Neue Regeln des Bundes

Kirchliche Hilfswerke befürchten grösseren Druck

Im letzten Dezember hat die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit strengere Regeln für NGOs angekündigt. Die reformierten Hilfswerke Brot für alle und Heks sind davon nicht betroffen. Aber sie befürchten weitere Einschränkungen für ihre Arbeit.

NGOs dürfen Geld, das sie vom Bund bekommen, nicht für politische Kampagnen verwenden. Diese bisher geltende Regel soll nun verschärft werden: Künftig sollen diese Bundesgelder auch nicht mehr in die Informations-und Bildungsarbeit in der Schweiz investiert werden. Das hat die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) Ende des letzten Jahres nach der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative (KVI) angekündigt (ref.ch hat berichtet).

Die reformierten Hilfswerke Brot für alle (Bfa) und Heks sind von dieser Einschränkung nicht betroffen, wie sie auf Anfrage von ref.ch mitteilen. Sie erhalten zwar Gelder von der Deza, Bfa etwa 0,6 Millionen Franken, das Heks gut 7,5 Millionen Franken pro Jahr. Aber diese Beträge fliessen vollumfänglich in die Programme im Ausland. Die Bildungs- und Informationsarbeit in der Schweiz werde mit anderen Geldern finanziert.

«Wir müssen die Bevölkerung sensibilisieren»

Bernard DuPasquier, Geschäftsführer von Bfa, sieht die neue Regelung dennoch kritisch. Denn Bildungsarbeit gehöre essentiell zur Entwicklungsarbeit dazu. «Wir müssen die Bevölkerung hierzulande für die Ursachen dessen, was im globalen Süden geschieht, sensibilisieren. Unsere Wirtschaft und Politik haben direkte Auswirkungen auf andere Länder.» Das anerkenne auch der Bund in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Bfa habe den Auftrag, sich entwicklungspolitisch zu engagieren, also Einfluss zu nehmen auf politische Rahmenbedingungen im Norden wie im Süden, so dass eine gerechte Entwicklung möglich werde.

Für Dieter Wüthrich, Leiter Medien & Information beim Heks, passt die Verschärfung ins aktuelle politische Klima. «Seit dem Abstimmungskampf um die KVI gibt es verstärkt Bestrebungen, die NGOs enger an die Leine zu nehmen,» so Wüthrich. Er erwähnt dabei auch die Motion des Zürcher Ständerats Ruedi Noser, die eine Aufhebung der Steuerbefreiung von NGOs zur Debatte stellt (ref.ch hat berichtet). Das gesellschaftspolitische Engagement der Hilfswerke passe eben nicht allen, glaubt Wüthrich.

Druck auf die NGOs «aufmerksam verfolgen»

Doch wer die Ursachen von Armut und Ungerechtigkeit bekämpfen wolle, der handle zwangsläufig politisch, so Dieter Wüthrich. «Eine nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit zielt immer auch auf systemische Veränderungen ab. Dazu braucht es die Einflussnahme auf politischer Ebene.» Ausserdem habe das Heks ein bindendes Mandat der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS), die Öffentlichkeit für die Anliegen der Menschen in den Heks-Projekten zu sensibilisieren. 

Deshalb findet Wüthrich, man müsse den auch in der Schweiz zunehmenden politischen Druck auf die NGOs aufmerksam verfolgen. «Wir beobachteten bisher vor allem bei unserer Arbeit im Ausland, dass in vielen Ländern zivilgesellschaftliche Organisationen immer stärker eingeschränkt werden. Das darf in der Schweiz nicht passieren.» 

Auch Bernard DuPasquier von Bfa sieht im wachsenden Druck auf die NGOs in der Schweiz eine Gefahr. Wenn der Bund weitere Restriktionen beschliesse, dann habe das Auswirkungen auf die politische Meinungsbildung und Debatte in der Schweiz, ist er überzeugt. (mos)