Datum/Uhrzeit: bis Uhr
Art: Vorlesung/Vortrag, Präsenz
Ort: Campus Augustusplatz, Hörsaalgebäude, Hörsaal 12
Referent:in: Susanne Schötz
Veranstaltungsreihe: Von Gerüchten zu Fake News – Erscheinungsformen ‚fragiler Fakten‘ in der Geschichte

Prof. Dr. Susanne Schötz (Institut für Geschichte, TU Dresden): „das hinderte aber die Berichterstatter reactionärer Zeitungen nicht … zu berichten, daß ich mit einer rothen Fahne eine Freischaar angeführt“ – Sexistische und antifeministische Gerüchte in der Revolution von 1848/49.

Zum Vortrag: Ausgehend von Lebenserinnerungen der Demokratin und Feministin Louise Otto-Peters (1819-1895) diskutiert die Vorlesung die Rolle von Gerüchten und weiteren damit verbundenen Formen der Herabsetzung, Diffamierung und Skandalisierung weiblichen Handelns in der Revolution von 1848/49. Hier war es mit der Erringung von Presse-, Versammlungs- und Koalitionsfreiheit und getragen von einem gewaltigen Politisierungsschub breiter Bevölkerungsschichten auch Frauen vorrübergehend möglich, sich öffnende Artikulationsmöglichkeiten und Handlungsspielräume zu nutzen. Tatsächlich verliehen sie ihrem Wunsch nach politischer Veränderung auf vielfache Weise Ausdruck — ob mit der Teilnahme an Volksversammlungen, Fahnenweihen und Revolutionsfesten, als Besucherinnen der Damentribüne des Paulskirchenparlaments, mit der Gründung von Frauenvereinen, dem Verfassen und Unterschreiben von Adressen, Petitionen und Aufrufen, als politische Journalistinnen, Redakteurinnen und Schriftstellerinnen — und selbst als Barrikadenkämpferinnen und Teilnehmerinnen anderweitiger bewaffneter Kämpfe. Doch das öffentliche Agieren von Frauen, ihre Einmischung in politische Angelegenheiten galt oftmals als unweiblich und kam einer partiellen Infragestellung der bipolaren Geschlechterordnung gleich. Vor allem dann, wenn sie eigenständig und ohne männliche Leitung handelten oder wenn sie die ungleichen Rechte von Frauen und ihre abhängige und untergeordnete Stellung in Ehe und Familie, Wirtschaft, Gesellschaft und Staat kritisierten und eine Demokratisierung der Geschlechterverhältnisse forderten, stieß das mehrheitlich auf Ablehnung. Das drückte sich auch in diffamierenden und herabsetzenden Gerüchten aus.