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20.11.2020
Impressum
Guten Morgen aus Südtirol!
Herzlich willkommen zur zwanzigsten Ausgabe von "KulturSüdtirol im November"! Es ist Freitag, der 20.11.2020 und wir starten wieder mit Euch in diesen Tag. 

Heute machen wir Station im 18. Jahrhundert und stellen Euch einen Geschäftsmann aus Brixen vor: Leopold Bisdomini. Wie das Leben so spielt, hatte auch er, obwohl weitgehend vom Erfolg seiner Arbeit verwöhnt, mit beruflichen und privaten Rückschlägen zu kämpfen. Seiner ungebremsten Tatkraft schien dies jedoch keinen Abbruch zu tun.

Wer sich mit der Geschichte von Brixen beschäftigt, begegnet Bisdomini immer wieder. Er hat in der Bischofsstadt (und darüber hinaus) zahlreiche Spuren hinterlassen. 

Viel Spaß beim Lesen und Euch einen schönen Freitag,
Johanna und Benjamin
Seide, Bier und alte Meister
Im städtischen Friedhof von Brixen erinnert ein Grabstein an den „Wohlgeborne[n] Herr[n] Leopold von Bisdomini“, der am 17. September 1846 in seinem Wohnhaus in der Säbenertorgasse starb. Ob er tatsächlich ein Adelsprädikat erhielt, ist umstritten, doch eines ist gewiss: Leopold Bisdomini war ein vielseitiger Geschäftsmann mit einem Sinn für die schönen Dinge. Und er liebte seine Wahlheimat Brixen. 
 
Leopold Bisdomini wurde 1769 in Trient geboren. 1794 kam er als Postkontrollor nach Brixen und stieg bis zum Feldpost-Direktor auf. In Brixen heiratete er Anna Peintner, die Witwe des Bierbrauers Josef Obermayr. Sie brachte das Glöcklgut in Burgfrieden (heute ein Stadtteil von Brixen) mit der dazugehörenden Bierbrauerei sowie ein Stadthaus in der Säbenertorgasse in die Ehe mit ein. 
 
Bisdomini übernahm die Führung der Bierbrauerei für seinen noch minderjährigen Stiefsohn. Die Geschäfte liefen gut, und 1815 gelang es ihm, den Ansitz Unterköstlan zu erwerben. (Genau, Ihr erinnert euch richtig - im 17. Jh war der Ansitz für den Brixner Weihbischof Jesse Perkhofer im Renaissancestil ausgebaut worden.) Bisdomini verlegte die Brauerei von der westlichen Talseite auf die östliche und brachte im zweiten Stock des Ansitzes seine Gemäldesammlung unter.  

Ja, Bisdominis Leidenschaft galt der Kunst. Er trug zahlreiche gotische Tafelbilder zusammen, von denen ein großer Teil noch zu seinen Lebzeiten vom soeben neu gegründeten Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum erworben wurde. Das bekannteste Tafelbild aus Bisdominis Sammlung ist vermutlich das Porträt des Brixner Domherrn Gregor Angerer aus dem Jahr 1519, das Marx Reichlich zugeschrieben wird und zu den ältesten Tiroler Porträts überhaupt zählt.
Kupferstiche und Seide aus Brixen
1802 gründete Bisdomini die "Chalkographische Anstalt", also eine Druckerei für Kupferstiche. Er, der Geldgeber, holte sich den Maler Pietro Marchioretto und den Kupferstecher Gaetano Zancon mit ins Boot. Doch die Zusammenarbeit mit Zancon verlief nicht lange reibungslos. Bereits ein Jahr später wurde er durch Joseph Andreas Manz ersetzt. Insgesamt dürfte die "Chalkographische Anstalt" nur bis 1804 bestanden haben. Mit seiner Idee einer Akademie und eines Künstlertreffpunktes in Brixen war Bisdomini leider gescheitert. 
Die raren Aquatinten aus seiner Anstalt haben heute jedoch einen hohen Sammlerwert. Nur sechzehn verschiedene Motive sind bekannt.
 Einige Druckplatten wurden später von anderen Verlagen übernommen und neu aufgelegt. 

Wesentlich erfolgreicher war Bisdomini, neben der Brauerei, mit der Zucht von Seidenraupen und dem Verkauf von Seide, die er im Glöcklgut produzierte. 1828 erhielt er die Erlaubnis, Maulbeerbäume zu pflanzen, über zehntausend sollen es gewesen sein. Die erfolgreiche Produktion führte später Bisdominis Schwiegersohn Peter Ostheimer weiter. Den Niedergang der Seidenproduktion erlebte der gewiefte Geschäftsmann nicht mehr. Er starb 1846 – nur wenige Jahre, bevor durch eine in ganz Europa grassierende Seidenraupenseuche die Produktion der kostbaren Stoffe auch in Brixen vorerst zum Erliegen kam. Einige wenige der hohen Maulbeerbäume stehen noch heute und spenden Radfahrern und Spaziergängern an der Eisackpromenade Schatten. 

 
Wie es weiterging
Aus der Seidenproduktion Ostheimer wurde im 19. Jahrhundert eine beliebte Gaststätte. Das Gebäude, Burgfriedengasse 16, steht noch heute. 
Die Bierbrauerei konnte Bisdominis Stiefsohn nicht halten. Er verkaufte sie an an Ignaz Seidner aus Hall. Dessen Söhne Hugo und Otto errichteten 1890 ein neues Brauhaus, und bis 1924 wurde in Unterkösetlan von der Familie Seidner Bier gebraut, das vor allem auf dem italienischen Markt vertrieben wurde. In den 1990er Jahren wurden beide Gebäude renoviert.

Fotos: (c) Johanna Bampi: (1) Ansitz Unterköstlan, (2) Grabstein von Leopold Bisdomini, (3) das "neue" Bräuhaus aus dem Jahr 1890, errichtet von den Gebrüdern Seidner.

 
Bis morgen, wir lesen uns!
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