Stefan Daub, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Verbot, während der Arbeitszeit Smartphones zu privaten Zwecken zu nutzen

Das Verbot eines Arbeitgebers, während der Arbeitszeit Smartphones zu privaten Zwecken zu nutzen, unterliegt nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, solange damit kein arbeitsbegleitendes Verhalten geregelt wird. Das hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (LAG) mit Beschluss vom 13.10.2022 (3 TaBV 24/22) entschieden.

Sachverhalt

Dem Beschluss des LAG liegt folgender Sachverhalt zugrunde. Der Arbeitgeber ist ein produzierender Betrieb im Bereich der Automobilzulieferindustrie und beschäftigt ca. 200 Arbeitnehmer. Am 18.11.2021 wies er die Arbeitnehmer per Aushang zum Thema „Regeln zur Nutzung privater Handys während der Arbeitszeit“ auf Folgendes hin:

„Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit weisen wir darauf hin, dass jede Nutzung von Mobiltelefonen/Smartphones zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit nicht gestattet ist. Sofern gegen dieses Verbot verstoßen wird, ist mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen – bis hin zur fristlosen Kündigung – zu rechnen.“

In einigen Bereichen des Betrieb kann es auch während der Arbeitszeit zu Leerlauf- oder Wartezeiten kommen, z.B. bei einem erforderlichen Maschinenumbau. Arbeitnehmer werden dann teilweise anderweitig eingesetzt, sollen Nebenarbeiten ausführen, wie das Aufräumen des Arbeitsplatzes oder das Nachfüllen von Verbrauchsmaterial, dies auch selbständig ohne Anweisung im Einzelfall.

Der Betriebsrat wehrt sich gegen die Anweisung und beantragt im gerichtlichen Beschlussverfahren u.a., dass es der Arbeitgeber zu unterlassen hat, ohne Beteiligung des Betriebsrates das ausgesprochene Verbot aufrechtzuerhalten. Er begründet dies damit, dass ein Mitbestimmungsrecht aus dem Umstand folgt, dass zumindest auch das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betroffen sei. Die Nutzung eines Smartphones kollidiere nicht notwendigerweise und zwingend mit der arbeitsvertraglichen Pflichterfüllung.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrates zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde des Betriebsrates hatte auch beim LAG keinen Erfolg. Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sei in der vorliegenden Konstellation nicht verletzt.

Der Betriebsrat habe nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bei Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen, womit Gegenstand eines Mitbestimmungsrechts das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer sei. Dieses könne ein Arbeitgeber kraft seiner Leitungsmacht durch Verhaltensregeln oder sonstige Maßnahmen beeinflussen und koordinieren. Hieran sollen die Arbeitnehmer aufgrund des gesetzlichen Mitbestimmungsrechts beteiligt werden, sie sollen an der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens gleichberechtigt teilnehmen können. Regelungen und Weisungen, die hingegen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisieren, das Arbeitsverhalten, seien indes nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nicht mitbestimmungspflichtig. Wirke sich in einem Fall eine Maßnahme des Arbeitgebers zugleich auf das Ordnungs- und das Arbeitsverhalten aus, komme es darauf an, welcher Regelungszweck überwiege, wobei der jeweilige objektive Regelungszweck entscheidend sei. Dieser bestimme sich nach dem Inhalt der Maßnahme sowie nach der Art des zu beeinflussenden betrieblichen Geschehens.

Ausgehend von dem überwiegenden Zweck der Weisung solle kein arbeitsbegleitendes Verhalten geregelt werden. Gegenstand der Maßnahme sei die Festlegung, welche Tätigkeiten die Beschäftigten während ihrer Arbeitszeit zu unterlassen hätten. Es gehe darum, ein Verhalten der Arbeitnehmer zu regeln, das während ihrer Arbeitszeit einer tatsächlichen Arbeitsleistung entgegenstehe.

Hieran ändere sich nichts, weil sich die Weisung auf die gesamte Arbeitszeit beziehe und etwaige Warte- oder Leerlaufzeiten nicht ausnehme, da diese Zeiten nicht den hauptsächlichen Teil der Arbeitszeit der Beschäftigten betreffen.

Hinweise für die Praxis

Der Beschluss ist angesichts einer immer stärker zunehmenden, wenn evtl. auch nur kurzen Nutzung von Smartphones auch während der Arbeitszeit für die Praxis wichtig. Von einem (wirksamen) Verbot wären alle Arbeitnehmer des Betriebs betroffen. Arbeitnehmer dürften das Smartphone dann nur noch in Pausen nutzen, ansonsten nicht mehr, auch nicht mehr nur kurz darauf schauen. Wäre es dem Betriebsrat möglich, ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG abzuleiten, müsste in einer Einigungsstelle über ein solches Verbot verhandelt werden, evtl. würden dann auch Ausnahmen definiert. Jedenfalls müsste sich ein einzelner Arbeitnehmer nicht gegen ein solches Verbot wehren, wenn er sich nicht daran halten will.

Der kurz begründete Beschluss des LAG betrifft indes (nur) die Frage, ob dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht im Hinblick auf das Verbot des Arbeitgebers zusteht. Ob unabhängig hiervon eine so weitgehende Entscheidung des Arbeitgebers, diese ohne Ausnahmen, noch vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist und diese auch noch billigem Ermessen entspricht, ist eine andere Frage, die indes das Individualarbeitsrecht betrifft. Gut ist jedenfalls, dass das LAG bei dieser wichtigen Frage die Rechtsbeschwerde zum BAG ausdrücklich zugelassen und der Betriebsrat diese auch bereits eingelegt hat. Nunmehr muss abgewartet werden, ob das BAG die vom LAG vorgenommene Alles-oder-nichts-Abgrenzung danach, welcher Regelungszweck überwiegt, entsprechend seiner bisherigen Praxis, auch für diesen Fall so bestätigt.

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