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18.11.2020
Impressum
Guten Morgen aus Südtirol!
Herzlich willkommen zur achtzehnten Ausgabe von "KulturSüdtirol im November"! Heute ist Mittwoch, der 18.11.2020 und wir starten wieder mit Euch in diesen Tag. 

Gestern Meran, heute Gossensaß! 
Wer schnell über die Brennerautobahn in den Süden will, erhascht nur einen Moment davon: Die Rede ist vom so genannten „Gletscherblick von Gossensaß“. Vom Viadukt über Gossensaß öffnet sich der Blick ins Pflerschtal und die Stubaier Gletscher. Johanna berichtet heute darüber - und was all das mit Henrik Ibsen zu tun hat. Lasst Euch überraschen!

Viel Spaß beim Lesen und Euch einen schönen Dienstag,
Johanna und Benjamin
Wie eigens komponiert: der Gletscherblick von Gossensaß
Wie so viele bin auch ich unzählige Male daran vorbeigefahren. Doch ein Halt in Gossensaß lohnt sich allemal. Mehrere schmale Wege und Treppen führen hinauf zum Hügel, auf dem die Pfarrkirche und die Barbarakapelle stehen. Zugleich ein leicht erreichbarer Aussichtspunkt. 

Wie für ein Gemälde eigens komponiert wirkt die Landschaft und führt weit hinein ins Pferschtal, gibt den Blick auf einzelne Gehöfte und kleine Dörfer frei. Bewaldete Hänge führen nach oben und gipfeln in stattlichen, teilweise vergletscherten Zwei- und Dreitausendern. 

Die Bergknappen und ihre silbernen Nägel

Die erste Bergbautätigkeit in Gossensaß und im Pflerschtal lässt sich schon im 13. Jahrhundert nachweisen. Im Laufe der Jahrhunderte nahmen die Erträge zu und brachten Wohlstand und Reichtum. Die Bergknappen, so will es die Überlieferung, hätten ob ihres Reichtums sogar silberne Nägel an den Schuhen getragen. Mit dem Niedergang des Bergbaus ging jedoch auch die erste Glanzzeit von Gossensaß ab 1550 zu Ende.  
„Mit dem Blick auf die Gletscher“
Dreihundert Jahre später versprach die Eröffnung der Brennerbahn im Jahr 1867 einen neuen Aufschwung. „Mit dem Blick auf die Gletscher müssen Sie ein Hotel bauen“, soll Ing. Carl Etzel (1812–1865), der Erbauer der Brennerbahn, zu Margarete Kadner-Gröbner gesagt haben. Im Tourismus sah Etzel die Zukunft des kleinen Dorfgasthauses, ja, die Zukunft von Gossensaß. Und er sollte Recht behalten. 

Der Kurort Gossensaß zog im 19. Jahrhundert zahlreiche Gäste an. Seine nahe Lage zum Hochgebirge faszinierte die Gäste, die den Ort dank seines Bahnhofes an der Brennerlinie einfach mit dem Zug erreichen konnten. 

So erinnert noch heute eine Bronzebüste von Friedrich Beer (1846–1912) aus dem Jahr 1892 an den deutschen Dichter Oskar von Redwitz (1823–1891), der jahrelang eine Villa in Meran bewohnte und hier gerne seine Sommerfrische verbrachte. Ganze sieben Mal weilte der norwegische Schriftsteller Henrik Ibsen (1828–1906) in Gossensaß und trug dadurch gewiss zur Bekanntheit des Ortes bei. Seine Hedda Gabler erinnert sich im zweiten Akt des gleichnamigen Theaterstückes an das kleine Städtchen am Fuß des Brenners, wo sie und ihr Mann Tesman auf ihrer Reise übernachtet und die „vielen lustigen Sommerfrischler getroffen haben“. 
Villen mit Erkern und hölzernen Veranden
Die Blütezeit des Tourismus währte nur wenige Jahrzehnte bis zum Ersten Weltkrieg. 1945 brannte das Grandhotel Gröbner, der Inbegriff der Gossensasser Sommerfrische, nach einer Explosion vollkommen aus. 

Dennoch gibt es noch heute bei einem Bummel durch den Ort historische Architektur aus dem 19. Jahrhundert zu sehen, kleinere und größere Villen mit Erkern, verglasten Veranden und hölzernen Balkonen. Schließlich wurden auch in Privathäusern Wohnungen an die „Herrschaften“ zur Sommerfrische vermietet. Sie genossen von den Veranden aus windgeschützt den grandiosen Ausblick in die umliegende Bergwelt oder tranken Tee in den schattigen Privatgärten. 

Noch heute laden die Traditionsgasthäuser des Ortes zu einem Halt in Gossensaß ein. Und nach dem Bummel durch die Marktgemeinde erwarten mich ein Macchiato oder Espresso, ein Stück Apfelstrudel oder ein Eiskaffee auf einer Terrasse mitten im Ort. 



Alle Abbildungen: (c) Johanna Bampi
 
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