt Leverkusen, die u.a. den Alkoholkonsum auf öffentlichen Wegen und Plätzen, das Umherziehen mit Bollerwagen und den Gebrauch von Musikinstrumenten und Lautsprechern etc. bis zum 3. Mai untersagt ("Bollerwagenverbot"), teilweise abgelehnt.

Soweit die Regelung verbietet, in Gruppen von drei oder mehr Personen unter Verzehr alkoholischer Getränke durch den öffentlichen Raum zu ziehen, sei dies im Hinblick auf die Gefahr der Ansteckung mit dem Corona-Virus rechtmäßig.

Im Übrigen vertritt das Gericht die Auffassung, dass weitere Verhaltensweisen, die von dem weitgehenden Verbot ebenfalls erfasst waren, wie das Musizieren oder der Alkoholkonsum Einzelner oder durch zwei Personen unter Wahrung des Abstandsgebots unter den Bedingungen des Infektionsschutzes derzeit unbedenklich seien. Insoweit hatte der Eilantrag Erfolg.

Pressemitteilung: https://www.vg-koeln.nrw.de/behoerde/presse/Pressemitteilungen/21_200430/index.php

101. Maskenpflicht in NRW bestätigt (OVG Münster, Beschluss vom 30.04.2020, 13 B 539/20.NE)

Die Verpflichtung, im öffentlichen Raum unter bestimmten Voraussetzungen eine einfache Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, ist nach Auffassung des OVG Münster aller Voraussicht nach rechtmäßig.

Nach einer aktuellen Empfehlung des RKI sei davon auszugehen, dass auch gegebenenfalls privat hergestellte textile Mund-Nase-Bedeckungen eine Filterwirkung auf Tröpfchen und Aerosole entfalten könnten, die zu einer Reduzierung der Ausscheidung von Atemwegsviren über die Ausatemluft führen könne.

Der Verordnungsgeber verletze seinen Einschätzungsspielraum grundsätzlich nicht dadurch, dass er bei mehreren vertretbaren Auffassungen einer den Vorzug gebe, solange er dabei nicht feststehende, hiermit nicht vereinbare Tatsachen ignoriere.

Angesichts des hochrangigen Schutzzwecks erscheinen die mit der Verpflichtung verbundenen Einschränkungen hinnehmbar, zumal diese räumlich und zeitlich begrenzt seien.

Pressemitteilung:https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/38_200430/index.php

100. 800-Quadratmeter-Regelung: Berliner Kaufhaus darf vorerst vollständig öffnen (VG Berlin, Beschluss vom 30.04.2020, 14 L 49/20)

Das VG Berlin hat entschieden, dass das Öffnungsverbot für großflächige Verkaufsflächen aufgrund der Berliner SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung vorerst nicht für ein großes Berliner Kaufhaus gilt und eine Öffnung der gesamten Verkaufsfläche bei Beachtung der Hygieneregeln vorläufig zugelassen.

Das Gericht führt aus, die maßgebliche Bestimmung der Corona-Eindämmungsverordnung greife in gleichheitswidriger Weise in die Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin ein. Denn dafür, dass Einkaufszentren von der Verkaufsflächenbeschränkung ausgenommen seien und Kaufhäuser nicht, sei ein sachlicher Grund nicht ersichtlich. Einkaufszentren und Kaufhäuser unterschieden sich nicht im Hinblick auf die Breite ihres Warensortiments und ihre Anziehungskraft auf Kunden, sodass eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt sei.

Pressemitteilung: https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2019/pressemitteilung.927737.php

99. Schließung von Gaststätten in Sachsen-Anhalt bestätigt (OVG Magdeburg, Beschluss vom 30.04.2020, Az. 3 R 69/20)

Nach einer Entscheidung des OVG Magdeburg über einen Eilantrag ist die Schließung von Gaststätten für den Publikumsverkehr in Sachsen-Anhalt aufgrund von § 6 I der 4. Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 (4. SARS-CoV-2-EindV) verhältnismäßig.

Das Gericht führte aus, die Schließung begrenze physische Kontaktmöglichkeiten. Zu berücksichtigen sei, dass es gerade in Gaststätten und Gastronomiebetrieben zum kommunikativen Austausch mehrerer Personen komme, wobei eine erhöhte Infektionsgefahr bestehe.

Aktuell seien die Vermeidung körperlicher Nähe und die Einhaltung bestimmter Hygieneregeln jedoch die einzigen vorhandenen Möglichkeiten, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Dies bedeute zwar einen schwerwiegenden Eingriff in die Berufsfreiheit und finanzielle Einbußen für die Gastronomen. Diese Interessen blieben nach Auffassung des Gerichts jedoch hinter dem öffentlichen Interesse an Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit der Bevölkerung zurück.

Pressemitteilung: http://www.presse.sachsen-anhalt.de/index.php?cmd=get&id=910318&identifier=86a28ad2cd7533b039a1716a0b93336a

98. Mai-Kundgebungen in Düsseldorf und Duisburg unter Auflagen möglich (VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 30.04.2020, 7 L 745/20 und 7 L 754/20)

Nach Beschlüssen des VG Düsseldorf dürfen am 01.05.2020 Kundgebungen unter strengen Abstands- und Hygieneauflagen auf dem Vorplatz des Amtsgerichts Duisburg-Hamborn und auf der Wiese vor dem Landtag in Düsseldorf stattfinden.

Nach der nordrhein-westfälischen Corona-Schutzverordnung können für Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz Ausnahmen von dem derzeit bestehenden Versammlungsverbot zugelassen werden, wenn die Veranstalter der Versammlung die Einhaltung der für den Schutz der Bevölkerung vor Infektionen erforderlichen Maßnahmen, d.h. vor allem Mindestabstände der Teilnehmer, sicherstellen. Das Gericht geht davon aus, dass diesen Erfordernissen in Düsseldorf und Duisburg bei Einhaltung der in den Ausnahmegenehmigungen festzusetzenden strengen Abstands- und Hygieneauflagen Genüge getan werden wird. Die Teilnehmerzahl in Düsseldorf sei auf 100 Personen und die Teilnehmerzahl in Duisburg auf 50 Personen zu begrenzen.

Pressemitteilung: https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/30_04_2020_3/index.php

97. Eilanträge gegen Verbot von Versammlungen am 1. Mai in Hamburg in zwei Instanzen erfolglos (OVG Hamburg, Beschlüsse vom 30.04.2020, 5 Bs 66/20 und 5 Bs 67/20, vorgehend VG Hamburg, Beschlüsse vom 29.04.2020, 11 E 1790/20 und vom 30.04.2020, 17 E 1826/20)

Die Partei „Die Rechte“ wollte in Hamburg zwei Versammlungen durchführen mit den Titeln „Zuwanderung bewirkt Sozialabbau: Gegen die rote und die goldene Internationale - heraus zum 1. Mai!“ und „Wer lebt eigentlich von deiner Miete? Kapitalismus raus aus den Häusern!“. Diese wurden von der Stadt aus Gründen des Infektionsschutzes verboten. Das VG Hamburg lehnte die hiergegen gerichteten Eilanträge ab, die daraufhin erhobenen Beschwerden blieben auch vor dem OVG ohne Erfolg.  

Das OVG ging davon aus, dass die Regelung in der Corona-Virus-Eindämmungsverordnung bezüglich Versammlungen mit höherrangigem Recht, insbesondere mit der Versammlungsfreiheit, vereinbar sei. Es sei in den vorliegenden Fällen nicht glaubhaft gemacht worden, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vorgelegen hätten. Diese wäre zu erteilen, wenn dies aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist. Beide Gerichte teilten die Auffassung, dass die tatsächliche Anzahl der Teilnehmer die geplante Höchstzahl deutlich übersteigen werde, insbesondere da großflächig für die Versammlung geworben worden sei und ein Versammlungsaufruf auf der Internetseite der Partei zahlenmäßig nicht begrenzt war. Es bestehe daher ein gesteigertes Ansteckungsrisiko.

Pressemitteilung OVG:

https://justiz.hamburg.de/aktuellepresseerklaerungen/13889598/pressemitteilung/

Volltext OVG (5 Bs 66/20):

https://justiz.hamburg.de/contentblob/13889694/7e2ef85c38167956976c714fe1edd128/data/5bs66-20.pdf

Pressemitteilung VG (11 E 1790/20):

https://justiz.hamburg.de/aktuellepresseerklaerungen/13887130/pressemitteilung/

Volltext VG (11 E 1790/20): 

https://justiz.hamburg.de/contentblob/13887146/be9c93e168023ce980d357f462f0e239/data/11e1790-20.pdf

96. 800-Quadratmeter-Regelung: Regelungen zum Teil-Absperrverbot im Einzelhandel verfassungswidrig (VerfGH Leipzig, Beschluss vom 30.04.2020, Az.: 61-IV-20 (e.A.), 62-IV-20 (e.A.), 63-IV-20 (e.A.) und 64-IV-20 (e.A.))

Der VerfGH Leipzig hält das Verbot für den Einzelhandel in § 7 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 der Sächsischen Corona-Schutzverordnung, durch Absperrung der Ladenfläche oder ähnliche Maßnahmen die Verkaufsfläche auf das zulässige Maß von 800m² zu reduzieren, voraussichtlich für mit dem Gleichheitssatz der Sächsischen Verfassung unvereinbar.

Der zugrundeliegende Eilantrag hatte nur teilweise Erfolg. Hinsichtlich eines Teil-Absperrverbots hat der Verfassungsgerichtshof im Rahmen einer Folgenabwägung festgestellt, dass diese Regelung mit Art. 18 I SächsVerf unvereinbar sei. Das Verbot einer Flächenreduktion sei unter Gleichheitsgesichtspunkten nicht zu rechtfertigen.

In Bezug auf eine vorläufige Außervollzugsetzung der 800-Quadratmeter-Regelung hatte der Eilantrag keinen Erfolg, da eine Öffnung sämtlicher großflächigen Geschäfte im Bundesland mit einer Zunahme sozialer Kontakte und dem Risiko erneuter Infektionsketten einherginge. Insoweit müsse das Interesse an der Außervollzugsetzung des generellen Öffnungsverbots hinter dem Interesse an einem möglichst weitgehenden Gesundheits- und Lebensschutz zurücktreten.

https://www.justiz.sachsen.de/esaver/internet/2020_064_IV/2020_064_IV.pdf

95. Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts für Viertklässler nicht außer Vollzug gesetzt (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 30.04.2020 – 13 MN 131/20)

Eine Schülerin der 4. Klasse stellte einen Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung der Niedersächsischen Corona-VO vom 17.04.2020 (zuletzt geändert durch VO vom 24.04.2020), soweit damit für Viertklässler ab dem 04.05.2020 der Präsenzunterricht wieder aufgenommen wird. Das Gericht erachtete die schrittweise Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts und die damit verbundene zeitweise Ungleichbehandlung hingegen als gerechtfertigt. Die jahrgangsbezogene Unterscheidung erfolge nach sachbezogenen Kriterien und sei wichtig, um den Bildungseinrichtungen ausreichend Zeit für die Umsetzung und Anpassung ihrer Konzepte zu geben. Der Präsenzunterricht generell sei durch die Teilnahme an der interaktiven und kommunikativen Auseinandersetzung mit Lehrern und anderen Schülern wichtig für die persönliche Entwicklung der Schüler.

https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/keine-ausservollzugsetzung-der-wiederaufnahme-des-prasenzunterrichts-fur-viertklassler-187972.html

94. Schließung von Hundeschulen und Hundesalons bestätigt (VGH Kassel, Beschluss vom 30.04.2020 – 8 B 1057/20.N)

Die Antragstellerin, die einen Hundesalon und eine Hundeschule betreibt, begehrte im Normenkontrollverfahren die einstweilige Außervollzugsetzung der Regelung in § 2 der Hessischen Corona-VO (gültig bis zum 03.05.2020), die die Schließung von Hundeschulen und Hundesalons anordnete.

Das VGH lehnte den Antrag ab. Der nicht unerhebliche Eingriff in die durch das Grundgesetz gewährleistete Berufsausübungsfreiheit sei nach summarischer Prüfung durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls (Gesundheitsschutz, Verlangsamung der Ausbreitung des Virus) gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig. Auch sei eine Verletzung des Gleichheitssatzes voraussichtlich nicht gegeben.

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/untersagung-des-betriebs-von-hundeschulen-und-hundesalons-wird-nicht-au%C3%9Fer

93. Verbot des Gastronomiebetriebs innerhalb eines Warenhauses bestätigt (VGH Kassel, Beschluss vom 30.04.2020 – 8 B 1074/20.N)

Die Antragstellerin, die gastronomische Betriebe in größeren Warenhäusern betreibt, begehrte die einstweilige Außervollzugsetzung der Regelung in § 2 der Hessischen Corona-VO, die die Öffnung von Gaststätten nur zur Abholung oder Lieferung erlaubt. Ihr sei über die vergangenen vier Wochen dadurch ein Schaden von vier Millionen Euro entstanden.

Das VGH lehnte den Antrag ab. Weder sei die Regelung nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig. Der nicht unerhebliche Eingriff in die durch das Grundgesetz gewährleistete Berufsausübungsfreiheit sei aber voraussichtlich durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls (Gesundheitsschutz, Verlangsamung der Ausbreitung des Virus) gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig. Gaststätten (insbesondere solche in Warenhäusern) würden Menschen zum Verweilen in der Gemeinschaft mit anderen veranlassen. Auch sei eine Verletzung des Gleichheitssatzes nicht gegeben.

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/untersagung-des-gastronomiebetriebs-innerhalb-eines-warenhauses-wird-nicht-au%C3%9Fer

92a. 800-Quadratmeter-Regelung: Keine Öffnung von großen Elektronikfachmärkten in Sachsen (OVG Bautzen, Beschlüsse vom 29.04.2020, 3 B 144/20, 3 B 145/20, 3 B 146/20, 3 B 147/20)

Die Antragstellerinnen betreiben Elektronikfachmärkte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 m². Wegen der angeordneten Schließungen ihrer Märkte sahen sie wegen fehlender Umsätze und weiterhin erforderlicher Mietzahlungen die Existenz ihrer Gewerbebetriebe bedroht.

Das OVG Bautzen hat die Anträge auf vorläufige Außervollzugsetzung der betroffenen Regelung in der Sächsischen Corona-Schutzverordnung abgelehnt. Nach einer vorläufigen Bewertung sei die in der Verordnung angeordnete landesweite Schließung von Einzelhandelsgeschäften von den Regelungen in § 32 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes gedeckt und genüge auch den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen.

Die Schließung von Einkaufszentren und großflächigen Geschäften sei aufgrund von sachgerechten Kriterien innerhalb des Gestaltungsspielraums des Verordnungsgebers beschlossen worden.

Auch die Auswahl der von der Schließungsanordnung ausgenommenen Geschäfte sei sachgerecht vorgenommen. Die aufgezählten Branchen dienten der Grundversorgung der Bevölkerung und die Auswahl orientiere sich an den aktuellen Bedürfnissen.

Die Unzulässigkeit von Teilabsperrungen bei Geschäftsgrößen von mehr als 800 m² Verkaufsfläche verletze nicht das Gebot der Verhältnismäßigkeit und den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 I GG. Die sächsische Verordnung unterscheide sich in diesem Punkt wesentlich etwa von der bayrischen oder baden-württembergischen Verordnung. Hier sei lediglich zu prüfen, ob der sächsische Verordnungsgeber seinen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum überschritten habe, was voraussichtlich nicht der Fall sei.

Pressemitteilung: https://www.justiz.sachsen.de/ovg/download/Medieninformation5.pdf

Volltext (3 B 144/20): https://www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/documents/20B144.B01.pdf

92. Begrenzung der Verkaufsfläche von Einzelhandelsgeschäften auf 800 qm gilt weiterhin (OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2020 - 13 B 512/20.NE)

In seinem ablehnenden Beschluss bezüglich des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stützte sich das OVG NRW maßgebend darauf, dass die Verkaufsfläche ein Kriterium sein dürfe, welche eine unterschiedliche Behandlung einzelner Einzelhandelsbetriebe mit Blick auf ihre Relevanz für das weitere Infektionsgeschehen im Ansatz rechtfertigen könne. Der Ansatz des Verordnungsgebers, wonach die Anziehungskraft und Attraktivität des Einzelhandelsgeschäftes mit zunehmender Verkaufsfläche steige, sei nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Vor diesem Hintergrund sei auch die Annahme, dass durch die Beschränkung der Verkaufsfläche mittelbar Kundenströme gesteuert bzw. verhindert würden, nicht zu beanstanden.

Offen sei, ob die Differenzierungen zwischen privilegierten und nicht privilegierten Handelsgeschäften und Einkaufszentren in und außerhalb der Innenstädte mit Blick auf den Gleichheitssatz sachlich gerechtfertigt seien. Aufgrund der offenen Erfolgsaussichten der Hauptsache überwiege der Gesundheitsschutz im Zuge der Corona-Pandemie mögliche finanzielle Einbußen der Antragsteller.

91. Vorläufige Eröffnung der Möglichkeit, auf Antrag im Einzelfall Ausnahmen vom generellen Verbot von Gottesdiensten in Kirchen, Moscheen und Synagogen zuzulassen (BVerfG, Beschluss vom 29.04.2020 - 1 BvQ 44/20)

Durch seinen Beschluss vom 29.04.2020 hat das Bundesverfassungsgericht das Verbot von Gottesdiensten und Zusammenkünften von Glaubensgemeinschaften zur gemeinsamen Religionsausübung, welches sich aus der Corona-Verordnung des Landes Niedersachsen ergab, im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig außer Vollzug gesetzt, da dieses auch auf Antrag keine Ausnahmemöglichkeit von dem Verbot zulasse, im Rahmen derer bei umfassender Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles – eventuell unter Hinzuziehung der zuständigen Gesundheitsbehörde – eine relevante Erhöhung der Infektionsgefahr zuverlässig verneint und Ausnahmen zugelassen werden könnten. 

Das BVerfG führt aus, dass bei einem Antrag auf ausnahmsweise Zulassung von Gottesdiensten für die Risikoeinschätzung maßgeblich auf das Gewicht des mit dem Verbot verbundenen Eingriffs in die Glaubensfreiheit einerseits, aber auf der anderen Seite unter anderem auch die Möglichkeit, die Einhaltung von Auflagen und Beschränkungen effektiv kontrollieren zu können, die örtlichen Gegebenheiten sowie Struktur und Größe der jeweiligen Glaubensgemeinschaft und nicht zuletzt die – gegebenenfalls auch auf die Region bezogene – aktuelle Einschätzung der von sozialen Kontakten ausgehenden Gefährdung für Leib und Leben abzustellen sei. Dabei stellte das Gericht auch die besondere Bedeutung des Freitagsgebets im Fastenmonat Ramadan für den Antragsteller in seine Abwägung mit ein.

90b. 800-Quadratmeter-Regelung: Erfolgloser Eilantrag gegen Flächenbeschränkung für Möbel- und Einrichtungshäuser (Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 29.04.2020, 13 MN 117/20)

Die Antragsteller begehrten die Außervollzugsetzung der Schließungsanordnung für den Einzelhandel in § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 i. V. m. § 3 Nr. 7 der Niedersächsischen Corona-VO vom 17.04.2020 im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO, soweit dadurch der Betrieb ihrer Möbel- und Einrichtungshäuser auch auf einer Verkaufsfläche von mehr als 800m² verboten wird. Das Gericht lehnte den Antrag ab. Der in der Hauptsache zulässig gestellte Normenkontrollantrag sei voraussichtlich unbegründet (die Regelung sei bestimmt genug, basiere auf tauglichen Ermächtigungsgrundlagen und es seien keine Ermessensfehler des Verordnungsgebers ersichtlich. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liege insbesondere nicht vor, da etwaige Ungleichbehandlungen sachlich gerechtfertigt seien. Zudem überwiegen nach Auffassung des Gerichts die von den Antragstellern geltend gemachten Gründe für die einstweilige Aussetzung die für den weiteren Vollzug der VO sprechenden Gründe nicht.

http://www.dbovg.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=C55B713566766838219ADF09EB22BD31.jp21?doc.id=MWRE200001551&st=null&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint

90a. 800-Quadratmeter-Regelung: Erfolglose Eilanträge gegen Schließung des Einzelhandels (Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 29.04.2020, 13 MN 120/20, 13 MN 121/20, 13 MN 122/20)

Die Antragsteller begehrten die Außervollzugsetzung der Schließungsanordnung für den Einzelhandel in § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 i. V. m. § 3 Nr. 7 der Niedersächsischen Corona-VO vom 17.04.2020 im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO. Das Gericht lehnte die Anträge ab. Die in der Hauptsache zulässig gestellten Normenkontrollanträge seien voraussichtlich unbegründet (die Regelungen seien bestimmt genug, basierten auf tauglichen Ermächtigungsgrundlagen und es seien keine Ermessensfehler des Verordnungsgebers ersichtlich). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liege insbesondere nicht vor, da etwaige Ungleichbehandlungen sachlich gerechtfertigt seien. Zudem überwiegen nach Auffassung des Gerichts die von den Antragstellern geltend gemachten Gründe für die einstweilige Aussetzung die für den weiteren Vollzug der VO sprechenden Gründe nicht.

 

http://www.dbovg.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=C55B713566766838219ADF09EB22BD31.jp21?doc.id=MWRE200001545&st=null&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint

 

http://www.dbovg.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=C55B713566766838219ADF09EB22BD31.jp21?doc.id=MWRE200001546&st=null&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint

 

http://www.dbovg.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=C55B713566766838219ADF09EB22BD31.jp21?doc.id=MWRE200001547&st=null&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint

90. Vergleich: Wertheim Village darf am 30.04.2020 öffnen (VGH Mannheim, Beschluss vom 29.04.2020, 1 S 1241/20)

Die Betreiberin des Wertheim Village, das Landratsamt und die Stadt Wertheim sind einem Vergleichsvorschlag des VGH Mannheim gefolgt und haben sich auf eine Öffnung des Wertheim Village ab 30.04.2020 geeinigt.

Dies war möglich, nachdem die Betreiberin ergänzend zu dem bereits vorliegenden Hygienekonzept ein Verkehrskonzept und ein Sicherheitskonzept vorgelegt hat.

Das Beschwerdeverfahren wurde anschließend übereinstimmend für erledigt erklärt und vom VGH eingestellt.

https://verwaltungsgerichtshof-baden-wuerttemberg.justiz-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Medien/Wertheim+Village+kann+am+30_+April+oeffnen_/?LISTPAGE=1213200

89c. Antrag gegen das Wohnungsverlassungsverbot erfolglos (VGH München, Beschluss vom 28.04.2020, Az. 20 NE 20.849)

Die Antragsteller aus Bayern beantragten die einstweilige Außervollzugsetzung des § 5 Abs. 2 und Abs. 3 und § 7 Nr. 9 BayIfSMV, hilfsweise die Außervollzugsetzung zum Ablauf des übernächsten auf die Entscheidung folgenden Kalendertags, dazu hilfsweise die Außervollzugsetzung, soweit auch der Besuch bei Eltern und eigenen Kindern außerhalb von Einrichtungen sowie der Besuch der Beerdigung einer/eines Lebensgefährtin/en und einer/eines engen Freundin/es untersagt ist.

Soweit der Antrag gegen die ordnungswidrigkeitsrechtliche Bestimmung des § 7 Nr. 9 2. BayIfSMV gerichtet ist, ist er bereits unzulässig, da der VGH nur „im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit“ über die Gültigkeit von Normen entscheidet.

Im Übrigen geht der VGH im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens davon aus, dass der Normenkontrollantrag - soweit er zulässig ist - voraussichtlich überwiegend unbegründet sein wird. Eine Außervollzugsetzung der angegriffenen Normen erscheine daher nicht dringend geboten. Die angegriffenen Bestimmungen fänden in § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG eine hinreichende gesetzliche Grundlage und stünden bei verfassungskonformer Auslegung auch mit höherrangigem Recht im Einklang.

Der Verordnungsgeber habe das Spektrum triftiger Gründe i.S.v. § 5 Abs. 2 2. BayIfSMV gegenüber der vorherigen Rechtslage dergestalt erweitert, dass eine enge Auslegung des Ausnahmetatbestands nunmehr ausgeschlossen sei. Vielmehr lasse sich aus der Sicht des VGH das Merkmal eines „triftigen Grundes“ abstrakt nur insoweit fassen, als im Grundsatz jeder sachliche und einer konkreten, nicht von vornherein unzulässigen Bedürfnisbefriedigung dienende Anlass als „triftiger Grund“ i.S.v. § 5 Abs. 2 2. BayIfSMV geeignet sein kann, das Verlassen der eigenen Wohnung zu rechtfertigen. Dieses Auslegungsergebnis erscheint auch vor dem Hintergrund des mit der Ausgangsbeschränkung verbundenen Eingriffs in die Rechte der Normadressaten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und Art. 11 GG geboten: Wenn sich der Normgeber dafür entscheide, dass bereits jedes subjektive Einkaufsbedürfnis das Verlassen der Wohnung rechtfertige, komme dieser Einschätzung im Lichte der eingeschränkten Freiheitsgrundrechte maßgebende Bedeutung zu, auch wenn das im Regelungsmodell eines präventiven Ausgangsverbots mit Erlaubnisvorbehalt angelegte Regel-/Ausnahmeverhältnis damit im Ergebnis (wohl) nicht mehr gewahrt werde.

Die angegriffenen Normen erweisen sich bei verfassungskonformer Auslegung auch als verhältnismäßig.

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-7227?hl=true

89b. Maskenpflicht in Hamburg verletzt nicht das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (VG Hamburg, Beschluss vom 28.04.2020, 10 E 1784/20)

Zwei Privatpersonen stellten einen Eilantrag gegen die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Hamburg. Dies wird von der Hamburger Eindämmungsverordnung für den Aufenthalt in Verkaufsstellen des Einzelhandels und bestimmten Betrieben und Einrichtungen vorgesehen.

Nach Auffassung des VG Hamburg wird durch diese Verpflichtung nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragsteller verletzt. Der Verordnungsgeber verfüge über einen weiten Einschätzungsspielraum, der fehlerfrei ausgefüllt worden sei. Die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sei geeignet, um dem Schutz von Leben und Gesundheit zu dienen. Die Stadt habe es als zweckmäßig erachten dürfen, eine solche Verpflichtung anzuordnen, um die Ansteckungsgefahr dadurch zu verringern, dass beim Sprechen keine oder nur noch wenige infizierte Tröpfchen in die Luft gelangten. Bei dieser Einschätzung dürfe sich die Stadt auf die nachvollziehbaren Angaben des RKI stützen, welches die Wirksamkeit einer Mund-Nasen-Bedeckung für plausibel halte.

Daneben sei die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf wenige öffentliche Orte beschränkt und stelle im Vergleich zu den vorherigen, deutlich schwerwiegenderen Beschränkungen eine erhebliche Lockerung dar.

Pressemitteilung: https://justiz.hamburg.de/aktuellepresseerklaerungen/13884976/pressemitteilung/  

Volltext: https://justiz.hamburg.de/contentblob/13884996/e64d72bae0de6f4d356eb29e0e915d87/data/10e1784-20.pdf

89a. 800-Quadratmeter-Regelung: Keine Außervollzugsetzung der Regelung in Hessen (VGH Kassel, Beschluss vom 28.04.2020, 8 B 1039/20.N)

Die Galeria Karstadt Kaufhof GmbH begehrte mittels Eilantrag im Normenkontrollverfahren die einstweilige Außervollzugsetzung der entsprechenden Regelung der Hessischen Corona-VO, um ihre Warenhäuser ohne flächenmäßige Beschränkung öffnen zu dürfen. Der VGH lehnte den Antrag ab. Weder sei die Regelung nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig. Der nicht unerhebliche Eingriff in die durch das Grundgesetz gewährleistete Berufsausübungsfreiheit sei jedoch voraussichtlich durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls (Gesundheitsschutz, Verlangsamung der Ausbreitung des Virus) gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig. Auch sei eine Verletzung des Gleichheitssatzes nicht gegeben, da die Ungleichbehandlung gegenüber kleineren Läden dadurch sachlich gerechtfertigt sei, dass von den großen Warenhäusern eine deutlich höhere Anziehungskraft ausgehe und mehr Menschen in die Innenstädte gelockt würden.

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/untersagung-der-%C3%B6ffnung-von-verkaufsstellen-des-einzelhandels-mit-einer

89. Einstweilige Anordnung gegen die Unterlassung des Betriebs eines Fitnessstudios in Baden -Württemberg abgelehnt (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28.04.2020, 1 BvR 899/20)

Die Beschwerdeführerin begehrte als Betreiberin eines Fitnessstudios den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend, dass die Regelung des § 4 I Nr. 5 der Corona-Verordnung BW bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt wird, da sie dadurch in ihrem Recht aus Art. 12 I GG verletzt würde. Nach dieser Regelung wird der Betrieb von Fitnessstudios untersagt.

Der Antrag war zwar zulässig, aber unbegründet. Dies begründet das Bundesverfassungsgericht damit, dass nach einer Folgenabwägung die vorläufige Wiedereröffnung zahlreicher Fitnessstudios schwerwiegendere Folgen hätte, als die zu Unrecht erfolgte Untersagung des Betriebs. Gegenüber den bestehenden Gefahren für Leib und Leben müssten die Berufsfreiheit und die wirtschaftlichen Interessen der Betreiber von Fitnessstudios derzeit zurückstehen.

Darauf, dass diese Folgen durch staatliche Hilfsprogramme etwas abgemildert werden, sei die Beschwerdeführerin nicht eingegangen. Zudem ist die angegriffene Regelung zunächst bis zum 03.05.2020 befristet, wodurch sichergestellt sei, dass unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgebotes laufend die erforderliche Fortgeltung der Beschränkung überprüft wird.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/04/rk20200428_1bvr089920.html

88. Ausgangsbeschränkungen im Saarland teilweise aufgehoben (VerfGH Saarbrücken, 28.04.2020, Lv 7/20)

Nach einer Entscheidung des saarländischen Verfassungsgerichtshofes müssen die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie beschlossenen Ausgangsbeschränkungen mit sofortiger Wirkung gelockert werden. Der Aufenthalt im Freien und Begegnungen von in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen mit einer weiteren Person im privaten Raum sind nunmehr – unter Wahrung der Abstandsregeln und mit möglichst reduziertem Kontakt – wieder möglich.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes waren die von der Landesregierung getroffenen Maßnahmen zwar im März 2020 angesichts der Grenzlage zu Frankreich und der im Bundesvergleich besonders hohen Infektionszahlen noch geboten. Diese Maßnahmen müssten jedoch Tag für Tag auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüft werden. Inzwischen bestünden keine belastbaren Gründe mehr für die Aufrechterhaltung derart schwerwiegender Grundrechtseinschränkungen. Aus einem Vergleich der Infektions- und Sterberaten in den verschiedenen Bundesländern mit und ohne Ausgangsbeschränkung ergebe sich kein Rückschluss auf die Wirksamkeit der Ausgangsbeschränkung, was auch durch eine Studie von Schweizer Wissenschaftlern bestätigt werde. Außerdem habe inzwischen die Landesregierung beschlossen, von Verboten mit Erlaubnisvorbehalt zur grundsätzlichen Erlaubnis mit Verbotsvorbehalten zu wechseln.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401344&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

87b. 800-Quadratmeter-Regelung: Großflächige Ladengeschäfte in Sachsen-Anhalt bleiben geschlossen (OVG Magdeburg, Beschluss vom 27.04.2020, 3 R 52/20)

Die Antragstellerin betreibt u.a. in Sachsen-Anhalt Ladengeschäfte für Sport- und Bekleidungsartikel mit einer Fläche von jeweils mehr als 800 m². Sie beantragte die einstweilige Außervollzugsetzung der Schließungsanordnung in § 7 der 4. Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus SARS-CoV-2 (4. SARS-CoV-2-EindV), wonach nur Ladengeschäfte jeder Art bis zu 800 m² Verkaufsfläche unter Einhaltung bestimmter Hygieneregeln und Zugangsbegrenzungen geöffnet werden dürfen. Für einige Branchen bestehen Ausnahmen.

Das OVG Magdeburg hielt jedoch die Flächenbeschränkung für gerechtfertigt und lehnte den Eilantrag ab. Es sieht die Flächenbeschränkung für großflächige Einzelhandelsgeschäfte, die nicht bereits von der Schließung ausgenommen sind, als eine notwendige infektionsschutzrechtliche Schutzmaßnahme zur fortgesetzten Eindämmung weiterer Ansteckungen mit dem Corona-Virus und damit zum Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens und insbesondere der Krankenhäuser zur Behandlung schwer und schwerstkranker Menschen an.

Der Landesregierung komme ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Einschätzungs- und Prognosespielraum zu. Dieser sei durch die Flächenbeschränkung nicht überschritten worden. In der Anknüpfung an die Großflächigkeit der Verkaufsfläche liege zwar eine Ungleichbehandlung, diese sei aber gerechtfertigt, da die Anziehungskraft eines kleineren Geschäfts in der Regel hinter derjenigen eines großflächigen Einzelhandelsgeschäfts zurückbleiben würde. So könnten größere Besucherströme verhindert werden.

Mit der Entscheidung, bestimmte Branchen von der Flächenbeschränkung auszunehmen, habe der Verordnungsgeber nicht willkürlich gehandelt, da den ausgenommenen Branchen jeweils ein besonderer Versorgungsauftrag zukomme.

Pressemitteilung:

http://www.presse.sachsen-anhalt.de/index.php?cmd=get&id=910199&identifier=2fcb6dd8dcb601a842ab08d1a375c0ef

87a. 800-Quadratmeter-Regelung: Es kommt auf die Fläche des einzelnen Ladengeschäfts an (VG Regensburg, Beschluss vom 27.04.2020, RO 14 E 20.687)

Nach der zur Eindämmung der Corona-Pandemie erlassenen 2. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ist die Öffnung von Ladengeschäften, die nicht bestimmten Branchen zuzurechnen sind, Einkaufszentren und Kaufhäusern nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn die Verkaufsräume eine Fläche von 800 m² nicht überschreiten und der Betreiber eine Begrenzung der Zahl der gleichzeitig im Ladengeschäft anwesenden Kunden auf maximal einen Kunden je 20 m² Verkaufsfläche sicherstellt.

Das VG Regensburg hat in einem Eilverfahren festgestellt, dass ein Geschäft, das eine Fläche von 800 m² nicht überschreite, in einem Regensburger Einkaufszentrum öffnen darf. Nach Auffassung des VG sei es bereits zweifelhaft, ob bei der 800 m²-Grenze auf die Fläche des Einkaufszentrums insgesamt abzustellen sei oder nicht vielmehr auf die des einzelnen Ladengeschäfts. Für Letzteres spreche neben der verwendeten Begrifflichkeit der Vorschrift („Ladengeschäft“) insbesondere auch der Zweck der Regelung, nämlich trotz der sich stetig verändernden Infektionslage in Bayern die Grundrechtseinschränkungen soweit zu lockern, dass es gerade noch mit dem Schutz der Bevölkerung vor einer weiteren Infektionswelle vertretbar sei.

Die erforderlichen Schutzmaßnahmen könnten in Ladengeschäften innerhalb eines Einkaufszentrums genauso gut umgesetzt werden, wie in Ladengeschäften an einer Einkaufsstraße. Ein Ladengeschäft von der Öffnungsmöglichkeit allein wegen seiner Lage in einem Einkaufszentrum auszunehmen, diene jedenfalls nicht dem Ziel des Infektionsschutzes. Daher verstoße ein absolutes Öffnungsverbot für Einzelhandelsgeschäfte in einem Einkaufszentrum unabhängig von ihrer jeweiligen Größe voraussichtlich gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Pressemitteilung: https://bayrvr.de/2020/04/28/vg-regensburg-oeffnung-eines-ladengeschaefts-in-einkaufszentrum-zulaessig/

Volltext: http://www.vgh.bayern.de/media/vgregensburg/presse/20a00687b.pdf

87. Fitnessstudios im Saarland bleiben geschlossen (Oberverwaltungsgericht Saarlouis, Beschlüsse vom 27.04.2020, 2 B 134/20 u.a.)

Mehrere Inhaber von Fitnessstudios begehrten durch Eilanträge die Außervollzugsetzung des § 5 Abs. 3 der saarländischen Corona-Verordnung vom 17.04.2020, welcher den Betrieb von Einrichtungen verbietet, die nicht notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens dienen (unter anderen Fitnessstudios).

Das OVG wies die Anträge zurück. Beim Fitnessstudiobesuch könne es regelmäßig zu einer Vielzahl von Kontakten mit Beschäftigten und anderen Kunden kommen. Außerdem fördere die von einer gesteigerten körperlichen Anstrengung geprägte Art der sportlichen Betätigung in geschlossenen Räumen den Ausstoß von Aerosolen. Die Schließung der Fitnessstudios sei zur Vermeidung der Entstehung von Infektionsketten geeignet und auch nicht unverhältnismäßig.

https://www.saarland.de/dokumente/dienststelle_oberverwaltungsgericht/1274-PM06-20.pdf

86. 800-Quadratmeter-Regelung: Keine Außervollzugsetzung der Regelung für Einzelhandelsgeschäfte in Niedersachsen (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 27.04.2020, 13 MN 98/20)

Die Antragsteller, vier mittelständische Unternehmen mit Einrichtungshäusern mit Verkaufsflächen von 25.000 bis 60.000 Quadratmetern, begehrten mittels Antrages auf einstweilige Anordnung die Außervollzugsetzung der Regelung in der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 17.04.2020, soweit diese die Schließung von Möbel- und Einrichtungshäusern für den Publikumsverkehr und Besuche auf einer tatsächlich genutzten Verkaufsfläche von über 800 Quadratmetern anordnet.

Das OVG sah die Maßnahmen für den Infektionsschutz als notwendig an. Um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern, seien Ansammlungen zahlreicher untereinander nicht bekannter Personen möglichst zu unterbinden, da hier das Ansteckungsrisiko besonders hoch sei und eine Nachverfolgung der Infektionskette erschwert werde. Zudem berge die besondere Anziehungskraft der Geschäfte mit größeren Verkaufsflächen entsprechende Gefahren. Mildere gleich wirksame Maßnahmen seien nicht ersichtlich.

Auch liege kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor, da die Ungleichbehandlung gegenüber den in § 3 Nr. 7 Halbsatz 2 Buchst. a – t der Corona-Verordnung genannten Verkaufsstellen des Einzelhandels ohne Flächenbeschränkung durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei.

http://www.rechtsprechung.niedersachsen.juris.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=MWRE200001488&st=ent&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint

 

https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/keine-ausservollzugsetzung-der-800-m-flachenbeschrankung-fur-einzelhandelsgeschafte-187818.html

85. 800-Quadratmeter-Regelung: Verkaufsflächenregelung verstößt gegen den Gleichheitssatz (VGH München, Beschluss vom 27.04.2020, 20 NE 20.793)

Die im Einzelhandel tätige Antragstellerin ging mittels Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Regelung der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vor, gemäß welcher die Öffnung sonstiger Einzelhandelsbetriebe freigegeben wurde, soweit deren Verkaufsfläche 800qm nicht überschreitet. Gegen die dadurch für sie weiter bestehende Betriebsuntersagung machte die Antragstellerin geltend, sie sei in ihrer Existenz gefährdet. Der BayVGH gab dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung statt, da die Regelung (§ 2 Abs. 4 und 5 der 2.BayIfSMV) nicht mit dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, warum es unter anderem Buchhandlungen und Fahrradhändlern (die bereits vor dem 27.04.2020 öffnen durften) ohne Begrenzung der Verkaufsfläche erlaubt sei, ohne die Begrenzung der Kundenzahl auf einen Kunden je 20qm, welche für die sonstigen Einzelhändler gilt, zu öffnen.

Jedoch sah der BayVGH ausnahmsweise aufgrund der herrschenden Pandemienotlage und der kurzen Geltungsdauer der Einschränkungen bis einschließlich 03.05.2020 davon ab, die Bestimmungen außer Vollzug zu setzen und stellte stattdessen nur die Unvereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG fest.

http://www.vgh.bayern.de/media/bayvgh/presse/pressemitteilung_corona-verordnung__2.baylfsmv_.pdf

84c. Keine Pflicht zum Freihalten von Klinikbetten in einer Privatklinik (VG Ansbach, Beschluss vom 25.04.2020, AN 18 S 20.00739)

Eine Nürnberger Privatklinik wandte sich gegen zwei Allgemeinverfügungen, wonach u.a. Privatkliniken bis auf weiteres alle planbaren Behandlungen zurückstellen sollten, um möglichst umfangreiche Kapazitäten für die Versorgung von Covid-19-Patienten freizuhalten und die vorhandenen Kapazitäten zur stationären Versorgung zur Verfügung zu stellen.

Das VG Ansbach hat dem Antrag stattgegeben und führte aus, dass die Schutzmaßnahmen in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht streng auf ihre Verhältnismäßigkeit zu überprüfen seien. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit seien die Abflachung der Zahl der Neuinfektionen sowie die Auslastung der Klinikbetten im Raum Nürnberg zu 50 % zu berücksichtigen.

Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Interessen überwiege das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das Vollzugsinteresse des Antragsgegners, da der Antragstellerin andernfalls eine schwerwiegende und ggf. sogar unabänderliche Beeinträchtigung ihrer Interessen drohen würde. Eine solche liege hier vor allem darin begründet, dass bei einer Fortgeltung der sich aus den angegriffenen Regelungen für den regulären Klinikbetrieb der Antragstellerin ergebenden Einschränkungen deren weitere wirtschaftliche Existenz auf Dauer gefährdet erscheine. Sie habe glaubhaft gemacht, dass sie rund 76% ihrer Gesamteinnahmen aus der Erbringung stationärer Klinikleistungen erwirtschafte. Diese seien durch die Verpflichtung, bis auf Weiteres alle planbaren Behandlungen zurückzustellen und zu unterbrechen, nahezu vollständig weggebrochen.

Dessen ungeachtet fiele der Beitrag der von der Antragstellerin betriebenen Privatklinik, die über nur sechs Betten verfügt, zur Entlastung anderer Krankenhäuser vergleichsweise gering aus. Hinzu komme, dass die Antragstellerin im Hinblick auf die Verweildauer ihrer stationären Patienten von regelmäßig unter zwei Tagen im Fall einer etwaigen Verschärfung des Pandemiegeschehens dazu in der Lage wäre, ihre Kapazitäten kurzfristig - nach eigenen Angaben innerhalb höchstens dreier Tage - zur Entlastung anderer Einrichtungen zur Verfügung zu stellen.

Volltext: https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-7124?hl=true&AspxAutoDetectCookieSupport=1

84b. Keine Verpflichtung der Stadt Chemnitz zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Durchführung einer Versammlung (OVG Bautzen, Beschluss vom 24.04.2020, 3 B 151/20)

Das VG Chemnitz hatte die Stadt Chemnitz verpflichtet, eine Ausnahmegenehmigung zur Durchführung einer Versammlung unter dem Motto „Wir wollen raus! Staatliche Willkür beenden!“ unter Auflagen zu erteilen. Die Auflagen bezogen sich u.a. auf die Einhaltung von Mindestabstand, Maskenpflicht, Anzahl der Teilnehmer und eine zeitliche Begrenzung der Versammlung. Sowohl die Antragstellerin wie auch die Stadt hatten gegen die Entscheidung Beschwerde erhoben.

Das zur Entscheidung über die Beschwerden berufene OVG Bautzen hat den Beschluss des VG Chemnitz aufgehoben und eine Verpflichtung der Stadt zur Erteilung der Ausnahmegenehmigung abgelehnt. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ergebe eine Interessenabwägung zwischen dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit der Anmelderin und den ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen einer großen Zahl von Menschen, dass die Stadt Chemnitz den Antrag der Anmelderin mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt habe. Dabei stütze das OVG sich auch auf das Verhalten der Antragstellerin im Zusammenhang mit einer anderen Demonstration in Chemnitz vier Tage zuvor. Dort seien trotz einer Beschränkung auf 15 Teilnehmer mehrere hundert Personen anwesend gewesen, die den ihnen gegenüber verfügten Platzverweisen nicht Folge geleistet hätten. Die Anmelderin habe trotz der beschränkten Teilnehmerzahl zur uneingeschränkten Teilnahme an der Versammlung aufgerufen.

Pressemitteilung: https://www.justiz.sachsen.de/ovg/download/Medieninformation.pdf

84a. 800-Quadratmeter-Regelung: Außervollzugsetzung des Öffnungsverbots für Outlet-Center Neumünster (OVG Schleswig, 24.04.2020, 3 MR 9/20)

Das OVG Schleswig hat das landesrechtliche Gebot, wonach Outlet-Center aus Gründen des Infektionsschutzes (weiterhin) zu schließen sind, aufgrund eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das Outlet-Center besteht aus 122 Ladengeschäften, von denen nur eines über 800 m² groß ist.

Das OVG Schleswig sieht die Betreiberin durch die weitere Schließung des Outlet-Centers gegenüber anderen Einzelhandelsgeschäften und Einkaufszentren ungerechtfertigt benachteiligt, nachdem deren Öffnungsmöglichkeiten mittlerweile gelockert wurden.

Es sei nicht nachvollziehbar, warum in einem Outlet-Center die Umsetzung besonderer Hygiene- und Zugangsmaßnahmen nicht ebenso zu gewährleisten sei wie in Einkaufszentren, Einkaufsstraßen und Fußgängerzonen. Wegen des fortbestehenden Verbots, in Schleswig-Holstein zu touristischen oder vergleichbaren Zwecken einzureisen, bestehe keine überregionale Anziehungskraft des Outlet-Centers für Kunden aus Dänemark oder den benachbarten Bundesländern. Ebenfalls fehle einem Besuch des Outlet-Centers der „Eventcharakter“, da umfangreiche Hygiene- und Kontrollmaßnahmen bestehen und sämtliche Gastronomie und Spielplätze auf dem Gelände geschlossen seien.

Das Infektionsrisiko könne sich durch die Öffnung des Einzelhandels genauso erhöhen wie durch die Öffnung anderer Einkaufszentren im Umland. Wenn es der Verordnungsgeber für vertretbar halte, die Beschränkungen für den Einzelhandel wieder zu lockern, dann müsse er vergleichbare Sachverhalte auch vergleichbar regeln. Die nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung mit den Verkaufsstellen nach § 6 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2a SARS-CoV-2-BekämpfVO ziehe einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerin nach § 14 Abs. 1 GG sowie in ihr Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG nach sich.

Der Verordnungsgeber müsse in dem Bewusstsein der bestehenden Grundrechte der Betroffenen sorgsam prüfen, ob es statt eines absoluten Öffnungsverbotes mildere, aber gleichsam wirksame Mittel gebe und die von ihm für erforderlich gehaltenen Regelungen in einen angemessenen Ausgleich mit den verfassungsrechtlich garantierten Rechten bringen. Dies sei hier nicht erfolgt.

Volltext:

http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/2o3m/page/bsshoprod.psml;jsessionid=C7DDBE0C3F649416A2D2BE582B113E12.jp14?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=MWRE200001510%3Ajuris-r02&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1

84. Demonstration „Parents for Future“ auf Lastenrädern darf stattfinden (VG Köln, Beschluss vom 24.04.2020, 7 L 752/20)

Die Initiatoren der Demonstration planen, in 15 Lastenrad-Teams mit jeweils zwei Personen aus einem Haushalt, jeweils ausgestattet mit Megaphonen und Lautsprechern, getrennt voneinander im Stadtgebiet Köln zu fahren. Die Stadt lehnte die Erteilung einer Genehmigung gestützt auf infektionsschutzrechtliche Bedenken ab.

Das VG Köln sah hingegen keine durchgreifenden Bedenken und hat dem Antrag stattgegeben. Dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit sei ausreichend Rechnung zu tragen. Das VG verpflichtete die Stadt Köln zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung auf Grundlage von § 11 Abs. 3 Satz 1 der aktuellen Corona-Schutzverordnung des Landes NRW.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401292&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

 

83a. 800-Quadratmeter-Regelung: Kaufhäuser der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH im Saarland bleiben geschlossen (OVG Saarlouis, 24.04.2020, 2 B 122/20)

Das OVG Saarlouis entschied in einem Eilverfahren, dass Kaufhäuser der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH im Saarland weiterhin geschlossen bleiben müssen.

Die Antragstellerin stellte einen Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung der Regelungen in der saarländischen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, wonach die Öffnung von Ladenlokalen jeglicher Art mit mehr als 800 m² Verkaufsfläche untersagt wird. Ausgenommen hiervon sind nur im Einzelnen aufgelistete Geschäfte des Lebensmittelhandels, Drogerien, Baumärkte u.ä.

Das Gericht hat den Eilantrag abgelehnt. Nach der Auffassung des OVG ist es nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber die Größe der Verkaufsfläche als Maßstab für den zu erwartenden Käuferzustrom zugrunde gelegt hat und danach eine Begrenzung der zulässigen Verkaufsfläche auf 800 m² vornahm. Großflächige Einzelhandelsbetriebe seien als Einkaufsort attraktiver als kleinere Betriebe und der daher auftretende, größere Kundenandrang berge die Gefahr eines erhöhten Ansteckungsrisikos.

Es liege auch keine Ungleichbehandlung darin, dass die in der Verordnung ausdrücklich genannten, auf eine Branche spezialisierten Einzelhandelsgeschäfte auch bei einer größeren Verkaufsfläche öffnen dürfen und die branchenübergreifenden Geschäfte nicht. Denn diese Einzelhandelsgeschäfte seien nicht mit großen Warenhäusern vergleichbar.

Die Reduzierung des Warenangebotes und die Verkleinerung der Verkaufsfläche und die dadurch bewirkte Leerung der Innenstädte sei auch ein geeignetes und erforderliches Mittel, um die Ansteckungsgefahr zu verringern, insbesondere da die angegriffene Regelung zum Zeitpunkt der Entscheidung bis zum Ablauf des 03.05.2020 begrenzt sei.

https://www.saarland.de/dokumente/dienststelle_oberverwaltungsgericht/1274-PM04-20.pdf

83. 800-Quadratmeter-Regelung: Öffnung auch bei freiwilliger Beschränkung der Verkaufsräume auf 800 Quadratmeter nicht erlaubt (VG Ansbach, Beschluss vom 24.04.2020, AN 18 E 20.00745)

Die Antragstellerin, eine Betreiberin von Bekleidungshäusern in mehreren Städten, begehrt mittels Antrags auf einstweilige Anordnung die Feststellung, dass mit der freiwilligen Beschränkung ihrer Ladenfläche auf 800 Quadratmeter der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 5 der 2. BayIfSMV erfüllt sei. Diesen Eilantrag lehnte das VG Ansbach ab.

Der Verordnungsgeber habe an die erhöhte, auch überörtliche, Anziehungskraft solcher Geschäfte, die diese Flächengröße überschreiten, angeknüpft. Der Gleichheitssatz sei nach Auffassung des Gerichts nach summarischer Prüfung nicht verletzt. Auch eine Begrenzung auf 800 Quadratmeter Verkaufsfläche beende nicht die erhöhte Anziehungskraft, da die Geschäfte trotzdem noch durch ihre eigentliche Größe bekannt seien. Vor dem Hintergrund der großen Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung und dem Zwischenziel, den Kontakt von Menschen im öffentlichen Raum zu minimieren, sowie der zeitlichen Begrenzung der Maßnahmen (zunächst) bis zum 03.05.2020, sei die weitere Schließung angemessen.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401293&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

82. Unterlassungsverfügung gegen die Nutzung von Kameraaufnahmen zum Zwecke der Abstandsüberwachung (Arbeitsgericht Wesel, Beschluss vom 24.04.2020, 2 BVGa 4/20)

Der Betriebsrat eines Logistik- und Versandunternehmens mit Sitz in Rheinberg, das einem internationalen Konzern angehört, nahm den Arbeitgeber mittels eines einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Unterlassung in Anspruch. Letzterer kontrollierte per Videoüberwachung anhand von Bildaufnahmen der Arbeitnehmer die Einhaltung der Sicherheitsabstände von mindestens 2 Metern im Betrieb. Die Aufnahmen werden auf im Ausland gelegenen Servern mithilfe einer Software anonymisiert.

Dem Unterlassungsanspruch hat das Arbeitsgericht teilweise stattgegeben. Zum einen widerspreche die Übermittlung der Daten ins Ausland der im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarung. Zum anderen seien die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 und 7 BetrVG verletzt.

https://www.justiz.nrw/JM/Presse/presse_weitere/PresseLArbGs/24_04_2020_1/index.php

81. Keine Schulpflicht für Viertklässler in Hessen (Hessischer Verfassungsgerichtshof, Beschluss vom 24.04.2020, 8 B 1097/20.N)

Eine Schülerin begehrte den Erlass einer einstweiligen Anordnung in einem Normenkontrollverfahren, mit welchem sie sich gegen die Regelung in § 3 der entsprechenden zweiten Hessischen Corona-Verordnung wandte, welche in Abs. 1 Nr. 2 eine Ausnahme von der Befreiung von der Schulpflicht für Viertklässler vorsieht. Es fehle eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die Regelung und es überwiege das erhöhte Infektionsrisiko.

Dem Antrag hat der VGH Kassel überwiegend stattgegeben. Nach summarischer Prüfung liege nach Auffassung des Gerichts ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vor, da die Viertklässler ohne hinreichenden Grund gegenüber anderen Klassenstufen ungleich behandelt werden.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401285&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

80. Keine Außervollzugsetzung der Bayerischen Ausgangsbeschränkungen (Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Beschluss vom 24.04.2020, Vf. 29-VII-20)

Der Antragsteller wandte sich mittels Antrags auf einstweilige Anordnung gegen die Regelungen der 2. BayIfSMV, die das Verlassen der eigenen Wohnung nur bei Vorliegen triftiger Gründe erlauben. Nach seiner Auffassung seien die Vorschriften zu unbestimmt und griffen in unverhältnismäßiger Weise in Freiheitsrechte der betroffenen Bürger ein. Mit seiner Popularklage verband er einen Eilantrag auf Außervollzugsetzung der Regelungen.

Letzteren lehnte der VerfGH München nun ab. Während weder von offensichtlichen Erfolgsaussichten noch der offensichtlichen Erfolglosigkeit des Hauptantrags ausgegangen werden könne, ergebe sich diese Entscheidung aus einer Folgenabwägung.

Erginge die beantragte Anordnung nicht und hätte die Klage im Hauptverfahren Erfolg, wären zu Unrecht schwere Einschränkungen der Freiheitsrechte und (mittelbar) der Rechtspositionen wirtschaftlicher Betriebe, die dadurch Umsatzeinbußen verzeichneten, erfolgt. Erginge allerdings die einstweilige Anordnung und bliebe die Klage im Hauptverfahren erfolglos, könne sich vielfach die Gefahr der Weiterverbreitung des Virus, der Erkrankung vieler Menschen und der Überlastung des Gesundheitssystems realisieren. Aufgrund der überragenden Bedeutung von Leben und Gesundheit der gefährdeten Bevölkerung überwiegen nach Auffassung des Gerichts die Gründe gegen ein Außerkraftsetzen der Verordnung.

Allerdings sei durch den Normgeber fortlaufend eine strenge Prüfung der Verhältnismäßigkeit vorzunehmen und mögliche Lockerungen zu erwägen.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401294&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

79b. Corona-Soforthilfe ist unpfändbar (LG Köln, Beschluss vom 23.04.2020, 39 T 57/20)

Ein Schuldner erhielt im Rahmen des Programms zur Gewährung von Corona-Soforthilfen 9.000 EURO als einmalige Pauschale mit der Maßgabe, dass die Soforthilfe vollumfänglich zur Kompensation der unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe genutzt werden soll. Die Auszahlung erfolgte auf ein Konto, das als Pfändungsschutzkonto geführt wird. Ein Gläubiger hatte zuvor den Auszahlungsanspruch des Schuldners gegenüber seiner Bank pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen.

Nach Auszahlung der Soforthilfe beantragte der Schuldner die Aufhebung der Pfändung auf seinem Konto. Diesen Antrag wertete das Amtsgericht als Vollstreckungsschutzantrag und gab diesen Betrag in voller Höhe an den Schuldner frei.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Gläubigers hatte keinen Erfolg. Dem Schuldner sei zur Vermeidung einer unangemessenen Härte i.S. von § 765a ZPO die Corona-Soforthilfe in voller Höhe zu belassen und von der Pfändung auszunehmen. Die Corona-Soforthilfe sei ohne weiteres als zweckgebunden anzusehen, da sie ausweislich des im Bescheid mitgeteilten Leistungszwecks der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Begünstigten und der Überbrückung von dessen aktuellen Liquiditätsengpässen infolge der Corona-Pandemie diene.

In den nicht von § 850k Abs. 4 ZPO erfassten Fällen lasse sich über eine Anwendung von § 765a ZPO erreichen, dass ein Schuldner nicht allein schon deswegen schlechter gestellt wird, weil sein Konto gepfändet ist und nicht der – unpfändbare – Anspruch selbst. Auch der Bundesgerichtshof billige etwa eine Freigabe „entsprechend dem Rechtsgedanken des § 850k ZPO“ von Guthaben, die sich aus zweckgebundenen und damit nach § 851 ZPO unpfändbaren Beträgen ergeben. Es sei daher geboten, entsprechende Defizite des Instituts des Pfändungsschutzkontos unter Heranziehung des § 765a ZPO im vorliegenden Fall zu korrigieren.

Volltext: https://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/koeln/lg_koeln/j2020/39_T_57_20_Beschluss_20200423.html

79a. Vermietungsverbot für Ferienwohnungen zu touristischen Zwecken bestätigt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.04.2020, 11 S 25.20)

Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SARS-Co-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg dürfen Beherbergungsstätten, Campingplätze, Wohnmobilstellplätze sowie privat und gewerblich vermietete Ferienwohnungen und Ferienhäuser zu touristischen Zwecken nicht vermietet werden. Hiergegen wandte sich eine Antragstellerin – eine Vermieterin von Ferienhäusern und einer Ferienwohnung – erfolglos mit einem Normenkontrolleilantrag.

Nach Auffassung des OVG ist das bis zum 08.05.2020 befristete Vermietungsverbot verhältnismäßig. Die Schutzgüter Leben und Gesundheit hätten wegen ihres hohen Rangs Vorrang vor der Berufsfreiheit der Antragstellerin. Es sei zu berücksichtigen, dass Reisen zu einer vorübergehenden Veränderung des Kontaktumfeldes führe und somit jedenfalls abstrakt die Gefahr mit sich bringe, eine Infektion an einen anderen Ort mitzunehmen und das Virus dort zu verbreiten.

Pressemitteilung: http://www.berlin.de/gerichte/oberverwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.924919.php

Volltext: http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/279b/bs/10/page/sammlung.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE200005421&doc.part=L&doc.price=0.0#focuspoint

79. 800-Quadratmeter-Regelung: Karstadt Sports und zwei Restaurants bleiben in Bremen weiterhin geschlossen (OVG Bremen, Beschlüsse vom 23.04.2020 1 B 109/20, 1 B 111/20)

Die Karstadt Sports GmbH begehrte mittels Antrags auf einstweilige Anordnung die Außervollzugsetzung des Verbots, Einzelhandelsbetriebe über eine Verkaufsfläche von 800 Quadratmeter hinaus zu öffnen. Das OVG Bremen lehnte den Eilantrag ab. Die Beschränkung der Verkaufsfläche sei eine verhältnismäßige Maßnahme. Bei kleineren Verkaufsflächen sei es leichter, die Einhaltung beispielsweise des Abstandsgebotes zu überwachen. Zudem rechtfertige sich die Regelung durch die große Anziehungskraft großflächiger Einzelhandelsgeschäfte und sei vor dem Hintergrund der Gefahr von Neuinfektionen verständlich und praktikabel. Auch liege keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vor, da das Kriterium der Größe der Verkaufsfläche gerade nicht willkürlich, sondern sachlich begründet sei.

Zwei Restaurantketten begehrten mittels Eilantrags die Außervollzugsetzung des in § 9 Abs. 1 der Bremischen Corona-Verordnung enthaltenen Verbotes, Gaststätten zu öffnen. Auch dieser Antrag wurde durch das Gericht abgelehnt. Die Schließung von Gaststätten sei zur Vermeidung der Weiterverbreitung des Virus geeignet, indem sowohl menschlicher Kontakt in den Restaurants als auch eine starke Frequentierung auf dem Hin- und Rückweg dorthin verhindert werde. Die vorgeschlagene Öffnung unter Schutzmaßnahmen sei kein milderes, gleich geeignetes Mittel, da deren Wirkung gerade in Gaststätten nur begrenzt und die Maßnahmen auch kaum praktikabel überprüfbar seien. Zudem habe die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass sie zu einer erlaubten Auslieferung außer Haus nicht in der Lage sei.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401276&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

78. Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen und Synagogen bleiben verboten (OVG Lüneburg, Beschluss vom 23.04.2020, 13 MN 109/20)

Ein eingetragener Verein, der sich für die Rechte von Muslimen einsetzt, wandte sich gegen das Verbot der religiösen Zusammenkünfte durch die Niedersächsische Corona-Verordnung vom 17.04.2020 und beantragte die einstweilige Außervollzugsetzung der Regelung.

Diese lehnte das OVG Lüneburg ab. Auch nach aktuellem Sachstand des Infektionsgeschehens sei das Verbot zur Erreichung des Ziels, durch Unterbindung von gezielten Zusammenkünften die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern, weiterhin notwendig. Während mildere gleich geeignete Mittel nicht ersichtlich seien, bleiben die individuelle Glaubensausübungsfreiheit und auch religiöse Versammlungen unter freiem Himmel weiter möglich. Auch vor dem Hintergrund der zeitlichen Beschränkung der Maßnahme überwiege das öffentliche Interesse an der Minimierung der Gefahren für Leib und Leben.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401283&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

77. Tier- und Freizeitparks in Niedersachsen bleiben geschlossen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 23.04.2020, 13 MN 96/20)

Die Antragstellerin, ein Safari- und Freizeitpark, wandte sich gegen die Schließung aufgrund der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 17.04.2020.

Der Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung der Schließung wurde nun vom OVG Lüneburg abgelehnt. Unter Berücksichtigung des aktuellen Sachstandes sei die Schließung noch als notwendige Schutzmaßnahme anzusehen. Aufgrund der hohen Anziehungskraft solcher Freizeiteinrichtungen sei bei einer Öffnung das Ziel der Infektionsbegrenzung gefährdet. Die finanziellen Einbußen könnten nach Auffassung des Gerichts zum Teil durch staatliche Unterstützungsleistungen abgefedert werden, sodass jedenfalls insgesamt das öffentliche Interesse an der Verhinderung einer weiteren Ausbreitung des Virus überwiege.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401283&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

76. Spielhallen in Baden-Württemberg bleiben geschlossen (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.04.2020, 1 S 1003/20)

Der Betreiber mehrerer Spielhallen wandte sich mittels Eilantrags nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen die fortdauernde Schließung. Nach seiner Auffassung könne die CoronaVO nicht auf § 28 IfSG gestützt werden und in Spielhallen könne durch geeignete Maßnahmen der Infektionsschutz gewährleistet werden.

Das Gericht lehnte den Eilantrag ab. Zwar sei weiterhin offen, ob die CoronaVO auf einer rechtmäßigen Rechtsgrundlage basiere. Jedoch fehle es an einem deutlichen Überwiegen der von der Antragstellerin geltend gemachten Belange gegenüber der Bedeutung des Schutzes von Leib und Leben. Während das Gericht die Entscheidung in der Hauptsache offen ließ, äußerte es sich dahingehend, dass § 28 Abs. 1 IfSG auch zu Maßnahmen gegenüber Nichtstörern ermächtige und die Schließungen auch verhältnismäßig sein dürften.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401289&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

75b. Gaststätten und Gastronomie im Saarland bleiben geschlossen (OVG Saarlouis, Beschlüsse vom 22.04.2020, 2 B 128/20 und 2 B 130/20)

Das OVG Saarlouis hat zwei Eilanträge von Betreiberinnen von sog. Innengastronomie in Kaufhäusern abgelehnt. Diese wandten sich mit Anträgen auf vorläufige Außervollzugsetzung gegen Regelungen der saarländischen Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, wonach befristet bis zum 03.05.2020 allgemein der Betrieb von Gaststätten und Gastronomie untersagt ist.

Nach Auffassung des OVG seien die verfassungsrechtlichen Schranken für die in Rede stehenden Grundrechtseingriffe durch die angegriffene Regelung nicht überschritten. Mit dem Ziel der Eindämmung der Infektionsfälle aus den Gründen des Gesundheitsschutzes und zur Sicherung eines funktionierenden Gesundheitswesens im Saarland bestünde ein überragendes Gemeinwohlinteresse, hinter dem die Interessen der Antragstellerinnen zurückstehen müssten.

Pressemitteilung: https://www.saarland.de/dokumente/dienststelle_oberverwaltungsgericht/1274-PM03-20.pdf

Volltext: http://www.rechtsprechung.saarland.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/sl_frameset.py   und http://www.rechtsprechung.saarland.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/sl_frameset.py

75a. Eilantrag von Autowaschanlagen-Inhaberin gegen die Niedersächsische Corona-VO erfolglos (OVG Lüneburg, Beschluss vom 22.04.2020, Az. 13 MN 105/20)

Die Antragstellerin, die Inhaberin mehrerer Selbstbedienungswaschanlagen, begehrte mittels Normenkontrollantrags bzw. einstweiliger Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO die einstweilige Aussetzung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 17.04.2020.

Das Gericht befand, der in der Hauptsache gestellte Normenkontrollantrag sei voraussichtlich unbegründet. § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG seien eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Corona-VO, deren Voraussetzungen erfüllt seien. Die Regelung § 3 Nr. 9 der Verordnung, der die Nutzung von Waschanlagen beschränkt, sei hinreichend bestimmt und durch die Ausnahmeregelungen für gewerblich oder dienstlich eingesetzte Nutzfahrzeuge und vollautomatische Reinigungen werde voraussichtlich dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt. Ermessensfehler des Verordnungsgebers seien nicht ersichtlich. Insbesondere liege keine Verletzung des Gleichheitssatzes vor, da Differenzierungen in § 3 Nr. 9 durch sachliche Gründe gerechtfertigt seien.

Zudem überwiegen nach Auffassung des Gerichts im Rahmen einer Folgenabwägung die für den weiteren Vollzug der Verordnung sprechenden Gründe (öffentliches Interesse an der Verringerung der Ansteckungsgefahr mit dem Corona-Virus, der Erkrankung vieler Personen und der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen) die von der Antragstellerin geltend gemachten Gründe für die einstweilige Außervollzugsetzung.

http://www.rechtsprechung.niedersachsen.juris.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=MWRE200001482&st=ent&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint

75. 800-Quadratmeter-Regelung: Hamburger Sportwarengeschäft darf vorläufig nur beschränkt öffnen (OVG Hamburg, Beschluss vom 22.04.2020, 5 Bs 64/20)

Nach einer Zwischenverfügung des OVG Hamburg darf ein Sportwarengeschäft befristet bis zum 30.04.2020 nur mit einer maximalen Verkaufsfläche von 800 qm öffnen. Dies entspricht der seit dem 20.04.2020 geltenden Regelung in der entsprechenden Coronavirus-Eindämmungsverordnung. Vor dem VG Hamburg war die Betreiberin zunächst erfolgreich (siehe Nr. 72). Mit der dagegen gerichteten Beschwerde stellte die Stadt Hamburg auch einen Antrag, bis zur endgültigen Entscheidung darüber die Regelung der Rechtsverordnung aufrechtzuerhalten. Diesem folgte das Gericht mittels Zwischenverfügung. Während die Erfolgsaussichten der Beschwerde nach Auffassung des Gerichts offen seien, sei der Erlass der Zwischenverfügung - vor dem Hintergrund der konkreten Gefahren der weiteren Ausbreitung des Virus sowie der Überlastung medizinischer Behandlungskapazitäten - zur Vermeidung schwerer und unabwendbarer Nachteile geboten.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401263&wt_mc=pushservice&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

74 a. 800-Quadratmeter-Regelung: Einzelhandelsgeschäft darf mit beschränkter Verkaufsfläche auf 800 m² öffnen (VG Sigmaringen, Beschluss vom 21.04.2020, 14 K 1360/20)

Die Antragstellerin betreibt ein Textilhandelsgeschäft mit einer Verkaufsfläche von ca. 7.000 m². Sie trennte eine Fläche von 800 m² ihres Ladengeschäfts ab und bat die Antragsgegnerin um Klarstellung, ob die abgetrennte Teilfläche ab dem 20.04.2020 wieder geöffnet werden dürfe. Die Antragsgegnerin lehnte dies ab.

Das Gericht hat der Antragstellerin Recht gegeben. Aus der maßgeblichen Regelung in der Corona-Verordnung in der Fassung vom 17.04.2020 folge nicht, dass eine Begrenzung der Verkaufsfläche durch Abtrennungen unzulässig sei und nur solche Geschäfte öffnen dürften, die auch ohne Abtrennungsmaßnahmen eine geringere Verkaufsfläche aufweisen. Dieser Auslegung stehe weder der Wortlaut der Norm entgegen, noch Sinn und Zweck des § 4 III 1 Nr. 12a CoronaVO.

Ziel der Verordnung sei es, einen Sog zu den Haupteinkaufsstraßen und Einkaufszentren zu vermeiden, sowie die Kundenfrequenz auf ein vertretbares Maß zu begrenzen. Die Abtrennung und Öffnung einer Verkaufsfläche von maximal 800 m² sei mit diesem Zweck nicht unvereinbar. Wird von einem größeren Geschäft eine Teilfläche abgetrennt, so verringere sich auch dessen Attraktivität und Sogwirkung.

Zudem werde ausweislich § 4 III 3 der CoronaVO ein anderer Fall der räumlichen Abtrennung als zulässiges Instrument der Ermöglichung eines Verkaufs angesehen. Daraus folge, dass durch Abtrennung geteilte Verkaufsräume nicht per se von der Verordnung ausgeschlossen werden sollen, wofür überdies kein sachlicher Grund erkennbar sei.

74. Kein unbefristeter Aufnahmestopp bei stationärer Rehabilitationsklinik wegen Corona-Infizierung einer Patientin (VG Minden, Beschluss vom 21.04.2020, 7 L 299/20)

Die Antragstellerin war auf Grundlage des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes mit Wirkung zum 03.04.2020 als Einrichtung zur Entlastung der akutstationär zu versorgenden Patienten bestimmt worden und gilt seitdem für die Behandlung der bis zum 30.09.2020 aufgenommenen Patienten als zugelassenes Krankenhaus. Nachdem bekannt wurde, dass sich eine stationär aufgenommene Patientin mit dem Corona-Virus infiziert hatte, wurde der Antragstellerin mit sofortiger Wirkung untersagt, neue Patienten in die Klinik aufzunehmen.

Das VG Minden hat dem dagegen erhobenen Eilantrag stattgegeben. Es führt aus, dass die Anordnung eines Aufnahmestopps zwar grundsätzlich eine geeignete Maßnahme i.S.d. § 28 IfSG sei, wenn in der Einrichtung bereits Patienten an COVID-19 erkrankt seien.

Dabei handele es sich aber um eine Ermessensentscheidung.

Die Antragsgegnerin habe dies verkannt und ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Ein Aufnahmestopp sei nicht immer die unmittelbare und erforderliche Reaktion bei einem COVID-19-Ausbruch in einer Gesundheitseinrichtung, zulässig sei vielmehr nur die Anordnung der im Einzelfall notwendigen Schutzmaßnahmen, die zur Verhinderung einer weiteren Verbreitung geboten seien.

Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim OVG NRW in Münster eingelegt werden.

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOVG/22_04_2020_/index.php

73. Keine Freistellung von der Abiturprüfung und Nachholung zu einem späteren Zeitpunkt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.04.2020, Az. OVG 3 S 30/20, vorgehend VG Berlin, Beschluss vom 20.04.2020, 3 L 155/20)

Das OVG Berlin-Brandenburg hat eine Beschwerde der Antragstellerin gegen einen Beschluss des VG Berlin zurückgewiesen.

Die Beschwerde wende sich letztlich nicht hinreichend substantiiert gegen die im Einzelnen begründete Annahme des Beschlusses, dass sich die begehrte Verschiebung der Abiturprüfung weder auf Vorschriften des Berliner Schulgesetzes, noch auf erlassene Rechtsverordnungen stützen lasse.

Das Verwaltungsgericht habe aus dem prüfungsrechtlichen Gebot der Chancengleichheit des Art. 3 I GG zu Recht abgeleitet, dass äußere Einflüsse, die die Prüfungsbehörde nicht beeinflussen könne, nicht unter den Anspruch eines Prüflings auf vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungsmaßstäbe zu fassen seien. Ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Verschiebung des Prüfungstermins aus Art. 3 I GG i.V.m. Art. 12 GG komme daher höchstens in besonderen – hier nicht glaubhaft gemachten – Ausnahmefällen in Betracht.

Weiter habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die pandemiebedingten Einschränkungen alle Prüflinge gleichermaßen betreffen und sich eine auf den jeweiligen Prüfling abgestimmte Vorbereitungszeit und daran angeknüpfte individuelle Verschiebungen der Prüfung objektiv nicht umstellen lassen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

https://rsw.beck.de/aktuell/meldung/ovg-berlin-brandenburg-berliner-abiturpruefungen-koennen-fortgesetzt-werden

72. Eilantrag gegen Schließung eines Sportwarengeschäftes mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 m² erfolgreich (VG Hamburg, Beschluss vom 21.04.2020, 3 E 1675/20)

Gem. § 8 I 2 der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung in der am 20.04.2020 in Kraft getretenen Fassung dürfen nur Verkaufsstellen des Einzelhandels mit einer Verkaufsfläche unter 800 m² bzw. größere Verkaufsstellen nur in einem bis zu 800 m² reduzierten Umfang für den Publikumsverkehr öffnen. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat nun vorläufig festgestellt, dass die Betreiberin eines Sportwarengeschäfts ihr Geschäft betreiben darf, auch ohne die Verkaufsfläche entsprechend zu beschränken.

Der Antrag war zulässig. Die gerichtliche Überprüfung von § 8 I 2 der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung in der am 20.04.2020 in Kraft getretenen Fassung sei hier zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken statthaft, da die Antragstellerin geltend machen konnte, dass sie durch die getroffene Regelung unmittelbar in einer subjektiven Rechtsposition betroffen ist.

Die Untersagung des Betriebs einer Verkaufsstelle des Einzelhandels mit einer Verkaufsfläche über 800 m² verletzt nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Hamburg die Antragstellerin, eine Betreiberin eines Sportwarengeschäftes, in ihrer Berufsfreiheit. Zugleich würde durch die Unterscheidung nach der Fläche gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 I GG verstoßen.

Der Eingriff in die Berufsausübung sei nicht gerechtfertigt. Das Verwaltungsgericht führt hierzu aus, dass die Unterscheidung zwischen Verkaufsstellen mit einer Fläche von mehr als 800 m² von jenen mit einer geringeren Fläche nicht geeignet sei, um den mit der Rechtsverordnung verfolgten Zweck zu erreichen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Infektionsschutzanordnungen in großflächigen Einzelhandelsgeschäften nicht ebenso gut wie in kleineren Geschäften umgesetzt werden könnten. In großflächigen Geschäften seien die Möglichkeiten einer physischen Distanzierung sogar in der  Regel besser einzuhalten.

Für den Einwand der Antragsgegnerin, dass mit der Öffnung von großflächigen Verkaufsstellen eine größere Anziehungskraft einherginge, mit der Folge, dass Straßen und öffentliche Verkehrsmittel stärker frequentiert würden, läge zudem keine gesicherte Tatsachenbasis vor.

Die befürchtete Infektionsgefahr, die von Menschen ausgeht, die sich im öffentlichen Raum bewegen und aufhalten, entsteht unabhängig davon, ob die Anziehungskraft von kleinen oder großen Verkaufsstellen ausgeht. Eine Sogwirkung entstehe nicht aus der Verkaufsfläche, sondern lediglich aus der Attraktivität des Angebots. Es wären hier mildere Mittel vorhanden, um die Infektionsgefahr zu reduzieren.

Die Größe der Verkaufsfläche stelle somit kein geeignetes Differenzierungskriterium dar, weswegen ebenfalls ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 I GG vorliege.

Gegen die Entscheidung hat die Antragsgegnerin bereits Beschwerde beim Hamburgischen OVG erhoben und zugleich beantragt, dass die bestehenden Regelungen bis zur Entscheidung über die Beschwerde eingehalten werden.

Pressemitteilung: https://justiz.hamburg.de/aktuellepresseerklaerungen/13874166/pressemitteilung/

Volltext: https://justiz.hamburg.de/contentblob/13874184/beee262ea12e8d1aad6e1779c57070a2/data/3e1675-20.pdf

71. Unzulässiger Eilantrag eines Ratsmitglieds gegen die Umsetzung von Dringlichkeitsentscheidungen (VG Düsseldorf, Beschluss vom 21.04.2020, Az. 1 L 678/20)

Der Bürgermeister der Stadt Dinslaken hatte zusammen mit einem weiteren Ratsmitglied 14 Dringlichkeitsentscheidungen getroffen. Hintergrund dieses Vorgehens war die Corona-bedingte Absage einer für den 31.03.2020 anberaumten Ratssitzung.

Der Antragsteller sah sich dadurch in seinen Mitwirkungsrechten als Ratsmitglied verletzt und rügte, dass die Voraussetzungen für den Erlass von Dringlichkeitsentscheidungen nicht gegeben gewesen seien.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hielt den Eilantrag aufgrund einer fehlenden Antragsbefugnis des Ratsmitglieds für unzulässig. Eine Verletzung des Ratsmitglieds in seinen Mitwirkungsrechten als Ratsmitglied durch das gerügte Handeln des Bürgermeisters könne hier ausgeschlossen werden. Durch das gerügte Vorgehen – der Erlass von Dringlichkeitsentscheidungen – werde nicht in die Mitwirkungsrechte des einzelnen Ratsmitglieds, sondern vielmehr in die Entscheidungskompetenz des Rates selbst eingegriffen, sofern die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben sollten.

Somit könne nur der für die Beschlussfassung zuständige Rat als solcher, nicht aber ein einzelnes Mitglied in seinen Rechten verletzt und damit antragsbefugt sein.

Auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Dringlichkeitsentscheidungen selbst kam es nicht mehr an. Dennoch hat das Gericht diesbezüglich angemerkt, dass ein Erlass von Dringlichkeitsentscheidungen nur restriktiv und verantwortungsvoll einzusetzen sei, um die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung nicht über Gebühr zu verletzen bzw. darin einzugreifen. Maßgebliches Kriterium sei hierbei, ob für die Gemeinde oder ihre Einwohner bei einer verzögerten Entscheidung erhebliche Nachteile oder Gefahren entstehen können. Sonstige Gefahren oder Nachteile für Dritte rechtfertigen nicht die kurzfristige Aussetzung der vorgesehenen gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung zu Lasten des Rates.

Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde beim OVG NRW in Münster möglich.

https://www.vg-duesseldorf.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/2020/202018/index.php

70a. Eilantrag gegen eine Veranstaltungsuntersagung erfolgreich, Beschwerde erfolglos (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.04.2020, 3 M 60/20, vorgehend VG Halle, Beschluss vom 17.04.2020, 5 B 190/20)

Der Antragsteller wandte sich erstinstanzlich gegen die Untersagung der Durchführung einer angemeldeten Demonstration auf dem Marktplatz der Stadt Halle. Das Verbot wurde damit begründet, dass die Versammlung in den Anwendungsbereich des § 1 I der 3. SARS-CoV-2-EindV fiele und aus der Anzahl der Teilnehmer ein hohes Übertragungsrisiko resultiere, das auch durch bestimmte Auflagen nicht eingedämmt werden könnte.

Dem ist das Verwaltungsgericht nicht gefolgt. Nach Auffassung des Gerichts habe der Antragsteller unter Berücksichtigung der Bedeutung der in Art. 8 GG geregelten Versammlungsfreiheit einen Anspruch auf Zulassung der Veranstaltung nach § 1 V der 3. SARS-CoV-2-EindV, wonach Versammlungen unter freiem Himmel durch die zuständige Behörde unter Beteiligung des zuständigen Gesundheitsamtes nach individueller Prüfung der Verhältnismäßigkeit zugelassen werden können.

Diese individuelle Prüfung sei nicht vorgenommen worden, insbesondere sei nicht berücksichtigt worden, dass das vorgelegte Versammlungskonzept bereits von dem Antragsteller selbst geplante umfangreiche Auflagen zur Einhaltung von Hygiene- und Abstandsvorschriften enthalte, wodurch nach Auffassung des Gerichts dem Gesundheitsschutz bzw. Infektionsrisiken hinreichend Rechnung getragen werde.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen diesen Beschluss hat das OVG Sachsen-Anhalt zurückgewiesen und die Entscheidung des VG damit gehalten.

Insbesondere sei nach der Systematik des § 1 I 1, V der 3. SARS-CoV-2-EindV kein Raum für ein behördliches Verbot der Versammlung gewesen, vielmehr hat die zuständige Behörde ausschließlich darüber zu entscheiden, ob eine Versammlung abweichend von dem grundsätzlichen Verbot aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (ggf. unter Auflagen) zuzulassen ist. Diese Pflicht zur Durchführung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung im konkreten Einzelfall habe die Antragsgegnerin verkannt.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Pressemitteilung des VG Halle: http://www.presse.sachsen-anhalt.de/index.php?cmd=get&id=909999&identifier=ca5b90886319cba216011b21bc809dea

Volltext der Entscheidung des OVG: https://lexcorona.de/lib/exe/fetch.php?media=gerichtsentscheidungen:ifsg-schutzmassnahmen_ohne_allgemeinverfuegungen:ovg_magdeburg_beschluss_vom_18.4.2020.pdf

70. Verfassungsbeschwerde gegen bußgeldbewährte Ausgangsbeschränkung nach der Bayerischen Corona-Verordnung unzulässig (BVerfG, Beschluss v. 18.04.2020, Az. 1 BvR 892/20)

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde gegen § 4 Abs. 2 und 3, § 5 Nr. 9 der Bayrischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayIfSMV) vom 27.03.2020 nicht zur Entscheidung angenommen und den damit verbundenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für gegenstandslos erklärt. Der Beschwerdeführer rügte eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, 2 Satz 2 i. V. m. Art. 104 Abs. 1 GG und aus Art. 103 Abs. 2 GG. Er könne auch nicht auf die Inanspruchnahme fachgerichtlichen Rechtsschutzes verwiesen werden, da er ansonsten unzumutbarerweise zu sanktioniertem Verhalten (Verstoß gegen das Ausgangsverbot) gezwungen sei. Aufgrund der offenen Formulierung der Ausnahmetatbestände von der grundsätzlichen Ausgangsbeschränkung hätten letztlich die Polizeibehörden die Deutungshoheit über das Vorliegen bußgeldbewährter Handlungen.

Aufgrund eines Verstoßes gegen den Subsidiaritätsgrundsatz nahm das BVerfG die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Eine Verfassungsbeschwerde genüge auch dann dem Grundsatz der Subsidiarität nicht, wenn die Möglichkeit besteht, fachgerichtlichen Rechtsschutz außerhalb eines Straf- oder Bußgeldverfahrens zu erlangen. Vorliegend sei der Beschwerdeführer gehalten, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gemäß § 47 Abs. 1 und 6 VwGO in Verbindung mit Art. 5 AGVwGO Bayern einen mit Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz verbundenen Antrag auf prinzipale Normenkontrolle der angegriffenen Regelungen der Verordnung zu stellen. Dabei drohe ihm auch kein schwerer und unzumutbarer Nachteil. Dieser vorherige fachgerichtliche Antrag sei auch nicht offensichtlich aussichtslos, da der Bayerische Verwaltungsgerichtshof noch nicht geprüft habe, ob das Verbot, die Wohnung ohne triftigen Grund zu verlassen, deshalb gegen Grundrechte verstößt, weil es selbst sowie die gesetzliche Ermächtigung nicht den für Straftatbestände geltenden Bestimmtheitsanforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG genügen könnte.

Auch sei die Verfassungsbeschwerde nicht ausnahmsweise deshalb zulässig, weil sie verfassungsrechtliche Fragen aufwürfe, die das BVerfG auch ohne fachgerichtliche Aufbereitung der tatsächlichen und rechtlichen Entscheidungsgrundlagen beantworten könnte.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/04/rk20200418_1bvr082920.html

69i. Eine Mutter darf die in einem Kinderschutzhaus untergebrachten eigenen Kinder besuchen (VG Hamburg, Beschluss vom 17.04.2020, Az. 11 E 1630/20)

Nach der Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Hamburg vom 02.04.2020 in der Fassung vom 09.04.2020 dürfen Eltern besondere Formen von Kinderschutzeinrichtungen nicht besuchen und betreten. Es ist keine Ausnahme von diesem Verbot vorgesehen.

Nach der Auffassung des VG Hamburg führt dieses ausnahmslose Verbot, die eigenen Kinder in Kinderschutzeinrichtungen persönlich zu besuchen, zu einem völligen Kontaktabbruch zwischen Eltern und Kindern und verletzt daher die Eltern in ihren Grundrechten aus Art. 6 III GG, wenn nicht jeder Einzelfall etwa im Hinblick auf das Alter der Kinder und die Qualität der bisherigen Beziehung geprüft wird.

Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass hier keine Ausnahmeregelung bestehe, wohingegen beispielsweise der Besuch in Krankenhäusern und Einrichtungen der öffentlichen Unterbringung nach § 14 III der HmgSARS-CoV-2-EindämmungsVO möglich sei.

Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Hamburgischen OVG eingelegt werden.

Pressemitteilung: https://justiz.hamburg.de/aktuellepresseerklaerungen/13862296/pressemitteilung/

Volltext: https://justiz.hamburg.de/contentblob/13862304/d038ab5c103c5741e66dc298d5797808/data/11e1630-20.pdf

69h. Die Umnutzung einer Gaststätte als Ladenbetrieb ist nicht genehmigungsfrei (VG Köln, Beschluss vom 17.04.2020, 2 L 688/20)

Der Antragsteller – Inhaber einer aufgrund von Corona-Schutzmaßnahmen geschlossenen Gaststätte – begehrte die gerichtliche Feststellung, dass die Umnutzung der Gaststätte als Verkaufsraum für typische Einzelhandelswaren keiner baurechtlichen Genehmigung bedarf. Er wollte durch die Änderung größeren wirtschaftlichen Nachteilen durch die Einnahmeausfälle begegnen.

Das Gericht ist der Auffassung des Antragsstellers nicht gefolgt. Eine bauordnungsrechtlich zu genehmigende Nutzungsänderung liege immer dann vor, wenn für die geänderte Nutzung andere Anforderungen gegeben seien als für die ursprüngliche Nutzung, die im Baugenehmigungsverfahren Prüfungsgegenstand sein können. Dies sei hier der Fall, beispielsweise bestehe für die Nutzung einer baulichen Anlage als Gaststätte ein anderer Stellplatzbedarf und damit andere Anforderungen als für die Nutzung als Ladengeschäft.

https://www.vg-koeln.nrw.de/behoerde/presse/Pressemitteilungen/16_200417/index.php

69g. Ablehnung einer Ausnahmegenehmigung für eine Versammlung mangels Ermessensausübung rechtswidrig (BVerfG, Beschluss v. 17.04.2020, Az. 1 BvQ 37/20)

Der Antragsteller meldete eine Versammlung mit erwarteter Höchstteilnehmerzahl von 50 Personen auf dem Stuttgarter Schlossplatz als Spaziergang mit Schildern an. Durch die Versammlungsbehörde wurde ihm auf Anfrage nach einer Ausnahmegenehmigung telefonisch mitgeteilt, dass Versammlungen durch die einschlägige Corona-Verordnung verboten seien und kein Ablehnungsbescheid ergehen werde, da dort derzeit nicht über die Zulässigkeit von Versammlungen zu entscheiden sei.

Ein Antrag beim VG Stuttgart auf Verpflichtung der Stadt zur Genehmigung der Versammlung blieb ebenso wie die darauffolgende Beschwerde des Antragstellers zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg erfolglos. Letzterer sah keinen Ermessensfehler der Behörde, da eine Ermessensreduzierung nicht glaubhaft gemacht worden sei und die Behörde sich von legitimen Zielen habe leiten lassen.

Der daraufhin vom Anmelder gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim BVerfG nach § 32 Abs. 1 BVerfGG hatte Erfolg. Die Verfassungsbeschwerde des Antragstellers wäre nach Auffassung des BVerfG offensichtlich begründet, da das Verhalten der Versammlungsbehörde der Bedeutung und Tragweite des Grundrechts aus Art. 8 Abs. 1 GG nicht gerecht werde. Es sei zunächst schon nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin von dem ihr in § 3 Abs. 6 der Corona-Verordnung eingeräumten Ermessen im Lichte von Art. 8 GG Gebrauch gemacht habe, da sie es ablehnte, einen entsprechenden Bescheid zu erlassen. Eigene Überlegungen zu möglichen Auflagen habe die Behörde offensichtlich nicht angestellt, um die Maßnahmen in Abwägung mit dem Grundrecht aus Art. 8 GG auf ein vertretbares Maß zu reduzieren.

Die Stadt Stuttgart wurde verpflichtet, über die Zulässigkeit der von dem Antragsteller angemeldeten Versammlung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Kammer zu entscheiden. Werde keine Entscheidung getroffen, sei der Antragsteller berechtigt, die von ihm angemeldete Versammlung durchzuführen.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/04/qk20200417_1bvq003720.html

69f. Erfolgloser Eilantrag auf Außervollzugsetzung der Schließung von Verkaufsstellen (Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 17.04.2020, Az. 2 KM 333/20)

Das OVG hat einen Antrag auf Außervollzugsetzung von § 1 Abs. 1 der SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, welcher die Schließung sämtlicher Verkaufsstellen des Einzelhandels vorsieht, abgelehnt. Die Antragstellerin betreibt bundesweit eine Vielzahl von Warenhäusern. Mit Verweis auf seine Entscheidung vom 08.04.2020 (siehe Nr. 50), in welcher diese Regelung ebenfalls geprüft wurde, lehnte das Gericht den Eilantrag ab. Die befristete Regelung der Schließung erweise sich auch im konkreten Einzelfall als verhältnismäßige Maßnahme. Der Gesundheitsschutz rechtfertige die Eingriffe in die Rechte der Antragstellerin, die zu erheblichen Einkommenseinbußen führen. Eine Ungleichbehandlung anderer Branchen, für die die Verordnung Ausnahmen vorsieht, sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt und daher kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

https://www.mv-justiz.de/serviceassistent/_php/download.php?datei_id=1623515

https://www.mv-justiz.de/gerichte-und-staatsanwaltschaften/fachgerichte/verwaltungsgerichte/oberverwaltungsgericht/Aktuelles/?id=159420&processor=processor.sa.pressemitteilung

69e. Versammlung in Gießen unter Auflagen erlaubt (VGH Kassel, Beschluss v. 17.04.2020, Az. 2 B 1031/20)

Der Anmelder einer Versammlung hatte zunächst gegen die Untersagung durch die Stadt Gießen erfolglos einen Eilantrag beim VG Gießen gestellt. Einem gegen diese Entscheidung gerichteten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hatte das BVerfG daraufhin aufgrund fehlerhafter Ermessensausübung durch die Stadt Gießen teilweise stattgegeben (siehe Nr. 68).

Danach hatte die Stadt Gießen die Versammlung unter der Auflage erlaubt, dass die Versammlung stationär in einem Teilbereich des Berliner Platzes, maximal mit 15 Teilnehmern, auf eine Stunde begrenzt, mit Mundschutzpflicht und Abstandsgebot von 1,5 Metern stattzufinden hatte. Einen gegen diese Auflagen gerichteten Eilantrag lehnte das VG Gießen ab.

Gegen diese ablehnende Entscheidung legte der Anmelder Beschwerde ein, die der VGH Kassel als teilweise begründet ansah und die Auflagen teilweise abänderte. Nunmehr ist die Fläche des gesamten Berliner Platzes zugelassen, in einem Zeitraum von vier Stunden und mit einer Teilnehmerzahl von 50 Personen. Die restlichen Auflagen seien vor dem Hintergrund des Gesundheitsschutzes und der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Gesundheitssystems nicht zu beanstanden.

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/versammlung-gie%C3%9Fen-zum-thema-%E2%80%9Egesundheit-st%C3%A4rken-statt-grundrechte-schw%C3%A4chen-%E2%80%93-0

69d. Erfolglose Eilanträge der Inhaber von Einzelhandelsgeschäften und Warenhäusern gegen Schließung der Verkaufsstellen aufgrund der Niedersächsischen Verordnung (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschlüsse v. 17.04.2020, Az. 13 MN 79/20, 13 MN 82/20, 13 MN 84/20)

Die Inhaber von Einzelhandelsgeschäften und Warenhäusern wandten sich als Antragsteller gegen die Schließung ihrer Verkaufsstellen. Das Gericht lehnte die Eilanträge ab.

Zwar sei bei summarischer Prüfung weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit noch die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Schließungen festzustellen. Jedoch führe eine gebotene Folgenabwägung nicht dazu, dass die Verordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen sei. Aufgrund des zeitnahen Auslaufens der Maßnahmen zum Ablauf des 19.04.2020 sei im Interesse der Antragsteller nur noch ein geringer wirtschaftlicher Vorteil betroffen, während demgegenüber das öffentliche Interesse am Schutz vor der Gefahr für das Gesundheitssystem und daran anknüpfend der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung überwiege.

https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/eilantrage-gegen-regelungen-der-nds-verordnung-uber-die-beschrankung-sozialer-kontakte-zur-eindammung-der-corona-pandemie-vom-7-april-2020-erfolglos-187571.html

69c. Erfolgloser Eilantrag gegen Schließung eines Fitnessstudios aufgrund der Niedersächsischen Verordnung (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss v. 17.04.2020, Az. 13 MN 77/20)

Die Inhaberin eines Fitnessstudios wandte sich als Antragstellerin gegen die Schließung ihres Studios. Nach Auffassung des Gerichts spreche Überwiegendes dafür, dass die Corona-Verordnung und die darauf beruhende Maßnahme sich voraussichtlich als rechtmäßig erweisen. Eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die Verordnung, deren Voraussetzungen erfüllt seien, finde sich in § 32 Satz 1 und 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG. Vor dem Hintergrund der Gefahr für das Gesundheitssystem und daran anknüpfend der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung hielt das Gericht die Maßnahme bei summarischer Prüfung, auch aufgrund der zeitlichen Begrenzung (daher handle es sich nicht um ein Berufsverbot, sondern um eine Berufsausübungsregelung) für verhältnismäßig. Auch ansonsten und mit Blick auf den konkreten Einzelfall seien keine Ermessensfehler der zuständigen Behörden erkennbar. In Fitnessstudios sei unter anderem aufgrund der erhöhten Atemfrequenz das Ansteckungsrisiko besonders hoch.

Der Eilantrag wurde abgelehnt.

https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/eilantrage-gegen-regelungen-der-nds-verordnung-uber-die-beschrankung-sozialer-kontakte-zur-eindammung-der-corona-pandemie-vom-7-april-2020-erfolglos-187571.html

69b. Erfolgloser Eilantrag eines Gärtnereibetreibers für den Wochenmarktstand gegen die Niedersächsische Verordnung (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss v. 17.04.2020, Az. 13 MN 67/20)

Ein Inhaber einer Gärtnerei machte als Antragsteller geltend, die Regelung des § 9 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 07.04.2020 sei unwirksam, soweit sie ihm den Verkauf von Blumen und anderen Pflanzen auf Wochenmärkten untersage. Nach Auffassung des Gerichts spreche Überwiegendes dafür, dass die Corona-Verordnung sich voraussichtlich als rechtmäßig erweise. Eine taugliche Ermächtigungsgrundlage, deren Voraussetzungen erfüllt seien, finde sich in § 32 Satz 1 und 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG. Vor dem Hintergrund der Gefahr für das Gesundheitssystem und daran anknüpfend der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung hielt das Gericht die Maßnahmen bei summarischer Prüfung, auch aufgrund der zeitlichen Begrenzung für verhältnismäßig. Auch ansonsten und mit Blick auf den konkreten Einzelfall seien keine Ermessensfehler der zuständigen Behörden erkennbar.

Der Eilantrag wurde abgelehnt.

https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/eilantrage-gegen-regelungen-der-nds-verordnung-uber-die-beschrankung-sozialer-kontakte-zur-eindammung-der-corona-pandemie-vom-7-april-2020-erfolglos-187571.html

69a. Erfolgloser Eilantrag gegen Allgemeinverfügung des Landkreises Hildesheim zu Besuchsverboten (VG Hannover, Beschluss v. 16.04.2020, Az. 15 B 2147/20)

Das VG Hannover hat einen Eilantrag abgelehnt, mit welchem sich eine in einer „Intensiv-Pflege-WG“ lebende Antragstellerin und ihr Sohn und gesetzlicher Betreuer gegen die vom Landkreis Hildesheim am 09.04.2020 erlassene Allgemeinverfügung, mit der ein Besuchs- und Betretungsverbot für ambulant betreute Wohngemeinschaften nach § 2 Abs. 3 NuWG, für Formen des betreuten Wohnens nach § 2 Abs. 4 NuWG und für ambulant betreute Wohngemeinschaften zum Zweck der Intensivpflege, die nicht in den Geltungsbereich des NuWG fallen, angeordnet wurde.

Den Antrag hielt das VG Hannover für unbegründet. Zwar stellten die Verbote empfindliche Grundrechtseingriffe dar. Doch stünden diese einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit und des Lebens nicht nur der Antragstellerin, sondern auch der übrigen Bewohner der Einrichtung sowie der Pflegekräfte gegenüber, zumal die Bewohner von Pflegeeinrichtungen zur besonders vulnerablen Bevölkerungsgruppe gehörten. Im vorliegenden Pflegeheim sei die Gefahr aufgrund vieler Luftröhrenschnitt-Patienten besonders hoch. Mildere gleich wirksame Maßnahmen als das Besuchsverbot seien nicht ersichtlich. Zudem sei das Besuchsverbot zeitlich begrenzt und sehe Ausnahmeregelungen für Härtefälle vor. Damit sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

https://www.verwaltungsgericht-hannover.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/eilantrag-gegen-die-allgemeinverfugung-des-landkreises-hildesheim-vom-09-april-2020-hat-keinen-erfolg-187509.html

69. Versammlung in Hildesheim kann unter strengen Auflagen stattfinden (VG Hannover, Beschluss v. 16.04.2020, Az. 10 B 2232/20)

Das VG Hannover hat einem Eilantrag stattgegeben, mit welchem sich der Antragsteller gegen ein Versammlungsverbot wendete, welches die Stadt Hildesheim ihm gegenüber aufgrund des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes und der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 07.04.2020 aussprach. Nach Auffassung des Gerichts könne das Versammlungsverbot nicht auf § 2 der Corona-Verordnung gestützt werden, da ein derart generelles Versammlungsverbot (faktisch, durch die Beschränkung von Zusammenkünften von Personen) ohne vorgesehene Ausnahmen nicht mit der durch Art. 8 Abs. 1 GG gewährleisteten Versammlungsfreiheit vereinbar sei. So sei insbesondere bei kleinen Versammlungen denkbar, den Gesundheitsschutz durch Beschränkungen der Versammlung zu gewährleisten. Anstelle eines Verbotes sei der Stadt Hildesheim die Anordnung von Auflagen möglich, unter welchen die Versammlung stattfinden könne.

https://www.verwaltungsgericht-hannover.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/10-kammer-des-verwaltungsgerichts-hannover-stoppt-versammlungsverbot-187530.html

68. Teilweise erfolgreicher Eilantrag gegen Versammlungsverbot (BVerfG, Beschluss v. 15.04.2020, Az. 1 BvR 828/20)

Der Beschwerdeführer hatte Versammlungen am 14., 15., 16., und 17. April 2020 angemeldet. Dabei sollten die etwa 30 Teilnehmer, teilweise als Aufzug, durch Hinweisschilder zur Einhaltung von Sicherheitsabständen angehalten und von Ordnern auf entsprechende Startpositionen gelotst werden. Sich neu anschließende Teilnehmer würden sich mit entsprechendem Abstand einreihen. Die Versammlung wurde unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, gestützt auf § 15 Abs. 1 VersG und § 1 Abs. 1 der einschlägigen Hessischen Corona-Verordnung, untersagt.

Nachdem der Veranstalter mit seinem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen die Untersagung auch in der Beschwerdeinstanz gescheitert war, wandte er sich mit diesem Begehren an das Bundesverfassungsgericht.

Das BVerfG sah einen Ermessensfehler der Versammlungsbehörde, da diese bei ihrer Entscheidung unzutreffend von einem generellen Versammlungsverbot ausgegangen war, welches nach der einschlägigen Corona-Verordnung jedoch nicht vorgeschrieben sei. Hierin liege eine Verletzung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG. Zudem habe die Behörde bei ihrer Entscheidung die konkreten Umstände des Einzelfalls nicht berücksichtigt, da in ihrer Begründung überwiegend Bedenken geäußert wurden, die jeder Versammlung entgegengehalten werden müssten.

Der Behörde bliebe jedoch unbenommen, ob sie die Durchführung der Versammlungen von bestimmten Auflagen abhängig machen oder mit zutreffender Begründung verbieten wolle.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/04/rk20200415_1bvr082820.html;jsessionid=452B28A4DE695F83B6CE53886DE3949C.2_cid383

67. Rechtmäßige Untersagung einer Corona-Demonstration (VG Karlsruhe, Beschluss v. 14.04.2020, Az. 19 K 1816/20)

Der Antragsteller hatte für den 14.04.2020 eine Versammlung angemeldet, die durch die Stadt Heidelberg untersagt wurde. Dagegen richtete sich sein Eilantrag mit der Begründung, das Versammlungsverbot könne nicht mehr auf die aktuelle Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg gestützt werden, da diese Versammlungen im Verbotstatbestand nicht mehr ausdrücklich aufführe und das Verbot im Übrigen unverhältnismäßig sei.

Dem Antrag folgte das Gericht nicht. Versammlungen seien auch durch die aktuelle CoronaVO verboten. Zudem sei zwar die Erforderlichkeit des Verbots engmaschig zu kontrollieren, doch stelle es sich derzeit als verhältnismäßig dar. Auch einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sah das Gericht nicht, da keine Ordner vorgesehen waren, die unter anderem die Einhaltung des Sicherheitsabstandes von 1,5 Metern sicherstellen könnten. Zudem sei mit Menschenansammlungen zu rechnen, wenn sich Personen der Versammlung anschließen oder nur zum Beobachten stehen bleiben würden.

https://verwaltungsgericht-karlsruhe.justiz-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Presse/Heidelberg_+Verbot+einer+Corona-Demonstration+auf+dem+Bismarckplatz+rechtmaessig/?LISTPAGE=1220792

66. Eilantrag eines Rechtsanwalts gegen Berliner Corona-Verordnung erfolglos (Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschluss v. 14.04.2020, Az. VerfGH 50 A-20)

Der Antragsteller sah sich als Rechtsanwalt insbesondere durch die Schließung von Bibliotheken und die Gebote, seine Wohnung nicht zu verlassen und nicht mit anderen Menschen zusammenzutreffen, in seinen Grundrechten verletzt und stellte Eilantrag auf Außerkraftsetzung verschiedener Regelungen der bis zum 19.04.2020 geltenden Berliner Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2. Der Gerichtshof sah den Antrag zwar nicht als wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Subsidiarität unzulässig an, jedoch nach einer summarischen Folgenabwägung als unbegründet. Erginge die einstweilige Anordnung und die angegriffenen Vorschriften würden außer Vollzug gesetzt, würden voraussichtlich viele Menschen ihre Wohnungen häufiger verlassen und physische Kontakte vermehrt wieder aufnehmen. Dadurch bestünde die Gefahr, dass sich das Risiko der Überforderung des Gesundheitssystems realisiere, da die Infektionszahlen stiegen. Dahinter müsse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers zurückstehen. Entscheidend sei, dass die Maßnahmen nur befristet waren.

https://www.berlin.de/gerichte/sonstige-gerichte/verfassungsgerichtshof/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.921686.php

65. Verbot einer Versammlung in Gießen bestätigt (VGH Kassel, Beschluss v. 14.04.2020, Az. 2 B 985/20)

Der hessische Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass eine am selben Tage beginnende geplante Versammlung mit dem Thema „Gesundheit stärken statt Grundrecht schwächen – Schutz vor Viren, nicht vor Menschen!“ in Gießen untersagt bleibt. Gegen einen entsprechenden Bescheid der Stadt Gießen hatte der Anmelder mit vor dem VG Gießen ersuchtem einstweiligem Rechtsschutz keinen Erfolg. Diesem Ergebnis schloss sich auch der VGH Kassel mit einem Tenorbeschluss an. Eine Begründung der Entscheidung werde im Laufe der Woche bekanntgegeben.

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/versammlung-gie%C3%9Fen-zum-thema-%E2%80%9Egesundheit-st%C3%A4rken-statt-grundrechte-schw%C3%A4chen-%E2%80%93

64b. Keine Ausnahme für Versammlung zum Bücherlesen am Ostersonntag (VG Ansbach, Beschluss v. 11.04.2020, Az. AN 30 S 20.00654)

Der Antragsteller beantragte eine Ausnahme vom dem gemäß § 1 der „Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie“ geltenden Versammlungsverbot, um am 12.04.2020 in Nürnberg eine Versammlung abzuhalten. Dabei sollten alle Teilnehmer im Abstand von 2 Metern voneinander sitzen und ein Buch lesen.

Nach Auffassung des Gerichts seien Gründe für eine mögliche Ausnahme nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden. Das Recht des Einzelnen an der Durchführung einer Versammlung (Art. 8 GG) müsse hinter dem mit dem Versammlungsverbot verfolgten Zweck (Schutz des sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenen Rechts auf Leben und Gesundheit der Bevölkerung sowie Schutz der Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens) derzeit zurückstehen. Im vorliegenden Einzelfall sei durch die Versammlung und die eingesetzten Demonstrationsmittel (geplant waren Zollstock, Hinweisschilder und ein Megafon) eine Menschenansammlung zu befürchten. Der Eilantrag wurde abgelehnt.

http://www.vgh.bayern.de/media/vgansbach/presse/p-2020-06.pdf

64a. Versammlung zum 75. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald bleibt verboten (OVG Weimar, Beschluss v. 10.04.2020, Az. 3 EO 248/20)

Die Antragsteller begehrten eine einstweilige Anordnung des Gerichts gegen das in § 3 Abs. 1 der Zweiten Thüringer SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung normierte Versammlungsverbot. Das OVG Weimar lehnte den Eilantrag ab.

Es habe keine Zweifel daran, dass die erforderlichen Schutzmaßnahmen auch zeitlich beschränkte Versammlungsverbote umfassen können. Auch spreche einiges für die derzeitige Verhältnismäßigkeit der Verbote. Selbst wenn im vorliegenden Fall innerhalb des Versammlungsgeländes die Beachtung von weitgehenden Sicherheits- und Hygienestandards kontrollierbar wäre, gelte dies nicht mehr für mögliche Ansammlungen beim Betreten und Verlassen des Versammlungsbereichs. Trotzdem sei nach Auffassung des Gerichts die Rechtmäßigkeit des völligen Verbotes offen, sodass eine Folgenabwägung durchzuführen sei. Würde man die Versammlung zulassen, würde es der Gleichbehandlungsgrundsatz gebieten, in naher Zukunft auch andere Versammlungen ausnahmsweise zuzulassen, wodurch wiederum die Infektionsketten verstärkt werden und die Gefahr von Erkrankungen und für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems entstehen könnte. Diese Möglichkeit werde durch die Entwicklungen in anderen Regionen innerhalb und außerhalb Europas belegt.

https://www.juris.de/jportal/portal/t/1tkj/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401092&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

64. Erfolgloser Eilantrag gegen Untersagung von Versammlungen für Gottesdienste (BVerfG, Beschluss v. 10.04.2020, Az. 1 BvQ 31/20)

Die Antragsteller begehrten mittels Antrags auf einstweilige Anordnung die Feststellung, dass einer der Antragsteller öffentliche Gottesdienste mit einer Teilnehmerzahl von bis zu 50 Personen abhalten dürfe (unter entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen) und hilfsweise die Feststellung, unter diesen Sicherheitsvoraussetzungen wenigstens an den Ostertagen öffentliche Gottesdienste abhalten zu dürfen (derzeit beides durch die SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung des Senates von Berlin untersagt).

Da die zugrundeliegende Verfassungsbeschwerde nach Auffassung des Gerichts weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet sei, nahm das BVerfG eine Folgenabwägung vor. Erginge die einstweilige Anordnung nicht und hätte eine Verfassungsbeschwerde der Antragsteller Erfolg, wäre es zu Unrecht untersagt worden, öffentliche Gottesdienste unter den beschriebenen Bedingungen abzuhalten und eine Teilnahme daran wäre trotz verfassungsrechtlichem Anspruch nicht möglich. Darin würde ein zu Unrecht erfolgter schwerwiegender und auch irreversibler Eingriff in die Glaubensfreiheit liegen. Erginge andererseits die begehrte Feststellung und hätte die Verfassungsbeschwerde keinen Erfolg, so würden sich voraussichtlich sehr viele Menschen zu Gottesdiensten versammeln und die Ansteckungsgefahr erheblich steigen. Vor dem Hintergrund der drohenden Gefahren für Leben und körperliche Unversehrtheit auch für unbeteiligte Dritte genüge der Vortrag des Antragstellers nicht aus, um darzulegen, dass die angebotenen Maßnahmen hinreichenden Schutz bieten würden. Während vor allem bei einer denkbaren Verlängerung der Untersagung eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen sei, müsse der Schutz der Glaubensfreiheit vorliegend hinter dem Schutz der Gesundheit und Leben der Bevölkerung zurücktreten.

Das BVerfG lehnte den Eilantrag als zulässig, aber unbegründet ab.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/04/qk20200410_1bvq003120.html

63. Abgelehnter Eilantrag gegen die Corona-Verordnungen aller Bundesländer (BVerfG, Beschluss v. 10.04.2020, Az. 1 BvQ 30/20)

Der Antragsteller wandte sich gegen die Corona-Verordnungen aller Bundesländer mit der Begründung, diese seien geeignet, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere der Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und die freiheitlich-demokratische Grundordnung nach Art. 20 GG zu gefährden und begehrte die Außervollzugsetzung aller Corona-Verordnungen sowie die Feststellung, dass eine von der Antragstellerin zum Verfahren 1 BvQ 26/20 (siehe Nr. 61) angekündigte bundesweite Demonstration zulässig sei und nicht verboten werden dürfe.

Das BVerfG lehnte den Eilantrag ab, da der Antragsteller die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG nicht dargelegt habe. Eine bloße Bezugnahme auf die Antragsbegründung einer anderen Antragstellerin in einem anderen Verfahren genüge nicht, insbesondere da somit die Betroffenheit des Antragstellers in seinen eigenen Grundrechten fraglich bleibe.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2020/04/qk20200410_1bvq003020.pdf?__blob=publicationFile&v=2

62. Verbot von Gottesdiensten bedarf fortlaufender strenger Prüfung der Verhältnismäßigkeit (BVerfG, Beschluss v. 10.04.2020, Az. 1 BvQ 28/20)

Das Bundesverfassungsgericht lehnte einen Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung der Regelung zu Gottesdiensten in der Corona-Verordnung des Landes Hessen auf Grundlage einer Folgenabwägung ab.

Es wertete jedoch den Eingriff in die Glaubensfreiheit durch das Verbot von Zusammenkünften in Kirchen als überaus schwerwiegend, da Gottesdienste als fester Bestandteil des Glaubens nicht durch alternative Formen wie die Übertragung im Internet oder das individuelle Gebet kompensiert werden könnten. Allerdings würden sich nach Auffassung des Gerichts bei einer vorläufigen Außervollzugsetzung des Verbots von Zusammenkünften in Kirchen voraussichtlich sehr viele Menschen in Kirchen versammeln und sich dadurch die Gefahr der Ansteckung und Erkrankung sowie der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen erheblich erhöhen, obwohl dies im Falle der Erfolglosigkeit einer Verfassungsbeschwerde durch ein Gottesdienstverbot in verfassungsrechtlich zulässiger Weise hätte vermieden werden können. Die Gefahren würden sich auf einen erheblich größeren Personenkreis als nur die Teilnehmer am Gottesdienst erstrecken. Der Schutz vor diesen Gefahren für Leib und Leben habe derzeit Vorrang vor dem Schutz der Religionsfreiheit. Jedoch müsse bei jeder Fortschreibung der Verordnung über den 19.04.2020 hinaus eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen und anhand der neuesten Erkenntnisse eine mögliche Lockerung der Maßnahmen erwogen werden.

Gleiches gelte auch für andere Religionsgemeinschaften, bei denen die gemeinsame Zusammenkunft ihrer Gläubigen ein zentraler Bestandteil ihres Glaubens ist.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-024.html;jsessionid=A7A7399668D19B871A58A86754A8CA96.1_cid393

61. Erfolgloser Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Corona-Verordnungen aller Länder und auf Feststellung der Zulässigkeit einer Versammlung (BVerfG, Beschluss v. 10.04.2020, Az. 1 BvQ 26/20)

Die Antragstellerin wandte sich gegen die Corona-Verordnungen aller Bundesländer mit der Begründung, diese seien geeignet, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere der Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und die freiheitlich-demokratische Grundordnung nach Art. 20 GG zu gefährden und begehrte die Außervollzugsetzung aller Corona-Verordnungen sowie die Feststellung, dass eine von der Antragstellerin angekündigte bundesweite Demonstration nach Art. 8 Abs. 2 GG und Art. 20 Abs. 4 GG zulässig sei und nicht verboten werden dürfe.

Das BVerfG lehnte den Eilantrag ab, da es diesen für unzulässig hielt. Soweit es um die Feststellung ging, die Corona-Verordnungen gefährdeten den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, so sei die Verfassungsbeschwerde ungeeignet, da der Antragsteller mit dieser nur die Verletzung seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte rügen kann, jedoch keine Verletzung objektiver Verfassungsgüter oder -grundsätze.

Soweit die Antragstellerin die Außervollzugsetzung der Corona-Verordnungen aller Länder begehrt, so fehle es an Ausführungen dazu, warum der Grundsatz der Subsidiarität dem verfassungsrechtlichen Eilrechtsschutz nicht entgegenstehe (so hätte sie in Baden-Württemberg die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Anspruch nehmen müssen). Bezüglich der anderen Bundesländer sei nicht dargelegt worden, inwieweit die Antragstellerin in eigenen Grundrechten verletzt sein solle.

Bezüglich der begehrten Feststellung der Zulässigkeit der Versammlung fehle es bereits an einer geeigneten Darstellung des Sachverhaltes, aufgrund derer eine summarische Prüfung durch das BVerfG erst möglich gewesen wäre.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2020/04/qk20200410_1bvq002620.pdf?__blob=publicationFile&v=1

60. Erfolgloser Eilantrag gegen Verweigerung der Ausnahmegenehmigung für eine Versammlung in Bayern (BVerfG, Beschluss v. 09.04.2020, Az. 1 BvQ 29/20)

Die Verfassungsbeschwerde des Antragstellers gegen die Verweigerung einer Ausnahmeregelung nach § 1 Abs. 1 Satz 3 der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 27.03.2020, die er mit dem Antrag auf einstweilige Anordnung verband, war nach Auffassung des Gerichts weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet, sodass über den Eilantrag eine Entscheidung auf Grundlage einer Folgenabwägung erfolgen musste. Erginge die einstweilige Anordnung nicht, stelle sich nach Durchführung des Hauptverfahrens jedoch heraus, dass die Verweigerung der Ausnahmegenehmigung verfassungswidrig ist, läge eine Grundrechtsverletzung (Versammlungsfreiheit Art. 8 Abs. 1 GG) von erheblichem Gewicht vor. Erginge andererseits eine einstweilige Anordnung und stelle sich später heraus, dass die Ausnahmegenehmigung zu Recht abgelehnt worden ist, wären grundrechtlich geschützte Interessen einer großen Anzahl Dritter von hohem Gewicht betroffen. Das Ziel der Verordnung, der Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit, entspricht der Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Bei Durchführung der begehrten Versammlung bestünde die konkrete Gefahr einer weiteren Ausbreitung des Virus. Infolge der Folgenabwägung müsse das Interesse des Antragstellers an der Durchführung der Versammlung zurücktreten.

Der Eilantrag wurde abgelehnt.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2020/04/qk20200409_1bvq002920.pdf?__blob=publicationFile&v=1

59. Erfolgloser Eilantrag auf eine Ausnahmegenehmigung für eine Versammlung in Bayern (BVerfG, Beschluss v. 09.04.2020, Az. 1 BvQ 27/20)

Das Bundesverfassungsgericht hat einen Antrag auf einstweilige Anordnung für eine Ausnahmegenehmigung für eine Versammlung am östlichen Isarufer nach § 1 Abs. 1 Satz 3 der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung in einem Verfassungsbeschwerdeverfahren aufgrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde abgelehnt. Im Rahmen des Eilrechtsschutzes habe der Antragsteller regelmäßig darzulegen, dass der Grundsatz der Subsidiarität nicht entgegensteht. Zudem sei zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz über seinen Antrag beim VG München auf verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz noch nicht entschieden worden. Diese Entscheidung stand vielmehr für den Tag der Beschlussfassung des BVerfG an und ein Abwarten der VG-Entscheidung sei dem Antragsteller auch nicht unzumutbar (§ 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG). Ein aktuell bestehendes Rechtsschutzbedürfnis am Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung durch das BVerfG sei demnach nicht erkennbar.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2020/04/qk20200409_1bvq002720.pdf?__blob=publicationFile&v=2

58. Keine Außerkraftsetzung der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BVerfG, Beschluss v. 09.04.2020, 1 BvR 802/20)

Die Beschwerdeführer im Verfassungsbeschwerdeverfahren gegen § 4 Abs. 2, Abs. 3, § 5 Nr. 9 der Bayrischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung stellten gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Nachdem die eine Beschwerdeführerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen die bayerische Allgemeinverfügung vom 02.03.2020 erwirkt hatte, wurden die entsprechenden Vorgaben in die Bayerische Verordnung über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie überführt. Ein Antrag der Beschwerdeführer nach § 47 Abs. 6 VwGO auf vorläufige Außervollzugsetzung dieser Verordnung wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof abgelehnt (BayVGH, Az. 20 NE 20.632). Die in der Folgezeit erlassene Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung übernahm diese Vergaben, unter anderem das Verbot, die eigene Wohnung ohne triftigen Grund zu verlassen, und ordnet in § 5 Nr. 9 bei entsprechenden Verstößen ein Ordnungsgeld an.

Die Beschwerdeführer rügen einen Eingriff in ihr Recht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, der nicht von § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG in der Fassung vom 27.03.2020 gedeckt sei. Auch sei der Bestimmtheitsgrundsatz des § 104 Abs. 1 GG, der Wesentlichkeitsvorbehalt sowie die Anforderungen des § 103 Abs. 2 GG verletzt und die Maßnahmen seien unverhältnismäßig.

Das BVerfG lehnte den Antrag als zwar zulässig aber unbegründet ab.

Indem weder die offensichtliche Unbegründetheit oder Begründetheit der Hauptsache festgestellt werden könne, unternahm das BVerfG eine Folgenabwägung. Erginge die beantragte einstweilige Verfügung nicht und hätte die Verfassungsbeschwerde Erfolg, wären die Einschränkung mit ihren erheblichen, zum Teil irreversiblen Folgen zu Unrecht verfügt und etwaige Verstöße gegen sie zu Unrecht geahndet worden. Erginge andererseits die beantragte Anordnung und hätte die Verfassungsbeschwerde keinen Erfolg, würden sich trotz der Vereinbarkeit der Verhaltensbeschränkungen mit der Verfassung voraussichtlich sehr viele Menschen so verhalten, wie es mit den angegriffenen Regelungen unterbunden werden soll. Dadurch würde die Ansteckungsgefahr steigen und sich die Gefahr von Erkrankung und Tode von Personen und der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen erheblich erhöhen. Vor dem Hintergrund der Befristung der Maßnahmen sowie der zahlreichen Ausnahmen müsse nach Auffassung des BVerfG das Interesse an der begehrten Außerkraftsetzung der angegriffenen Verordnung zurückstehen.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2020/04/rk20200409_1bvr080220.pdf?__blob=publicationFile&v=1

57a. Keine Ausnahme vom Versammlungsverbot für politische Aktion (VG Köln, Beschluss v. 09.04.2020, Az. 7 L 687/20)

Der Antragsteller plante eine Veranstaltung auf einer Fläche im Kölner Grüngürtel, bei welcher die Teilnehmer nicht gleichzeitig, sondern nacheinander Pappschilder mit Meinungsäußerungen zum Versammlungsthema aufbauen sollten und hatte über Facebook bereits Zusagen im dreistelligen Bereich. Dazu beantragte er eine Ausnahmegenehmigung vom Versammlungsverbot in NRW, welches durch die Stadt Köln abgelehnt wurde. Daraufhin stellte der Veranstalter einen Antrag an das VG Köln, die Stadt zu dieser Erteilung im Wege einer einstweiligen Verfügung zu verpflichten.

Diesen Antrag lehnte das Gericht ab. Nach dessen Auffassung lagen die Voraussetzungen für eine Ausnahme nicht vor. Die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen sei durch den Veranstalter nicht gewährleistet. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich nach dem Aufstellen der Schilder Menschenansammlungen bilden, die sich für die Aufschriften interessieren, zumal dies gerade das Ziel der Aktion sei. Der Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung sei derzeit vorrangig vor dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, insbesondere aufgrund der Befristung des Versammlungsverbots bis zum 19.04.2020.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401091&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

57. Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde gegen die Allgemeinverfügung der Stadt Frankfurt (Oder) einer Beschwerdeführerin aus Frankfurt am Main (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 09.04.2020, Az. 1 BvR 794/20)

Eine Verfassungsbeschwerde mit Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen, da die Beschwerdeführerin, die ihre Gaststätte in Frankfurt am Main betreibt, ersichtlich nicht von der Allgemeinverfügung der Stadt Frankfurt (Oder) betroffen sei. Zudem genüge die Verfassungsbeschwerde nicht den Anforderungen an ihre Begründung nach §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2020/04/rk20200409_1bvr079420.pdf?__blob=publicationFile&v=2

56. Erfolgloser Eilantrag gegen Verbot der Anwesenheit eines werdenden Vaters im Kreißsaal in der Universitätsklinik Leipzig (VG Leipzig, Beschluss v. 09.04.2020, Az. 7 L 192/20)

Ein werdender Vater hat einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen das Verbot der Universitätsklinik Leipzig (eine Anstalt des öffentlichen Rechts) gestellt, bei Entbindungen Begleitpersonen in den Kreißsaal zu lassen. Den Antrag hat das VG Leipzig abgelehnt.

Das Zutrittsverbot sei vom öffentlich-rechtlichen Hausrecht der Antragsgegnerin gedeckt. Es diene der Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus sowie der Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Dienstbetriebs und sei für diese Zwecke ein verhältnismäßiges Mittel. Ein im Vorfeld durchgeführter, als milderes Mittel denkbarer Coronatest treffe keine Aussage darüber, ob im Zeitpunkt der Entbindung nicht bei ihm doch eventuell eine Infektion vorliege, da ein entsprechend kurzfristiger Test noch nicht möglich sei. Dies gelte auch für das Bereitstellen entsprechender Schutzkleidung. Die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Krankenhausbetriebs stelle ein elementar wichtiges öffentliches Interesse dar, hinter welchem das Anwesenheitsinteresse des werdenden Vaters in der konkreten Situation zurücktreten müsse.

https://www.justiz.sachsen.de/vgl/content/284.htm

55. Keine Außervollzugsetzung von § 4 Abs. 1 der SARS-CoV-2 Bekämpfungsverordnung in Mecklenburg-Vorpommern (OVG Greifswald, Beschlüsse v. 09.04.2020, Az. 2 KM 280/20 OVG und 2 KM 293/20 OVG)

Das OVG M-V hat mit zwei Beschlüssen im Eilverfahren die Außervollzugsetzung von § 4 Abs. 1 der SARS-CoV-2 Bekämpfungsverordnung des Landes Mecklenburg-Vorpommern abgelehnt. Diese Vorschrift untersagt alle Reisen in das Gebiet des Landes M-V, soweit keine Ausnahme der Absätze 2 bis 6 besteht. Im ersten Verfahren war der Antragsteller Pächter eines Jagdbezirks in M-V, weshalb er in das Bundesland einreisen wollte. Im zweiten Verfahren begehrten die Antragsteller die Einreise zur Nutzung ihrer Zweitwohnung.

(Tenorbeschluss, Begründung ausstehend)

54. Erfolgloser Eilantrag des Betreibers eines Bremerhavener Autohauses gegen die Corona-Verordnung (OVG Bremen, Beschluss v. 09.04.2020, Az. 1 B 97/20)

Die Antragstellerin, die Betreiberin eines Bremerhavener Autohauses mit Kfz-Werkstatt und 17 Mitarbeitern, rügte eine Beschränkung ihrer Berufsfreiheit und irreversible finanzielle Nachteile durch das gemäß § 9 Abs. 2 der Bremer Corona-Verordnung geltende Verbot der Öffnung der Verkaufsstelle für den Publikumsverkehr und begehrte eine einstweilige Außervollzugsetzung der Regelung im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens.

Diesen Antrag lehnte das OVG Bremen ab. Nach summarischer Prüfung bestünden gegen § 9 Abs. 2 der Verordnung keine durchgreifenden Bedenken (taugliche Rechtsgrundlage in § 32 IfSG, Verhältnismäßigkeit hinsichtlich Umfang und Dauer der Maßnahmen, weiter Beurteilungsspielraum der Behörde bei der Auswahl und Beurteilung der Wirksamkeit der Maßnahmen). Besondere Härten könnten durch die unterschiedlichen staatlich bereitgestellten Soforthilfen abgefedert werden.

https://www.oberverwaltungsgericht.bremen.de/sixcms/media.php/13/PressOVG200409_Corona%20Verordnung%20Autohaus.pdf

53d. Kein Kirchgang für Katholiken in Bayern (VGH München, Beschluss v. 09.04.2020, Az. 20 NE 20.738)

Der Antragsteller begehrte mittels Eilantrags nach § 47 Abs. 6 VwGO die Außervollzugsetzung des § 1 Abs. 1 Satz. 2 der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayIfSMV) vom 27.03.2020, welcher Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen und Synagogen sowie Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften untersagt. Sie rügten eine Verletzung ihres Rechts auf freie Religionsausübung nach Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG. Die Teilnahme der Liturgie der römisch-katholischen Kirche sei Kern der Ausübung ihrer Religionsfreiheit.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde durch den VGH München abgelehnt. Zur Begründung kann auf den Beschluss vom gleichen Tag (siehe Nr. 53c, Az. 20 NE 20.704) verwiesen werden.

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-5451?hl=true

53c. Kein Kirchgang für Katholiken in Bayern (VGH München, Beschluss v. 09.04.2020, Az. 20 NE 20.704)

Der Antragsteller begehrte mittels Eilantrags nach § 47 Abs. 6 VwGO die Außervollzugsetzung des § 1 Abs. 1 Satz. 2 der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayIfSMV) vom 27.03.2020., welcher Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen und Synagogen sowie Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften untersagt.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde durch den VGH München abgelehnt. Zum einen sei die Aussetzung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen (Voraussetzung des § 47 Abs. 6 VwGO) nicht dringend geboten, da hier erheblich strengere Anforderungen zu stellen seien als bei § 123 VwGO. Vor allem fehle dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, da  selbst bei Außervollzugsetzung der fraglichen Norm eine freiwillige Absage des Kardinal Reinhard Marx (Erzbischof von München und Freising) durch Dekret gemäß can. 29 CIC bestehe, nach welcher die Gottesdienste vorerst nicht stattfinden sollen. Ein erfolgreicher Eilantrag bringe dem Antragsteller demnach keinen tatsächlichen Vorteil. Zudem wäre speziell für die Osterfeiertage dann zunächst die Beantragung einer Ausnahmegenehmigung nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BayIfSMV an die Behörde zu stellen.

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-5450?hl=true

53b. Erfolgloser Eilantrag einer Partei gegen Bayrische Corona-Verordnung (VGH München, Beschluss v. 09.04.2020, Az. 20 NE 20.668)

Die Antragstellerin wandte sich mittels Eilantrags nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen den Vollzug des § 4 Abs. 2 und Abs. 3 BayIfSMV, nach welchen das Verlassen der Wohnung nur noch bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt ist. Der VGH München lehnte den Antrag als zulässig, aber unbegründet ab.

Soweit sich die Partei durch die Ausgangsbeschränkung in ihrer parteipolitischen Tätigkeit (Art. 21 Abs. 1 GG) unzulässig beschränkt sieht, verkenne sie, dass diese Beschränkung nicht ihre Mitglieder als Parteimitglieder treffe, sondern sich an jedermann richte.

Zur weiteren Begründung kann auf den Beschluss vom gleichen Tag (siehe Nr. 53a, Az. 20 NE 20.663) verwiesen werden.

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-5449?hl=true

53a. Erfolgloser Eilantrag gegen Bayrische Corona-Verordnung wegen Unmöglichkeit einer Unternehmungsfahrt (VGH München, Beschluss v. 09.04.2020, Az. 20 NE 20.663)

Der Antragsteller wandte sich mittels Eilantrags nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen den Vollzug des § 4 Abs. 2 und Abs. 3 BayIfSMV, nach welchen das Verlassen der Wohnung nur noch bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt ist. Der VGH München lehnte den Antrag als zulässig, aber unbegründet ab.

Bei summarischer Prüfung bestehen nach Auffassung des Gerichts gegen den § 4 Abs. 2 BayIfSMV keine durchgreifenden Bedenken, sodass der zugrundeliegende Normenkontrollantrag voraussichtlich unbegründet sei.

Die Regelung finde in § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 IfSG eine hinreichende gesetzliche Grundlage, ein Verstoß gegen die Verordnungsermächtigung liege nicht vor (insbesondere keine Verletzung des Bestimmtheitserfordernisses aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG). Nach Auffassung des VGH München dürfte die angegriffene Norm von der Verordnungsermächtigung gedeckt sein und nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen.

Während der Senat die weitreichenden – „in der jüngeren Geschichte“ – beispielslosen Einschränkungen der Freiheitsgrundrechte erkenne, erschienen ihm die Vorschriften der § 4 Abs. 2 und Abs. 3 BayIfSMV zur Erreichung des Verordnungszweckes geeignet, erforderlich und angemessen. Für die Verhältnismäßigkeit spreche die große Anzahl der Ausnahmetatbestände in § 4 Abs. 3 BayIfSMV sowie die zeitliche Begrenzung bis zum Ablauf des 19. April 2020. Das Gericht betonte jedoch die fortlaufende Evaluierungspflicht des Verordnungsgebers.

Selbst wenn der Senat von offenen Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags auszugehen hätte, käme nach seiner Auffassung eine Folgenabwägung ebenfalls zum ablehnenden Ergebnis. Bei einer Abwägung zeitlich befristeter Eingriffe in die Grundrechte der Normadressaten auf persönliche Freiheit und Freizügigkeit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und Art. 11 GG) mit dem Grundrecht behandlungsbedürftiger, teilweise lebensbedrohlich erkrankender Personen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG setze sich der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit durch.

Diese Entscheidung ist aufgrund ihrer ausführlichen Begründung besonders bemerkenswert.

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-5446?hl=true

53. Außervollzugsetzung von § 4a der SARS-CoV-2 Bekämpfungsverordnung in Mecklenburg-Vorpommern (OVG Greifswald, Beschlüsse v. 09.04.2020, Az. 2 KM 268/20 OVG und 2 KM 281/20 OVG)

Das OVG M-V hat mit zwei Beschlüssen im Eilverfahren den Vollzug des § 4a der SARS-CoV-2 Bekämpfungsverordnung, der für den Zeitraum der Osterfeiertage tagestouristische Ausflüge zu den Ostseeinseln und in die an die Ostseeküste angrenzenden Gemeinden untersagte, vorläufig bis zu seiner Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt.

Nach Auffassung des Gerichts sei die angegriffene Vorschrift nach summarischer Prüfung nicht verhältnismäßig. Es werde durch die Maßnahme nicht verhindert, dass sich große Bevölkerungsteile auf engem Raum aufhalten könnten. Außerdem sei nicht nachzuvollziehen, warum frequentierte Orte wie zum Beispiel Schwerin nicht ebenfalls aufgenommen wurden und auch sei nicht von der Hand zu weisen, dass angesichts des Fehlens der Touristen aus anderen Bundesländern genügend Platz vorhanden sei.

https://www.mv-justiz.de/gerichte-und-staatsanwaltschaften/fachgerichte/verwaltungsgerichte/oberverwaltungsgericht/Aktuelles/?id=159255&processor=processor.sa.pressemitteilung

https://www.mv-justiz.de/gerichte-und-staatsanwaltschaften/fachgerichte/verwaltungsgerichte/oberverwaltungsgericht/Aktuelles/?id=159261&processor=processor.sa.pressemitteilung

52. Keine Außervollzugsetzung der infektionsschutzrechtlichen Regelungen des Landes Hessen (VGH Kassel, Beschluss v. 08.04.2020, Az. 8 B 910/20.N)

Die Antragsteller begehrten den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Normenkontrollverfahren gegen die 3. und 4. Corona-Verordnung der hessischen Landesregierung mit der Begründung, die Außervollzugsetzung sei zur Abwehr schwerer Nachteile, namentlich rechtswidriger, erheblicher Eingriffe in eine Vielzahl von Grundrechte einer unabsehbaren Zahl von Grundrechtsträgern geboten.

Den Antrag hat der VGH Kassel abgewiesen. Weder erwiesen sich die Regelungen bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig (vielmehr seien die Regelungen von einer hinreichend bestimmten, ihrerseits verfassungskonformen Rechtsgrundlage gedeckt und zur Eindämmung der Infektionsgefahr sowie die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung von Erkrankten geeignet, erforderlich und angemessen), noch sei bei der anzustellenden Folgenabwägung eine Außervollzugsetzung geboten.

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/infektionsschutzrechtliche-regelungen-des-landes-hessen-werden-zeiten-der-corona

51. Verbot des Betriebs eines Fitnessstudios wegen der Coronakrise wird nicht außer Vollzug gesetzt (VGH Kassel, Beschluss v. 08.04.2020, Az. 8 B 913/20.N)

Der Eilantrag einer Fitnessstudiobetreiberin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Normenkontrollverfahren, mit welchem sie sich gegen die 4. Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus der hessischen Landesregierung vom 17.03.2020 (untersagt unter anderem den Betrieb entsprechender Einrichtungen) wandte, wurde vom VGH Kassel abgewiesen. Weder erweise sich nach Auffassung des Gerichts die Regelung als offensichtlich rechtswidrig (vielmehr erscheine die Vorschrift verhältnismäßig und stütze sich auf eine hinreichende gesetzliche Grundlage im Infektionsschutzrecht), noch sei bei der vorzunehmenden Folgenabwägung eine Außervollzugsetzung geboten.

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/untersagung-des-betriebs-eines-fitnessstudios-zeiten-der-corona-pandemie-wird

50. Erfolgloser Eilantrag auf Außervollzugsetzung von Vorschriften der SARS-CoV-2 Bekämpfungsverordnung in Mecklenburg-Vorpommern (OVG Greifswald, Beschluss v. 08.04.2020, Az. 2 KM 236/20 OVG)

Das OVG M-V hat mit Beschluss einen Eilantrag gegen mehrere Vorschriften der SARS-CoV-2 Bekämpfungsverordnung der Landesregierung als unbegründet abgelehnt. Die Rechtsverordnung sei rechtmäßig beschlossen worden, insbesondere seien § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 IfSG taugliche Ermächtigungsgrundlage (alle Voraussetzungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG seien erfüllt) und die angefochtenen Bestimmungen würden sich aufgrund ihrer Geeignetheit und Erforderlichkeit auch im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage bewegen. Mit Blick auf die staatliche Schutzpflicht für die Gesundheit der Bevölkerung (Gefahren für Leib und Leben sowie die Funktionsweise des Gesundheitssystems) seien die Maßnahmen trotz der schwerwiegenden Grundrechtseingriffe verhältnismäßig. Bezüglich der Glaubensfreiheit sei die Ausnahmebestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass sie auch für Zusammenkünfte jedweder Glaubensgemeinschaften unter freiem Himmel gelte.

https://www.mv-justiz.de/gerichte-und-staatsanwaltschaften/fachgerichte/verwaltungsgerichte/oberverwaltungsgericht/Aktuelles/?id=159213&processor=processor.sa.pressemitteilung

49. OVG Berlin-Brandenburg bestätigt befristetes Verbot von Gottesdiensten in Berlin (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 08.04.2020, Az. OVG 11 S 21.11)

In seinem weiteren Beschluss vom 08.04.2020 hat das OVG Berlin-Brandenburg den Beschluss des VG Berlin vom 07.04.2020 (siehe Entscheidung Nummer 43) bestätigt.

Die Regelung in der Berliner SARS-Co-V2-Eindämmungsverordnung vom 22. März 2020, aufgrund derer der Besuch von Gotteshäusern derzeit nur zur individuellen stillen Einkehr erlaubt sei, führe nicht zu einer unverhältnismäßigen Einschränkung der Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG.

Die Annahme und Ausführungen des VG Berlin, wonach die durch den religiösen Verein geplanten religiösen Feierlichkeiten über die Ostertage eine erhebliche Gefahr weiterer Infektionen bergen würden, seien nicht zu beanstanden. Im Rahmen einer Güterabwägung seien die Grundrechtseingriffe zum Schutz des Lebens und der Gesundheit gerechtfertigt. Insoweit sei auch zu beachten, dass die Religionsausübung nur teilweise eingeschränkt werde und die Einschränkungen einen engen Geltungszeitraum hätten.

48. Berliner Corona-Virus-Eindämmungsmaßnahmenverordnung greift nicht unverhältnismäßig in anwaltliche Berufsfreiheit ein (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 08.04.2020, Az. OVG 11 S 20/20)

In seinem Beschluss vom 08.04.2020 hat das OVG Berlin-Brandenburg den Beschluss des VG Berlin vom 02.04.2020 (siehe Entscheidung Nummer 35b) bestätigt, mit welchem der Eilantrag eines Berliner Rechtsanwalts abgelehnt wurde.

Soweit § 14 Abs. 3 Buchstabe n) der SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung vom 22. März 2020 einen Termin in Rechtsanwaltskanzleien nur zulässt, wenn es sich dabei um einen dringend erforderlichen Termin handelt, was glaubhaft zu machen ist, sei dies aufgrund der hohen Dynamik des Infektionsgeschehens und der damit verbundenen Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems mit dramatischen Folgen für Leben und Gesundheit einer Vielzahl infizierter Personen verhältnismäßig. Die erforderliche Glaubhaftmachung in Bezug auf die Dringlichkeit des Anliegens sei potentiellen Mandanten regelmäßig möglich, auch ohne Einzelheiten der anwaltlichen Beratung offenzulegen. Datenschutzrechtliche Bedenken bestünden nicht. Die Regelung verstoße betreffend der Regelung für Gewerbebetriebe auch nicht gegen den Gleichheitssatz, da Gewerbebetriebe für die Versorgung der Bevölkerung mit den Gütern des täglichen Lebens erforderlich seien, was in Bezug auf Rechtsanwälte nicht der Fall sei, so dass diese sich nicht auf die betreffende Regelung berufen könnten.

47. Untersagung von Zusammenkünften in Kirchen, Moscheen usw. in Zeiten der Corona-Pandemie wird nicht außer Vollzug gesetzt (VGH Kassel, Beschluss v. 07.04.2020, Az. 8 B 892/20.N)

Der VGH Kassel hat durch Beschluss vom 07.04.2020 entschieden, dass die vorübergehende Untersagung von Zusammenkünften in Kirchen, Moscheen und Synagogen während der Corona-Pandemie nicht außer Vollzug gesetzt wird. Die angegriffene Regelung erweise sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig, noch sei bei der vom VGH anzustellenden Folgenabwägung die Außervollzugsetzung der Regelung geboten. Die massiven Eingriffe in die Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG seien von einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage getragen und zur Erreichung eines legitimen Ziels, namentlich zur Verhinderung weiterer Infektionsfälle und damit mittelbar der Gewährleistung einer möglichst umfassenden medizinischen Versorgung von Personen, die an COVID-19 erkrankt seien, geeignet und erforderlich. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei nicht festzustellen.

46. Eilantrag gegen Verbot von Veranstaltungen in Kirchen unzulässig (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss v. 07.04.2020, Az. Az. 1 S 871/20)

Mit seinem Beschluss vom 07.04.2020 hat der VGH einen Eilantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen die Corona-Verordnung der Landesregierung als unzulässig verworfen, da der Antragsteller entgegen der Vorgabe des § 67 Abs. 4 VwGO nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war. Eine inhaltliche Prüfung des Begehrens und der Corona-Verordnung hat der Senat nicht vorgenommen.

45. Antrag auf Einstweilige Anordnung im Verfassungsbeschwerdeverfahren gegen die Bayerischen Corona-Verordnungen und -Allgemeinverfügungen erfolglos (BVerfG, Beschluss v. 07.04.2020, Az. 1 BvR 755/20)

Das Bundesverfassungsgericht hat den mit einer Verfassungsbeschwerde verbundenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 32 Abs. 1 i. V. m. § 93d Abs. 2 BVerfGG abgelehnt.

Der Antragsteller wandte sich mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Bayrischen Corona-Verordnungen vom 27.03.2020 und 24.03.2020 sowie gegen die Allgemeinverfügungen vom 20.03.2020 und vom 17.03.2020.

Der Antragsteller sei nicht darauf verwiesen, zunächst verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch zu nehmen, da diese zu identischen Fachfragen abschlägig entschieden hätten, so dass ein Vorgehen vor den Fachgerichten offensichtlich sinn- und aussichtslos sei.

Da die Verfassungsbeschwerde nach Auffassung des BVerfG nicht unzulässig oder offensichtlich unbegründet sei, wurde eine Folgenabwägung vorgenommen. Zwar sah das Gericht eine erhebliche Verkürzung der Grundrechte des Antragstellers durch die Maßnahmen. Doch sei die Folge einer etwaigen falschen Entscheidung zugunsten des Antragstellers erheblich schwerwiegender als die gegenteilige Entscheidung, da somit sämtliche Maßnahmen, die nach den Verordnungen beziehungsweise Allgemeinverfügungen bereits getroffen wurden, rechtwidrig wären und Verstöße zu Unrecht geahndet worden wären. Ein großer Teil der Bevölkerung würde sich zudem dann mit hoher Wahrscheinlichkeit so verhalten, dass zahlreich vermeidbarer Kontakt wieder aufleben würde und die Gefahr der Ansteckung mit dem Corona-Virus erheblich erhöht wäre.

Demgegenüber sei nicht ersichtlich, dass die Folgen einer Fortgeltung der angegriffenen Schutzmaßnahmen in einem Maße untragbar wären, dass ausnahmsweise eine geltende Regelung im Eilrechtsschutz außer Vollzug gesetzt werden müsste. Die einstweilige Zurückstellung der Interessen des Antragstellers gegenüber den von vornherein befristeten Schutzmaßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung sei zumutbar.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2020/04/rk20200407_1bvr075520.pdf?__blob=publicationFile&v=1

44. Verkauf von Lebensmitteln – Schließungsanordnung sowie Zwangsgeldandrohung rechtswidrig (Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss v. 07.04.2020, Az. 3 EO 236/20)

Die Stadt Suhl hatte Beschwerde gegen einen Eilbeschluss des VG Meiningen erhoben, durch welchen vorläufig bestätigt wurde, dass die Stadt einem Ladenbesitzer, der sein Ladengeschäft trotz der Allgemeinverfügung der Stadt nicht geschlossen hatte, kein Zwangsgeld androhen durfte.

Das OVG wies die Beschwerde der Stadt zurück. Zum einen wurde die Allgemeinverfügung, auf welche die Maßnahme gestützt wurde, nach Auffassung des Gerichts durch die ThürSARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung vom 26.03.2020 als höherrangiges Recht ersetzt, die jedoch insoweit inhaltsgleich sei. Die Annahme der Stadt Suhl, dass die Ausnahmevorschrift der ansonsten geltenden Schließungsanordnung für Einzelhandelsgeschäfte nur für Lebensmittelgeschäfte der Grundversorgung gelte, finde zudem keinen Anhaltspunkt im Wortlaut der Allgemeinverfügung und entspreche auch nicht dem Sinn und Zweck der Regelungen.

Da insoweit der Ladenbesitzer nicht zur Schließung verpflichtet gewesen sei, erwies sich auch die Zwangsgeldandrohung als rechtswidrig.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401034&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

43. Gottesdienste bleiben in Berlin weiterhin verboten (VG Berlin, Beschluss v. 07.04.2020, Az. VG 14 L 32/20)

Das Verwaltungsgericht Berlin hält das in der Berliner Corona-Virus-Eindämmungsverordnung erlassene Verbot von Gottesdiensten für rechtlich nicht zu beanstanden.

Ein religiöser Verein sowie ein Gläubiger stellten einen Eilantrag auf Feststellung, dass künftig öffentliche Gottesdienste mit bis zu 50 Teilnehmenden abgehalten werden dürften, soweit Mindestabstände von 1,50 m eingehalten und Listen mit Kontaktdaten geführt würden.

Den Antrag wies das Gericht mit der Begründung zurück, ein glaubhaft gemachter Anordnungsanspruch der Antragsteller bestehe nicht. Zwar stelle das Verbot einen Eingriff in die Religionsfreiheit dar. Dieser sei aber durch widerstreitende Grundrechte und Werte von Verfassungsrang gerechtfertigt, namentlich den Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung und der Aufrechterhaltung eines funktionierenden öffentlichen Gesundheitssystems. Das zeitlich begrenzte Verbot sei verhältnismäßig, auch weil es den Kernbereich der Religionsfreiheit nicht berühre. Insbesondere bestünde weiterhin die Möglichkeit von Kirchenbesuchen zur individuellen stillen Einkehr, privaten Andachten im Kreis der Haushaltsangehörigen sowie Übertragungen von Gottesdiensten auf elektronischem Wege.

https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2019/pressemitteilung.917896.php

42. Erfolgloser Eilantrag gegen Sächsische Coronaschutzverordnung (Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss v. 07.04.2020, Az. 3 B 111/20)

Nach Auffassung des OVG Bautzen ist die Sächsische Coronaschutzverordnung vom 31.03.2020 rechtmäßig.

Der Antragsteller wandte sich mittels Eilantrags gegen § 2 Abs. 2 Nr. 14 der Sächs-CoronaSchVO. Nach seiner Argumentation sei unklar, was in diesem Zusammenhang mit „vorrangig im Umfeld des Wohnbereichs“ und mit „im Ausnahmefall“ gemeint sei. Zudem müsse mangels Ansteckungsgefahr die Fortbewegung mit Kraftfahrzeugen auch ohne triftigen Grund möglich sein und das Verbot dürfe nicht mehr gelten, wenn jemand immun gegen das Coronavirus sei.

Nach Auffassung des OVG ist der Eingriff in die Freiheitsrechte zur Erreichung des Ziels, die Gesundheitsinfrastruktur zu schonen und Infektionsfälle zu verhindern, geeignet und wegen der zeitlichen Begrenzung auf wenige Wochen auch verhältnismäßig. Immunisierte Personen seien in der Praxis schwer zu identifizieren und auch der freigegebene Straßenverkehr würde zu vermeidbaren Sozialkontakten führen. Zur Auslegung der Formulierung „vorrangig im Umfeld des Wohnbereichs“, führte das Gericht aus, dass jedenfalls Ausflüge in die nähere oder weitere Umgebung der politischen Gemeinde geplant seien und wenn der Zielort typischerweise nur unter Zuhilfenahme eines Kraftfahrzeugs oder des überörtlichen Personennahverkehrs erreicht werden könne (ungefähr 10 - 15 km als Grenze).

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401018&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

41. Verfassungsbeschwerden gegen Coronaschutzverordnung in NRW unzulässig (VerfGH NRW, Nichtannahmebeschlüsse v. 06.04.2020, Az. VerfGH 32/20.VB-1 und VerfGH 33/20.VB-2)

Die Beschwerdeführer gingen mit ihren Verfassungsbeschwerden gegen die Coronaschutzverordnung des Landes NRW vom 22.03.2020, insbesondere die Regelungen für Versammlungen, Zusammenkünfte, Ansammlungen und den Aufenthalt im öffentlichen Raum vor.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs wurde der Rechtsweg nicht erschöpft, im Hinblick auf die Verordnung hätte vielmehr ein Normenkontrollantrag beim Oberverwaltungsgericht gestellt werden können. Die ausnahmsweise Befassung des VerfGH mit Verfahren grundsätzlicher Bedeutung sei nicht angezeigt, da eine vorherige Klärung der tatsächlichen und rechtlichen Aspekte durch das OVG sachgerecht sei.

https://www.vgh.nrw.de/aktuelles/pressemitteilungen/2020/10_200406/index.php

40. Keine Ausnahmegenehmigung für Versammlung zur Situation in griechischen Flüchtlingslagern (VG Hamburg, Beschluss v. 04.04.2020, Az. 3 E 1568/20)

Die am 03.04.2020 in Kraft getretene Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Hamburg verbietet unter anderem grundsätzlich Versammlungen unter freiem Himmel. Der Antragsteller meldete für den 05.04.2020 eine Versammlung zum Thema der aktuellen Situation von Geflüchteten in den griechischen Lagern an, bei welcher mit 30 bis 50 Teilnehmern gerechnet wurde. Die Stadt Hamburg lehnte die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ab. Der dagegen gerichtete Eilantrag wurde durch das VG Hamburg abgelehnt.

Nach Auffassung des Gerichts handele es sich bei dem Verbot um eine notwendige und angemessene Schutzmaßnahme, um weitere Infektionen zu verhindern. Der Einschätzungsspielraum der politischen Organe sei aufgrund des Prognosecharakters nur eingeschränkt überprüfbar. Der Verordnungsgeber habe jedoch fortlaufend zu prüfen, wann Lockerungen des Versammlungsverbots möglich seien. Für eine Einordnung als besonders gelagerter Einzelfall im Sinne der Verordnung habe der Antragsteller keine hinreichenden Ausführungen gemacht.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401002&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

39. Eilantrag zur Durchführung einer Versammlung erfolglos (Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss v. 03.04.2020, Az. 3 B 30/20)

Die Antragstellerin beabsichtigte die Durchführung einer Versammlung von ca. 50 Personen in der Lübecker Innenstadt. Ihr Eilantrag, eine Ausnahme vom generellen Versammlungsverbot der Schleswig-Holsteinischen SARS-CoV-Bekämpfungsverordnung zu beanspruchen, lehnte das Gericht ab. Das Interesse an der Ausübung des Versammlungsgrundrechts habe hinter dem öffentlichen Gesundheitsinteresse der Bevölkerung – die Versammlung berge aufgrund ihres dynamischen Charakters hohe Ansteckungsrisiken – zurückzustehen.

https://www.schleswig-holstein.de/DE/Justiz/OVG/Presse/PI_VG/04042020_Corona_Versammlung.html

38e. Erfolgloser Eilantrag gegen Einschränkungen des Besuchsrechts in Pflegewohnheimen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 03.04.2020, Az. OVG 11 S 14/20)

Eine Brandenburgerin wandte sich mittels Eilantrages gegen die Regelung in § 8 Abs. 1 und 2 der SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung vom 22.03.2020 über Einschränkungen des Besuchsrechts unter anderem in Pflegewohnheimen. Das Gericht wies den Antrag als unbegründet zurück. Nach seiner Auffassung seien die Besuchseinschränkungen zum Schutze der besonders gefährdeten Personen in Pflegeheimen durch das Infektionsschutzgesetz gedeckt, mangels milderer gleich geeigneter Maßnahmen erforderlich und vom Beurteilungsspielraum der Behörde umfasst. Zudem sei die Ausnahmeregelung zum Besuch Schwerstkranker durch nahestehende Personen nur nach ärztlicher Genehmigung auch nicht zu unbestimmt.

https://www.berlin.de/gerichte/oberverwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.917069.php

38d. Maskenpflicht der Stadt Jena voraussichtlich rechtmäßig (VG Gera, Beschluss v. 03.04.2020, Az. 3 E 432/20 Ge)

Die Stadt Jena hat auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes mittels Allgemeinverfügung vom 31.03.2020 eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes während der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder bei Betreten öffentlicher Verkaufsstellen angeordnet. Gegen die sofortige Vollziehbarkeit wandte sich der Antragsteller mit seinem Eilantrag. Nach Auffassung des Gerichts sei die Allgemeinverfügung jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig. In der vorgenommenen Interessenabwägung habe das Interesse des Antragstellers, keinen Nasen-Mund-Schutz tragen zu müssen, hinter dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung sowie der Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems zurückzustehen.

Jedoch habe die Stadt Jena die Wirksamkeit und Geeignetheit einer Gesichtsmaske zur Eindämmung der Virusinfektion fortlaufend zu überprüfen.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401000&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

38c. Auch ein Fliesenmarkt muss geschlossen bleiben (VG Bremen, Beschluss v. 03.04.2020, Az. 5 V 604/20)

Mittels eines Eilantrags wandte sich die Antragstellerin gegen die Schließungsanordnung gegenüber ihrem Fliesenmarkt aufgrund der einschlägigen Allgemeinverfügung vom 23.03.2020. Ihr Fliesenmarkt sei als „Baumarkt“ Teil der ausdrücklichen Ausnahmeregelungen.

Nach Auffassung des Gerichts sei eine Verkaufsstelle nur dann Baumarkt, wenn sie über eine nicht gänzlich unbeachtliche Sortimentbreite verfügt und ihr damit eine Versorgungsfunktion im Hinblick auf den typischen Bedarf von Heimwerkern zukommt. Diese Differenzierung der Allgemeinverfügung habe sachliche Gründe und sei nicht zu beanstanden.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200400992&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

38b. Eilantrag gegen Verbot der Zusammenkunft von Religionsgemeinschaften erfolglos (VG Leipzig, Beschluss v. 03.04.2020, Az. 3 L 182/20)

Der Antragsteller rügte in seinem Eilantrag das in der Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 31.03.2020 erlassene Verbot von Zusammenkünften von Glaubensgemeinschaften als Verletzung des Art. 4 Abs. 2 GG.

Den Antrag lehnte das VG Leipzig mit der Begründung ab, die Untersagung sei als Regelung notwendig, angemessen und verhältnismäßig. Jedoch müsse die Frage der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen durch eine fortwährende Evaluation der Sachlage durch die Behörde stets aktualisiert geprüft werden.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401007&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

38a. Erfolgloser Eilantrag eines Marktstandbetreibers gegen ein Verkaufsverbot (VG Berlin, Beschluss v. 03.04.2020, Az. 14 L 35.20)

Der Antragsteller betreibt einen Markthandel, dessen Sortiment zu 70% aus Keks-Ausstechformen, zu 25% aus Spielwaren und zu 5% aus Olivenölseife besteht. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg verfügte ihm gegenüber auf Grundlage der Berliner Corona-Verordnung vom 22.03.2020 ein Verkaufsverbot. Der Eilantrag des Betreibers wurde vom VG Berlin abgelehnt, da das Sortiment nicht zu den nach der Verordnung ausnahmsweise gestatteten Artikeln gehört. Bei Mischsortimenten sei auf den Schwerpunkt des Angebots abzustellen. Das Gericht nannte als Schwelle einen Anteil von 50%, den die von der Ausnahmevorschrift der Verordnung erfassten Güter am Sortiment ausmachen müssten. Die Ausnahmen von den Verboten der Verordnung seien aufgrund deren überragend wichtiger Zielsetzung eng auszulegen.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200401005&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

38. Auch der Verkauf von Lebensmitteln, die nicht der Grundversorgung dienen, bleibt erlaubt (VG Aachen, Beschluss v. 03.04.2020, Az. 7 L 259/20)

Das VG Aachen hat dem Eilantrag eines Weinhändlers stattgegeben, mit welchem sich dieser gegen eine Schließungsanordnung der Stadt Aachen zur Wehr setzte. Die Stadt Aachen nahm in Ihrer Begründung eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Lebensmittel“ (Verkauf trotz Corona weiterhin erlaubt) dahingehend vor, dass Genussmittel, die nicht zu den dringend erforderlichen Lebensmitteln des täglichen Bedarfs gehören, nicht erfasst seien. Dem trat die 7. Kammer des VG Aachen nun entgegen unter Berufung auf eine entsprechende Klarstellung durch das zuständige Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, sowie dem Argument, bei allen Lebensmittelläden könne durch die Einhaltung entsprechender Schutzmaßnahmen ausreichender Schutz gewährleistet werden. „Lebensmittel“ seien nicht auf die für die Grundversorgung der Bevölkerung notwendigen Lebensmittel beschränkt. Der Weinhändler dürfe sein Geschäft wieder öffnen.

https://www.vg-aachen.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/14_20-04-06/index.php

37b. Auch Zwei-Personen-Demonstration ist verboten (VG Neustadt a. d. Weinstraße, Beschluss v. 02.04.2020, Az. 4 L 333/20.NW)

Der Antragsteller wollte eine Zwei-Personen-Demonstration am 4. April 2020 in Kandel abhalten. Gegen die Untersagung der Versammlung durch den Landkreis Germersheim ging er mittels Eilantrages beim VG vor. Den Eilantrag lehnte das Gericht ab. Die Untersagung beruhe rechtlich einwandfrei auf § 3 der 3. CoBeLVO in Rheinland-Pfalz, welcher sämtliche Versammlungen verbiete. Da es sich bei der Veranstaltung um eine öffentliche handeln würde, sei nicht maßgeblich, wie viele Teilnehmer sie ursprünglich haben sollte. Vielmehr sah das Gericht das Risiko, dass sich Menschenversammlungen aufgrund spontanen Gegenprotestes bilden könnten. Als Schutzmaßnahmen seien Masken nicht hinreichend, da normale Masken nicht sicher genug und sichere Spezialmasken dagegen ein knappes Gut seien. Die Versammlung blieb somit untersagt.

https://rsw.beck.de/aktuell/meldung/vg-neustadt-an-der-weinstrasse-zwei-personen-demo-in-kandel-zu-recht-wegen-coronavirus-verboten

https://vgnw.justiz.rlp.de/de/startseite/detail/news/News/detail/corona-virus-verhindert-2-personen-demo-in-kandel/

37a. Eilantrag gegen Schließung eines Hundesalons nunmehr erfolgreich (VG Minden, Beschluss v. 02.04.2020, Az. 7 L 272/20)

Die Antragstellerin betreibt einen Hundesalon, in welchem sie die Schutzmaßnahme traf, Kunden das Betreten des Geschäftsraums zu verbieten, um direkten Kontakt zu vermeiden. Am 24.03.2020 wurde durch die zuständige Behörde auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes die vollständige Einstellung des Betriebes angeordnet.

Zunächst hatte das VG Minden am 31.03.2020 den hiergegen gerichteten Eilantrag abgelehnt, da im Rahmen einer allgemeinen Interessenabwägung vieles dafür spreche, dass das Behördenhandeln auf § 28 IfSG gestützt werden könne.

Danach erhielt die 7. Kammer jedoch Kenntnis von einer Erklärung der Behörde, sie habe gar keine Schließungsanordnung treffen, sondern nur auf die Bestimmungen der Corona-Schutz-Verordnung hinweisen wollen. Unter Berücksichtigung dieses Zustandekommens der Schließungsanordnung überwiege nach Auffassung des Gerichts nunmehr das Interesse der Antragstellerin. Die Untersagung des Geschäftsbetriebs durch die Behörde sei zwar grundsätzlich möglich, sie sei mangels Ermessensausübung seitens der Behörde aber nicht rechtmäßig verfügt worden.

https://www.vg-minden.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/042_02042020/index.php

37. Kein Anspruch auf zusätzliche Leistungen für Empfänger von Arbeitslosengeld II wegen des Coronavirus (Sozialgericht Konstanz, Entscheidung v. 02.04.2020, Az. S 1 AS 560/20 ER)

Der Antragsteller, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II bezieht, beantragte die Gewährung eines Zuschusses, hilfsweise eines Darlehens für eine Notbevorratung von Lebensmitteln, für eine Mundschutzmaske und für Desinfektionsmittel.

In dem Eilverfahren entschied das Sozialgericht Konstanz nun, dass die Anlegung eines Notvorrats aufgrund der Corona-Krise nicht zwingend und daher ein zusätzlicher Bedarf für Lebensmittel und Schutzausrüstung nicht unabdingbar sei. Die Versorgung mit Lebensmitteln sei weiterhin gesichert. Auch der kurzzeitige Umstieg auf andere Produkte und die Tragung geringer Mehrkosten sei zumutbar.

https://sozialgericht-konstanz.justiz-bw.de/pb/,Lde/6207443/?LISTPAGE=6023760

36. Anreiseverbot auswärtiger Zweitwohnungsbesitzer in Nordfriesland bestätigt (OVG für das Land Schleswig-Holstein, Beschlüsse v. 02.04.2020, Az. 3 MB 8/20, 3 MB 11/20)

Das OVG hatte sich zu zwei Beschwerdeverfahren bezüglich des Anreiseverbotes in Nebenwohnungen im Kreis Nordfriesland zu äußern. Der Senat habe im Ergebnis keine Zweifel, dass die Anreiseuntersagung ein verhältnismäßiges Mittel darstelle, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen und die medizinischen Versorgungskapazitäten im Kreisgebiet vor Überlastung zu schützen. Hinter diesem öffentlichen Interesse habe das Interesse der Antragsteller an der uneingeschränkten Nutzung ihrer Nebenwohnungen zurückzustehen.

Auch im zweiten Verfahren, in welchem die Antragsteller die Feststellung eines Ausnahmetatbestandes für ihre Anreise zur Nebenwohnung mit dem Argument begehrten, sie würden die Zweitwohnung als Home Office nutzen, entschied das OVG zulasten der Antragsteller. Der eindeutige Wortlaut der einschlägigen SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung der Landesregierung besage ausdrücklich, dass nicht nur Reisen aus touristischem Anlass, sondern auch zu Freizeitzwecken, zu Fortbildungszwecken oder zur Inanspruchnahme von vermeidbaren und aufschiebbaren Maßnahmen untersagt seien. Ein „zwingender Grund“ als Ausnahmetatbestand liege nicht vor, da nicht erkennbar sei, warum die Antragsteller zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit ihren Nebenwohnsitz aufsuchen müssten.

Damit ist nunmehr auch in zweiter Instanz festgestellt, dass vorerst jede Art vermeidbarer Anreisen in Zweitwohnungen in Nordfriesland zu unterbleiben hat.

https://www.schleswig-holstein.de/DE/Justiz/OVG/Presse/PI_OVG/2020_04_03_Anreiseverbot_Zweitwohnung.html

35b. Coronavirus-Eindämmungsmaßnahmenverordnung greift nicht unverhältnismäßig in anwaltliche Berufsfreiheit ein (VG Berlin, Beschluss v. 02.04.2020, Az. VG 14 L 31.20)

Den Eilantrag eines Berliner Rechtsanwalts, Teile der Berliner SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung vom 22.03.2020 vorläufig für rechtswidrig erklären zu lassen, lehnte das VG Berlin ab. Der Antragsteller machte geltend, die Verpflichtung, in der Wohnung zu bleiben, erschwere es Rechtssuchenden, bei ihm rechtlichen Rat zu suchen und  schränke so das Recht, sich in Verfahren eines anwaltlichen Beistandes zu bedienen, unzulässig ein, zumal die rechtssuchende Person ihre Gründe auf Nachfrage hin der Polizei offenlegen müsste.

Das VG Berlin wies den Antrag zurück. Zum einen seien die potentiellen Mandanten nur verpflichtet, Ort und Zeit des Besprechungstermins zu nennen, wodurch keine erhebliche Hürde entstehe. Zudem sei die geringfügige Beeinträchtigung des Rechtsanwalts in seiner Berufsfreiheit vor dem Hintergrund der durch die Verordnung geschützten überragend wichtigen Schutzgüter der Gesundheit und des Lebens gerechtfertigt und nicht unverhältnismäßig. Dass beim Rechtsanwalt nur dringend erforderliche persönliche Termine wahrgenommen werden dürfen, trage zur Verlangsamung der Ansteckungsrate bei.

https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.915801.php

35a. Keine Entscheidung des OVG NRW zu Kontaktverbot von mehr als zwei Personen (Pressemitteilung vom 02.04.2020)

Ein Antragsteller, der sich in einem Eilverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gegen das in der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung geregelte Verbot von Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als zwei Personen gewandt hatte, erklärte seinen Antrag für erledigt. Grund dafür sei der Umstand, dass das Infektionsschutzgesetz mittlerweile nicht mehr auf Ansammlungen „einer größeren Anzahl“ von Menschen abstellt, sondern zum Erlass von Beschränkungen und Verboten von „sonstigen Ansammlungen von Menschen“ ermächtigt.

https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/26_200402/index.php

35. Verfassungsbeschwerde gegen Ablehnung der Aufhebung zweier Hauptverhandlungstermine unzulässig (BVerfG, Beschluss v. 01.04.2020, Az. 2 BvR 571/20)

Der Beschwerdeführer wandte sich mit  seiner Verfassungsbeschwerde und dem damit verbundenen Antrag auf einstweilige Anordnung gegen die Ablehnung der Aufhebung zweier Hauptverhandlungstermine. Das BVerfG nahm die Beschwerde nicht zur Entscheidung an. Soweit sie sich auf eine etwaige Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens und der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung stützte, sei sie wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Subsidiarität unzulässig (der Beschwerdeführer hätte zunächst fachgerichtlichen Rechtsschutz suchen müssen). Soweit sie sich auf die Gesundheitsgefahr durch Infektion (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) stützte, genüge die Antragsschrift derzeit nicht den Begründungsanforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG, da nicht auf Schutzmaßnahmen des betreffenden Landgerichts eingegangen wurde, sondern pauschal behauptet wurde, nur ein absolutes Kontaktverbot könne eine Infektion verhindern.

Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde erledigte sich auch der Eilantrag.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2020/04/rk20200401_2bvr057120.pdf?__blob=publicationFile&v=1

34. Verfassungsbeschwerde gegen Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten durch Vermieter unzulässig (BVerfG, Beschluss v. 01.04.2020, Az. 1 BvR 714/20)

Der Beschwerdeführer wandte sich mit seiner Verfassungsbeschwerde und dem damit verbundenen Antrag auf einstweilige Anordnung gegen die Begrenzung der Kündigungsmöglichkeiten eines Mietverhältnisses durch Vermieter durch Neuregelungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise. Nach Auffassung des BVerfG sei in der Begründung nach §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG nicht dargelegt worden, dass der Beschwerdeführer von den angegriffenen Regelungen aktuell und nicht nur potenziell betroffen sei. Zudem gehe die Begründung unzureichend auf den Sinn und Zweck der angegriffenen Regelungen ein. Durch die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde erledigte sich auch der Eilantrag.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2020/04/rk20200401_1bvr071420.pdf?__blob=publicationFile&v=1

33. Untersagung der Nutzung von Nebenwohnungen in Friesland rechtmäßig (VG Oldenburg, Beschluss v. 31.03.2020, Az. 7 B 709/20)

Der Antragsteller begehrte im Eilrechtsschutzverfahren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die sofort vollziehbare Allgemeinverfügung zum Corona-Schutz des Landkreises Friesland vom 18.02.2020, die insbesondere die Nutzung einer Nebenwohnung in dem Landkreis untersagt.

Diesen Antrag lehnte das Gericht als unbegründet ab. Es ging von einer wahrscheinlichen Rechtmäßigkeit der Untersagungen aus (taugliche Ermächtigungsgrundlage sei der § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch die Behörde gewahrt). Es sei zu berücksichtigen, dass hier lediglich ein Verbot, sich aktiv zur Nebenwohnung hinzubegeben, in Frage stand (der Antragsteller hielt sich in seiner Hauptwohnsitz auf) und nicht eine einschneidendere Rückreise- und Verlassenspflicht. Unabhängig davon überwiege im Rahmen einer Folgenabwägung der Zweck, die Überlastung von Gesundheitsinfrastruktur sowie die ungebremste Ausbreitung des Virus zu verhindern, das private Interesse der Antragsteller an der Nutzung der Zweitwohnung.

32. Vorläufige Vollziehung der Allgemeinverfügung bezüglich Nebenwohnungen im Landkreis Ostprignitz-Ruppin ausgesetzt (VG Potsdam, Beschlüsse vom 31.03.2020, Az. VG 6 L 302/20 und VG 6 L 308/20)

Gegen die Untersagung der Anreise zur Nutzung von Nebenwohnungen im Landkreis Ostprignitz-Ruppin (Teil der zweiten Allgemeinverfügung zum Corona-Schutz des Landkreises) gingen die Antragsteller im Eilverfahren vor. Das Gericht hat den Anträgen nun stattgegeben und die vorläufige Vollziehung der Allgemeinverfügung im Verhältnis zu den Antragstellern ausgesetzt.

Zur Begründung führte es an, es könne nicht festgestellt werden, dass die Untersagung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes erforderlich war, da sich keine absehbare Kollabierung des Gesundheitssystems im Kreis aufdränge. Dass die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems mit der Nutzung von Nebenwohnungen in Verbindung stehe, sei derzeit nicht ersichtlich und vom Landrat in dessen Begründung nicht hinreichend dargelegt worden.

https://vg-potsdam.brandenburg.de/media_fast/4092/PE-01-04-2020.pdf

31. Verfassungsbeschwerde gegen Berliner Corona-Verordnung unzulässig (Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 31.03.2020, Az. 1 BvR 712/20)

Der Beschwerdeführer wandte sich mit seiner mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerde gegen Regelungen der SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Berlin, welche auf § 32 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gestützt wurde. Er rügte eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2, Art. 4 Abs. 2, Art. 8, Art. 9 sowie Art. 11 GG.

Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, da sie wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Subsidiarität unzulässig sei. Die vorherige Anrufung von Fachgerichten sei dem Beschwerdeführer nicht unzumutbar. Er müsse beim Verwaltungsgericht eine mit Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz verbundene negative Feststellungsklage nach § 43 VwGO gegen die individuelle Verbindlichkeit der angegriffenen Verbote erheben. Die Verfassungsbeschwerde sei auch nicht ausnahmsweise zulässig, da sie nicht allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen aufwerfe. Zudem fehle es an einer tauglichen Begründung nach §§ 23 Abs. 1, 92 BVerfGG, da nach Auffassung des Gerichts nicht substantiiert dargelegt wurde, dass es mildere, nicht weniger geeignete Maßnahmen nach dem IfSG gegeben hätte. Der Eilantrag wurde mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde gegenstandslos.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2020/03/rk20200331_1bvr071220.pdf?__blob=publicationFile&v=1

30. Eilantrag gegen Corona-Maßnahmen in Sachsen erfolglos (VG Leipzig, Beschluss v. 30.30.2020, Az. 3 L 177/20)

Das VG Leipzig hat einen Eilantrag abgelehnt, der sich aus formalen Gründen gegen die erlassene Allgemeinverfügung Sachsens anlässlich der Corona-Pandemie richtete. Der Antragsteller rügte die Verletzung des Zitiergebots nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG und berief sich auf die Beschlüsse des VG München vom 24.03.2020 (M 26 S 20.1252, M 26 S 20.1255; siehe unten Nr. 17). Nach Auffassung des Gerichts stelle sich die Allgemeinverfügung nach summarischer Prüfung als rechtmäßig dar, mit tauglicher Rechtsgrundlage in § 28 IfSG. Auch ein Verstoß gegen das Zitiergebot liege nicht vor, letzte Zweifel hieran habe der Gesetzgeber durch die Änderung des § 28 Abs. 1 IfSG mit dem Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (in Kraft getreten am 28.03.2020) beseitigt.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200300901&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

29. Eilanträge gegen sächsische Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung erfolglos (VG Dresden, Beschlüsse v. 30.03.2020, 6 L 212/20, 6 L 220/20)

Im ersten Verfahren beantragte eine Privatperson die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die Allgemeinverfügungen Sachsens vom 18.03.2020 und 22.03.2020, soweit diese ihr verboten, am 31.03.2020 in Dresden eine Demonstration mit voraussichtlich sechs Teilnehmern durchzuführen.

Das VG Dresden lehnte den Eilantrag ab. Seiner Auffassung nach waren die getroffenen behördlichen Maßnahmen vom Infektionsschutzgesetz gedeckt und bezüglich der Verhältnismäßigkeit keine Ermessensfehler erkennbar. Der Antragssteller könne weder gewährleisten, dass Maßnahmen zum Infektionsschutz bei der Versammlung eingehalten werden würden, noch sei erwiesen, dass diese von ihm angedachten Maßnahmen ausreichend seien.

Im zweiten Verfahren wandte sich eine Privatperson ohne konkreten Anlass gegen die in der Allgemeinverfügung vom 22.03.2020 angeordneten Maßnahmen mit dem Argument, die Maßnahmen hätten nicht als Allgemeinverfügung erlassen werden dürfen und sie seien unverhältnismäßig.

Parallel zur ersten Entscheidung befand das Gericht die Maßnahmen jedoch für verhältnismäßig und auch in Form der Allgemeinverfügung für rechtmäßig. Der abweichenden Auffassung des VG München (M 26 S 20.1252) werde nicht gefolgt.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200300893&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

28. Eilantrag gegen Allgemeinverfügung zum Vollzug des IfSG im Saarland zurückgewiesen (VG Saarlouis, Beschluss v. 30.03.2020, Az. 6 L 340/20)

Der Antragsteller wandte sich mittels Eilantrags gegen die sofort vollziehbaren Allgemeinverfügungen des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie zum Vollzug des Infektionsschutzgesetzes mit dem Argument, dass es an einer Rechtsgrundlage für den Erlass einer saarlandweiten Ausgangsbeschränkung fehle und die Maßnahmen zudem unverhältnismäßig seien. Den Eilantrag hat das Gericht abgelehnt. Es kam zu der Einschätzung, dass die vorläufigen Ausgangsbeschränkungen als Allgemeinverfügung erlassen werden durften. Sie seien als Maßnahme auch nicht offensichtlich unverhältnismäßig. Bei einer Folgenabwägung müsse das private Interesse des Antragstellers hinter dem öffentlichen Interesse am wirksamen Gesundheitsschutz der Bevölkerung des Saarlandes zurücktreten.

https://www.saarland.de/dokumente/dienststelle_verwaltungsgericht/1274-PM-2020-0331-3(1).pdf

27. Eilantrag einer Schülerin auf Aussetzung der Abiturprüfung abgelehnt (VG Wiesbaden, Beschluss vom 30.03.2020, Az. 6 L 342/20.WI)

Eine Schülerin, die trotz der Corona-Krise ihre Abiturprüfung ablegen sollte, beantragte beim VG Wiesbaden eine Aussetzung dieser Klausuren für alle hessischen Schülerinnen und Schüler wegen der Infektionsgefahr.

Nach Auffassung des Gerichts fehlte ihr für eine solche allgemeine Aussetzung die Antragsbefugnis.

Auch die Aussetzung ihrer eigenen Klausuren wurde abgelehnt, da das Hessische Kultusministerium durch Erlass diverse Hinweise zur Prüfungsdurchführung (ausreichender Abstand, Prüfung in kleinen Gruppen, regelmäßige Lüftung der Räume) an Schulen gegeben habe, welchen auch die betreffende Schule nachgekommen sei. Zudem sei es der Antragstellerin möglich, Ansammlungen von Schülern aus dem Wege zu gehen. Außerdem sei ein hoher Schutz auch dadurch gewährleistet, dass außer den Abiturienten alle anderen Schüler vom Unterricht befreit sind.

Maßnahmen wie Schulschließungen dienen nach Auffassung des Gerichts nicht dazu, die Ansteckung jedes Einzelnen zu verhindern, sondern dazu, die Infektionswelle zu strecken. Ein Anspruch auf absoluten Gesundheitsschutz und damit die Freistellung von den Prüfungen bestehe nicht.

https://verwaltungsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/corona-krise-begr%C3%BCndet-keinen-anspruch-auf-freistellung-von-den-abiturpr%C3%BCfungen

26. Bayerische Verordnung über befristete Ausgangsbeschränkungen bleibt in Vollzug (VGH München, Beschluss v. 30.03.2020, Az. 20 NE 20.632)

Die Bayerische Verordnung über befristete Ausgangsbeschränkungen anlässlich der Corona-Pandemie wird nicht außer Vollzug gesetzt. Der VGH München lehnte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Außervollzugsetzung der Verordnung ab.

Die Antragssteller argumentierten, die Außervollzugsetzung der Verordnung sei zur Abwehr schwerer Nachteile dringend geboten, da die beschränkte Freiheit nicht nachträglich wiederhergestellt werden könne und auch mit weiteren Beschränkungen zu rechnen sei. Zudem decke das Infektionsschutzgesetz (IfSG) die Eingriffe in die Rechte der Antragssteller nicht.

Dagegen sah der VGH München für die Verordnung in § 32 Satz. 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG eine ausreichende und nicht zu beanstandende gesetzliche Grundlage. Während zwar laufend zu prüfen sei, ob und inwieweit die durch die Verordnung getroffenen Einschränkungen aufrechterhalten werden müssten, seien die Eingriffe in die Rechte der Antragssteller zumindest gegenwärtig aufgrund der hohen Infektionsgefahr gerechtfertigt.

https://rsw.beck.de/aktuell/meldung/vgh-muenchen-bayerns-befristete-ausgangsbeschraenkungen-bleiben-in-vollzug

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?cmsuri=/juris/de/nachrichten/zeigenachricht.jsp&feed=juna&wt_mc=rss.juna&nid=jnachr-JUNA200300891

25c. Eilantrag gegen Allgemeinverfügung in Niedersachsen bezüglich Versammlungsverboten abgelehnt (VG Hannover, Entscheidung v. 27.03.2020, Az. 15 B 1968/20)

Der Antragsteller wollte am 28.03.2020 in Hannover eine Veranstaltung unter dem Motto „Gegen das totale Versammlungsverbot unter dem Deckmantel der Epidemiebekämpfung“ durchführen. Diese wurde ihm durch die Versammlungsbehörde auf Grundlage der Allgemeinverfügung des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 23.03.2020 untersagt. Der Antragsteller hielt das Versammlungsverbot der Allgemeinverfügung für rechtswidrig, da es sich um ein „totales Versammlungsverbot“ handele.

Seinen Eilantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage lehnte das VG Hannover nun ab. Das Gericht ließ offen, ob die Allgemeinverfügung in allen Punkten rechtmäßig und verhältnismäßig ist. Die im Rahmen des Eilverfahrens gebotene Interessenabwägung ergebe jedoch, dass das Interesse des Antragstellers an der Durchführung der Versammlung hinter dem überragenden Interesse der Allgemeinheit am Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung sowie der Sicherung medizinischer Kapazitäten zurücktrete. 

https://www.verwaltungsgericht-hannover.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/eilantrag-gegen-die-allgemeinverfugung-av-des-niedersachsischen-ministeriums-fur-soziales-gesundheit-und-gleichstellung-vom-23-marz-2020-hat-keinen-erfolg-186916.html

25b. Schließung eines Eiscafés voraussichtlich rechtmäßig (VG Minden, Beschluss v. 27.03.2020, Az. 7 L 246/20)

Der Betreiber eines Eiscafés stellte einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bezüglich seines Vorgehens gegen eine zeitlich begrenzte Schließungsanordnung. Der Eilantrag wurde durch Beschluss des VG Minden abgelehnt. Nach Auffassung des Gerichts seien die Voraussetzungen des § 28 Infektionsschutzgesetz wahrscheinlich erfüllt und die Maßnahme der Behörde halte sich im Rahmen ihres Ermessensspielraumes. Insbesondere sei die Maßnahme vor dem Hintergrund der erhöhten Gesundheitsgefahren sowie der begrenzten Kapazitäten des Gesundheitssystems verhältnismäßig. Zudem handele es sich bei den angebotenen Eis- und Kaffeespezialitäten nicht um lebenswichtige Güter zur Versorgung der Bevölkerung.

Auch eine teilweise Aufrechterhaltung des Betriebes durch einen „To-go-Verkauf“ sei keine taugliche Alternative, da auch durch die dann wahrscheinliche Bildung von Warteschlangen vermeidbare soziale Kontakte entstünden. In der Interessenabwägung des Gerichts überwog das Rechtsgut der menschlichen Gesundheit vor den wirtschaftlichen Interessen des Antragstellers.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200300885&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

25a. Nutzung von Nebenwohnungen im Landkreis Aurich zu Recht untersagt (VG Oldenburg, Beschluss v. 27.03.2020, Az. 7 B 721/20)

Die Antragssteller wandten sich mit einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer Allgemeinverfügung des Landkreises Aurich, die ihnen die Nutzung von dort gelegenen Nebenwohnungen untersagt und den Nutzern die Rückreise aufgibt.

Das VG Oldenburg lehnte den Antrag ab. Zum einen sei die Rückreiseanordnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit rechtmäßig auf § 28 Abs. 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz gestützt worden. Zum anderen ergebe eine Interessenabwägung, dass die privaten Interessen der Antragssteller hinter dem öffentlichen Vollziehungsinteresse zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zurücktreten.

https://verwaltungsgericht-oldenburg.niedersachsen.de/aktuelles/vg-oldenburg-lehnt-eilantrag-gegen-verfugung-des-landkreises-aurich-zur-eindammung-der-corona-pandemie-ab-186937.html

25. Antrag gegen Untersagung der Anreise zu einer Nebenwohnung in Nordfriesland abgelehnt (VG Schleswig, Beschluss v. 27.03.2020, Az. 1 B 31/20)

Die Antragssteller wandten sich mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen eine Untersagung der Anreise zu ihrer im Kreis Nordfriesland gelegenen Nebenwohnung, welche gemäß der entsprechenden Allgemeinverfügung zu touristischen Zwecken verboten ist. Der Antrag wurde abgelehnt. Nach Auffassung des Gerichts sei „jegliche Form vermeidbarer Anreisen – selbst wenn hierfür mittelfristig eine medizinische Indikation besteht – untersagt […]“. Auch das Argument, die Nebenwohnung als Home-Office nutzen zu wollen, überzeugte das Gericht nicht, da dies auch am Hauptwohnsitz möglich sei.

http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/2o3m/page/bsshoprod.psml;jsessionid=C7DDBE0C3F649416A2D2BE582B113E12.jp14?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=MWRE200001088%3Ajuris-r02&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1

24. Keine Außervollzugsetzung der bayerischen Verordnung über vorläufige Ausgangsbeschränkungen (Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung v. 26.03.2020, Az. Vf. 6-VII-20)

Der Antragssteller wandte sich mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung sowie einer entsprechenden Klage gegen die Verordnung über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie vom 24.03.2020 mit der Begründung, diese greife unverhältnismäßig in die Freiheitsrechte der Bürger ein. Die Klage verfolgt das Ziel, die Verordnung durch den VerfGH München für verfassungswidrig und nichtig erklären zu lassen sowie diese durch einstweilige Anordnung außer Vollzug zu setzen. Den Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung hat der Präsident des VerfGH München jedoch abgelehnt. Während sich nicht zu den Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache eingelassen wurde, führe eine Folgenabwägung aufgrund der Ansteckungs- und Erkrankungsgefahr sowie der drohenden Überlastung des Gesundheitssystems trotz der schwerwiegenden Grundrechtseingriffe durch die Verordnung zur Ablehnung des Antrages.

https://www.bayern.verfassungsgerichtshof.de/media/images/bayverfgh/6-vii-20-pressemitt-entscheidung.pdf

https://www.juris.de/jportal/portal/t/x6b/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200300847&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

23. Allgemeinverfügung zur Schließung von Einzelhandelsgeschäften ist rechtens (OVG Hamburg, Beschluss v. 26.03.2020, Az. 5 Bs 48/20)

Eine Betreiberin mehrerer Einzelgeschäfte für elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter wehrte sich per Eilantrag gegen die Allgemeinverfügung zur Eindämmung des Corona-Virus im Hamburg vom 16.03.2020, welche die Schließung der meisten Einzelhandelsgeschäfte anordnet. Das OVG wies ihren Antrag zurück. Die Unterscheidung zwischen Geschäften mit stark spezialisiertem Warensortiment wie dem der Antragstellerin und den ausgenommenen Verkaufsstellen, die der Versorgung der Bevölkerung mit Waren des täglichen Bedarfs dienen, sei verfassungsrechtlich tragfähig. Zudem ginge der Schutz der Gesundheit der gesamten Bevölkerung den wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin vor.

https://rsw.beck.de/aktuell/meldung/ovg-hamburg-allgemeinverfuegung-zur-schliessung-von-einzelhandelsgeschaeften-rechtens

22. Antrag gegen Verbot der Ladenöffnung abgelehnt (VG Bremen, Beschluss v. 26.03.2020, Az. 5 V 553/20)

Eine Einzelhandelsgesellschaft mit gemischtem Angebot (Lebensmittel, Drogerieprodukte, aber auch andere Produkte) wandte sich mittels Eilantrags gegen das gegen sie durch Allgemeinverfügung erlassene Verbot der Ladenöffnung, von welchem für den Einzelhandel Geschäfte für Lebensmittel, Baumärkte und Drogerien ausgenommen sind. Nach Auffassung des VG Bremen ist die Antragstellerin von dem Verbot erfasst, da der Handel mit Lebensmitteln lediglich einen kleinen Teil der Produkte in ihren Läden ausmache. Geschäfte mit „Mischangebot“ seien von der Ausnahme nicht erfasst. Der Antrag wurde abgelehnt.

https://www.verwaltungsgericht.bremen.de/sixcms/media.php/13/Pr-erkl_20_03_27.pdf

21. Gegenwärtig keine Untersagung für im Mai geplante Hauptversammlung einer Bank (VG Frankfurt am Main, Beschluss v. 26.03.2020, Az. 5 L 744/20.F)

Ein Aktionär wollte durch Antrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren eine Verpflichtung der Stadt Frankfurt am Main erwirken, die Durchführung der für Mai 2020 geplanten Hauptversammlung der Bank zu untersagen.

Während das Gericht auf das hohe Infektionsrisiko bei Großveranstaltungen unter Verweis auf das Robert-Koch-Institut hinwies, sei jedoch nicht glaubhaft dargelegt worden, dass die Hauptversammlung tatsächlich durchgeführt werden solle und in diesem Fall nicht die notwendigen Schutzmaßnahmen und Anordnungen getroffen werden würden. Laut Aussage des Gerichts diene ein solcher auf das Infektionsschutzgesetz gestützter Eilantrag nicht der Verfolgung von Aktionärsinteressen.

https://rsw.beck.de/aktuell/meldung/vg-frankfurt-a.-m.-weder-infektionsschutzgesetz-noch-verwaltungsgerichtlicher-eilrechtsschutz-dienen-aktionaersinteressen

20. Verlängerung der gerichtlichen Räumungsfrist einer Wohnraummietsache aufgrund der Corona-Pandemie (LG Berlin, Beschluss v. 26.03.2020, Az.: 67 S 16/20)

Ein in erster Instanz zur Räumung verurteilter Mieter (§ 721 ZPO) beantragte eine Verlängerung der Frist für die gerichtliche Räumung vom 31.03.2020 auf den 30.06.2020. Das LG Berlin entschied zu Gunsten des Mieters, da durch die momentane Situation um den Corona-Virus aufgrund der weitgehenden Beschränkung des öffentlichen Lebens zusätzlich zur bereits angespannten Wohnungslage in Berlin die Anmietung von Ersatzwohnraum in der gesetzten Frist kaum möglich sei.

Dem Verlängerungsantrag gemäß § 721 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 ZPO wurde stattgegeben, die Räumungsfrist, die dem Mieter eine Anmietung einer Ersatzwohnung ermöglichen soll, wurde auf den 30.06.2020 verlängert. Eine abweichende Betrachtung käme nach Auffassung des Landgerichts nur in Betracht, wenn durch den Verbleib des Räumungsschuldners in der Wohnung eine Gefahr für Leib oder Leben ausginge.

https://www.berlin.de/gerichte/presse/pressemitteilungen-der-ordentlichen-gerichtsbarkeit/2020/pressemitteilung.912621.php

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?cmsuri=/juris/de/nachrichten/zeigenachricht.jsp&feed=juna&wt_mc=rss.juna&nid=jnachr-JUNA200300848

19. Anreise zur Nutzung einer Nebenwohnung zu Recht untersagt (Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss v. 25.03.2020, Az.: 1 B 30/20)

Das VG Schleswig hat die sofortige Vollziehbarkeit der Untersagung einer Anreise in den Kreis Nordfriesland zur Nutzung einer dort gelegenen Nebenwohnung (Zweitwohnsitz) bestätigt. Zuvor war die Nutzung der Nebenwohnungen in Nordfriesland zu touristischen oder Freizeitzwecken im Wege einer Allgemeinverfügung des Kreises Nordfriesland verboten worden. Die entsprechende Allgemeinverfügung sei nach Ansicht des VG Schleswig weder offensichtlich rechtmäßig noch rechtswidrig. Das öffentliche Interesse, die staatliche Daseinsvorsorge speziell in ländlichen Bereichen Schleswig-Holsteins zu sichern und die Corona-Pandemie einzudämmen, überwiege jedoch insofern das Interesse der Antragssteller, ihre Nebenwohnung uneingeschränkt nutzen zu dürfen.

https://www.schleswig-holstein.de/DE/Justiz/OVG/Presse/PI_VG/26032020_Corona_Eilverfahren.html;jsessionid=F6C5EC520B714F89191DDBE72A98397A.delivery2-replication

https://www.juris.de/jportal/portal/t/x6b/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200300822&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

18. Eilantrag gegen Betretungsverbot mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (VG Freiburg, Beschluss v. 25.03.2020, Az.: 4 K 1246/20)

Für ein Vorgehen im Wege eines Eilantrags gegen ein zweiwöchiges Betretungsverbot für öffentliche Orte zur Eindämmung der  Verbreitung des Corona-Virus in der Stadt Freiburg fehle dem Antragssteller nach Auffassung des VG Freiburg das Rechtsschutzbedürfnis. Ein erfolgreicher Antrag hätte für den Antragssteller keine Vorteile, da die Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg vom 23.03.2020 diesem Aufenthaltsverbot entspreche. Eine Nichtigkeit der Landesverordnung könne nicht angenommen werden.

https://verwaltungsgericht-freiburg.justiz-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Presse/Betretungsverbot+in+Freiburg_+Eilantrag+abgelehnt/?LISTPAGE=1215828

https://www.juris.de/jportal/portal/t/x6b/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200300830&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

17a. Unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen die Einschränkung des Besuchs von in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten (Verfassungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Beschluss v. 25.03.2020, Az. 1 VB 17/20)

Laut den Ausführungen des Beschwerdeführers sei in der Justizvollzugsanstalt Freiburg nur noch der Besuch durch Rechtsanwälte und auch dies nur unter Einsatz einer Trennscheibe erlaubt. Der Verfassungsgerichtshof wies eine Verfassungsbeschwerde gegen diese von der JVA Freiburg auf Veranlassung des Ministeriums der Justiz und für Europa getroffenen Beschränkungen des Besuchs von Sicherungsverwahrten wegen des Coronavirus als unzulässig zurück und erklärte damit den verbundenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für erledigt. Die Unzulässigkeit folge jedenfalls aus einer mangelnden Erschöpfung des Rechtsweges gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 VerfGHG. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Freiburg nicht willens oder nicht in der Lage sei, innerhalb eines angemessenen Zeitraums jedenfalls vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren.

http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE200004378&psml=bsbawueprod.psml&max=true&doc.part=L&doc.norm=all

17. Ausgangsbeschränkungen in Bayern in Einzelfällen außer Kraft gesetzt, formell rechtswidrig? (VG München, Beschlüsse v. 24.03.2020, Az.: M 26 S 20.1252, M 26 S 20.1255)

Die bereits am 21.03.2020 per Allgemeinverfügung in Kraft getretenen Ausgangsbeschränkungen in Bayern wurden zugunsten zweier Einzelpersonen aus formalen Gründen durch Beschluss außer Kraft gesetzt. Das VG München zweifelte daran, dass diese Beschränkungen durch Allgemeinverfügung geregelt werden durften und nicht durch Rechtsverordnung hätten erlassen werden müssen.

Da an der inhaltlichen Rechtmäßigkeit jedoch keine Bedenken bestünden, bleibe die Gültigkeit der Ausgangsbeschränkungen für die Allgemeinheit unberührt. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat auf die gerichtlich angemeldeten Zweifel reagiert und am 24.03.2020 die Bayerische Verordnung über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie erlassen.

http://www.vgh.bayern.de/media/muenchen/presse/pm_2020-03-24.pdf

https://www.juris.de/jportal/portal/t/x6b/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200300785&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

16. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Verfahren über eine Verfassungsbeschwerde abgelehnt, Grundsatz der Subsidiarität (BVerfG, Beschluss v. 23.03.2020, Az. 2 BVR 483/20)

Der Beschwerdeführer machte geltend, ihm drohe im Rahmen einer gerichtlichen Hauptverhandlung eine gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verstoßende Gesundheitsgefahr und ging gegen die entsprechende Verfügung des LG München vom 18.03.2020 (2 Ks 127 Js 144647/15) durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Bundesverfassungsgericht vor.

Nach Auffassung des BVerfG sei die erhobene Verfassungsbeschwerde gemäß dem Grundsatz der Subsidiarität unzulässig, da – auch soweit eine Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens und Öffentlichkeit der Hauptverhandlung geltend gemacht würde – der Beschwerdeführer auf das fachgerichtliche Verfahren zu verweisen sei.

Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer geltend mache, ihm drohe im Rahmen der Hauptverhandlung eine Gesundheitsgefahr; unter anderem, da nicht hinreichend begründet würde, dass die Schutzvorkehrungen der Fachgerichte für eine Infektionsverhinderung nicht ausreichend seien.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/03/rk20200323_2bvr048320.html

15. Eilantrag gegen Corona-Virus-Verordnung in Brandenburg erfolglos (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 23.03.2020, Az.: 11 S 12.20)

Die Untersagung sonstiger Veranstaltungen und des Aufenthalts im öffentlichen Raum durch die SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg vom 22.03.2020 ist nach Ansicht des OVG Berlin-Brandenburg rechtmäßig. Der Eilantrag eines Bürgers auf teilweise Aussetzung des Vollzugs der Verordnung wurde zurückgewiesen. Insbesondere sei der Antragssteller nicht in seinem Recht auf Freizügigkeit verletzt. Das Infektionsschutzgesetz biete eine hinreichende Rechtsgrundlage, die Maßnahmen seien vor dem Hintergrund der Gefahren der Pandemie verhältnismäßig und die Regelungen hielten sich innerhalb des Einschätzungsspielraums des Verordnungsgebers.

https://www.berlin.de/gerichte/oberverwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.910761.php

https://www.juris.de/jportal/portal/t/x6b/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200300773&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

14. Vorübergehende Betriebsschließungen wegen Corona-Virus rechtmäßig (VG Aachen, Beschlüsse v. 21.03.2020 und 23.03.2020, Az.: 7 L 230/20, 7 L 233/209

Betreiber einer Lottoannahmestelle und eines Pralinengeschäfts wollten sich jeweils mittels Eilantrag gegen die Schließung ihrer Betriebe wehren, welche durch Allgemeinverfügung der Stadt Würselen angeordnet worden war. Entsprechende Anträge lehnte das VG Aachen nun ab, da nach dessen Auffassung die Stadt Würselen nachvollziehbar dargelegt habe, dass solche Schließungen zur Verhinderung der Ansteckung anfälliger Personengruppen und der Weiterverbreitung des Virus erforderlich seien. Dabei gehörten die von den Antragsstellern betriebenen Geschäfte insbesondere nicht zur Grundversorgung der Gesellschaft beziehungsweise seien zur Sicherung des täglichen Bedarfs nicht notwendig. Trotz der drohenden wirtschaftlichen Einbußen sei das Schutzgut der menschlichen Gesundheit zweifellos höher zu bewerten.

https://www.vg-aachen.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/12_200324/index.php

https://www.juris.de/jportal/portal/t/x6b/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200300784&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp

13. Keine aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen die Allgemeinverfügung (Zweitwohnsitz) (VG Schleswig, Beschluss v. 22.03.2020, Az. 1 B 17/20)

Das VG Schleswig hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Allgemeinverfügung vom 21.03.2020 auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung abgelehnt. Dabei überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung der sich aus der Allgemeinverfügung ergebenden unverzüglichen Rückreiseverpflichtung das private Aufschubinteresse an einem weiteren Verbleib am Zweitwohnsitz. Grund dafür seien die überragenden Gründe der Abwehr von Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung und der Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der ärztlichen, insbesondere krankenhausärztlicher (Intensiv-)Versorgung für die Bevölkerung. Die Folgen für den Antragssteller seien hingegen hinzunehmen, da diesem regelmäßig am Hauptwohnsitz eine Wohnmöglichkeit bleibe.

http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/portal/t/2o3m/page/bsshoprod.psml;jsessionid=C7DDBE0C3F649416A2D2BE582B113E12.jp14?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=MWRE200001049%3Ajuris-r02&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1

12. Untersagung der Nutzung von Nebenwohnungen und die unverzügliche Rückreiseverpflichtung sofort vollziehbar (VG Schleswig, Beschluss v. 22.03.2020, Az. 1 B 10/20, 1 B 11/20, 1 B 12/20, 1 B 13/20, 1 B 14/20)

Den Antragsstellern mit Wohnsitz außerhalb Schleswig-Holstein, die sich derzeit in Nebenwohnungen in den Kreisen Ostholstein beziehungsweise Nordfriesland aufhielten, wurde durch sofort vollziehbare Allgemeinverfügung die Nutzung der Nebenwohnung untersagt. Dagegen erhoben sie Eilanträge im vorläufigen Rechtsschutzverfahren. Während das Gericht weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit noch die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verbots feststellte, fiel die Interessenabwägung wegen der Eilbedürftigkeit zugunsten der im öffentlichen Interesse stehenden Abwehr von Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung und die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der medizinischen Versorgung aus. Die Nutzung der Hauptwohnung sei in den vorliegenden Fällen auch nicht ausnahmsweise unzumutbar.

https://www.schleswig-holstein.de/DE/Justiz/OVG/Presse/PI_VG/22032020_Eilverfahren_Corona.html

11. Keine einstweilige Verfügung gegen infektionsschutzrechtliches Versammlungsverbot (BVerfG, Beschluss v. 20.03.2020, Az. 1 BvR 661/20)

Das Bundesverfassungsgericht lehnte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ab, welcher sich zusammen mit der verbundenen Verfassungsbeschwerde gegen ein infektionsschutzrechtliches Versammlungsverbot und das diesem zugrunde liegende Gesetzes- und Verordnungsrecht (§ 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG i. V. m. § 3 Abs. 3 CoronaVO Baden-Württemberg) richtete. Dabei scheitere der Antrag nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bereits an der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde, da die Beschwerdeführer gemäß dem Grundsatz der Subsidiarität zunächst den fachgerichtlichen Eilrechtsschutz hätten in Anspruch nehmen müssen. Eine einzelfallbezogene Unzumutbarkeit liege nicht vor. Auch die möglicherweise grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung der Entscheidung sei kein ausreichender Grund für eine solche Ausnahme, da die Klärung grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Fragen im Eilrechtsschutzverfahren ohnehin nicht möglich sei.

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/03/rk20200320_1bvr066120.html

10. Antrag auf Unterlassung der Errichtung einer Corona-Anlaufpraxis erfolglos (VG Bremen, Beschluss vom 20.03.2020, Az. 5 V 533/20)

Die Antragstellerin machte als Nachbarin der geplanten Anlaufpraxis für möglicherweise mit dem Corona-Virus infizierte Personen mittels Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geltend, aufgrund der Ansteckungsgefahr als Teil der Risikogruppe mit Vorerkrankung in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt zu sein. Nach Ansicht des Gerichts sei ihr diese Gefahr jedoch zuzumuten, da das Risiko durch ihr eigenes Verhalten eingedämmt werden könne. Dies gelte zumindest dann, wenn die Behörde ausreichende Maßnahmen zur Begegnung der Infektionsgefahr für die Anwohner ergreife.

https://www.verwaltungsgericht.bremen.de/sixcms/media.php/13/20_533_V_5.pdf

9b. Eilantrag einer Betreiberin von Einzelgeschäften gegen Allgemeinverfügung Hamburgs erfolglos (VG Hamburg, Beschluss v. 20.03.2020, Az. 10 E 1380/20)

Die Antragstellerin ist Betreiberin von sieben Einzelhandelsgeschäften  und wandte sich mittels Eilantrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO gegen die Allgemeinverfügung der Stadt Hamburg vom 16.03.2020. Während das Gericht die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren offen ließ, so stellte es doch als wahrscheinlich fest, dass § 28 Abs. 1 IfSG eine taugliche Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügung sei, deren Voraussetzungen vorlägen.

Jedoch äußerte das Gericht Zweifel an der wirksamen Umsetzung des vom IfSG vorgegebenen Ziels, durch die Allgemeinverfügung übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern (§ 1 Abs. 1 IfSG) und zweifelte an der Sinnhaftigkeit der Differenzierung zwischen einzelnen Arten von Geschäften, die die erforderlichen Güter und Dienstleitungen des täglichen Bedarfs anbieten. Ein Abstellen auf generelle Typisierungen sei jedoch aufgrund der komplexen Ausgestaltung unterschiedlicher Geschäfte in der Praxis nachvollziehbar. Eine Willkür läge daher nicht vor.

Im Rahmen einer Interessenabwägung sei jedenfalls zunächst dem Schutz der Gesundheit der gesamten Bevölkerung als überragend wichtigem Gemeinschaftsgut der Vorzug vor den wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin zu geben. Der Eilantrag wurde abgelehnt.

https://justiz.hamburg.de/contentblob/13751134/1d8971c3699324f8a7434332f039847d/data/anonymisiert-beschluss-vom-20-3-2020-10-e-1380-20.pdf

9a. Eilantrag gegen Corona-Allgemeinverfügung in Sachsen erfolglos (VG Dresden, Beschluss v. 20.03.2020, Az. 6 L 200/20)

Der Antragsteller (Inhaber eines Restaurants) stellte einen Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Allgemeinverfügung Sachsens zum Vollzug des Infektionsschutzgesetzes vom 18.03.2020.

Das Gericht hielt nach summarischer Prüfung den Erfolg der Klage im Hauptsacheverfahren für unwahrscheinlich. Die Begründung der Allgemeinverfügung rechtfertige die getroffenen Regeln zur Bekämpfung der Corona-Pandemie als verhältnismäßig. Auch sei eine Beschränkung der Maßnahmen auf bestimmte Tageszeiten keine gangbare Alternative, da die Infektionsgefahr zu allen Tageszeiten gleich bestünde. Der Antrag wurde abgewiesen.

9. Spielhallen dürfen wegen des Corona-Virus geschlossen werden (VG Köln, Beschlüsse vom 20.03.2020, Az. 7 L 510/20 u.a.)

Die Anordnung der Schließung von Spielhallen, Spielbanken und Wettbüros auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes durch 16 Gemeinden (unter anderem Köln, Bonn, Leverkusen) war nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Köln rechtmäßig. Den dagegen gerichteten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der korrespondierenden Klage einer Spielhallenbetreiberin lehnte der Vorsitzende der Kammer gemäß § 80 Abs. 8 VwGO ab. Solch einschneidende Maßnahmen, insbesondere Schließung von Einrichtungen wie Spielhallen seien nicht unverhältnismäßig, da aufgrund des typischen sozialen Kontakts in den Einrichtungen eine erhöhte Ansteckungsgefahr bestehe. Zudem sei zu beachten, dass die teils existenzbedrohenden Auswirkungen derartiger Schließungen durch finanzielle Hilfen des Staates abgemildert werden sollen.

https://www.vg-koeln.nrw.de/behoerde/presse/Pressemitteilungen/13_200323/index.php

https://openjur.de/u/2198170.html

8. Schließung von Spielhallen wegen des Coronavirus bestätigt (VG Düsseldorf, Beschluss vom 20.03.2020, Az. 7 L 575/20)

Der gegen die Schließungsanordnung (auf Grundlage einer Allgemeinverfügung) gerichtete Eilantrag eines kommerziellen Spielhallenbetreibers wurde durch das VG Düsseldorf abgelehnt. Dabei gewichtete das Gericht das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Anordnung kontaktreduzierender Maßnahmen höher als das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers. Während das Gesundheitssystem leistungsfähig bleiben müsse, werde die Belastung des Antragstellers durch staatliche Finanzhilfen abgefedert.

https://www.vg-duesseldorf.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/2020/2014/index.php

7. Schließung von Ladengeschäften des Einzelhandels rechtmäßig (VG München, Beschlüsse v. 20.03.2020, Az.: M 26 E. 20.1209, M 26 S 20.1222)

Das Verwaltungsgericht München hat in zwei Entscheidungen vom 20.03.2020 die am 16.03.2020 angeordnete Schließung von Ladengeschäften des Einzelhandels als verhältnismäßig erachtet.

https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA200300785&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp (Verweis am Ende)

6. Hauptverhandlungstermine in Strafsachen trotz Corona-Krise weiterhin möglich (Verfassungsgerichtshof Sachsen, Beschluss v. 20.03.2020, Az. Vf. 39-IV-20)

Die Antragssteller (ein Angeklagter und seine Pflichtverteidiger) begehrten im Wege einer einstweiligen Anordnung, dem Gericht aufzugeben, nur noch zur Fristwahrung (§ 229 Abs. 1 StPO) zwingend notwendige Hauptverhandlungstermine als sogenannte „Schiebetermine“ ohne Vernehmung von Zeugen durchzuführen.

Nach Ansicht des SächsVerfGH dürfen die im Strafverfahren anwesenden Personen zwar tatsächlich nicht durch mehrstündige Verhandlungen den Gesundheitsgefahren des Corona-Virus ausgesetzt werden. Die Folgenabwägung ergebe grundsätzlich, dass die mit einer zeitlichen Streckung der Hauptverhandlung verbundenen Nachteile weniger schwer wiegen als die gesundheitlichen Folgen, die den Antragsstellern und auch weiteren notwendig anwesenden Personen bei Durchführung der geplanten Hauptverhandlungstermine entstehen könnten.

Jedoch seien Verhandlungstermine (auch mit Beweisaufnahme) weiterhin möglich und erlaubt, sofern sie angemessen zeitlich und personell beschränkt und gebotene Infektionsschutzmaßnahmen getroffen würden.

https://www.verfassungsgerichtshof.sachsen.de/content/1690.htm

5. Eilantrag gegen Allgemeinverfügung zum Schutz vor Corona erfolglos (VG Göttingen, Beschluss v. 20.03.2020, Az. 4 B 56/20)

Der Antragssteller wandte sich mittels Eilantrags gegen die infektionsschutzrechtliche Allgemeinverfügung der Stadt Göttingen vom 17.03.2020, welche unter anderem private Veranstaltungen mit mehr als 50 Teilnehmern untersagte. Er wolle seinen runden Geburtstag in großer Runde feiern und erhob  vor allem formelle Bedenken gegen die Verfügung sowie Zweifel an der Eignung der Maßnahmen für die Eindämmung des Corona-Virus.

Das VG Göttingen lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Allgemeinverfügung sei sowohl formell rechtmäßig als auch geeignet und erforderlich, um die unkontrollierte Ausweitung des Corona-Virus zu verhindern. Das Interesse des Antragsstellers müsse hinter dem Schutz der menschlichen Gesundheit zurücktreten.

https://www.verwaltungsgericht-goettingen.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/verwaltungsgericht-lehnt-antrag-gegen-allgemeinverfugung-zum-schutz-vor-corona-ab-186747.html

4. Keine einstweilige Anordnung bezüglich der Verschiebung eines Hauptverhandlungstermins (BVerfG, Ablehnung einstweiliger Anordnung v. 19.03.2020, Az. 2 BvR 474/20)

Der Beschwerdeführer begehrte die Aufhebung eines Hauptverhandlungstermins aufgrund der Gefahr der Infektion mit dem Corona-Virus. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung im Verfassungsbeschwerdeverfahren wurde vom BVerfG aus Gründen der Subsidiarität und der mangelnden Begründung jedoch abgelehnt. Der Beschwerdeführer habe nicht dargelegt, warum ihm ein Vorgehen im Wege der Beschwerde gegen die Ablehnung der Terminaufhebung nicht vor dem Fachgericht zumutbar gewesen sei. Zudem fehle es an einer argumentativen Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung. https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/03/rk20200319_2bvr047420.html

3. Eilantrag gegen infektionsschutzrechtliches Veranstaltungsverbot erfolglos (VG Stuttgart, Beschluss v. 14.03.2020, Az. 16 K 1466/20)

Ein Eilantrag gegen die Stadt Wertheim wegen des Verbots des Late-Night-Shoppings in einem Einkaufszentrum wurde vom VG Stuttgart abgelehnt. Dieses Verbot stelle eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes dar, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern. Es sei unerheblich, ob es sich bei dem Late-Night-Shopping um eine Großveranstaltung im Sinne der Handlungsempfehlungen des Robert-Koch-Instituts handle.

https://verwaltungsgericht-stuttgart.justiz-bw.de/pb/,Lde/Eilantrag+gegen+infektionsschutzrechtliches+Veranstaltungsverbot+erfolglos/?LISTPAGE=1217876

2. Eilantrag gegen Untersagung einer Veranstaltung erfolglos (VG Minden, Beschluss v. 12.03.2020, Az. 7 L 212/20)

Das VG Minden lehnte einen Antrag auf die Anordnung und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO) einer Klage gegen die Untersagung der Durchführung einer Veranstaltung gemäß §§ 16 Abs. 8, 28 Abs. 3 IfSG ab. Dabei nahm es mangels offensichtlicher Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Verbots eine Folgenabwägung vor. Das Gericht sah die Erfolgsaussichten der Klage nach summarischer Prüfung als gering an. Zudem sei das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids aufgrund der drohenden Gefahren für die Allgemeinheit (hohes Schutzgut der Gesundheit) höher zu gewichten als das Aussetzungsinteresse aufgrund der wirtschaftlichen Einbußen der Antragstellerin.

https://openjur.de/u/2197829.html

1. Eilantrag gegen Allgemeinverfügung des StMGP erfolglos (VG Bayreuth, Beschluss v. 11.03.2020, Az. B 7 S 20.223)

Die Antragssteller wandten sich gegen die Allgemeinverfügung des Bayrischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) vom 06.03.2020 zum Besuch von Schulen, Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen und Heilpädagogischen Tagesstätten im Zusammenhang mit dem Corona-Virus. Sie beantragten, die aufschiebende Wirkung ihrer dagegen gerichteten Klage anzuordnen beziehungsweise die Vollziehung der Allgemeinverfügung auszusetzen. Dabei argumentierten die Antragssteller mit einem Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie gegen Europarecht, weshalb aufgrund der offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Allgemeinverfügung Eilrechtsschutz zu gewähren sei.

Das VG Bayreuth sah die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung als zulässig, aber unbegründet an. So spreche bei summarischer Prüfung viel dafür, dass die Klagen der Antragssteller im Hauptsacheverfahren erfolglos bleiben würden, da § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes für die Allgemeinverfügung eine geeignete Rechtsgrundlage darstelle, deren Voraussetzungen erfüllt seien. Auch seien die Bestimmungen der Allgemeinverfügung nicht unverhältnismäßig oder europarechtswidrig.

Nichts anderes ergebe sich aus der ergänzenden Interessenabwägung, bei welcher das öffentliche Interesse an Leben und körperlicher Unversehrtheit der Bevölkerung gegenüber dem privaten (vorwiegend wirtschaftlich dominierten) Aussetzungsinteresse der Antragssteller überwiege.

https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-3610?hl=true

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