Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Gleichgeschlechtliche Ehe Aufwachsen mit Papa und Papa

Seit gut einem halben Jahr können schwule und lesbische Paare heiraten. Kai und Michael Korok taten das auch für ihre Kinder, für "geordnete Familienverhältnisse".
28.04.2018, 19:58 Uhr
Lesedauer: 3 Min
Zur Merkliste
Von Maximilian Perseke

Als Kai Korok seinen Michael vor einem halben Jahr richtig heiraten durfte, sagte er: „Also eigentlich können wir bald die Rosenhochzeit feiern.“ Die beiden schwulen Männer leben seit 2008 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Seit 1. Oktober 2017 können schwule und lesbische Paare genau wie heterosexuelle Paare standesamtlich heiraten. Kai und Michael haben das in Berlin getan. Eheliche Rechte und Pflichten gelten nun rückwirkend für die schon fast zehn Jahre.

Umwandlungen aus eingetragenen Lebenspartnerschaften gab es in den vergangenen Monaten besonders viele, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei großstädtischen Standes- und Bezirksämtern ergab. In Berlin wurden schon mehr als 1000 gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen, davon waren etwa drei Viertel Umwandlungen. In Köln wurden 553 eingetragene Lebenspartnerschaften umgewandelt, aber lediglich 91 neue gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen.

Kai und Michael Korok schritten gleich am 2. Oktober zum Standesamt. „Wir mussten dann irgendwann heiraten, weil wir schwanger waren“, scherzt Kai. Dahinter steckt aber Ernst. Der 47-Jährige und sein fünf Jahre jüngerer Partner haben drei Pflegekinder: Jana (9), Jérôme (6) und Maximilian (3). Sie wollten „geordnete Familienverhältnisse“.

Lesen Sie auch

Beim Jüngsten, dem damals zweijährigen Maximilian, planten die Männer vergangenes Jahr eine Adoption. Da noch keine Eheschließung möglich war, gab es auch keine Möglichkeit zur gemeinsamen Adoption. Sie beantragten sie trotzdem beim Amtsgericht, erwogen eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Doch sie wurden überrascht.

Bundestag und Bundesrat beschlossen die Ehe für alle kurz vor der Sommerpause 2017, also die rechtliche Gleichstellung homosexueller mit heterosexuellen Partnerschaften, einschließlich Adoptionsrecht. Beim nächsten Gerichtstermin sahen sie ein „grinsendes Gesicht“ bei der Amtsrichterin. Das Gericht stimmte der Adoption noch in der Woche zu, in der die Männer ihre Lebenspartnerschaft umwandeln ließen.

„Wir wollten einfach eine Grundsicherheit herstellen“, sagt Michael, der gerade in Elternzeit ist und bald die Hausarztpraxis von Kai managen wird. „Wenn irgendwas ist, haben wir zumindest untereinander einen Bezug zueinander, wo uns keiner reingrätschen kann.“ Auskünfte bei Notfällen und Krankheit, finanzielle Absicherung, diese Dinge wollten sie wie richtige Ehepartner geregelt haben.

Einfühlsamer Umgang mit Identitätsfragen

Am Familienleben habe sich nichts geändert. Zu Hause in Berlin-Mahlsdorf verteilen sich die Spielsachen im ganzen Garten vor dem Einfamilienhaus. Den einen nennen die Kinder zu Hause sogar „Papi“. Der andere ist strenger und maßregelt Jana, als sie nicht ins Bett will und die Treppe mehrmals wieder herunterschleicht.

Als schwule Männer können sie, wie sie erzählen, einfühlsam mit Identitätsfragen umgehen, die sich auch Pflegekinder mit der Zeit stellen – wie bei Jana, die als Baby vor fast zehn Jahren zu den beiden Männern kam: „Wir sagen ihr, dass wir sie halt kennengelernt haben, als sie noch ein ganz kleines Mädchen war, und dass ihre Mutter sich nicht um sie kümmern konnte, und dass wir ihr angeboten haben, ihre Väter zu sein, und dass sie selber das auch eine gute Idee fand“, erklärt Michael.

Beim Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) sieht man beim Adoptionsrecht weniger bei schwulen Männern, wohl aber bei Lesben noch gesetzlichen Nachholbedarf. Wenn eine der Partnerinnen mittels künstlicher Befruchtung Mutter wird, bleibe der anderen weiterhin nur die Stiefkindadoption, erläutert LSVD-Sprecher Markus Ulrich.

Lesen Sie auch

Der Ehemann einer künstlich befruchteten Frau werde hingegen automatisch Vater. Bezüglich kirchlicher Segnungen gleichgeschlechterlicher Ehen sei man froh, dass in der katholischen Kirche die Diskussion nun zumindest öffentlich geführt werde, sagt Ulrich. Die meisten evangelischen Landeskirchen seien weiter. „Da bewertet man schon eher den Inhalt der Partnerschaft als die Form.“

Kai und Michael Korok lernten sich 1993 in Berlin kennen, waren Freunde, Partner, eingetragene Lebenspartner und wurden schließlich zu Eheleuten. Zwischendurch nahmen sie ihre drei Pflegekinder auf. Überstürzt habe man nichts, sagt Michael. „Vielleicht ist das auch das Geheimnis, warum es überhaupt funktioniert“, glaubt sein Ehemann. „Es war mit einer gewissen Trägheit verbunden. Vielleicht war das ein bisschen wie eine Schwungmasse, die in Bewegung gekommen ist.

Jetzt sichern: Wir schenken Ihnen 1 Monat WK+! Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)