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EU-Feuerwaffenrichtlinie: Kompromiss und Abstimmung im Ausschuss
Wie schon im Dezember berichtet, hat der Trilog zur umstrittenen Änderung der EU-Feuerwaffenrichtlinie zu einem Kompromiss zwischen Europaparlament, Rat und Kommission geführt. Dieser ist nun in englischer Sprache (.pdf) verfügbar. Die deutsche Fassung fehlt leider weiterhin, aber immerhin ist das Dokument übersichtlich in Spalten für die unterschiedlichen Auffassungen und das in den Trilogverhandlungen erzielte Ergebnis gegliedert.
Im Vergleich zu den untragbaren Vorstellungen der Kommission aus dem Jahre 2015 und den teilweise nur mäßig überzeugenden Forderungen des Rates aus 2016 ergeben sich durch den Kompromiss zahlreichen Verbesserungen der Initiative. Diese wären ohne die resolute Vicky Ford und die Unterstützer der Rechte der Legalwaffenbesitzer aus fast (!) allen Fraktionen im Europaparlament nicht möglich gewesen.
Dennoch bleibt als problematischer Knackpunkt für die deutschen Sportschützen vor allem die seltsam anmutende angestrebte Magazinregelung:
Halbautomatische Waffen (kurz wie lang) bleiben nach dem aktuellen Entwurf grundsätzlich erlaubnispflichtig, aber erlaubt in Kategorie B. Mit einem festen Magazin oder eingelegten (!) Magazin, das mehr als 20 Schuss bei Kurzwaffen bzw. 10 bei Langwaffen fasst, wechselt die Waffe künftig in die Kategorie A und ist damit praktisch verboten. Ausnahmen für Sportschützen sollen möglich sein. Dass sich die Kategorie einer Waffe nicht nach der Waffe selbst und ihren technischen Spezifikationen an sich bemisst, sondern an ihrer Verwendung, ist ein bislang nicht dagewesenes Konstrukt.
Würde bei einem legalen Waffenbesitzer ein Magazin zu hoher Kapazität aufgefunden (mehr als 20 Schuss bei Kurzwaffen, mehr als 10 bei Langwaffen) soll die Erlaubnis für halbautomatische Waffen entzogen werden; Ausnahmen möglich. Die Magazine selbst sollen aber nicht verboten sein und dürfen damit von jedermann - nicht nur überprüfte Waffenbesitzer - weiterhin besessen werden. Nur bei Sportschützen und Jägern wird die Verwendung durch Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis bestraft. Ohne waffenrechtliche Erlaubnis können damit selbst übergroße Magazine weiterverwendet werden. Magazine erwerben sollen aber nur noch Erlaubnisinhaber dürfen; die freie Handelbarkeit soll somit wegfallen. Wie dies alles zusammengehen soll bleibt unklar.
Die Vorschläge blenden völlig aus, dass es Magazine gibt, die gleichermaßen für Kurz- und Langwaffen geeignet sind und somit einmal erlaubt und einmal beschränkt sein können, ohne dass man es den Magazinen ansieht. Nämliches gilt für Magazine, die mehr als eine Patronenart aufnehmen können, somit mit einem Kaliber eine andere Kapazität haben können, als mit einem anderen. Dies gilt wegen der fest eingebauten Röhrenmagazine gerade auch für Selbstladeflinten.
Die - gelinde ausgedrückt - ungewöhnlichen Formulierungen und Regelungen lassen gegenwärtig noch nicht einmal im Ansatz absehen, wie sie in nationale Waffengesetzgebung einfließen könnten. Manche der avisierten Änderungen der Richtlinie dürften gar nicht, allenfalls schwerlich oder unter deutlicher Verschlechterung der Stellung der legalen Waffenbesitzer in deutsches Recht umsetzbar sein.
Über den Vorschlag wird im März das ganze Europäische Parlament entscheiden.
Am 26. Januar 2017 hat aber nun zunächst der Ausschuss IMCO abgestimmt und den Kompromiss angenommen:
25 Abgeordnete stimmten dafür
EKR: Dalton, Ford, Van Bossuyt
EVP: Coelho, Comi, Corazza Bildt, Gáll-Pelcz, Juvin, López-Istúriz White, Thun und
Hohenstein, Turcanu, Verheyen, Van Niselrooij
S&D: Cofferati, Danti, Gebhardt, Grapini, Gutiérrez Prieto, Jaakonsaari, Mizzi,
Rozière, Schaldemose, Weidenholzer
Grüne/EVA: Durand, Reda
9 dagegen
ALDE: Charanzová, Lokkegaard, Selimovic
EKR: Sulik
EFDD: Iwaszkiewicz
ENF: Pretzell, Troszczynski
EVP: Pospísil
S&D: Sehnalová
und zwei haben sich enthalten
GUE/NGL: de Jong
EVP: Stefanec
Hinsichtlich der Fraktionsabkürzungen wird auf Wikipedia verwiesen.
Im Ausschuss abgestimmt wurde "ganz oder gar nicht". So soll es nach dem Willen der Kommission auch im Plenum des Europaparlaments kommen. Allerdings gibt es durchaus Bestrebungen, der Vollversammlung noch Änderungen vorzuschlagen.
Sollte der Vorschlag das Parlament aber unverändert passieren, dürfte bedeutsam werden, dass der neue Bundestag ab Herbst 2017 die Umsetzung im Sinne der rechtstreuen Waffenbesitzer betreibt und hierfür insbesondere alle Spielräume für Erleichterungen und Ausnahmen nutzt. Da die Erklärung der jetzigen Bundesregierung beinhaltet, keine Erschwernisse der deutschen Waffenbesitzer durch die Änderung der Feuerwaffenrichtlinie anzustreben, sollte dies bereits Agenda sein. Allerdings wird der Ausgang der kommenden Bundestagswahl von entscheidender Bedeutung dafür sein, ob das jetzige Versprechen auch von der nächsten Bundesregierung umgesetzt wird.
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