Online-Version
04.11.2020
Impressum
Guten Morgen aus Südtirol!
Herzlich willkommen zur vierten Ausgabe von "KulturSüdtirol im November"! Heute ist Mittwoch, der 4.11.2020 und wir starten wieder gemeinsam mit Euch in diesen Tag. Nach unserem (telefonischen) Ausflug nach Lübeck gestern, geht es heute in die Oberpfalz: Nach eigener Darstellung die nördlichste Stadt Italiens, in jedem Fall aber Brixens Partnerstadt. Die Rede ist von ... Regensburg.

In der dortigen Kirche St. Wolfgang trug sich kürzlich ein Reliquienraub zu, der in den Medien für Schlagzeilen sorgte.

Vor eintausend Jahren passierte so etwas ähnliches schon einmal im Regensburger Kloster St. Emmeram, allerdings rein literarisch - oder soll man besser sagen: völlig fingiert? Ihr seht: Dieser Dienstag beginnt spannend!

Viel Spaß beim Lesen und Hören,
Johanna und Benjamin
Lug und Trug im Regensburg des Mittelalters...
Nicht die klassischen Ermittlungsbehörden, sondern Veronika Lukas vom Münchner Institut "Monumenta Germaniae Historica", die sich dort der Erforschung der deutschen Geschichte des Mittelalters widmet, ist diesem Fall aus dem 11. Jahrhundert im Rahmen einer Neuedition auf die Schliche gekommen.

In einem fingierten Brief an den Abt des Klosters St. Emmeram, Reginward, natürlich entstanden in der eigenen Schreibstube des Klosters um 1040, wurde durchaus spitz formuliert: Die Reliquien des Hl. Dionysius, Schutzpatron und erster Bischof von Paris, lägen eben nicht in St. Denis, sondern in Regensburg...
(Finanzielle) Not macht erfinderisch
Doch warum der ganze Aufwand?

Der Grund für die steile Behauptung war nur allzu menschlich: Am Kloster sollte gebaut werden, aber es fehlten dazu schlicht die finanziellen Mittel.

Und ausgerechnet St. Emmeram, der eigene Patron, war auf Pilger und Heilssuchende offensichtlich nicht mehr wirkmächtig genug - was sich negativ auf der Einnahmenseite ausgewirkt haben dürfte... Neudeutsch formuliert: In einem kompetitiven Umfeld war Standortattraktivität auch damals schon ein entscheidender Faktor.

Dionysius dichtete man kurzerhand aus dem Mund eines französischen Eremiten eine spontane, aber völlig abwegige Regensburg-Liebe an ("
ihm gefiel das friedliche Germanien besser"), selbst vor der Fälschung eines Papstbriefes mit Siegel schreckte man angesichts der ausgefeilten kulturtouristischen Gesamtstrategie nicht zurück (so wertlos letzterer auch ist: Er enthält die einzige - wahre - Beschreibung Regensburgs dieser Zeit!).
Zum Weiterlesen und Weiterhören
"Die Edition bietet nicht nur neue Bausteine zur Geschichte Regensburgs, sondern auch Einblicke in das Vorgehen einer mittelalterlichen Fälscherwerkstatt", so die Herausgeber.

Der Bayerische Rundfunk hat sich diesem Stück in einem Radiobeitrag angenommen und erzählt ausführlich, wie sich die "Räuberpistole" weiterentwickelte. Genau das Richtige zum Nachhören an einem Herbstabend.

Eine ausführliche Besprechung der Neuübersetzung von Veronika Lukas, die diesen Fund ermöglicht hat, findet sich bei recensio.net. Lesenswert!

Und schließlich: Unseren für Rai Südtirol gemeinsam mit SoraFilm produzierten Film "Regensburg und Brixen - Gesichter zweier Partnerstädte" findet Ihr in der Rai-Mediathek in voller Länge. 45 Minuten zwischen "Milchschwammerl", Brixner RiversurferInnen, philosphischen Weinbauern und überhaupt nicht auf den Mund gefallenen Braumeistern. Viel Spaß beim Ansehen!
Bis morgen, wir lesen uns!
www.kultursuedtirol.com/november
Abmelden / Unsubscribe