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Der Kultur-Südtirol-Adventskalender
Samstag, 19.12.2020
Mit KulturSüdtirol durch den Advent:
"Hättet Ihr gewusst ...?"
Hättet Ihr gewusst, wie es jemanden geht, der im März von einem Tag auf den anderen seine berufliche Tätigkeit niederlegen musste und dem inzwischen schon zweiten Lockdown in Italien trotz allem etwas Positives abgewinnen kann? 

Sabine Kühne berichtet uns von ihren Erlebnissen und Eindrücken in der italienischen Hauptstadt. Sie erlebt "ihr" Rom seit Monaten in einer ganz neuen Art und Weise. 

Wir träumen ein bisschen mit, von italienischer Dolce vita, jahrtausendealter Geschichte und schnittigen Vespas auf Kopfsteinpflaster. Träumt ihr mit uns mit?

Johanna und Benjamin
Sabine Kühne lebt am liebsten im "Jetzt" und in der Stadt, die sie liebt
KulturSüdtirol: Wie erlebst Du die momentane Situation und was hat sich für Dich in den vergangenen Monaten geändert?

Sabine Kühne:
Beruflich hat sich für mich durch den Lockdown im Frühjahr sehr viel geändert, denn meine Stadtführungen konnte ich zunächst nicht mehr anbieten. Trotzdem oder gerade deshalb habe ich den ersten Lockdown sehr genossen. 

Ein tiefenentspanntes Leben ohne Termine, Ablenkungen, Veranstaltungen, morgendliche Hektik auf dem Weg zur Arbeit, ohne Kaufen, Autofahren und den ständigen Lärm der Stadt. Das Wetter war traumhaft, der Himmel stahlblau, der Oleander blühte. Der Duft von Blauregen und Kletterjasmin hing in der Luft.
 
Zwei lange Monate hatten wir eine totale Ausgangssperre. In den menschenleeren Gassen mit dem Kopfsteinpflaster hallten die Schritte. Die Stadtparks waren geschlossen. Damals joggten viele Römer auf ihren Dachterrassen. Das Ehepaar von gegenüber rannte jeden Tag 10 km auf wenigen Quadratmetern, das fand ich beeindruckend. 
 
Das komplette Leben, inklusive Arbeit und Freizeitgestaltung, spielte sich auf einmal in den eigenen vier Wänden ab. Als Inneneinrichterin habe ich mich deshalb in dieser Zeit sehr mit dem Thema Wohnen beschäftigt. Wie kann zum Beispiel ein Arbeitsplatz in die Wohnung integriert werden? 
 
Im Sommer schien die Gefahr vorüber zu sein, in ganz Italien war die Freude am normalen Leben groß. Umso härter traf der zweite Lockdown. 
 
Rom ist bis jetzt eine so genannte 
‘gelbe Zone’. Das bedeutet, dass außer Sporteinrichtungen, Tanzschulen und Kulturstätten alles geöffnet hat. Die Läden wie immer bis 20h, Restaurants und Cafès bis 18h. Abends ab 22h dürfen wir ohne triftigen Grund nicht auf die Straße. 
 
Am Tag scheint daher das Leben fast normal. Die Römer sitzen wie immer morgens im Cafè, lesen ihre Tageszeitung und trinken einen Espresso dazu. Doch spätestens nach Ladenschluss senkt sich eine ungewohnte Stille über das quirlige und lebendige Rom. So habe ich ‘meine’ Stadt noch nie erlebt.


Was gibt Dir Kraft bzw. was motiviert Dich? Was beschäftigt dich gerade besonders?

Kraft gibt mir vor allem der Austausch mit der Familie und mit Freunden. Ich finde es toll, dass es so viele Möglichkeiten gibt, sich auch online nah zu sein.
 
Zurzeit denke ich viel darüber nach, wie wir uns während der Feiertage treffen und dabei viel Abstand halten können. Um geschlossene Räumen zu vermeiden, werde ich zum Beispiel draußen Glühwein servieren und dazu typisch deutsche Waffeln backen. 


Ein konkreter Tipp oder eine konkrete Empfehlung für unsere Leserinnen und Leser?

Etwas mit den Händen zu tun macht glücklich und hilft gegen Stimmungstiefs. Im November habe ich zum Beispiel Adventskränze gebunden. Außerdem koche und backe ich wahnsinnig gerne. Versuchen Sie einmal ein Rezept mit Zimt, dieses Aroma macht ebenfalls glücklich.

Zurzeit backe ich oft Granola mit Zimt fürs Frühstück. Der Ofen verströmt dann einen wundervollen Duft nach Weihnachten, herrlich! Auch Bratäpfel sind eine gute Idee. Mehr interessante Anregungen zum Thema Genuss lesen Sie ab Frühjahr 2021 in meinem Blog.


Der momentane zweite Lockdown fällt mitten in die dunkle Jahreszeit. Am vergangenen Sonntag, den 13. Dezember war das Fest der sizilianischen Heiligen Santa Lucia (die Lichtvolle, von lateinisch lux = Licht).  Vor der Einführung des gregorianischen Kalenders vor vier Jahrhunderten fiel ihr Gedenktag auf die Wintersonnenwende, also den kürzesten Tag und die längste Nacht des Jahres.  
 
Licht ist in dieser Jahreszeit besonders wichtig. Es hat einen großen Einfluss auf unsere Stimmung und unsere Gesundheit. Die Wirkung von Licht finde ich so faszinierend, dass ich neben der Inneneinrichtung auch Lichtplanung studiert habe. In meinen Wohnberatungen achte ich deshalb ganz besonders auf eine gute Beleuchtung der Räume. 
 
Mein Tipp: Sorgen Sie für gutes und stimmungsvolles Licht in Ihrer Wohnung. Jeder Raum sollte mehrere Lichtquellen haben, am besten mindestens drei. Wählen Sie warme Lichtfarben, die schaffen eine gemütliche Atmosphäre.
 
Auch die Weihnachtsbeleuchtung bringt viel Licht in den dunkelsten Monat. Dieses Jahr genieße ich sie ganz besonders. Am 8. Dezember, dem Feiertag der Unbefleckten Empfängnis, schmücken die Italiener traditionell ihre Christbäume. Ab Rom südwärts geht es dabei ziemlich farbenfroh zu. An bunten Kugeln, Schleifen, glitzernden Girlanden und rhythmisch zuckenden Leuchtketten wird nicht gespart. 

Am Anfang fand ich es etwas kitschig, weil ich von der Naturtanne-mit-Bienenwachskerzen-Tradition komme. Mittlerweile mag ich aber diesen Ausdruck der italienischen Lebensfreude, die ich an den Menschen hier so liebe. 


Wie (positiv oder negativ) blickst Du in die Zukunft? Warum? 

Diese Pandemie hat gezeigt, dass alles sehr prekär ist. Zukunftsprognosen sind eigentlich gar nicht möglich. Alles kann sich von einem Moment auf den anderen ändern. Daher versuche ich, gar nicht so viel in die Zukunft zu blicken, sondern im Jetzt zu leben. 
 
Es ist zurzeit total wichtig, die Gefahr nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Aber zuviel Angst lähmt. Deshalb schaue ich auch wenig Nachrichten. Lieber tue ich etwas, was gute Laune macht.

Meine Großeltern haben Krieg, Bombennächte und Vertreibung erlebt. Trotzdem ging das Leben irgendwann weiter. Das macht mir Mut. 

Danke Sabine. Auf ein Wiedersehen in Rom!


 
Johanna über Sabine
Sabine Kühne lebt in der Stadt, die sie liebt: in Rom. Schon lange. Während ihres Studiums der Kunstgeschichte begann sie die Stadt für sich zu entdecken - und hat damit nicht mehr aufgehört. Als Kunsthistorikerin und staatlich geprüfte Stadtführerin für Rom und Umgebung kennt sie nicht nur Roms Sehenswürdigkeiten, sondern verrät auch so manchen historisch und kulinarisch interessanten Geheimtipp. 

Dass ein gutes Leben eng mit kulinarischen Genüssen und einem gelungenen Wohnraum zusammenhängt, weiß Sabine schon lange. Im Frühling wird sie ihren eigenen Blog zum Thema "Genuss" starten. Wer weiß, vielleicht gibt sie dort auch den ein oder anderen ihrer begehrten Tipps für eine gelungene Innenraumgestaltung und Lichtplanung preis. 

Wer mehr über Sabine wissen möchte, findet auf ihrer Website www.stadtfuehrung-rom.de weitere Details zu ihrer beruflichen Tätigkeit. Die Website wird übrigens 2021 im neuen Gewand erscheinen.
Auch morgen wieder: Der KulturSüdtirol-Adventskalender.
Jeden Tag ein besonderer Einblick.
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