|
|
Sehnsuchtsland Italien?
|
|
|
|
|
Am 30. September 1874 reisen Theodor und Emilie Fontane via Leipzig und München zunächst nach Verona und Venedig. Von dort geht es weiter nach Florenz und Rom, schließlich nach Neapel. Die jeweilige Aufenthaltsdauer wird vom Fahrplan der Eisenbahn und dem Mietpreis der Droschken bestimmt. Fontane empfindet deutlich, „daß die Zeitfrage an dieser Erdenstelle eine ziemlich gleichgültige ist“. Wie gewohnt schreibt er Tagebuch und hält Merkwürdigkeiten in Notizbüchern fest.
Ein Ärgernis sind die hygienischen Verhältnisse. In Verona wird das Zimmer nach Wanzen abgesucht, Spinnen und sonstiges „Kleinzeug“ werden mit brennenden Kerzen bekämpft. In Neapel kommt das mitgeführte Insektenpulver zum Einsatz. Bevorzugte Speiselokale sind jene, an deren Table d'hôte man ein touristisches Menü erhält. Vormittags sitzt Theodor gewöhnlich über Korrekturbögen und Korrespondenzen, während Emilie Spaziergänge unternimmt. Gemeinsame Besichtigungstouren finden am Nachmittag statt. Die Fahrt in einer venezianischen Gondel zum Lido ist „hübsch, sonst eigentlich langweilig“ – kein Vergleich mit dem „Meer“ bei Brighton. England eignet sich stets für Vergleiche. Das „Verfallene, Heruntergekommene“ in Italien behagt Fontane nicht. Es gebe „schönere, namentlich wohlthuendere, herzerquickendere Gegenden“ wie die Fahrt von London bis Richmond, den Hyde Park in London oder die Hofjägerallee in Berlin-Tiergarten. Natürlich merkt er schnell, wo Baedeker irrte und findet auch den Grund dafür: Die vorgestellten Orte und Kunstschätze hatte er ja nicht mit eigenen Augen gesehen.
Die Fontanes erfreuen sich am heiteren und „polcinellhaften“ Leben in Oberitalien. Weiter südlich missfallen mangelnde Ordnungsliebe, viel zu lockere Umgangsformen, „grenzenlose Confusion“. Und dann passiert das: In Neapel wird Fontanes Brieftasche gestohlen! Am 19. November ist er wieder zu Hause – „preußischer denn je“ ...
|
|
|
|
|
|
|