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19.11.2020
Impressum
Guten Morgen aus Südtirol!
Herzlich willkommen zur neunzehnten Ausgabe von "KulturSüdtirol im November"! Es ist Donnerstag, der 19.11.2020 und wir starten wieder mit Euch in diesen Tag. 

Heute reisen wir gedanklich mit Euch in den Norden Deutschlands, zu Ulrike Prange nach Bremen. Sie arbeitet dort in der Wissenschaftskommunikation und erzählt uns von ihrem Alltag mit Corona.

Ihr ganz persönlicher Tipp, um Abstand von den Herausforderungen eines veränderten Alltages zu bekommen, lässt sich gewiss auch anderswo umsetzen. 

Viel Spaß beim Lesen und Euch einen schönen Donnerstag,
Johanna und Benjamin
"Die Pandemie rückt auch wieder ein paar Sachen gerade."
KulturSüdtirol: Was hat sich für Dich in den vergangenen Monaten geändert? 

Ulrike Prange: 
Die größte Veränderung ist die Arbeit: Seit März arbeite ich zuhause – unterbrochen von ein paar Wochen und einzelnen Tagen im Büro. Das funktioniert ganz gut, wir haben sogar ein Filmprojekt realisiert und wahnsinnig viel dabei gelernt. Das hätte es ohne Corona nicht gegeben. 

Wie erlebst Du die momentane Situation? 

Manchmal denke ich, dass Corona nur das Schlechte in allem und allen hevorbringt, und im nächsten Moment ist wieder alles anders. Wankelmütig, polarisierend, das umschreibt es für mich ganz gut, wobei es mich als eigentlich positiven Menschen auch erschrickt. Aber mir geht es gut, die Menschen in meinem Umfeld sind gesund und munter. Ich vermisse Menschen um mich rum: Freunde, Familie, sogar manchmal die Kolleginnen und Kollegen. Ein paar verpasste Dienstreisen und Veranstaltungen sind nicht so tragisch. Dass auf Sicht schöne Sachen wie Festivals oder Urlaube oder Treffen nicht möglich sein werden, das zehrt manchmal. 

Was beschäftigt Dich gerade besonders? 

Sorgen bereitet mir die Gesellschaft: Ich fürchte, dass Denunziantentum bald zum guten Ton gehört, wo das auswärtige Nummernschild ein Problem sein kann. Jeder sucht sich seine eigene Wahrheit auf irgendwelchen obskuren Kanälen im Internet, Journalisten werden angefeindet, wenn sie ihre Arbeit machen. Diese Entwicklung finde ich brandgefährlich, und das hält mich wirklich manchmal nachts wach. Dazu der Graben, der durch die Gesellschaft geht: Die, die zuhause arbeiten können, und die, deren Arbeit nun einmal an der Kasse, im Pflegeheim oder bei Entsorgungsbetrieben ist und nicht hauptsächlich von einer guten Internetverbindung abhängt. 


Ein konkreter Tipp bzw. eine konkrete Empfehlung für die Leserinnen und Leser? 

Mit einer Freundin erkunde ich seit ein paar Wochen an freien Tagen Viertel und Touren, die wir nicht kennen. Wir machen tageweise Urlaub zu Hause, in der Stadt, in der wir beide schon so lange leben. Und sonst: Einfach auch mal die Augen zumachen, an ganz etwas anderes denken und so tun, als wäre alles bestens. 

Wie blickst Du in die Zukunft? Warum? 

Ich komme zwar als Frohnatur durch Corona an meine Grenzen, aber die Pandemie rückt auch wieder ein paar Sachen gerade. Die Oberflächlichkeit bei Begegnungen – weg, die Leute, die ich treffe, haben einen Platz bei mir im Herzen. Ich habe anders Reisepläne geschmiedet (bevor die Zahlen wieder alles kaputt gemacht haben, aber egal). Mit dem Zug statt mit dem Flugzeug, nach Südtirol zum Wandern statt mit dem Flieger auf die Kanaren. Das bleibt, denn die Vorfreude ist ja nicht weg. Nur vertagt. 


Danke, Ulrike!
Zum Weiterlesen
Die Bremer Stadtmusikanten sind ein bisschen versteckt neben dem Rathaus, aber auch andere Seiten der Stadt sind wirklich sehr schön – und es gibt einen Reiseführer, der das zeigt und den ein mir wichtiger Mensch geschrieben hat: Bremen MM-City mit Bremerhaven. Nur so als Idee, für später mal. Die Bremerinnen und Bremer sind sehr freundlich, sie können es einfach nicht immer gut zeigen :-)

Alle Abbildungen: (c) Ulrike Prange 
 
Johanna über Ulrike aus Bremen
Johanna und Ulrike haben sich ausgerechnet an Johannas Geburtstag in einem kleinen Seminarraum der Universität in Kopenhagen kennengelernt. Wenn das kein gutes Omen war! Von da an wurde nämlich viel gemeinsam unternommen, mit dem Fahrrad die Stadt erkundet, der Freundeskreis erweitert. 

Gegenseitige Besuche in Leipzig, wo Ulrike Theaterwissenschaft, Journalisitk und Germanistik studierte, bzw. in Wien, wo Johanna sich der Kunstgeschichte widmete, klappten zwar nicht, doch die Freundschaft hielt dennoch über all die Jahre. Und ein Wiedersehen gab es zwischenzeitlich auch. 


Ulrike arbeitete nach ihrem Studium als Journalistin und Redakteurin für die Tagespresse in Bremen. Derzeit ist sie Referentin für Wissenschaftskommunikation im MARUM, dem Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen. 

Die Fotos illustrieren Ulrikes Reisefreude. Im Herbst 2019 verbrachte sie entspannte Tage auf Korsika. Jetzt gibt es, wie sie sagt, "Corona-Ausflüge in die Region: Mit einem Matjesbrötchen den Deich und die Salzwiesen in Fedderwardersiel entlangspazieren. Mal im Nieselregen, mal bei Sonne." Auch schön!

 
Bis morgen, wir lesen uns!
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