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Der Kultur-Südtirol-Adventskalender
Sonntag, 06.12.2020
Mit KulturSüdtirol durch den Advent:
"Hättet Ihr gewusst ...?"
Hättet Ihr gewusst, wie sehr das Machtstreben von Graf Meinhard II. von Tirol das Ortsbild von Mühlbach bis heute prägt? 

Heute laden wir Euch in den Ort Mühlbach am Eingang des Pustertales ein. Der "Machtmensch" und Begründer Tirols, Graf Meinhard von Görz-Tirol, hat die Geschicke Mühlbachs maßgeblich beeinflusst und gewiss auch selbst Gewinn daraus gezogen. 

Ein winterlicher Spaziergang in die Vergangenheit. 

Wir wünschen Euch einen schönen Sonntag, 
Johanna und Benjamin
Mühlbach: eine Machtdemonstration der Grafen von Görz-Tirol
Wer ins Pustertal fährt, kommt an Mühlbach nicht vorbei. Der Ort liegt an einer ziemlich schmalen Stelle des Tales. Dicht bebaut ist somit nicht nur der historische Ortskern, sondern auch die Häuser auf dem Sonnenhang Richtung Meransen schmiegen sich eng aneinander.
Auffallend ist der städtische Charakter des Ortes, der von einem grün gedeckten Kirchturm überragt wird. Dies hat, wenig überraschend, mit der Geschichte von Mühlbach zu tun.

Obwohl es frühere Nennungen von "Mulibah" gibt, so beginnt die für uns erzählbare Geschichte des Ortes im Jahr 1269. In diesem Jahr übergab der kinderlose Friedrich von Rodank (Ihr erinnert Euch: die Rodanker waren die Erbauer von Schloss Rodenegg) Burg und Herrschaft Rodeneck, und damit auch Mühlbach, an die Grafen Meinhard und Albert von Görz-Tirol. Doch nicht ganz ohne Bedingungen: Diese mussten sich verpflichten, anschließend an dem bestehenen Ort, von dem wir allerdings nicht genau wissen, wie er ausgesehen hat, einen befestigten Markt zu errichten. 

Dieser Wunsch war gewiss auch im Sinne der beiden Grafen, denn sie setzten ihn sogleich um: Ein Ackerfeld nordöstlich der Kirche wurde zum Marktplatz umfunktioniert und durch eine neu erbaute Häuserzeile entsprechend abgeschlossen, am östlichen Ortsausgang ließ Meinhard einen Maierhof errichten. Zumindest an der Südseite des Ortes wurde eine Ringmauer erbaut, die sich bis heute weitgehend erhalten hat. Auch der spätere Ansitz Freienturm, auf dem obigen Foto der massige Bau am Ortseingang, entstand vermutlich in dieser Zeit.

Bei einem dürfte der Ausbau von Mühlbach jedoch auf wenig Gegenliebe gestoßen sein: bei Bruno von Kirchberg, Fürstbischof von Brixen. Aus einer Urkunde von 1277 erschließt sich, dass dieser erst nachträglich und wohl eher widerwillig den Grund, auf dem der Mühlbacher Marktplatz errichtet worden war und der sich genaugenommen im Besitz der Kirche von Mühlbach befunden hatte, dem Grafen Meinhard von Görz-Tirol als Erblehen verlieh.

 
Die alte Landstraße verbindet Mühlbach mit Schabs.
Die alte Landstraße von Mühlbach nach Schabs ist heute ein beliebter Spazierweg. Sie führt zunächst hinauf auf eine kleine Anhöhe mit der Stöcklvaterkapelle und dann nach wenigen Metern über den "Spinger Bach" (Spingeser Bach), der an dieser Stelle die Grenze zwischen den Gemeinden Mühlbach und Schabs markiert. Läuft der Weg auf Mühlbacher Seite inzwischen großteils durch ein Wohngebiet und einen kurzen bewaldeten Abschnitt, so gibt er auf Schabser Seite den Blick auf die Landschaft frei. Auf die Hänge von Rodeneck mit dem Hauptort Vill, der Pfarrkirche und der langgezogenen Burganlage von Schloss Rodenegg. Auf den Maurerberg und die Plose. 
Die Stöcklvaterkapelle
Einsam im Wald liegt am Wegesrand die Stöcklvaterkapelle. "Stöckl" nennt man im Pustertaler Dialekt eine gemauerte Kapelle. Der "Stöcklvater" ist eine barocke Holzskulptur, die den "Herrn im Elend", den "Ecce Homo", darstellt: einen sitzenden Christus, geschunden von der Geißelung, mit Dornen gekrönt. Die rund eineinhalb Meter große Holzfigur trägt an einer Kette zwei Votivgaben in Form von Herzen um den Hals und einen roten Mantel über den Schultern. Raphael Warat aus Brixen schuf im Jahre 1659 die Holzfigur, die zu einem beliebten Wallfahrtsbild wurde. 

So verwundert es nicht, dass schon bald eine Vergrößerung des kleinen "Stöckls" notwendig wurde, die auf Wunsch und mit den finanziellen Mitteln der Bürger von Mühlbach im Jahre 1729 umgesetzt wurde. Außen schmücken Fresken die kleine Kapelle, die noch heute Ziel von Wallfahrern ist und auch Spaziergänger zu einem Moment der Besinnung einlädt.


Fotos: 1) Blick auf Mühlbach von der alten Landstraße aus, 2) Schloss Rodenegg und Vill (Hauptort der Gemeinde Rodeneck), 3) Stöcklvaterkapelle (c) Johanna Bampi
Auch morgen wieder: Der KulturSüdtirol-Adventskalender.
Jeden Tag ein besonderer Einblick.
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