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Der Kultur-Südtirol-Adventskalender
Donnerstag, 03.12.2020
Mit KulturSüdtirol durch den Advent:
"Hättet Ihr gewusst ...?"
Hättet Ihr gewusst, welche interessante Geschichte manchmal hinter einem unscheinbaren Denkmal stecken? Johanna nimmt Euch heute mit nach Meran und lüftet die Geheimnisse um eine Statue, die man vermutlich nicht auf Anhieb findet.

Euch einen schönen Donnerstag und viel Spaß beim Lesen,

Benjamin und Johanna
Eine Büste aus weißem Marmor im Schillerpark
In Obermais verbindet ein kleiner Park die Cavourstraße mit der Schafferstraße: der Schillerpark. Hier sitzen noch Meranerinnen und Meraner, bei einem Gespräch oder über einem Buch. Andere nutzen den Park als schattigen Durchgang und tragen ihre Einkäufe vom Brunnenplatz nach Hause. 

Hier im Schillerpark steht die Marmorbüste eines Mannes, der gedankenverloren in die Ferne zu blicken scheint. Wie viele in dem Bärtigen wohl Friedrich Schiller vermuten? Doch in den Sockel ist sein Name gemeißelt: „Oscar Freiherr von Redwitz“.
Oskar von Redwitz und Meran
Der Name Oskar von Redwitz ist mir zum ersten Mal hier im Schillerpark begegnet. Von allen Werken des Schriftstellers kenne ich nur eines – das von Franz Liszt vertonte Gedicht „Es muss ein Wunderbares sein / Ums Lieben zweier Seelen“. Oskar von Redwitz teilt sein Schicksal mit vielen Künstlern des 19. Jahrhunderts: zu Lebzeiten gerühmt, ist er heute nahezu vergessen.

Im Jahr 1872 ließ sich Oskar von Redwitz (1823–1891) in Meran nieder und erwarb eine Villa in Obermais, die er „Schillerhof“ nannte. Er selbst war alles andere als ein Unbekannter: mit seinen Gedichtbänden und Dramen konnte der fast 50-Jährige auf zahlreiche Erfolge zurückblicken. Seine Meraner Villa wurde zu einem Ort des geistigen Austausches mit Künstlern und Literaten. 

Als Oskar von Redwitz am 6. Juli 1891 in einem Sanatorium bei Bayreuth verstarb, schrieb die „Meraner Zeitung“ in einem Nachruf: „Mit Wohlwollen und regem Interesse hat Oskar v. Redwitz stets das Emporblühen Merans verfolgt.“ (Meraner Zeitung, Nr. 154, 10.07.1891, S. 2) Die Villa Schillerhof in der Cavourstraße schräg gegenüber dem Schillerpark steht noch heute. 
Caspar von Zumbusch: der Künstler hinter dem Denkmal
Die Initiative für das Denkmal ging von einigen adeligen Damen aus - und Johanna hat sogar zu ihm einen vorschriftsmäßigen Corona-Abstand beim Fotografieren eingehalten...

Man gründete ein Komitee und sammelten eifrig Spenden. Die treibenden Kräfte für das Projekt waren eine Gräfin zu Castell und eine Baronesse von Schleinitz. Als Schirmherrin ihres Projektes gewannen sie Maria José von Braganza, die zweite Gemahlin von Herzog Karl Theodor in Bayern und Schwägerin von Kaiserin Elisabeth. 

Am 23. Oktober 1894 wurde das neue Denkmal in der Elisabeth-Anlage im Beisein von Honoratioren und Mitgliedern der Familie von Redwitz enthüllt. (Meraner Zeitung, 24.10.1894, Nr. 127, S. 2-3)

Elisabeth-Anlage? Schillerpark? Wie in vielen Städten wechselten auch in Meran zahlreiche Straßen, Plätze oder Parks im Laufe von mehr als 100 Jahren ihre Namen. Doch in diesem Fall steht tatsächlich ein Ortswechsel dahinter. Ursprünglich befand sich das Redwitz-Denkmal nämlich in der Grünanlage vor dem heutigen Hotel Adria an der St.-Georgen-Straße. 

Anders als die meisten Denkmäler steht die Büste von Redwitz auf Augenhöhe zum Betrachter. An der Rückseite entdecke ich die teils verwitterte Signatur des Künstlers: „C. v. ZUMBUSCH 1894“. So bekannt wie Redwitz im 19. Jahrhundert war, so berühmt war auch dessen Freund und Schöpfer des Denkmals, der Bildhauer Caspar von Zumbusch (1830–1915), der das Denkmal aus weißem Laaser Marmor schuf. 

Caspar von Zumbusch schuf Zeit seines Lebens zahlreiche prestigeträchtige Denkmäler, darunter das Denkmal für Kaiserin Maria Theresia zwischen dem Kunsthistorischen und dem Naturhistorischen Museum in Wien oder jenes für König Maximilian II. in der Maximilianstraße in München. 
Auch morgen wieder: Der KulturSüdtirol-Adventskalender.
Jeden Tag ein besonderer Einblick.
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