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Bundestag
Bärbel Bas: Gedenken an queere Opfer 2023 im "Mittelpunkt" der Holocaustgedenkstunde
Jahrelang hatten LGBTI-Organisationen dafür gekämpft, dass der Bundestag an die queeren Opfer des NS-Regimes erinnert.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas beteiligte sich auch an der #WeRemember-Kampagne des Jüdischen Weltkongresses (Bild: Deutscher Bundestag / Janine Schmitz / photothek)
- 22. Juli 2022, 15:43h 2 Min.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hat in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" (Bezahlartikel) bestätigt, dass der Bundestag in der kommenden Holocaustgedenkstunde am 27. Januar queeren Opfern des Nationalsozialismus gedenkt. Dies war von LGBTI-Organisationen schon seit Jahren gefordert worden.
"Tatsächlich werden wir am 27. Januar 2023 bei der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus die Menschen in den Mittelpunkt stellen, die aufgrund ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität verfolgt, inhaftiert und ermordet wurden", sagte die Duisburgerin. Das habe das Präsidium bereits einstimmig beschlossen. Dem Bundestagspräsidium gehören auch die Vizepräsident*innen Aydan Özoğuz (SPD), Yvonne Magwas (CDU), Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Wolfgang Kubicki (FDP) und Petra Pau (Linke) an.
Noch werde aber der Ablauf geplant, erklärte Bas weiter: "Es gibt bedauerlicherweise keine Überlebenden mehr, aber wir sind ganz eng in der Abstimmung, auch mit dem Lesben- und Schwulenverband Deutschlands." Man überlege gerade noch, wer an diesem Tag sprechen solle.
LSVD begrüßt Entscheidung
Der LSVD begrüßte am Freitag die Äußerungen von Bas: "Um aus allen ihren Facetten Lehren zu ziehen, muss Geschichte umfassend lebendig gehalten werden", erklärte LSVD-Vorstandsmitglied Henny Engels. "Denn nach dem Ende des Nationalsozialismus gingen Ausgrenzung und Leiden für sexuelle und geschlechtliche Minderheiten in Deutschland leider immer noch weiter." Sie verwies auf den Verfolgungsparagrafen 175, der erst 1994 abgeschafft wurde. "Ein Gedenken an homosexuelle NS-Opfer ist auch deshalb bedeutsam, weil der Bundesrepublik Deutschland als Konsequenz aus den Verbrechen des NS-Staates eine besondere Verantwortung zukommt, wenn Menschenrechte in Deutschland und weltweit bedroht sind."
Bei der ersten Gedenkstunde 1996 nannte der damalige Bundespräsident Roman Herzog (CDU) auch Homosexuelle als Opfergruppe nationalsozialistischer Verfolgung. Eigens gedacht hat der Bundestag dieser Opfer bisher allerdings noch nicht. In der letzten Legislaturperiode erwies sich der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) als Bremser beim Gedenken an homosexuelle NS-Opfer (queer.de berichtete).
LGBTI-Aktivist*innen setzten daher hohe Hoffnungen in Bas auf einen Kurswechsel. Bereits kurz nach ihrer Amtsübernahme im Herbst 2021 kündigte die Sozialdemokratin an, den Vorschlag auf Erinnerung an queere NS-Opfer prüfen zu wollen (queer.de berichtete). (dk)