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VG Köln: Behörde darf nach 6,5 Jahren Bedürfnis prüfen
Das Verwaltungsgericht Köln hat sich am 12.01.2017 unter dem Aktenzeichen 20 K 2819/15 mit der Frage befasst, ob und wann eine Waffenbehörde eine Überprüfung des Fortbestehens des Bedürfnisses vornehmen darf. Dabei ging es also nicht um die Bedürfnisprüfung bei der Erteilung einer Erlaubnis oder die sog. Regelbedürfnisprüfung drei Jahre nach Erteilung der Ersterlaubnis (§ 4 Abs. 4 S. 3 WaffG), sondern um wiederholungsprüfungen (lange) danach.
Dem Urteil lag der Fall zu Grunde, dass ein langjähriger Sportschütze, dessen erste Erlaubnis aus den 70er Jahren stammt und der zuletzt 2006 Waffen erworben hat, von seiner Behörde 2015 aufgefordert wurde, darüber Auskunft zu geben, ob er den Schießsport noch "aktiv und regelmäßig" ausübt. Diese Auskunft verweigerte der Betroffene unter Verweis auf Ziffer 4.4 WaffVwV, wonach die Überprüfung nur mit einem Anlass zulässig sei, also wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass der Erlaubnisinhaber kein Bedürfnis mehr hat. Nachdem die Waffenbehörde auf die Auskunft bestand, erhob der Betroffene mit rechtsanwaltlichem Beistand Klage auf Feststellung, dass er nicht zur Auskunft verpflichtet ist. Es ging also nicht um den Entzug von Erlaubnissen und um etwaige Nachweise des fortdauernden schießsportlichen Bedürfnisses, sondern um die reine Auskunftspflicht.
Das Gericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen und damit ausgesprochen, der Betroffene sei zur Auskunft verpflichtet.
Dass die Klage als zulässig erachtet wurde, ist dabei erfreulich. Denn bislang war die Auffassung weitläufig vertreten, dass Betroffene, die über ihre Sportausübung keine Rechenschaft ablegen wollten, erst den Bescheid auf Widerruf abwarten mussten, bevor sie das Gericht anrufen konnte. In diesen Fällen ging es dann immer um "alles oder nichts", während selbst nach erfolgloser Feststellungsklage noch Zeit und Gelegenheit besteht, die Sportausübung zu belegen und einen Verlust der waffenrechtlichen Erlaubnisse so zu verhindern.
Gleichwohl ist für Waffenbesitzer unerfreulich, dass das Gericht eine Prüfung überhaupt für zulässig erachtet hat. Das Verwaltungsgericht sieht dabei als ausreichenden Grund für eine Prüfung an, dass der Betroffene zuletzt vor 6,5 Jahren hinsichtlich seines Bedürfnisses überprüft wurde, als er neue Erlaubnisse beantragt und bekommen hat. Der Nachweis der Sportausübung sei dem Betroffenen durch eine Bescheinigung seines Vereins auch einfach möglich und dieser daher auch zumutbar.
Ziff. 4.4 WaffVwV helfe dem Kläger nicht, da diese Vorschrift erstens unklar formuliert sei und zweitens als nur Verwaltungsvorschrift der Behörde nicht das Recht zur Überprüfung nehmen könne. Denn dieser stehe zu, im pflichtgemäßen Ermessen abzuwägen, ob eine Überprüfung angezeigt ist und das sei wie im konkreten Fall nach 6,5 Jahren in Ordnung.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Anmerkungen des BDS:
Es wird sich zeigen, ob das Urteil angefochten wird und wie ggf. die nächste Instanz entscheidet. Der Verband hält die Verwaltungsvorschrift für richtig und zutreffend und hält eine engmaschige Dauerüberwachung von Sportschützen weder für rechtlich noch sicherheitspolitisch geboten.
Es ist aber einzuräumen, dass das Urteil vertretbar begründet ist. Schwere Entscheidungsfehler drängen sich nicht auf. Es ist also durchaus nicht ausgeschlossen, dass die Entscheidung Bestand hat und künftig - auch über den Kölner Raum hinaus - nach der einmaligen Regelüberprüfung nach drei Jahren wiederkehrende Bedürfnisprüfungen nach 6,5 Jahren - oder nach 5 bis 10 Jahren, da die Praxis zu runden Zahlen neigt - zulässig und üblich werden.
Der BDS weist auf Folgendes hin:
1. Gehen Sie ohne Blick auf den Kalender schießen, denn dafür haben Sie teure Waffen angeschafft und dafür sind diese da. Das vielfältige und abwechslungsreiche Sportprogramm des BDS bietet viel Raum für sportlichen Wettkampf und dafür, einfach Spaß am Sportschießen zu haben.
2. Das Bedürfnis - egal ob das Erwerbsbedürfnis, das Bedürfnis der Regelüberprüfung oder von weiteren Überprüfungen - weist der BDS-Schütze durch Verbandsbescheinigung nach. Schießbücher, Urkunden, Schießkladden und ähnliche Nachweise haben bei der Behörde nichts zu suchen! Diese Unterlagen dienen dem Verband zur Prüfung und zur Ausstellung der Bescheinigung. Diese darf von der Behörde nur auf Plausibilität geprüft und nicht ohne weiteres in Zweifel gezogen werden. Entwerten Sie die Beweiskraft der BDS-Bescheinigung nicht dadurch, die Neugier der Waffenbehörden mit Unterlagen zu befriedigen, die im Zweifel gegen den Schützen ausgelegt werden.
3. Das ist umso wichtiger, da ungeregelt ist, in welchem Umfang der Schießsport ausgeübt werden muss, um ein fortdauerndes Bedürfnis zu belegen. Die Spanne der Ansichten geht von einem Schießtermin pro Jahr bis hin zu monatlichem Schießen bzw. 18 Schießterminen pro Jahr. Gerade Letztes hält der BDS für evident unzutreffend, da der Begründung des Bedürfnisses für den Erwerb von Schusswaffen eine andere Qualität zukommt wie für die Aufrechterhaltung des Waffenbestandes. Der BDS nimmt (wie alle anerkannten Verbände) die sogenannte Einschätzungsprärogative für sich in Anspruch: Nur der Verband verfügt über die erforderliche schießsportliche Fachkunde hinsichtlich der Schießssportausübung nach seiner genehmigten Sportordnung und nur er kann daher über Art und Ausmaß seiner Schießsportausübung entscheiden.
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