GE

Bei seiner Tagung in Havanna, Kuba, hat der Exekutivausschuss im Mai 2016 einen Prozess beschlossen, der die Assoziierung der WGRK mit der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre bei der Generalversammlung in Leipzig vorbereiten soll.

Mit dieser Zustimmung wird die WGRK Teil eines breiter werdenden ökumenischen Konsenses in Bezug auf eine grundlegende Lehre werden, der bereits die Lutheraner, die römisch-katholische und die methodistische Kirche umfasst, und dem im Prinzip auch die Anglikaner zustimmen.

Zeitplan:

  • August – Oktober 2016: Beratung mit den Mitgliedskirchen. Mitgliedskirchen Feedback zum überarbeiteten Entwurf wird bis zum 1. November 2016 erbeten.
  • Dezember 2016: Entscheidung des Exekutivausschusses über die Assoziierung mit der Gemeinsamen Erklärung.
  • Juli 2017: Feierliche Erklärung der Assoziierung der WGRK mit der Gemeinsamen Erklärung während der Generalversammlung in Leipzig.

Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre

Nach vielen Jahren verbindlicher Gespräche wurde 1999 die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre (GE) von der Katholischen Kirche und dem Lutherischen Weltbund unterzeichnet.

Mit der Gemeinsamen Erklärung halten Katholiken und Lutheraner fest, dass sie jetzt, “ein gemeinsames Verständnis unserer Rechtfertigung durch Gottes Gnade im Glauben an Christus vertreten.“ Sie erklären, dass sich die Verurteilungen, die vom Trienter Konzil und von den lutherischen Bekenntnisschriften in Bezug auf die Rechtfertigungslehre ausgesprochen wurden, nicht auf die von Katholiken und Lutheranern in dieser Erklärung vertretene Rechtfertigungslehre beziehen.

Die Gemeinsame Erklärung gelangt zu diesem “gemeinsamen Verständnis” auf dem Wege eines differenzierten Konsenses. Diese Methode erlaubt es, sowohl Unterschiede als auch Übereinstimmungen zum Ausdruck zu bringen, indem die verbliebenen Differenzen in den Kontext einer weiterreichenden gemeinsamen Überzeugung gestellt werden. Die GE präsentiert die unterschiedlichen theologischen Traditionen, versteht sie aber aus der Perspektive eines gemeinsamen Verständnisses als Unterschiede in der Gewichtung und nicht in der Sache.

Die Methode des differenzierten Konsenses hat eine lange Geschichte im ökumenischen Dialog, z.B. bei der Leuenberger Konkordie zwischen lutherischen, reformierten und unierten Kirchen aus dem Jahr 1973. Für den Prozess, der zur GE geführt hat, wurde diese Methode auch von der römisch-katholischen Kirche akzeptiert.

Das Anschlussverfahren

Die GE rühmt diesen Konsens im Verständnis der Rechtfertigung durch Gottes Gnade als einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Einheit der Christen an. Aus diesem Grunde laden die römisch-katholische Kirche und der lutherische Weltbund andere Kirchen und ökumenische Zusammenschlüsse dazu ein, sich der Gemeinsamen Erklärung anzuschließen.

Im Assoziierungsverfahren soll die sich anschließende Organisation folgende Schritte durchlaufen. Die Organisation:

  1. erklärt, dass es auf der Grundlage der GE jetzt “ein gemeinsames Verständnis der Rechtfertigung durch Gottes Gnade im Glauben an Christus” gibt;
  2. trägt die Sprache ihrer eigenen Tradition in den differenzierten Konsens ein und stellt fest, dass die unterschiedlichen theologischen Ausdrucksweisen, mit denen die Rechtfertigungslehre beschrieben wird, nicht mehr kirchentrennend sind;
  3. betont ihre eigenen Akzente im Verständnis der Rechtfertigungslehre als einen Beitrag zum weiteren ökumenischen Dialog;
  4. und bekräftigt in einer offiziellen Erklärung, die auch von den anderen Unterzeichnern der GE mitunterschrieben wird, die Verpflichtung zur gemeinsamen Weiterarbeit an einem vertieften gemeinsamen Verständnisses der Rechtfertigung in theologischer Arbeit, Lehre und Verkündigung.

2006 haben der World Methodist Council und seine Mitgliedskirchen ihre grundsätzliche Zustimmung zur Lehre bekräftigt, die in der GE zum Ausdruck kommt, und sich der Gemeinsamen Erklärung angeschlossen. 2016 hat der Anglican Consultative Council, „den wesentlichen Inhalt der Gemeinsamen Erklärung zur rechtfertigungslehre begrüßt und bekräftigt.“

Reaktion der WGRK

Als Antwort auf diese Einladung hat die Generalversammlung in Grand Rapids, USA, im Jahr 2010 empfohlen, „eine Konsultation innerhalb der WGRK abtzuhalten, um die Möglichkeit einer Assoziierung mit der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre auszuloten.“

Bei den darauffolgenden Tagungen des Exekutivausschusses wurde diese Frage weiter diskutiert. Auf seiner Tagung in Havanna, Kuba, hat der Exekutivausschuss im Mai 2016 empfohlen, die Einladung zur Mitunterzeichnung der GE freudig anzunehmen. Gemäß dem reformierten Prinzip „ecclesia reformata, semper reformanda secundum verbum dei“ (Die reformierte Kirche, die stets nach Gottes Wort zu reformieren ist), hat der Exekutivausschuss die neue ökumenische Wirklichkeit begrüßt, die diese Vereinbarung in Aussicht stellt. Der Exekutivausschuss hat zugleich beschlossen, dass als reformierter Beitrag zum künftigen ökumenischen Gespräch über die Rechtfertigungslehre die Verbindung zwischen Rechtfertigung und Gerechtigkeit hervorgehoben werden sollte.

Der überarbeitet Entwurf der Assoziierungserklärung der WGRK

Eine kleine Theologengruppe ist seitdem zusammengekommen und hat unter Berücksichtigung der Reaktionen von Kirchen und Partnern den ersten Entwurf der Assoziierungserklärung überarbeitet und die reformierten Beiträge zum gemeinsamen Verständnis der Rechtfertigung deutlicher herausgestellt. Die Überschriften, die den Text strukturieren, weisen auf die besonderen reformierten Anliegen hin, an denen sich die die Mitunterzeichnung durch WGRK orientiert:

  • “Wir hören den Consensus und stimmen zu“
  • „Wir begrüßen einige der markanten Einsichten der GE mit Nachdruck“
  • „Die Reformierten haben besondere Schwerpunkte und zusätzliche Einsichten einzubringen“
  • „Wir möchten die Zusammengehörigkeit von Rechtfertigung und Gerechtigkeit unterstreichen“

Die beiden letzten Abschnitte, die die besonderen reformierten Schwerpunkte hervorheben, befassen sich mit dem reformierten Verständnis von Gesetz und Evangelium, mit der Verlässlichkeit der Verheißungen Gottes, mit dem Stellenwert der guten Werke unter den Gerechtfertigten, besonders aber mit der Verbindung von Rechtfertigung und Gerechtigkeit. Dieser letzte Teil bezieht sich auf die Bekenntnisse von Accra und Belhar und zitiert Calvin mit seiner Überzeugung, dass „die Gläubigen Gott recht verehren indem sie innerhalb ihrer Gesellschaft auf das Recht achten“ (Calvins Matthäuskommentar zu Mt 12,7).

Der Entscheidungsprozess

Der Weisung des Exekutivausschusses folgend, legen wir Ihnen jetzt die überarbeitete Assoziierungserklärung mit der Bitte um Feedback und Anmerkungen bis zum 1. November 2016 vor. Im Dezember wird der Exekutivausschuss die Rückmeldungen durchsehen und, falls der Weg dafür offen steht, der Erklärung förmlich zustimmen.

Die WGRK ist in diesem Fall nicht an die förmliche Beschlussfassung ihrer Mitglieder gebunden. Deswegen setzt der neue Zeitplan kein Quorum fest, das für eine endgültige Entscheidung erreicht werden müsste. Das bedeutet auch, dass die Mitgliedskirchen nicht an diese Assoziierung gebunden sind, sondern vielmehr eingeladen werden, auf regionaler Ebene ökumenische Gespräche über die GE zu führen.

Wir schlagen vor, während der Generalversammlung eine gemeinsame Feier christlicher Einheit durchzuführen, in deren Rahmen die öffentliche Unterzeichnung der Assoziierungserklärung und die Bekräftigung des Konsenses über das gemeinsame Verständnis der Rechtfertigung durch Gottes Gnade im Glauben an Christus erfolgen werden. Einzelheiten der Planung dieser Feier wird den Kirchen rechtzeitig vorher mitgeteilt werden.