Das "gewollte Nichtwissen" ehemaliger DDR-Bürger:innen über ihre Stasi-Akten
Ein kürzlich erschienener Beitrag im Guardian thematisiert, wieso viele der Menschen, die Opfer des Stasi-Regimes geworden sind, nach dem Zusammenbruch der DDR weiterhin darauf verzichten, Einsicht in die Stasi-Akten zu verlangen. Der Beitrag nimmt dabei Bezug auf Prof. Dagmar Ellerbrocks und Prof. Ralph Hertwigs
Artikel "Why people choose deliberate ignorance in times of societal transformation", der in der Dezemberausgabe des Magazins ScienceDirect erschienen ist. In ihrer Studie befragten die Historikerin Ellerbrock, Professur für Neuere und Neueste Geschichte an der TUD, und der Psychologe Hertwig (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung) in Interviews und Gesprächsrunden rund 150 Zeitzeugen des Regimes, was sie dazu veranlasst, sich nicht mithilfe der verfügbaren Akten mit der individuellen Historie auseinanderzusetzen. Im englischsprachigen Beitrag im Guardian werden vergleichende Bezüge zu anderen Ländern wie Algerien, Frankreich und Spanien genommen, um Kontexte gesellschaftlicher Auseinandersetzung mit Traumata der Vergangenheit aufzuzeigen und verständlich zu machen. Im Kontext der Stasi-Akten wurden als Hauptgründe für die sogenannte "deliberate ignorance", also das gewollte Nichtwissen, genannt, dass die Informationen nicht länger relevant seien, die Zeugen die Informationen bereits durch Dritte erhielten oder Angst davor bestünde, erneut die Fähigkeit, zu vertrauen, zu verlieren.