Blick über den Zaun – Long Range Schießen mit Schwarzpulverpatronen im Ausland
Manchmal ist es gut, einen Blick über den sprichwörtlichen Zaun zu werfen, um festzustellen, welche fast unbegrenzten Möglichkeiten unsere europäischen Nachbarn in Sachen Schießsport haben.
Das Schießen mit Schwarzpulverpatronenwaffen, wie der legendären Sharps und die Rolling Block Systeme, erfreut sich spätestens seit dem Film „Quigley der Australier“ (im Original „Quigley Downunder“, mit Tom Selleck in der Hauptrolle) auch hierzulande großer Beliebtheit. Leider scheitert die Austragung des „Quigley Shots“ nach dem Vorbild der Großveranstaltung in Forsyth Montana/USA an den deutschen Schießstandrichtlinien: Schwarzpulverpatronen benötigen wegen der stark gekrümmten Flugbahn und Fallhöhe bis 50 Meter Schießbahnen ohne Hochblenden – in Deutschland ein absolutes „no go“.
So war es folgerichtig, für die Freunde dieser Art zu Schießen im benachbarten Ausland nach Alternativen zu suchen. In beschränktem Umfang in Dänemark und über die Originaldistanzen des Quigley Shots, werden in Polen und in der Slowakei alljährlich Wettkämpfe angeboten, worüber hier berichtet wird. Veranstaltet von den Westernschützen des Vereins „Pressburg Legends“ fand bei allerschönstem Spätsommerwetter vom 29.9 bis 1.10.2016 bei Senica/Slowakei der „Long Shot Slovakia“ statt. Beschossen wurden Stahlplatten über Entfernungen von 320 bis 736 Meter. Die Eimersilhouette musste dabei auf der Distanz von 320 Metern stehend freihändig beschossen werden. Alle anderen Ziele bis hin zum Büffel auf 736 Meter sitzend von sogenannten Cross Sticks. Austragungsort war ein Truppenübungsplatz von gigantischen Abmaßen: bis zur Feuerlinie waren es allein ca. 4,5 km von der öffentlichen Straße.
Eine Schützin und zwei Dutzend Schützen aus der Slowakei, Tschechien, Polen, der Schweiz, Österreich und Deutschland hatten am ersten Tag Gelegenheit, die Visierungen auf alle Entfernungen des Wettkampfes einzujustieren. Größtes Problem war der teilweise recht starke Wind aus wechselnden Richtungen. Nur mit erfahrenen Spottern war es überhaupt möglich, hier zu reproduzierbaren Ergebnissen zu kommen. Aber, wie der Wettkampf am folgenden Tag zeigte: es ist möglich.
Je acht Schuss auf die insgesamt 6 Ziele waren im Wechsel abzugeben und jeder Treffer wurde mit einem deutlich hörbaren „gong“ belohnt. Am Ende des Tages konnte der Sieger für insgesamt 40 Treffer seine Urkunde in Empfang nehmen.
Als Zusatzveranstaltung gab es das Angebot an die interessierte Schützen, im Anschluss den „Billy Dixon Lucky Shot“ nachzustellen. Dafür hatten die slowakischen Veranstalter 1.400 Meter von der Feuerlinie entfernt drei Metalltafeln als Ziele aufgestellt; Die Geschichte zu Billy Dixons Meisterschuss kann bei Wikipedia nachgelesen werden.
Obwohl durch die tiefstehende Sonne und den starken Wind die Bedingungen alles andere als optimal waren, gelang es einem Schützen aus Deutschland, drei Treffer zu landen. Ein Schütze erreichte zwei Treffer und vier Schützen je einen. Ein unvorstellbares Erlebnis, bedenkt man die Entfernung und die Möglichkeiten in unserem Lande. Neben diesen beiden beeindruckenden Wettkämpfen durften wir dann abends nach der Siegerehrung noch die Gastfreundschaft der „Pressburg Legends“ auskosten, die gegen einen wirklich geringen Unkostenbeitrag ein opulentes Abendessen mit Country und Western-Musik im Clubraum auf dem Übungsplatzgelände servierten. Die Gespräche über alle Sprachbarrieren hinweg dauerten bis in die Nacht an und hinterließen bei allen Gästen einen bleibenden Eindruck.
Was benötigt man nun für die Reise zu einer derartigen Veranstaltung? Zunächst natürlich die Waffe nebst reichlich Munition, Cross Sticks, ein leistungsfähiges Spektiv und die passende Bekleidung für alle erdenklichen Wetterbedingungen. Die Veranstalter stellen eine schriftliche Einladung zur Verfügung, die zusammen mit dem Europäischen Feuerwaffenpass die Durch- und Einreise ermöglicht. Eine Anfrage nach den aktuellen Vorschriften des Reise- bzw. Durchreiselandes bei den betreffenden diplomatischen Vertretungen ist empfehlenswert. Im Fall der Tschechischen Republik und der Slowakei ist weiterhin zu bedenken, dass Autobahnen und Schnellstraßen mautpflichtig sind. Vignetten für 10 Tage können vorab gekauft werden. So gerüstet steht einer erfolgreichen Teilnahme an diesen großartigen Veranstaltungen nichts mehr im Wege.
Informationen und viele Bilder findet man im Internet bei den „Pressburg Legends“. Wer noch Fragen rund um die Teilnahme, zu Waffen, Ladedaten oder passenden Unterkünften hat, darf sich gerne per Email bei mir melden.
Hans-Peter Kress, Landessportleiter Langwaffe im BDS LV 1
(Alle Fotos Richard Malik u. Pressburg Legends/Bratislava)
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