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Der Kultur-Südtirol-Adventskalender
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Donnerstag, 10.12.2020
Mit KulturSüdtirol durch den Advent:
"Hättet Ihr gewusst ...?"
Hättet Ihr gewusst, was passiert, wenn man Anfang März seinen sicheren Arbeitsplatz kündigt und unmittelbar danach Corona alles durcheinanderwirbelt?

Das schreit nach starken Nerven. Theresa Wolf hat sie, aber nicht nur das: Ihr Optimismus, ihre positive Einstellung sind ansteckend und daher freuen wir uns sehr, dass sie heute mit dabei ist.

Viel Spaß beim Lesen und herzliche Grüße aus Südtirol
Benjamin und Johanna
Theresa Wolf von WESTRIVEUP:
Genießt die Start-Up-Atmosphäre, liebt Routinen, vermisst aber den Austausch mit KollegInnen in der Kaffeeküche.
KulturSüdtirol: Wie erlebst Du dieses doch besondere Jahr?

Theresa: Der Beginn des Jahres 2020 war für mich bereits vor Corona sehr aufregend. Anfang März habe ich meinen sicheren Job, den ich viele Jahre mit großer Leidenschaft und Freude ausgeübt habe, gekündigt, um beim Aufbau eines Start-ups von Beginn an mit dabei zu sein.

Das Abenteuer hat gerufen und ich bin diesem Ruf, nichtsahnend, wie sich die Situation rund um Corona entwickelt, gefolgt. Glücklicherweise konnten wir mit WESTRIVEUP, so nennt sich die Digitalisierungsinitiative mit Sitz in Kitzbühel, die ich aktuell mit aufbaue, pünktlich im Mai starten und waren damit auch nicht von Kurzarbeit o.ä. betroffen. Aktuell sind wir rein im Home Office.

Wie gefällt Dir die Arbeit im Home Office?

Zugegebenermaßen war die Arbeit vom eigenen zu Hause aus etwas, das ich mir viele Jahre sehr gewünscht und idealisiert habe, aber nicht umsetzen konnte, weil es in der alten Firma nicht möglich war. Mittlerweile hat sich meine Einstellung dahingehend etwas geändert – bedingt durch Corona fast rein von daheim aus zu arbeiten, stellt mich ebenso vor Herausforderungen wie umgekehrt gar nicht die Möglichkeit dazu zu haben. So hat der informelle, persönliche Austausch in Rahmen von kurzen Meetings oder in der Kaffeeküche einen großen Wert, den ich erst erkannt habe, als ich ebendiese Rahmenbedingungen nicht mehr vorfinden konnte. Auch gibt es mir ein gutes Gefühl des in eine Organisation „eingebettet sein“, wenn man tatsächlich am Morgen das Haus verlässt und in die Firma geht. Langfristig gesehen ist eine gesunde Mischung zwischen Arbeit von Zuhause und dem Büro aus wohl das anzustrebende Ideal.

Ich kann mir auch gut vorstellen, dass Unternehmen zukünftig ihren MitarbeiterInnen neben der Arbeit im Büro sowie von Zuhause aus die Möglichkeit eines Platzes in einem nahegelegenen Coworking-Spaces geben und bin davon überzeugt, dass sich in puncto „The New Normal“ nach Corona insbesondere in Bezug auf die Arbeitsweisen der Zukunft sehr viel ändern wird.

Was gibt Dir Kraft bzw. was motiviert Dich? Was beschäftigt dich gerade besonders?
 
Was mir Kraft gibt, sind einerseits Rituale und Routinen, die ich in der Zeit seit dem ersten Lockdown im März neu für mich entdecken durfte. War der Alltag vor der Corona-Pandemie ein absolut eingespielter und automatisierter, so habe ich mir meinen Tagesablauf in Zeiten des Social Distancings und des Home Offices neu zurechtgelegt. Dinge, für die man während des doch recht geschäftigen Lebens vor Corona keine Zeit hatte bzw. sich nicht nehmen wollte, haben einen festen Platz im Tagesablauf bekommen. Ölziehen am Morgen, während man seinen Körper im Rahmen eines Online-Yoga-Trainings aufweckt, ein Glas warmes Wasser mit frischer Zitrone, eine Runde in der Wohnung um nachzusehen, ob alle Pflanzen ausreichend versorgt und gesund sind. Das klingt nach Kleinigkeiten, die mir persönlich aber viel Struktur und Halt in einer so besonderen Zeit geben.

Ich habe mir relativ fixe Fenster für die Arbeit eingerichtet, nach dem Mittagessen folgt meist ein Spaziergang in der frischen Luft. Wir sind hier in Tirol – gerade in den Zeiten des Lockdowns tollerweise – sehr von der Sonne verwöhnt. Vitamin D zu tanken bringt Wohlgefühl in den Alltag. Zusammenfassend kann ich sagen, ich erlebe seit der Pandemie meinen Alltag viel bewusster.
 
Auf der anderen Seite gibt mir der Kontakt mit Freunden und meiner Familie sehr viel Kraft, auch wenn es sich dabei meist um Zoom-Meetings oder Telefonate handelt. Die Rahmenbedingungen, die Corona mit sich bringt, haben mir erst so richtig gezeigt, wie unfassbar gerne ich unter Menschen bin – privat wie auch im beruflichen Kontext. Erfreulicherweise habe ich festgestellt, dass sich bestehende Beziehungen gefestigt haben und ich sogar neue Freundschaften, auch über die Distanz, knüpfen konnte. Durch die Pandemie ist ja ein regelrechter Webinar- und Online-Meeting-Hype zu allen möglichen Themen entstanden. Es war wohl noch nie so leicht wie heute, sich mit „Gleichgesinnten“ im virtuellen Raum zu treffen, gemeinsam zu lernen und zu diskutieren.


Ein konkreter Tipp oder eine konkrete Empfehlung für unsere Leserinnen und Leser?
 
Was mir persönlich sehr viel Halt gibt und ich daher auch anderen Menschen gerne empfehle, ist den Tag – gerade, wenn man viel im Home Office ist – gut zu strukturieren.

Auch wenn es banal klingen mag: Selbst einfache Dinge, wie den Haushalt vor Arbeitsbeginn zu organisieren, Sport zu machen oder sich Ziele für den Tag zu setzen, sind kleine Erfolgserlebnisse, von denen man zehren kann. Ich habe für mich selbst entschieden, Nachrichten und Social Media nur mehr in „abgespeckter Form“ zu konsumieren. Wichtige Informationen führe ich mir ein bis zweimal am Tag zu Gemüte. Eine ständige Nachrichtenflut und ein andauerndes, unbewusstes Checken von Social Media macht mich nervös und unrund. Via Blinkist habe ich letztens „The Power of Rituals“ gehört. In dem Blink ging es darum, alltägliche Handlungen wie z.B. ein Mittagessen, einen Spaziergang o.Ä. ganz bewusst zu erleben und wahrzunehmen. Auch das versuche ich in meinen Alltag zu integrieren und bin davon überzeugt, dass ich davon auch „nach Corona“ profitieren werde.

Zusammenfassend ergibt sich daraus der vielleicht nützliche Tipp, wirklich individuell zu erspüren, welche Dinge Wohlgefühl und was Stress in einem selbst hervorruft und dann auch danach zu handeln.

Wie (positiv oder negativ) blickst Du in die Zukunft? Warum?
 
Ich blicke absolut positiv in die Zukunft. 2020 ist ein Jahr, das uns so richtig Limonen gegeben hat. In vielerlei Hinsicht. Gleichzeitig haben wir so viel Wertschätzung, Liebe, Mitgefühl, Verantwortungsbewusstsein, Einsatz und Optimismus der Menschen in unserem Land und über die Grenzen hinaus erfahren, wie schon sehr lange nicht mehr. Irgendwie geht es immer weiter.

Und wir haben jeden Tag die Chance zu entscheiden, mit welcher Einstellung wir jeden neuen Tag leben – es liegt einzig und allein an uns selbst. Selbstverständlich gibt es immer wieder Momente, die mich nahe zur Verzweiflung bringen. Das Attentat in Wien – ich habe selbst für mein Masterstudium in Wien gelebt und habe viele liebe Freunde dort – hat mir schier das Herz gebrochen. Die zu Beginn noch knapp erscheinende US-Präsidentschaftswahl war ein Nervenkitzel und hat mir schlaflose Nächte beschert. In solchen Momenten stöbere ich immer gerne in Weisheiten gescheiter Leute und suche nach für mich treffenden Zitaten. „We are not living in fear, we are living in faith.“ begleitet mich seither. Ich finde den Spruch wunderschön und er bringt mein Mindset auf den Punkt.  

Danke, Theresa!
Zum Weiterlesen
Theresa Wolf (im Bild oben mit ihrer Kollegin Birgit Kolb) baut gerade das Start-Up WESTRIVEUP mit auf. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen sucht sie tagtäglich nach Herausforderungen mit Digitalisierungspotenzial - eine wichtige Zukunftsaufgabe!

Zuvor hat Sie als Projektleiterin Marketing & Sales im Convention Bureau Tirol gearbeitet. Und Benjamin viele interessante Einblicken, Zahlen und Fakten für seine Masterarbeit zum Tagungs- und Kongresstourismus im Alpenraum zur Verfügung stellen können, die für meine Auswertungen sehr wichtig und hilfreich waren. Seit dieser Zeit kennen wir uns. Zugleich schätze ich ihre Beiträge bei LinkedIn sehr - auch das also eine Leseempfehlung.
Auch morgen wieder: Der KulturSüdtirol-Adventskalender.
Jeden Tag ein besonderer Einblick.
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