Corona Virus Situation und Vertragsrecht
Grundsätzlich sind auch in schwierigen Zeiten Verträge einzuhalten und können Vertragspartner voneinander die vereinbarten Leistungen verlangen.
Die betreffenden zivilrechtlichen Regelungen stehen im Wesentlichen im Bürgerlichen Gesetzbuch. Dieses ist jetzt seit 1.1.1900 in Kraft (im Osten der Republik mit einer Unterbrechung von 1976 bis 1990) und hat – mit inhaltlichen Veränderungen natürlich – schon viel erlebt, einschließlich Weltkriegen, Währungsreformen, (Welt-)Wirtschaftskrisen und ganzen staatlichen Zusammenbrüchen. Nicht immer war das aus dem BGB resultierende Recht auch (gerichtlich) durchsetzbar, aber gegolten haben die Regelungen stets. Das ist natürlich im Moment auch so.
Der Bundestag bereitet allerdings derzeit Ausnahmevorschriften vor, insb. um sozial Schwächere zu schützen oder andere akut erforderliche Bestimmungen zu treffen. Da diese Gesetze noch nicht fertig sind, kann hier nicht weiter darauf eingegangen werden.
Ein pauschales Recht, es sich in Zeiten von Corona „anders zu überlegen“ gibt es nicht. Von Verträgen und Vereinbarungen kann man sich aber lösen, wenn das vorher vertraglich vereinbart wurde, wenn es darauf einen gesetzlichen Anspruch gibt oder wenn der andere Vertragspartner zustimmt. So kann ein Mietvertrag weiter mit einer vereinbarten Frist gekündigt werden, eine Warenbestellung im Internet rechtzeitig widerrufen oder mit der anderen Seite eine Vertragsänderung oder -beendigung vereinbart werden.
Daneben stellt sich aber die Frage, was gilt, wenn es eben keine Möglichkeit gibt sich einseitig vom Vertrag zu lösen und die Gegenseite auch nicht bei einer Anpassung mitspielt, die Leistungen aber dennoch nicht erbracht werden können und/oder dürfen? Ganz konkreter Fall: Aufgrund behördlicher Verbote dürfen Schießstände nicht betreten und Schießwettkämpfe nicht veranstaltet werden. Welche rechtlichen Folgen hat das?
Als Ausnahme vom skizzierten Grundsatz „Verträge hat man zu halten“ (pacta sunt servanda) gilt: Was niemand leisten kann, muss man nicht leisten. Mit der Leistungspflicht entfällt in der Regel auch die Gegenleistungspflicht. Es kann aber (daneben) Ausgleichs- und (Schadens-)Ersatzpflichten geben.
Zu betonen ist, dass das Infektionsschutzgesetz und die Katastrophenschutzgesetze der Bundesländer - als Grundlage für das aktuelle Stillstehen großer Teile des öffentlichen Lebens - Schadensersatzansprüche gegen denjenigen staatlichen Träger kennt, der Verbote erlassen hat. Die gegenwärtige Situation hat es aber noch nie gegeben und viele Rechtsfragen sind daher offen. Es würde den Rahmen dieses Textes weit sprengen, dazu detailliert auszuführen. Darüber wurden und werden wahrscheinlich in Zukunft ganze Lehrbücher geschrieben.
Damit empfiehlt sich als Ablaufvorschlag für Fälle vertraglicher Verpflichtungen oder Inanspruchnahme im Verein:
- Erst prüfen, ob man sich aufgrund vertraglicher Vereinbarung oder gesetzlicher Regelung einseitig vom Vertrag lösen kann.
- Mit dem Vertragspartner reden und versuchen eine für beide Seite verträgliche Lösung zu finden. Vielleicht will man ja auch in Zukunft wieder zusammenarbeiten und deshalb nicht alles Porzellan zerschlagen und/oder die andere Seite in den wirtschaftlichen Ruin treiben. Gerade Schießstände sind oft Mangelware.
- Nötigenfalls müssen nach dem Ende der Krise die Gerichte bemüht werden, wenn sich sonst gar keine Lösung findet. Dabei bedenken, dass die Gerichte oft auch als erstes Vergleiche vorschlagen, in denen beide Seiten nachgeben sollen, um den Streit zu beenden. Das kann man auch früher machen.
- Auch sind ggf. Schadensersatzansprüche gegen das Bundesland zu prüfen, das durch ein Verbot Verträge unerfüllbar gemacht hat und dadurch wirtschaftliche Schäden entstanden sind. Die aktuellen Beschränkungen sind richtig und wichtig, aber die Kostenseite ist nicht unbeachtlich.
- Die Beratung in solchen Sachen ist Aufgabe der zivilrechtlich und/oder staatshaftungsrechtlich bewanderten Rechtsanwälte. Es kann sich lohnen, für die Beratung und Vertretung etwas Geld auszugeben, anstatt größere Schäden hinzunehmen oder zu riskieren.
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