„Migration lässt sich nicht aufhalten“: Warum ein Experte EU-Außengrenzzäune ablehnt
Expertinnen und Experten bezweifeln die Sinnhaftigkeit von Grenzzäunen an den EU-Außengrenzen.
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Geht es um die Aufnahme geflüchteter Menschen, geraten einige Kommunen in Deutschland bereits an ihre Belastungsgrenze. Auf dem Flüchtlingsgipfel forderten Länder und Kommunen deshalb seitens des Bundes mehr finanzielle Unterstützung, beispielsweise wenn es um die Kosten für die Unterkunft geflüchteter Menschen geht. Die Entscheidung dazu wurde auf den Herbst vertagt – ein Ergebnis, mit dem Kommunen und Opposition unzufrieden sind.
Doch nicht nur Deutschland steht bei der Gestaltung seiner Asylpolitik vor Herausforderungen. Gleiches gilt für die gesamte EU. Doch wie kann eine faire, nachhaltige Asyl- und Migrationspolitik aussehen? Erst kürzlich antwortete CDU-Politiker Jens Spahn auf die Frage von Markus Lanz, ob er für die Errichtung von Zäunen an Landesgrenzen sei, mit: „An den Stellen, wo es Sinn macht, ja.“
Grenzzäune als Lösung?
Aber sind Grenzzäune ein wirksames Mittel der Migrationspolitik? Hans Vorländer, Direktor des Mercator Forum Migration und Demokratie, hat daran seine Zweifel. Der Migrationsforscher sieht in der Errichtung undurchlässiger Grenzbefestigungen oder ganzer Grenzzäune wie in Ungarn keine Lösung. „Länder können sich nicht abschotten. Migration lässt sich nicht aufhalten. Die Menschen finden trotzdem Wege“, sagt er. Grenzbefestigungen und -zäune seien demnach nicht mehr als eine symbolische Abschreckung.
Prof. Hans Vorländer, Direktor des Mercator Forum Migration und Demokratie, sieht sinnvolle Chancen für die europäische Asylpolitik in der Stärkung multilateraler Abkommen.
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Kritik an Asylverfahrensplänen der Regierung
Pläne sehen vor, Asylverfahren direkt an den EU-Außengrenzen durchzuführen. Die Hilfsorganisation Pro Asyl kritisiert das scharf und spricht von einem „menschenrechtlichen Dammbruch“. Auch Migrationsforscher Vorländer hält dieses Vorgehen für fragwürdig. Es gebe zu viele offene Fragen bezüglich der praktischen Durchführung. „Es ist fraglich, inwiefern dieser Plan rechtlich überhaupt durchzusetzen ist. Ebenso die Errichtung von Grenzlagern. Außerdem herrscht große Unklarheit darüber, wie die Zurückführung der Menschen geregelt werden soll“, erklärt er.
Multilaterale Abkommen als „mittelfristige Erleichterung“
Sinnvoller sei der Ausbau multilateraler Abkommen mit anderen Staaten. „Diese Abkommen können mittelfristig für Erleichterung sorgen“, sagt Vorländer. Eine kurzfristige Lösung der Probleme sei nicht möglich. Außerdem müssten Länder, in denen viele Migrantinnen und Migranten ankommen, unterstützt werden, sagt der Migrationsforscher. „Die Länder der EU müssen dazu bereit sein, bestimmte Kontingente geflüchteter Menschen aufzunehmen“, sagt er. Dazu bräuchte es allerdings auch Solidaritätsmechanismen innerhalb der EU, die bisher gescheitert seien.