Algorithmic Control: A Legitimacy Perspective on Worker-level Implications
Inhaltsverzeichnis
- 1. Was ist der Titel Ihrer Dissertation? Wie ist die Idee entstanden, sich in der Promotion gerade mit diesem Thema zu beschäftigen?
- 2. Was sind die zentralen Forschungsfragen, die Sie sich in der Dissertation stellen und mit welchen Methoden versuchen Sie, diese Fragen zu beantworten?
- 3. Was sind die Ihrer Meinung nach spannendsten Ergebnisse Ihrer Forschung?
- 4. Ihr Promotionsvorhaben ist in ein DFG-Projekt der Professur für Business Engineering eingebunden? Wie gelingt es Ihnen, Projektarbeit und Arbeit an der Promotion miteinander zu verbinden?
Felix Hirsch, M.Sc.
wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand an der Professur für Wirtschaftsinformatik, insb. Business Engineering
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1. Was ist der Titel Ihrer Dissertation? Wie ist die Idee entstanden, sich in der Promotion gerade mit diesem Thema zu beschäftigen?
Meine Dissertation trägt den Titel "Algorithmic Control: A Legitimacy Perspective on Worker-level Implications". Die Idee, mich in meiner Promotion mit diesem Thema auseinanderzusetzen, entstand bereits während meines Studiums. Mein Doktorvater, Prof. Wiener, beschäftigt sich seit langer Zeit mit dem Thema Organizational Control im Bereich der Wirtschaftsinformatik. "Control" bezieht sich in diesem Kontext auf die Steuerung von Arbeitskräften in Organisationen. Algorithmic Control (AC) bezeichnet also den managementbezogenen Einsatz von Algorithmen und modernen Informationstechnologien zur automatisierten Steuerung von Arbeitskräften. In den vergangenen Jahren wurden technische Aspekte wie digitale Geräte und Algorithmen lediglich als Kontext für die Erforschung von Themen wie z.B. Projektsteuerung verwendet. Hier wurden dann in der Regel klassische Steuerungsbeziehungen zwischen Manager:innen und Arbeitskräften betrachtet. Mit der Entstehung von AC, dem Thema meiner Dissertation, wird die Technologie nun zum essenziellen Bestandteil des Steuerungsprozesses selbst, indem Algorithmen die Steuerung von Arbeitskräften in deren Arbeitsalltag übernehmen. Sowohl das Phänomen selbst als auch die Forschung dazu sind noch recht jung. Im Jahr 2015 wurde der erste Artikel veröffentlicht, der sich explizit mit diesem Thema auseinandersetzt. Nachdem ich auf dieses interessante Feld aufmerksam geworden war, schrieb ich meine Masterarbeit zu diesem Thema an der Professur von Prof. Wiener. Einen Monat nach Fertigstellung meiner Masterarbeit konnte ich im Dezember 2021 im Rahmen eines DFG-Projekts mit meiner Promotion beginnen und direkt an meine vorherige Forschung anknüpfen.
2. Was sind die zentralen Forschungsfragen, die Sie sich in der Dissertation stellen und mit welchen Methoden versuchen Sie, diese Fragen zu beantworten?
Zu Beginn meiner Promotion gab es noch kein ganzheitliches, konzeptuelles Rahmenwerk zu AC und auch keine Skala, um AC empirisch zu erfassen. Das DFG-Projekt, in dem ich meine Promotion absolviere, wird in Kooperation mit Prof. Alexander Benlian von der TU Darmstadt durchgeführt.
Die zentralen Forschungsfragen lauten:
1) Was sind die wichtigsten konzeptionellen Dimensionen, die AC ausmachen, und wie können diese Dimensionen empirisch gemessen werden?
2) Welche AC-Merkmale lösen positive oder negative Reaktionen der Arbeitskräfte aus, und inwieweit und warum unterscheiden sich die Reaktionen der Arbeitskräfte zwischen (a) traditionellen und (b) plattformbasierten Arbeitskontexten?
Um die erste Forschungsfrage zu beantworten, haben wir zunächst ein Rahmenwerk entwickelt, das auf einem umfangreichen Literaturreview und Interviews mit Arbeitskräften und Manager:innen basiert, die in ihrem Arbeitsalltag bereits Erfahrungen mit AC sammeln konnten. Das Rahmenwerk beschreibt AC ganzheitlich in sieben Dimensionen und deckt sowohl den Kontext von plattformbasierten als auch von traditionellen Unternehmen ab. Das Phänomen AC wurde erstmalig am Beispiel des Fahrdienstleisters Uber beschrieben, dessen Geschäftsmodell praktisch vollständig auf AC basiert. Einige Fahrer:innen berichten, dass sie seit Jahren für Uber tätig sind, aber noch nie mit einer menschlichen Manager:in in Kontakt gekommen sind, da die Steuerung der Arbeitskräfte vollständig durch Algorithmen erfolgt.
AC wird jedoch auch zunehmend in traditionellen, nicht-plattformbasierten Unternehmen eingesetzt, weshalb unser Rahmenwerk auch diesen Bereich abdeckt. Auf Basis des entwickelten Rahmenwerks haben wir dann einen umfangreichen Skalenentwicklungsprozess durchgeführt, um AC in Zukunft auch empirisch erfassen zu können. Mit diesem Rahmenwerk und der entwickelten Skala möchten wir die seit 2015 entstandene initiale Forschung systematisieren und strukturieren und eine Grundlage schaffen, um die Auswirkungen des Einsatzes von AC, vor allem auf die Arbeitskräfte der Zukunft, umfassend erforschen zu können.
Im Rahmen der Beantwortung der zweiten Forschungsfrage setzten wir uns nun genau mit diesen Auswirkungen von AC auseinander. Denn wie Arbeitskräfte es wahrnehmen und bewerten, durch Algorithmen anstatt durch menschliche Manager:innen gesteuert zu werden und welche Reaktionen daraus resultieren können, ist bis dato noch wenig erforscht. Zur Beantwortung der zweiten Forschungsfrage setzen wir einen breiten Mix von Methoden ein, wie z.B. Interviewstudien, Fokusgruppen, Topic Modelling und Experience Sampling.
3. Was sind die Ihrer Meinung nach spannendsten Ergebnisse Ihrer Forschung?
Ein erster Meilenstein unserer Forschung war die Entwicklung unseres AC-Rahmenwerkes, sowie die darauf aufbauende Skalenentwicklung. Die Ergebnisse werden in mehreren Etappen, wie in der Wirtschaftsinformatik üblich, auf führenden Konferenzen veröffentlicht. Die ersten Ergebnisse der Rahmenwerk- und Skalenentwicklung wurden von meinem Doktorandenkollegen Armin Alizadeh im Januar auf der Hawaii International Conference on Systems Sciences (HICSS) vorgestellt. Weitere Publikationen werden in Kürze folgen. Im Rahmen der Entwicklung des Rahmenwerks zeigte sich, dass AC im Plattformbereich bereits sehr intensiv genutzt wird und viele Geschäftsmodelle ohne AC schlicht nicht funktionsfähig wären. Auch im traditionellen Kontext konnten wir einige Einblicke in die Anwendung von AC erhalten, etwa in Logistikzentren z.B. bei Amazon. Im Zuge des Skalenentwicklungsprozesses haben wir basierend auf unserem AC-Rahmenwerk ein Set von Items entwickelt, welches wir in zahlreichen Schritten verfeinert, getestet und validiert haben. Nach Abschluss der Skalenentwicklung hoffen wir nun, der Forschungscommunity ein starkes Werkzeug anhand geben zu können, um in Zukunft vertiefende Einblicke in den Einsatz von AC aber vor allen Dingen in die Auswirkungen des Einsatzes von AC auf Arbeitskräfte, sowie deren Reaktionen zu ermöglichen.
4. Ihr Promotionsvorhaben ist in ein DFG-Projekt der Professur für Business Engineering eingebunden? Wie gelingt es Ihnen, Projektarbeit und Arbeit an der Promotion miteinander zu verbinden?
Die Arbeit an meinem Promotionsprojekt geht Hand in Hand mit meiner Projektarbeit einher. Das Projekt verfolgt ambitionierte Ziele, sodass die Arbeit sehr intensiv ist. Da mein Doktorandenkollege in Darmstadt mit mir gemeinsam am Projekt arbeitet, können wir uns sehr gut gegenseitig unterstützen und austauschen. Wir verfassen ebenfalls gemeinsam die Publikationen, um die Forschungsergebnisse des Projekts zu veröffentlichen. Zudem erhalten wir engagierte Unterstützung von Prof. Wiener und Prof. Benlian und können auch auf das internationale Netzwerk beider Professuren zurückgreifen, was für uns eine große Hilfe darstellt.