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Beteiligung von Minderjährigen an einer Gesellschaft

Bei der Beteiligung von Minderjährigen an einer Gesellschaft ist besondere Sorgfalt geboten. Häufig sind beispielsweise familiengerichtliche Genehmigungen zu einzelnen Maßnahmen erforderlich, die einer umfassenden Abwägung der Vor- und Nachteile bedürfen.

Sachverhalt

Im Fall des OLG Karlsruhe ging es um die Schenkung von Gesellschaftsanteilen an Minderjährige.

Eine Großtante schenkte ihren Nichten und Neffen Anteile an Kommanditgesellschaften. Da diese minderjährig waren, mussten sie für die Schenkungsverträge durch ihre Eltern vertreten und die Schenkungen durch das Familiengericht genehmigt werden.

Um die Übertragung für die Minderjährigen steuerlich möglichst günstig zu gestalten, war die Übertragung der Anteile nicht auf die Eintragung der Beschenkten in das Handelsregister bedingt. Das bedeutete, dass die Beschenkten für einen kurzen Übergangszeitraum im Außenverhältnis für Schulden der Gesellschaft haften würden. Ihre Großtante wollte die Haftung aber im Innenverhältnis übernehmen.

Das Familiengericht versagte die Genehmigung aufgrund der kurzzeitigen persönlichen Haftung der Minderjährigen als Kommanditisten. Hiergegen legten die Beschenkten Beschwerde ein.

Der Beschluss des OLG Karlsruhe vom 09.11.2022 (Az. 5 WF 77/22)

Das OLG Karlsruhe erachtete die Beschwerde für begründet. Um dies für die Beteiligung von Minderjährigen an Gesellschaften zu beurteilen, sei eine Abwägung der wirtschaftlichen Risiken nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten geboten. Zwar gebe es im vorliegenden Fall eine persönliche Haftung der Beschenkten, die aber angesichts des relativ kurzen Zeitraums überschaubar sei. Dem stünden deutliche Steuerersparnisse für die Beschenkten gegenüber. Im Rahmen der Gesamtabwägung könne daher die familiengerichtliche Genehmigung erteilt werden. Es gebe keinen Grundsatz, dass in jedem Fall die Vertragskonstruktion mit dem geringsten Risiko für die Minderjährigen zu wählen sei.

Praxishinweis

Dafür, Unternehmensbeteiligungen im Wege vorweggenommener Erbfolge frühzeitig an Nachfolger zu übertragen, gibt es viele Gründe – das Heranführen an das Unternehmen kann ebenso relevant sein wie der Wunsch nach einer steueroptimierten Gestaltung. Sind die Nachfolger minderjährig, sind jedoch einige gesellschaftsrechtliche Fallstricke zu beachten.

Zunächst stellt sich die Frage, ob Eltern ihre Kinder bei einer Schenkung von Gesellschaftsanteilen wirksam vertreten können. Wenn die Eltern bei einer Schenkung von Unternehmensbeteiligungen sowohl als Schenkende als auch als Vertreter der Beschenkten auftreten, ist das regelmäßig nicht der Fall. Dann ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen. Zwar gibt es von diesem Grundsatz eine Ausnahme, wenn die Schenkung lediglich rechtlich vorteilhaft ist – auch bei voll eingezahlten Gesellschaftsanteilen ist das aber nicht immer der Fall. Solche Konstellationen müssen daher sehr sorgfältig geprüft und vorbereitet werden.

Unabhängig von der Bestellung eines Ergänzungspflegers ist eine Übertragung von Gesellschaftsanteilen an Minderjährige zusätzlich vom Familiengericht zu genehmigen, wenn die betroffene Gesellschaft erwerbswirtschaftlich tätig ist. Ob dabei das Familiengericht die Genehmigung erteilt, hängt davon ab, ob die Übertragung dem Kindeswohl entspricht. Wie das OLG Karlsruhe deutlich gemacht hat, ist diese Beurteilung das Ergebnis einer Abwägung, die nicht nur rechtliche Belange, sondern auch ideelle, finanzielle und familiäre Vor- und Nachteile berücksichtigt. Nicht jedes mit der Beteiligung verbundene wirtschaftliche Risiko reicht also aus, um die Genehmigung zu versagen.

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