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Der Kultur-Südtirol-Adventskalender
Donnerstag, 17.12.2020
Mit KulturSüdtirol durch den Advent:
"Hättet Ihr gewusst ...?"
Hättet Ihr gewusst, was Hans Christian Andersen auf einer seiner Heimreisen von Italien nach Dänemark in unserem Land ganz besonders aufgefallen ist? 

Es waren die Fresken mit dem heiligen Christophorus an den Fassaden vieler Kirchen. In seinem "Bilderbuch ohne Bilder" ließ der dänische Schriftsteller den Mond just vom heiligen Christophorus mit dem Jesuskind auf seinen Schultern erzählen, der in Tirol „enorm groß“ so manche Hauswand ziere. 

Wir stellen Euch heute das Christophorusbild an der Pfarrkirche von Weitental (im Pustertal) näher vor - auch wenn Hans Christian Andersen dort nicht vorbeigekommen ist. 

Viele Grüße, 
Johanna und Benjamin
Der hl. Christophorus an der Pfarrkirche von Weitental
Mit großer Erzählfreude schilderte der Maler den „Riesen“ Christophorus, der bis zu den Knien im Wasser steht und Menschen von einem schroffen Ufer zum anderen trägt. Doch wie kam es überhaupt dazu?

Der Legende nach war Christophorus auf seiner Suche nach dem allergrößten Herrn – Christus – schließlich zu einem Einsiedler gelangt, der ihm diese Aufgabe anvertraute. Der Einsiedler selbst ist rechts im Bild in einfacher Kleidung und mit einer Laterne in der Hand zu sehen. Hinter ihm erhebt sich eine Kirche. Die Landschaft links im Hintergrund zeigt eine befestigte Stadt und zwei Boote auf dem Fluss.

Eines Nachts trug Christophorus ein kleines Kind über das Wasser, eine nur vermeintlich leichte Last, die immer schwerer wurde. Das Kind gab sich schließlich dem Riesen als Christus zu erkennen und taufte ihn. Daraufhin erblühte der Stab von Christophorus und trug reiche Früchte wie auf der Malerei deutlich zu sehen ist. Das Kind mit seinem wehenden Mäntelchen ist anhand seiner segnenden Hand und dem Reichsapfel mit Kreuz als Christuskind zu erkennen.  

Auch Christophorus selbst ist kostbar gekleidet. Er trägt einen roten Mantel mit einem Hermelinkragen und eine Kette mit einem Kreuz um den Hals. An seinem geknoteten Gürtel führt er ein Messer und einen mit Quasten verzierten Beutel mit Proviant mit sich. Besonders auffallend ist die Krone auf seinem Kopf. Sie wird als Hinweis darauf gedeutet, dass Christophorus (der Christusträger) als einziger unter den Heiligen das Privileg genoss Christus zu tragen. 
Allerlei phantasievolle Details
Im Wasser des Flusses bewegt sich allerlei: neben Fischen, Krebsen und Muscheln ersann der Maler phantastische Meereswesen, die für Gefahren und Versuchungen stehen. Die nixenartigen Fabelwesen hingegen spielen auf einer Flöte oder Trommel oder halten Glöckchen in den Händen. 

Im unteren linken Eck kniet eine Figur. Dank ihres Wappens mit der Schere ist diese Person im Franziskanerhabit als Johannes Nas, Domprediger und späterer Weihbischof von Brixen, zu identifizieren. Er weilte 1577 anlässlich einer Visitation in Weitental und ließ das Fresko erneuern. Johannes Nas hatte zunächst eine Schneiderlehre absolviert und war danach in den Franziskanerorden eingetreten. Das erklärt auch sein ungewöhnliches Wappen mit einer Schere.
Mit Christophorus auf Reisen
Überlebensgroße Darstellungen dieses beliebten Heiligen schmücken zahlreiche Kirchen von der Salurner Klause bis zum Brenner. Man findet Malereien mit dem Patron der Reisenden am Talboden, im Mittelgebirge, auf Pässen und an wichtigen Übergängen.

Jahrhundertelang war Christophorus auch als Patron gegen den plötzlichen Tod von großer Bedeutung für die Bevölkerung. Ein morgendlicher Blick auf die Heiligendarstellung, so die Vorstellung, würde einen zumindest für diesen Tag vor einem plötzlichen Tod schützen – nicht vor dem Sterben per se, aber vor einem unvorbereiteten Tod ohne Empfang der Sterbesakramente. Eine "enorm große" Darstellung, wie es H.C. Andersen formulierte, an einer prominenten und gut einsehbaren Stelle - zum Beispiel an der Außenwand der lokalen Kirche - versprach somit einen gewissen Schutz.

Dennoch: Christophorus war bereits im Spätmittelalter ein umstrittener Heiliger, da sich seine Existenz historisch nicht belegen lässt. Trotzdem gehört er wohl noch heute zu den populärsten Heiligen, gerade wegen seiner Funktion als Patron der Reisenden und jeglicher Verkehrsteilnehmer. 
Auch morgen wieder: Der KulturSüdtirol-Adventskalender.
Jeden Tag ein besonderer Einblick.
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