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Münster

Tödlicher Angriff bei CSD: Tatverdächtiger in U-Haft

Nach der queerfeindlichen Attacke auf Malte C. vor einer Woche beim CSD Münster wurde der Tatverdächtige am Samstag dem Haftrichter vorgeführt. Der 20-Jährige ist wegen Körperverletzung bereits vorbestraft.


Gedenkverantaltung für Malte C. am Freitagabend in Münster (Bild: Dietrich Dettmann / Fresh)
  • 3. September 2022, 13:58h 43 5 Min.

Zu Update springen: "Bild am Sonntag": Tatverdächtiger ist russischer Staatsbürger

Nach der tödlichen Attacke auf den 25-jährigen trans Mann Malte C. beim Christopher Street Day in Münster muss der Tatverdächtige in Untersuchungshaft. Das entschied der Haftrichter am Samstag. Dem 20-Jährigen wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten. Der junge Mann war am Freitag festgenommen worden (queer.de berichtete). Er habe sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert, hieß es. Der mutmaßliche Schläger ist bereits wegen Körperverletzung vorbestraft.

Der 20-Jährige soll auf dem CSD-Straßenfest am 27. August mehrere Frauen unter anderem mit den Worten "lesbische Hure" beschimpft haben und drohend auf sie zugegangen sein. Der 25-Jährige habe ihn gebeten, die Beleidigungen zu unterlassen. Doch der Täter schlug den Ermittlungen zufolge unvermittelt mindestens einmal mit der Faust auf ihn ein. Der 25-Jährige sei zu Boden gegangen und mit dem Kopf auf dem Asphalt aufgeprallt. Er kam in ein Krankenhaus, wurde später in ein künstliches Koma versetzt und starb am Freitagmorgen (queer.de berichtete). Die Leiche soll am Montag obduziert werden.

Der mutmaßliche Täter war geflüchtet, aber von einer Ermittlerin der Mordkommission am Freitag am Hauptbahnhof in Münster erkannt und festgenommen worden. Die Nationalität des Mannes sei den Ermittler*innen bekannt, werde aber nicht genannt, sagte Oberstaatsanwalt Dirk Ollech der Deutschen Presse-Agentur. Es sei kein Zusammenhang zu sehen zwischen der Nationalität und der mutmaßlichen Tat. Ermittelt werde auch gegen einen unbekannten Begleiter des 20-Jährigen, der nach der Tat mit ihm geflohen sein soll und möglicherweise an den Beleidigungen beteiligt war. Hier gebe es bislang keine neuen Erkenntnisse, berichtete Ollech.

Mahnwachen in ganz Deutschland

Die Tat und die Todesnachricht hatte für großes Entsetzen gesorgt. Die Stadt Münster teilte am Freitag mit, die Flaggen an städtischen Gebäuden auf Halbmast zu setzen und Trauerbeflaggung am Rathaus anzubringen. Zudem liegt ein Kondolenzbuch in der Bürgerhalle aus. "Dieses grausame Ereignis zeigt, dass wir uns immer noch mehr einsetzen müssen für Gleichberechtigung und Akzeptanz von Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung", schrieb Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) darin hinein (queer.de berichtete).

Am Freitagabend versammelten sich tausende Menschen vor dem Rathaus in Münster, um Malte C. zu gedenken (queer.de berichtete). Mahnwachen und Gedenkveranstaltungen gab es auch in Berlin, Leipzig, Mainz, München und Recklinghausen. Am Samstag sind eine Kundgebung in Bielefeld (12h Rathausplatz), eine Mahnwache in Frankfurt am Main (14 Uhr am Regenbogenkreisel), eine Gedenkveranstaltung in Bayreuth (14.30h, Am Ehrenhof) und eine Mahnwache in Hamburg ab 19 Uhr auf dem Heidi-Kabel-Platz geplant. Am Wochenende gibt es zudem mehrere CSD-Veranstaltungen, darunter den Trans* Pride Stuttgart und in Bremen den Trans Inter Dyke-March. Weitere Mahnwachen gibt es am Sonntag in Erlangen, Mannheim und Magdeburg sowie am Montag in Darmstadt und am Dienstag in Nürnberg und in Köln.

LSVD kritisiert "Echokammern" im Internet

Queerfeindliche Einstellungen werden nach Einschätzung des Lesben- und Schwulenverbands durch soziale Medien verstärkt. Schon seit vielen Jahren gebe es in der Gesellschaft solche menschenfeindlichen Einstellungen, die durch die "Echokammern" im Internet noch angeheizt würden, kritisierte René Mertens vom LSVD am Samstag auf WDR 5 im "Morgenecho". Soziale Medien tragen nach seiner Einschätzung dazu bei, dass "homophobe Sprüche und queerfeindliche Ideologien" in Hass und Gewalt umschlagen.

Mertens sagte zum Fall Münster: "Das war wirklich eine queerfeindliche Gewalttat." Auch bei CSD-Veranstaltungen in Berlin, Jena oder Bielefeld sei es zu Anfeindungen gekommen – Menschen seien attackiert, Regenbogenfahnen zerrissen worden. Er appellierte: "Wir brauchen die Solidarität der gesamten Gesellschaft." Im rechtlichen und politischen Bereich habe es in den vergangenen Jahren viele Fortschritte gegeben. Aber bei den gesellschaftlichen Einstellungen und im Bildungsbereich sei noch viel zu tun. Dem WDR-Bericht zufolge werden den Behörden in Durchschnitt täglich bundesweit etwa drei queerfeindliche Gewalttaten bekannt. Eine hohe Dunkelziffer komme hinzu – vieles werde nicht angezeigt.

Die Polizeipräsidentin von Münster, Alexandra Dorndorf, sagte: "Ich bin froh, dass die Festnahme des Tatverdächtigen nach dem brutalen Angriff am Rande des CSD noch am Freitag gelungen ist." Münster stehe für Weltoffenheit, Vielfalt und Zivilcourage. "Der schreckliche Vorfall zeigt, wie wichtig es ist, dass wir diese Werte schützen und als Gesellschaft zusammenstehen." (cw/dpa)

 Update  "Bild am Sonntag": Tatverdächtiger ist russischer Staatsbürger (04.09.2022, 06:42h)

Die "Bild am Sonntag" (Bezahlartikel) hat in der Nacht zu Sonntag weitere Details zum Tatverdächtigen veröffentlicht.

Bei dem 20-Jährigen soll es sich um den russischen Staatsbürger Nuradi A. handeln, der seit acht Jahren mit seiner Mutter in Deutschland lebt. Sein Asylantrag sei abgelehnt worden, berichtete die Boulevardzeitung. Aufgrund des Kriegssituation werde der Lagerarbeiter mit Hauptschulabschluss jedoch zunächst bis Sommer 2023 in der Bundesrepublik geduldet. Gegen Nuradi A., einen erfolgreichen Jugendboxer, sei mehrfach wegen Betäubungsmitteldelikten ermittelt worden, die Verfahren seien jedoch eingestellt worden. Zuletzt habe ihn das Amtsgericht Münster wegen Körperverletzung zu einer Jugendstrafe verurteilt.

Bei der Identifizierung des Tatverdächtigen habe das Handyfoto eines Zeugen geholfen, berichtete die "Bild am Sonntag" weiter. Nuradi A. soll den Mann laut Polizeibericht zuvor genötigt haben, das Foto wieder zu löschen. Die angebliche Begründung: "Ich will nicht, dass mein Vater erfährt, dass ich schwul bin."

Nach einem späteren Update des "Bild"-Berichts lebe der Vater in Tschetschenien. In der teilautonomen muslimisch geprägten Republik war es 2017 und danach mehrfach in kleinerem Maße zu einer staatlichen Verfolgungswelle gegen LGBTI gekommen, bei denen diese außergesetzlich inhaftiert und gefoltert wurden, einige von ihnen starben dabei. Der russische Präsident Wladimir Putin lässt seinen tschetschenischen Statthalter Ramsan Kadyrow bei Menschenrechtsverletzungen gewähren. Die russische Politik und die dafür zuständige russische Staatsanwaltschaft ignorierten Aufrufe, die anti-queeren Verbrechen einzustellen, aufzuklären und zu bestrafen (queer.de berichtete).

#1 ShojiAnonym
  • 03.09.2022, 14:37h
  • Die Frau Polizeipräsidentin sollte sich lieber Fragen, weshalb die Festnahme »erst« am Freitag gelungen ist. Ich finde es extrem seltsam, dass man kurz nach Maltes Tod den Täter fasst, er aber bis dahin, also vor dem medialen Fokus und der empörten großen Öffentlichkeit unauffindbar war. Bei mir entsteht leider der Eindruck, als wäre man davon ausgegangen, dass man die Attacke nach der Genesung wieder unter den Teppich hätte kehren können und der Ergreifung des Täters weder Bedeutung noch Interesse geschenkt hat.
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#2 Pride
  • 03.09.2022, 15:56h...
  • Antwort auf #1 von Shoji
  • Ich bin auch verwundert darüber, daß die Festnahme von den Umständen her so lange gedauert hat. Meine Vermutung war auch, daß es so viele Aufnahmen vom CSD gibt, die von den Bewegungsabläufen her den Täter mehrfach erfaßt hätten haben können und er allein anhand der Klamottenbeschreibungen und des Bartes leicht hätte identifizierbar sein müssen. Wenn sein stetiger Aufenthalt auch noch der Bahnhof gewesen sein sollte, wird die späte Festnahme immer obskurer.
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#3 janxAnonym
  • 03.09.2022, 16:16h
  • Wartet mal ein paar Jahre ab: Wie lange wird der Täter effektiv am Ende im Gefängnis sitzen? Da werden sich alle wieder wundern. Die Strafe sind vlt. höchstens 5 Jahre und davon sitzt er 3 Jahre effektiv ab. Für ein Menschenleben. Als Wiederholungstäter. Das ist eben Deutschland.
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