KI und Urheberrecht: "Informationen als solche sind nicht geschützt"

Können Prompts in Sprach-KIs urheberrechtlich geschützt werden? Und wie sieht es generell mit KI-generierten Inhalten – und ihren Trainingsdaten – aus? Wir haben darüber mit einer Rechtsprofessorin gesprochen.

Ein Interview von Christiane Schulzki-Haddouti veröffentlicht am
Anne Lauber-Rönsberg ist Professorin für Recht an der TU Dresden und Expertin für Urheberrecht.
Anne Lauber-Rönsberg ist Professorin für Recht an der TU Dresden und Expertin für Urheberrecht. (Bild: J. Gilch)

Sprachmodelle wie ChatGPT verfassen Texte, die von Beiträgen menschlicher Urheber nicht mehr zu unterscheiden sind. Inzwischen wird ChatPGT sogar in manchen wissenschaftlichen Papers als Ko-Autor genannt. Muss das Urheberrecht und müssen Leistungsschutzrechte angepasst werden? Anne Lauber-Rönsberg, Professorin für Recht an der TU Dresden, beantwortet für Golem.de die wichtigsten Fragen zum Thema.

Inhalt:
  1. KI und Urheberrecht: "Informationen als solche sind nicht geschützt"
  2. Schutz von KI-erzeugten Werken
  3. Prompts können kreativ sein - lassen sie sich auch schützen?

Golem.de: Bei Amazon gab es den Fall, dass ChatGPT offenbar internen Firmencode benutzt und adaptiert wieder ausgegeben hat. Inwieweit lässt sich der Code denn schützen?

Lauber-Rönsberg: Wenn aus den Trainingsdaten Code nur geringfügig verändert und wieder ausgespuckt wird, kann das schon eine Rechtsverletzung sein. Hier muss man sich besonders sorgfältig anschauen, ob dieser Input wirklich geschützt ist. Wenn der Programmierer keine Gestaltungsspielräume hatte und der Code durch Sachzwänge vorgegeben ist, dann wäre der Code auch gar nicht urheberrechtlich schutzfähig. Wenn hingegen Code eins zu eins übernommen wurde, obwohl es andere Gestaltungsmöglichkeiten gegeben hätte, dann ist das eine Rechtsverletzung.

Golem.de: Und wenn es sich beim Code um Firmengeheimnisse handelt?

Lauber-Rönsberg: Die Anbieter haben in ihren Nutzungsbedingungen Regeln, wonach Firmengeheimnisse oder auch personenbezogene Daten nicht in ChatGPT eingebunden werden sollen. Entsprechend ist darauf bei der Eingabe zu achten, weil diese für die Fortentwicklung des Systems weiterverwendet wird. Ich glaube, das ist vielen Nutzern auch nicht bewusst.

Rechtlicher Umgang mit dem Input für das Trainingsmaterial

Golem.de: Bei ChatGPT handelt es sich um ein dialogisches Verfahren. Hinzu kommen verschiedene Extraktionsmethoden, die auch mit einigem Aufwand entwickelt werden müssen. Wie sieht es mit dem Schutz von Input aus?

Lauber-Rönsberg: Die KI-Systeme beruhen darauf, dass ein bestimmter Input geleistet und die Systeme trainiert werden. Hier stellt sich die Frage nach den Rechten der Schöpfer der genutzten Werke und der Inhaber von Leistungsschutzrechten. Es kann auch sein, dass Texte, Datenbanken, Presseerzeugnisse, Fotos, Abbildungen genutzt wurden.

Golem.de: Darf bestehender Content genutzt werden, um KI-Systeme zu trainieren und einen Output zu generieren?

Lauber-Rönsberg: Informationen als solche werden nicht monopolisiert, weder durch das Urheberrecht noch durch die Leistungsschutzrechte. Denn Informationen sollen gerade der freien Diskussion frei zugänglich bleiben. Was durch das Urheberrecht geschützt wird, ist die Aufbereitung der Information, also die konkrete Darstellung.

Die Nutzung bestehender Inhalte für das Training von KI-Systemen wird grundsätzlich von den Regelungen zum Text- und Data-Mining im europäischen Urheberrecht erfasst (§ 44 b und § 60 d UrhG), wonach eine automatisierte Analyse zur Extraktion von Informationen zulässig ist. Wenn eine Software Daten erfasst, um sie zum Beispiel als Trainingsdaten aufzubereiten, dann ist das grundsätzlich zulässig, sofern diese Daten nach der Verarbeitung wieder gelöscht werden. Die Rechteinhaber können dies nach europäischem Recht aber verhindern, indem sie sich die Rechte vorbehalten, das heißt, in maschinenlesbarer Form im HTML-Code der Seite erklären, dass sie damit nicht einverstanden sind.

Stile werden nicht geschützt

Golem.de: Was wird bei Kunstwerken geschützt, was nicht geschützt?

Lauber-Rönsberg: Wenn eine Künstlerin ihre Werke frei im Internet zugänglich gemacht hat, dann sind diese Werke, beispielsweise die Fotos oder die Gemälde, weiterhin urheberrechtlich geschützt. Nicht geschützt wird aber die Idee, zum Beispiel ein bestimmtes Motiv zu wählen. Und nicht geschützt wird auch der Stil.

Golem.de: Wenn ein Künstler einen auf dem Markt stark nachgefragten Stil entwickelt hat und andere entsprechend diesem Stil neue Werke gestalten – kann der Künstler seinen Stil schützen?

Lauber-Rönsberg: Nein, das geht nicht. Es gibt eine Entscheidung vom Bundesgerichtshof zu Emil Nolde, dessen Stil von jemandem übernommen wurde. Demnach ist ein Stil nicht urheberrechtlich schutzfähig. Das bedeutet auch, dass ein Künstler sich nicht dagegen wehren kann, wenn eine KI Werke in seinem Stil erschafft. Anders wäre das, wenn jemand ein Bild eins zu eins oder mit geringfügigen Abwandlungen kopieren würde, also die konkrete Darstellung übernehmen würde.

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Schutz von KI-erzeugten Werken 
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